Die Jugend und ihre Moden

Eben wurde ich Zeuge eines Diebstahls. Zwei Jungs, einer schwarz, einer weiss, beide die Hosen in den Knien, machen sich bereit den Bus durch die vorderste Türe zu verlassen, gleich neben dem Chauffeur. Die Tür geht auf, es macht klack und die beiden stürmen raus. Einer von ihnen hat eines dieser Hämmerchen abgerissen, mit denen im Notfall die Scheiben eingeschlagen werden. Der Chauffeur nimmt es völlig gelassen, wenn es ihm überhaupt aufgefallen ist.
Beide hatten so bläulich durchsichtige Plastikhandschuhe an, solche die lächerlich laut rascheln und knistern. Und wenn ich mich recht erinnere, dann habe ich das letzte mal solche im Einsatz gesehen (also im Fernsehn) als ein Elefantenbulle gemolken wurde. Wird wohl ne neue Mode in der Zürcher Jugend sein. Ich glaube, die lasse ich aus.

Synchron

Wären die Mädchen nicht so hübsch gewesen, wäre es mir wahrscheinlich gar nicht aufgefallen und wahrscheinlich hätte mich die Entdeckung dann auch längst nicht so irritiert. Also da sassen sie, sechs bildhübsche Frauen, je zu zweit in drei Sitzreihen hintereinander in einem VBZ-Tram und kauen Kaugummi. Sie sahen zum Fenster raus, hantierten an ihrem Natel rum oder waren einfach in ihre Gedanken versunken. Jede kaute ihren Kaugummi in ihrem eigenen Tempo, die eine schneller, die andere langsamer. Es war ein kleines Chaos aus sechs verschiedenen Kaurythmen mit vereinzelten Momenten der Ordnung. Nach und nach fingen die Tempi aber an sich einander anzugleichen, bis die sechs Frauen schliesslich völlig synchron ihre Kaugummis kauten.

Und irgendwie erinnerte mich dieses Bild an wiederkäuende Kühe.
Und da fragt man sich, wie weit liegt es in der eigenen Verantwortung alle möglichen Assoziationen, die man wecken kann, zu bedenken und diesen nötigenfalls entgegen zu wirken.

Sieben Uhr morgens am Paradeplatz

U1_ParadeplatzWenn man sich so die schweizer Finanzelite ansieht, dann fällt einem augenblicklich eine gewisse Monotonie ins Auge. Die Anzüge unterscheiden sich kaum, die Krawatten nur gerade so viel, dass sie keinen bleibenden Eindruck hinterlassen, und die Frisuren nur im Niemandsland zwischen Gel und keinen Haaren. Ich wage zu bezweifeln, dass Leute, die Ihr Outfit mit dem Konkurenten abstimmen, dadurch innovatives Gedankengut und die Bereitschaft für ihre Kunden unorthodoxe Wege zu beschreiten demonstrieren? Aber was weiss ich schon?
Ich wünsche mir schliesslich von meinem Lieblingsbuchladen, dass an einem sonnigen Tag am Eingang ein Schild hängt mit der Aufschrift: „Sind baden gegangen!“ Denn wie könnte ich erwarten, dass mir jemand hilft, meinem Leben etwas mehr Qualität zu verleihen, wenn er diese nicht erkennt, selbst wenn sie vom Himmel scheint?

In der Küche beim Tee

Als ich heute mit dem 11er Tram vom Bahnhof Oerlikon Richtung Bucheggplatz fuhr, sass auf der Bank hinter mir  eine buddhistische Nonne, die einer Frau, die sie eben erst an einem Seminar kennen gelernt hatte, erzählte, dass sie mal mit dem Dalai Lama bei ihrer Mutter in der Küche Tee getrunken habe und dass das so gemütlich war, dass sie sich die Schuhe aufgezogen haben.
Jetzt, wo ich diese Zeilen schreibe, habe ich auch meine Schuhe ausgezogen und schlürfe Tee.

Über wieviele Ecken bin ich nun mit His Holiness bekannt?
Über eine Eckbank vielleicht?

Horoskope – 20min

Ihr Horoskop: Jungfrau
Überstürzte Reaktionen müssen sie heute unbedingt meiden. Merkur hilft ihnen, besonnen an Dinge heranzugehen. Und überlegen sie eine grössere Geldausgabe nochmals. Rechnen sie genau.

Mein Horrorskop: Krebs
Ihre Laune steigt zusehens. Jemand kommt endlich stärker auf sie zu, als sie es gedacht hätten. Allerdings müssen sie auch offen über Dinge reden, die sie gerne verbergen möchten.

Im Klartext:
Sie hat sich heute ein Flugticket nach Prag für sich und ihre Freundin gekauft. Mit meiner Kreditkarte. Tja, Merkur ist nun mal der Gott des Handelns, der Reisenden und der Diebe.

U2?

Es ist schon komisch. Die Musik liegt dir ungemein am Herzen und dann siehst du im Fernseh Fans, die zu Tausenden ans Konzert pilgern, für das du keine Karten mehr gekriegt hast.
Es ist nicht so, dass du es ihnen nicht gönnen würdest, was stört, ist eher, das primitive Gejohle mancher, das die Intimität entweiht, die du beim Hören der Musik empfindest.

Es ist schon lästig ein Trendsetter zu sein.

