Laut KBM pilgern die Soldaten nach Lourdes um dort zu beten,
dass man NIE einen Krieg erleben und NIE töten muss.
IAC fragt, wie oft denn das schon geklappt habe mit dem Beten.
KBM hat bisher nicht geantwortet. Wohl weil sie noch zählt.
Wenn das wirklich funktionieren sollte, dann wäre es doch einen Versuch wert? Ich meine, eine Welt OHNE Krieg und OHNE Töten ist doch toll! Oder?
Es wäre denkbar, dass das Pilgern und Beten die Soldaten in einer Art und Weise verändert, dass sie mitten im Schlachtgetümmel ihre Waffen niederlegen um dem sinnlosen Morden ein Ende zu setzen. Das wäre denkbar und sicherlich äusserst christlich.
Auf diese Weise würde zwar tatsächlich weniger getötet, aber leider nicht ein Krieg verhindert. Denn über den entscheiden andere.
Allerdings ist das ohne Zweifel ein sichere Strategie die Schlacht zu verlieren, was wiederum eine bewährte Art ist Kriege zu beenden.
Von daher könnte da tatsächlich was dran sein.
Wenn dieser Ausgang allerdings ein realistischer wäre, bezweifele ich, dass die Generalität die Pilgerfahrt erlauben würde.
Vielleicht kommt der Friede aber auch zustande, weil Gott höchstselbst die Strippen ziehen wird. Nach all den Jahrhunderten der Zurückhaltung bewegen erst die Gebete von 80 Soldaten in Lourdes den Allmächtigen zum Handeln…
Das Problem aber ist, dass ich bezweifle, ob es die RICHTIGE Art von Frieden sein wird, wenn Gott sie einführt. Gott hat da nämlich gewisse Vorurteile gegenüber Andersdenkenden und es ist daher anzunehmen, dass der von ihm geschenkte Frieden wohl ein sehr christlicher sein wird, der gänzlich ohne beispielsweise Andersgläubige und Atheisten2 auskommen wird.
Und wollen wir das wirklich? Ist es uns das wirklich wert für den Frieden alle Andersdenkenden zu beseitigen? Wird man diese Art von Frieden nicht im Himmel noch lange genug ertragen müssen?
Okay, okay, es geht nicht darum die Andersdenkenden zu beseitigen, sondern darum sie zu überzeugen. Doch selbst wenn einem das allein mit Argumenten gelingen würde, hätte man dann das Andersdenken nicht dennoch beseitigt? Und würde das nicht zu einer massiven Reduktion der kulturellen Artenvielfalt führen? Man bedenke nur, was Gott im Laufe der Geschichte so alles missfiel und was ihm noch so alles zu missfallen einfallen könnte… Wollen wir das wirklich?
Oder beten die Soldaten dafür, dass Gott sich ändert? Dass er einen Frieden stiftet, wo es keinen Unterschied macht, ob man Jesus als einzigen Weg akzeptiert oder nicht, wo es egal ist, ob jemand sich rasiert, masturbiert oder abortiert?
Ich hege da meinen Zweifel.
Grundsätzlich frage ich mich sogar, ob Gottes es überhaupt gutheissen würde, wenn die Menschheit den Weltfrieden hinkriegt3? Als Gott im alten Testament noch wesentlich direkter die Politik seines Volkes mitbestimmte, führte er keine Gesetze ein, die eine friedliebende, gerechte Gesellschaft organisieren sollten, welche nie in irgendwelche Konflikte hineingezogen würde. Und die durch ihr Vorbild auch ihre Nachbaren dazu inspirieren sollte, friedliebende und gerechte Gesellschaften zu werden.
Meines Wissens wird nirgends in der Bibel der andauernde Friede als anzustrebender Idealzustand beschrieben. Das mag ein hübscher Nebeneffekt davon sein, wenn man sich an Gottes Regeln (welche das auch immer sein mögen) hält und Jesus als den einzigen Weg zu Gott akzeptiert, ein offizielles Ziel im Sinne eines göttlichen Auftrags ist es aber nicht.
Ich glaube, die Soldaten sind einfach gerne Christen, die es geniessen zusammen zu pilgern und zu beten. Das kann man ihnen nicht verdenken, manchen Leuten macht sowas wirklich Spass. Und das ist auch okay so.
