Der Turmbau zu Babel

babelKennt ihr die Geschichte vom Turmbau in Babel? Wo die Menschen gottgleich zu werden versuchten und Gott sie zurechtstutzen musste? Habt ihr euch schon mal die Geschichte in der Bibel selbst angeschaut? Irgendwie klingt es da ganz anders:

  1. Alle Menschen hatten die gleiche Sprache und gebrauchten die gleichen Worte.
  2. Als sie von Osten aufbrachen, fanden sie eine Ebene im Land Schinar und siedelten sich dort an.
  3. Sie sagten zueinander: Auf, formen wir Lehmziegel und brennen wir sie zu Backsteinen. So dienten ihnen gebrannte Ziegel als Steine und Erdpech als Mörtel.
  4. Dann sagten sie: Auf, bauen wir uns eine Stadt und einen Turm mit einer Spitze bis zum Himmel und machen wir uns damit einen Namen, dann werden wir uns nicht über die ganze Erde zerstreuen.
  5. Da stieg der Herr herab, um sich Stadt und Turm anzusehen, die die Menschenkinder bauten.
  6. Er sprach: Seht nur, ein Volk sind sie und eine Sprache haben sie alle. Und das ist erst der Anfang ihres Tuns. Jetzt wird ihnen nichts mehr unerreichbar sein, was sie sich auch vornehmen.
  7. Auf, steigen wir hinab und verwirren wir dort ihre Sprache, sodass keiner mehr die Sprache des anderen versteht.
  8. Der Herr zerstreute sie von dort aus über die ganze Erde und sie hörten auf, an der Stadt zu bauen.
  9. Darum nannte man die Stadt Babel (Wirrsal), denn dort hat der Herr die Sprache aller Welt verwirrt, und von dort aus hat er die Menschen über die ganze Erde zerstreut.

1. Mose 11,1-9 / Einheitsübersetzung

Die Absicht der Menschen war es, ein Monument ihrer Einheit zu errichten, auf dass sie auch in Zukunft eine Einheit blieben. Eigentlich ein hübsches Unterfangen, finde ich. Kommt dem humanistischen Ideal ziemlich nahe. Ob dieses Monument nun ein Turm, eine Bibliothek oder ein Raumschiff ist, ist zweitrangig. Was zählt, ist das gemeinsam erreichte Ziel to boldly go where no one has gone before.

Und dann steigt Gott herab, um sich die „Sandburg“ mal anzuschauen1. Und Gott sieht, dass der Mensch Potential hat. Und er kriegt es mit der Angst zu tun.

Es passt ihm offensichtlich nicht, dass die Menschen sich verstehen, zusammen arbeiten und „alles“ zu erreichen fähig sind. Wieso nicht?
Fürchtete er, dass wir ihm den Himmel verbauen könnten? Wohl kaum, denn sein Himmel ist ja nicht wirklich in den Wolken2.
Fürchtete er, dass wir damit gottgleich werden könnten? Wäre das so schlecht? Gott ist ja superlieb, oder? Und sollten sich nicht alle Eltern wünschen, dass ihre Kinder sie dereinst überragen werden? Aber besteht überhaupt die Möglichkeit, dass wir gottgleich werden? Gott ist nicht von dieser Welt, wie könnte man dann mit irdischen Mitteln werden wie er?
Was also fürchtete er dermassen, dass es sich genötigt sah, Zwist unter den Menschen zu säen?

Gott verbannte Adam und Eva aus dem Paradies, weil sie ungehorsam waren, und er schickte die Sintflut, weil die Menschen verderbt waren. Ein bisschen drastisch, aber okay. In Babel jedoch bestraft er die Menschen3 nicht für etwas, das sie getan haben, sondern für etwas, das sie womöglich irgendwann man tun könnten. Müsste Gott, wenn er den Freien Willen respektieren will, die Fehlentscheidung der Menschen nicht erst abwarten?

  1.  Das wirft zwei Fragen auf: Muss Gott auf die Erde kommen um zu sehen, was hier unten läuft? Und wandelte er dabei unter den Menschen, so dass er von diesen als Gott erkannt wurde? Für mich legt der Text genau das nahe. Das hätte interessante Implikationen, doch für die Ereignisse in Babel spielen die nur eine untergeordnete Rolle, weshalb ich das Thema hier erst mal ruhen lasse.
  2. Bis in den Himmel haben wir es übrigens in der Zwischenzeit auch trotz der Sprachverwirrung geschafft. Überhaupt scheint irgendwie keine seiner Sanktionen uns auf lange Sicht davon abzuhalten irgend etwas zu erreichen. Miese Erfolgsbilanz würde ich sagen.
  3. Wenige Jahre nachdem er den Menschen versprach in Zukunft auf pauschale Erziehungsmassnahmen zu verzichten (Genesis 9, 8-11). Okay, pauschale Erziehungsmethoden der nassen Art – was jedoch feuchte ausSprachen mit einschliesst.

2 Antworten auf „Der Turmbau zu Babel“

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