Men at Work

Ich war heute morgen im Center Eleven einkaufen und da dieses unmittelbar neben einem ganzen Haufen Baustellen liegt, war es voller muskulöser, braungebrannter Arbeiter – manche von ihnen sogar mit Helm.
Was mir aber am besten gefallen hat, war, dass sie alle mit Körbchen durch den Laden streiften. Das sah irgendwie süss aus, denn in diesen war natürlich auch Bier zu finden, aber schön versteckt hinter einem Kopfsalat oder etwas Gemüse. Überhaupt ist mir aufgefallen, dass sie sich scheinbar sehr bewusst ernähren. Und dies liess in mir den Verdacht aufkommen, dass sie das erwähnte Bier womöglich bloss als Haarkur benutzen.

Caliente!

U1_CalienteEine kleine Expedition bestehend aus zwei SmUPpianern wagte sich ins Getümmel des diesjährigen Festival Tropical am Helvetia-Platz. In erstaunen versetzen diese insbesondere zwei Sachen. Zum einen der zentrale Standort des Raclett-Standes und zum anderen die unergründlichen Tiefen der zur Schau getragenen Ausschnitte.
Letzteres führt jedoch im Zusammenhang mit der schier unfassbaren Kürze der Beinkleider zu einem raum-topologischen Paradoxon, das zu ergründen unseren Forschern jedoch der Mut fehlte.
Interessant war auch die Capoeira-Massen-Schlägerei. Vor allem als sich die beiden auch hineinwarfen und ihre Ziele nicht verfehlten.

Der Buntspecht

Heute hat mich das Klopfen eines Spechtes geweckt. Ich muss mir unbedingt mal wieder Tom Robbins zur Brust nehmen und ihn fragen, wie es um den Mond am Anfang des 21. Jahrhunderts bestellt ist.

Mein schuhakustisches Tagebuch

U1_TroubaschuhIch habe ein kleines Problem. Meine Wanderschuhe quitschen. Doch sie tun es nicht einfach so, sondern erst nach einer gewissen Marschzeit und das auch nur auf Asphalt – ausser wenn ich rückwärts laufe, denn dann quitschen sie dauernd.
Nun war ich heute bei Trottomundo (ist diese Ortsangabe eigentlich Schleichwerbung?) und da empfahl mir die Verkäuferin (ist diese Berufsbezeichnung noch politisch korrekt?) auf dieses Problem angesprochen ein Schuhquietschtagebuch zu führen. So sei es denn.

Nun ist mir aber in der Zwischenzeit aufgefallen, dass im Grunde alle meine Schuhe über kurz oder lang Geräusche von sich geben… Nicht dieses sexy toc-toc-toc von hochhackigen Schuhen möchte ich betonen, sondern stets irgendwo in der nervigen Quietschregion.

Quittenschnaps II

Und wieder verschlug es mich an eine Feierlichkeit, wo Quitten eine Rolle spielten. Diesmal in Form – wen wunderts – von Quittenschnaps, den ich kriegte. Er war auch ziemlich lecker, doch schmeckte er nicht wirklich nach dem Inhalt der Döschen die man oft auf dem Frühstückstisch von Hotels findet. Die Beinaheunübersetzbarkeit blieb, genau wie meine Überzeugung, dass die Vorstellung, dass Quitten auf Bäumen wachsen, einfach nur lächerlich ist.

Quittenschnaps I

Bei einer Feier, die nebenbei in einem entfernten Zusammenhang mit dem SmUP stand (welche tut das nicht?), kam unter anderem die Beinaheunübersetzbarkeit von Quittenschnaps zur Sprache. Mir ist natürlich klar, dass das Genie der Menschen durchaus fähig ist aus ALLEM Schnaps zu machen, aber dass man diese Kunstfertigkeit auch auf diese kleinen Döschen mit Jam, die man nur auf dem Frühstückstisch in Hotels findet, zutrifft, überraschts mich dann doch ein bisschen. Dass es eine Frucht namens Quitte gibt, halte ich nämlich lediglich für ein Gerücht.
Und während wir damit herumprahlten, wer von uns welchen Prominenten kennt (ich sah mal Roberto Blanco auf der Bahnhofstrasse – damit liess ich alle anderen weit hinter mir), spazierte mirnichtsdirnichts Polo Hofer in die Bar. Das bedeutete unentschieden. Mist!

Die Welt wird immer grösser

Gestern bin ich auf dem Kloster Fahr Weg der Limmat entlang spaziert und da begegne ich doch tatsächlich einem Kerl, den ich 3. Grades kenne – das heisst, ich kenne jemanden, der jemanden kennt, der diesen Kerl kennt. Wir haben uns die Hände geschüttelt, Freundlichkeiten ausgetauscht und sind dann beide weiter unseres Weges gegangen.

Diese Begegnung, respektive das achtlose Vorbeigehen an allen anderen Ausflüglern löste eine seltsame Erkenntnis aus: Die Welt ist verdammt gross und das SmUP ist noch eine ganze Nase davon entfernt, die ganze Welt abzudecken, geschweige denn Zürich allein.

Lord of the Rings

Als ich heute morgen am Meierhofplatz in Höngg auf den Bus gewartet habe, sass im Fenster des Claro-Ladens (draussen nicht drinnen) ein Mädchen und las im Herrn der Ringe. Das umwerfende an der Komposition war, dass ihre Pumps im gleichen giftig grünen Ton gehalten waren wie der Einband des Buches. Das nenne ich literarische Aufopferung.