Nichtglaube vs Nichtexistenz

Als Atheist steht man oft vor der Herausforderung den Unterschied zu erklären zwischen „glauben, dass es Gott nicht gibt“ und „nicht glauben, dass es Gott gibt“. Für Gläubige besteht zwischen diesen beiden Sätzen kein Unterschied, für Atheisten jedoch ein sehr wesentlicher, weil sie sich in der Regel nur mit einem der beiden identifizieren können.

In der Atheist Experience wird das oft mit folgendem Beispiel veranschaulicht:

Vor uns steht ein grosser Kübel mit Murmeln.
Ohne irgendeinen guten Grund angeben zu können, behaupte ich, im Kübel befände sich eine gerade Anzahl von Murmeln.
Worauf du sagst: „Ich glaube nicht, dass da eine gerade Anzahl Murmeln drin ist.“ Damit meinst du aber nicht, dass du glaubst, dass eine ungerade Anzahl Murmeln im Kübel ist. Du meinst damit lediglich, dass du keinen Grund siehst meine Überzeugung zu teilen.
Zugegeben, wenn du aus einem ebenso irrationalen Grund überzeugt wärst, dass der Kübel eine ungerade Anzahl Murmeln enthält, hättest du genau den gleichen Satz sagen können. Hättest jedoch etwas komplett anderes damit gemeint.
Im Gegensatz dazu lässt ein Satz wie „Ich glaube, dass da eine nicht gerade Anzahl Murmeln drin ist“ nur eine einzige Interpretation zu. Und zwar eine die sich mit deiner Zurückhaltung dir ein Urteil zu bilden nicht in Einklang zu bringen ist.

Daher merke: Atheismus, der „Nichtglaube an die Existenz Gottes“, kann lediglich die Argumente für die Existenz Gottes nicht nachvollziehen und enthält sich deshalb eines Urteils über Frage der Existenz – glaubt also keiner Behauptung diesbezüglich. Während es für den „Glauben an die Nichtexisten Gottes“ genauso belastbare Evidenzen bräuchte, wie sie die Atheisten von den Theisten verlangen um ihre Meinung zu ändern. Da es diese nicht gibt (und nicht geben kann), wird sich jeder Atheist hüten, eine solche Position allzu fest zu vertreten.

5 Antworten auf „Nichtglaube vs Nichtexistenz“

  1. Hab’s jetzt gerade gelesen…

    Ich verstehe dein Punkt, aber ist das nicht ein falscher Vergleich? Die Atheisten, die ich kenne sagen, dass dort kein Kübel ist, wenn eine Vielzahl andere sagen, es gibt ein Kübel.

  2. Sorry, du versteht das Gedankenexperiment falsch. Die Voraussetzung ist, dass wir beide vor dem Kübel stehen und uns darüber streiten, ob eine gerade oder ungerade Anzahl Murmeln drin ist. Die Frage nach der Existenz des Kübels stellt sich nicht.
    Es geht allein darum, dass eine Aussage nicht zu glauben, nicht zwangsläufig heissen muss, dass man das Gegenteil glaubt. Es kann auch heissen, dass man sich noch kein Urteil gebildet hat.

  3. Ah OK. Danke.

    Hm…

    Aber wie mache ich’s dir/euch klar, dass man das nicht auf das christliche Glauben anwenden kann?

    Denn in deinem/eurem Beispiel ist es so, dass die Anzahl Murmeln nicht einfach so ersichtlich ist. Beide sehen das Gleiche… beide stehen vor gleichen Fakten: Ein Kübel voller Murmeln. Der eine wählt aus keinem Grund die gerade Anzahl und der andere wählt aus keinem Grund die ungerade Anzahl. Drum kann jeder glauben was er wolle.

    Die Prämisse ist leider falsch oder nicht anwendbar.

    Leider ist es so, dass wir beide vor einem realen Kübel stehen, du aber sagst, „Ich glaube nicht, dass dort ein Kübel steht.“ Die Bibel sagt, dass jeder Mensch weiss, dass Gott existiert und sogar von einer rein wissenschaftlichen Sicht bestätigt dies in etwa die Intelligent Design Befürworter (wo auch Nicht-Religiöse dabei sind – bspw. solche die an Aliens glauben).