Klar sie beten für Frieden, aber das ist eher sowas wie ein Mantra das man bei solchen Gegelenheiten eben inbrünstig runterleiert. Wirklich ernst meinen sie es nicht, denn sonst würden sie den Erfolg ihres Handelns evaluieren und wenn nötig modifizieren. Wenn es wirklich darum geht Leute zu retten, reicht es nicht einfach anzunehmen, dass das, was man tut, auch wirklich funktioniert. Man muss schon kontrollieren und optimieren.
Eine Frage ist aber noch offen: Dass die Generalität es nicht verbietet, weil sie nicht befürchten auf einmal Amish-Berserker in ihren Reihen zu haben, wissen wir, doch warum – zum Teufel – erlaubt sie es?
Generäle sicherten sich seit jeher die Unterstützung der Religion, denn nichts vertreibt die lästigen Skrupel im Krieg besser als die Gewissheit im Auftrag des Herren unterwegs zu sein.
Und mit so einer Pilgerfahrt nach Lourdes füllt man seine Karma-Reserven üppig auf, so dass man in der nächsten Schlacht so richtig die Sau rauslassen kann. Man hat mit dem Beten schliesslich seine Schuldigkeit für den Weltfrieden getan.
Fun Fact: Der wohl berühmteste Wallfahrtsort der Welt, der am meisten Pilger angezogen hat, war zweifellos Jerusalem.
Warum genau soll man diese 80 Soldaten nicht Kreuzritter nennen?
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Noch eine schelmische Frage am Rande: Wie gehen eigentlich „Wahre Christen“ mit den Wundern von Lourdes um? Ihr wisst schon, jene Christen, die die katholische Kirche mit ihrer Verehrung von Maria für schrecklich irregeleitet halten. Nichts gegen Maria, sie war sicherlich eine tolle Frau, sie ist ihrer Ansicht nach aber einfach kein Weg um sich bei Gott Gehör zu verschaffen. Was also halten „Wahre Christen“ von den Wundern in Lourdes?
Wenn im Namen von Maria Wunder vollbracht werden, dann müsste das sowas wie das Legen einer falschen Fährte sein, die die Menschen auf völlig absurde Ideen bringt, wer im Himmel das letzte Wort hat. Und sowas würde Gott doch niemals tun, oder?
Sind die Wunder in Lourdes nach Ansicht der „Wahren Christen“ dann gar nicht Gotteswerke? Sondern die des Teufels, der mit diesen guten Taten einen Keil in die Christen-Gemeinde rammen will?
Doch keine Bange, liebe „Wahre Christen“, ein edler Ritter in Rollkragenpulli und beigem Sakko eilt zur Hilfe und weist statistisch nach, dass der Teufel, der Meister der Täuschung, selbst hier ohne Nettigkeiten die Leute in die Irre zu führen versteht:
The spontaneous remission rate of all cancers, lumped together, is estimated to be something between one in ten thousand and one in a hundred thousand. If no more than 5 percent of those who come to Lourdes were there to treat their cancers, there should have been something between 50 and 500 ‚miraculous‘ cures of cancer alone. Since only three of the attested 65 cures [accepted by the R C Church as miraculous cures] are of cancer, the rate of spontaneous remission a Lourdes seems to be lower than if the victims had just stayed at home.
Carl Sagan, The Demon-Haunted World p. 221
- Bekanntlich fühlen sie die Homophobsten von der Homoerotik am meisten angesprochen ;) ↵
- Ein von Gott orchestrierter Friede würde selbstredend jeden von der Existenz Gottes überzeugen, von daher gäbe es dann wohl tatsächlich keine Atheisten mehr. Das bedeutet aber weder, dass die Menschen auch glauben müssten, dass es demzufolge nur einen einzigen Gott gibt, noch dass dieser eine es wert ist, angebetet zu werden. Sein CV beschreibt da nämlich ein paar Episoden, die ich ihm nicht so schnell zu verzeihen bereit bin. ↵
- Mit dem Turmbau von Babel kamen sie der Sache eigentlich ziemlich nahe. ↵