    Wenn du es von dieser Perspektive anschaust, muss dir doch Platos Höhlengleichnis wieder in den Sinn kommen und dir somit klar sein, dass wir vor einem Dilemma stehen. Wenn wirklich ein Kübel dort steht und du sagst, es sei aber keiner da, was sagt das über dein „Nichtglauben“ aus?

  4. Der eine wählt aus einem ganz bestimmten Grund die gerade Anzahl Murmeln (beispielsweise weil der Mond aus Käse besteht). Der andere kann den Grund nicht nachvollziehen und entsprechend auch nicht die Überzeugung teilen, dass des eine gerade Anzahl Murmeln ist. Weil man – nun ja – aus dem Umstand, dass der Mond aus Käse ist, nicht ableiten kann, dass in diesem Kübel eine gerade Anzahl Murmeln ist. Geschweige denn, dass der Mond tatsächlich aus Käse ist. Die Logik erschliesst sich ihm nicht. Während es für den ersten durchaus logisch erscheint, dass aus dem Umstand, dass der Mond aus Käse ist, folgt, dass dort eine gerade Anzahl Murmeln ist.
    Weil die Logik nicht funktioniert, wählt er eben NICHT die andere Anzahl Murmeln, sondern beharrt auf der Position, dass man keine vernünftige Aussage über die Anzahl machen. Bei ihn bedeutet, dass er nicht an die gerade Anzahl Murmeln glauben, deshalb eben NICHT, dass er an die ungerade Anzahl glaubt. Sondern, dass er weder das eine oder das andere glaubt, weil er keinen Grund hat, das eine oder andere zu glauben.

    Dieses Gedankenexperiment hat nichts mit Gott oder dem Glauben per se zu tun. Sondern soll lediglich mit der Möglichkeit der Doppeldeutigkeit der Sprache zeigen. Insbesondere beim Begriff „Glauben“. Nichts weiter. Das ist ein sprachliches Argument, kein theologisches.
    Im einen Fall bezieht sich das Glauben auf die exakte Anzahl der Murmeln, während im zweiten Fall es sich eigentlich auf die Begründung für die exakte Anzahl Murmeln bezieht.

    Aber ich verstehe, dass du die Möglichkeit der Doppeldeutigkeit kategorisch ausschliessen musst. Weil sich damit unterschiedliche Interpretationen des gleichen Textes ergeben würden. Deshalb gehst du davon aus, dass jeder Text immer genau nur eine Sache meinen kann. Und zwar nur genau das, was du meinst. Und dass jede andere Interpretation böswillig und im vollen Bewusstsein um die Falschheit formuliert wurde.
    Doch das stimmt nicht.
    Nicht jeder Mensch weiss, dass Gott existiert. Weil ich beispielsweise nicht weiss, dass Gott existiert.
    Damit lüge entweder ich oder die Bibel behauptet etwas, das nicht stimmt. Oder du interpretierst eine Bibelstelle falsch.

    Intelligent Design ist keine wissenschaftliche Theorie. Entsprechend kann sich auch nichts wissenschaftliche belegen.
    Das gehört aber nicht hierher. Das ist ein gänzlich anderes Thema.

    Nochmals kurz und deutlich:
    Hier geht es darum, dass Worte verschiedene Sachen meinen können. Konkret, dass etwas nicht glauben, nicht in jedem Fall automatisch bedeutet, dass man an das Gegenteil von dem etwas glaubt.

  5. Hey bevor ich überhaupt deine nächste Antwort fertiglese… Kudos, dass du dir so viel Mühe gibst mit einer nicht so bewandten und schwierigen Person… Danke wirklich. Ob du’s glaubst oder nicht, ich will die Wahrheit finden und dass du dir so viel Zeit nimmst, ist nicht selbstverständlich. Würde vielleicht viel schneller gehen, wenn wir uns öfters treffen könnten. Da wären die Gespräche vielleicht effizienter? Naja… Ich les mal in aller Ruhe fertig was du da sagst…

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert