Das Mit-Nachdruck-Zeichen

Ausgangspunkt war der Rant einer Freundin auf Facebook:

„Ausrufezeichen hinter jedem Satz sind so ein Unding. Ich mag einfach nicht den ganzen Tag von irgendwelchen Leuten angeschrien werden.
Vielleicht sollte mal ein Mit-Nachdruck-Zeichen eingeführt werden, da alles mögliche scheinbar so unheimlich wichtig ist$“

Es stimmt schon, das Ausrufezeichen wird bisweilen etwas inflationär benutzt, doch so wenig ernst man die entsprechenden Autoren auch nehmen kann, das eigentliche Problem mit dem Ausrufezeichen liegt ganz woanders. Und zwar am Ende.
Wir erfahren nämlich erst am Ende eines bisweilen höllisch langen, mitunter auch ziemlich verwinkelten Satzes, dass er geschrien war! Eine Erkenntnis, die einen in der gesprochenen Sprache von der ersten Silbe an begleitet.

!Ein sinnvoller Ausrufesatz müsste daher ohnehin wie eben dieser aussehen
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Ein Ausrufesatz hat gefälligst nicht mit einem Satzzeichen sondern mit einem Tinnitus zu enden!
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Die klerikale Methode kriegt es auch ohne Tinnitus hin. Denn nicht der Tinnitus ist ja das eigentliche Ziel…
Als Ritual verpackt, lässt man sein Gegenüber nach jedem zur Denkwürdigkeit bestimmten Satz ein inbrünstiges Amen juchzen. Und da „Amen, aber…“ nun mal nicht geht, hat man sein Gegenüber – ohne dass es diesem auch nur aufgefallen wäre – effektiv der Möglichkeit zu einer kritischen Erwiderung beraubt.

Auch die Tourettsmethode hat es in sich. Mit einem so deftigen Fluch, dass einem vor Scham die Ohren bimmeln, lässt man auch keinen Zweifel an der Nachdrücklichkeit eines Satzes offen, Sackzement!
Um der Eleganz Willen und um nicht als unkultiviert betrachtet zu werden, darf man allerdings NIE! NIE! NIE! das gleiche Fluchwort ein zweites Mal benutzen.

Und damit wären wir bei der Bellman-Methode

„Just the place for a Snark!“ the Bellman cried,
As he landed his crew with care;
Supporting each man on the top of the tide
By a finger entwined in his hair.

„Just the place for a Snark! I have said it twice:
That alone should encourage the crew.
Just the place for a Snark! I have said it thrice:
What i tell you three times is true.“

(Lewis Carroll / The Hunting of the Snark / Fit the First – The Landing)

Die obigen Methoden sind zwar durchaus charmant und haben in der Vergangenheit ohne Zweifel wertvolle Dienste geleistet, doch zeigen sie in unserer technisch optimierten, aufgeklärten und toleranten Gesellschaft einfach nicht mehr den gleichen Biss. (Ausser der Bellman-Methode natürlich, doch die wirkt im Gegensatz zu den anderen Methoden nicht unterschwellig, sondern benötigt das bewusste Wissen um deren Gültigkeit.)
Lasst uns also was neues entwickeln. Lasst uns die Evolution selbst in die Hand nehmen!

Wir wollen die Aufmerksamkeit an der richtigen Stelle. Deshalb wollen wir den Lesefluss derart zu regulieren, dass er seine Kraft punktgenau entfesseln versteht.
Hierbei helfen beispielsweise die typographischen Methodologien, wenn man denn unbedingt mehr als das wichtige schreiben will:

  • M man kann das wichtige durch Fettdruck hervorheben.
  • Oder man kann das w i c h t i g e durch Abstände hervorheben.
  • Oder man kann das wichtige durch die Schriftgrösse hervorheben.
  • Oder man kann das wichtige durch Farbe hervorheben.
  • Oder man kann das WICHTIGE durch Grossbuchstaben hervorheben.
  • Oder man kann das wichtige durch Unterstreichen hervorheben.
  • Oder man kann das wichtige durch Kursiva hervorheben.
  • Oder man kann das W I C H T I G E durch alles zusammen hervorheben.

 

okay, das war jetzt alles furchtbar langweilig…
jetzt wird’s aber spannender, denn jetzt regulieren wir andersrum:

  • MaN kANn DaS wichtige dUrCH nOrmAle gRossKLeInsChrEiBunG heRVoRhEbeN.
  • Ober mann chan tass wichtige druch voll Choregte Ordografy herforhepen.
  • Oder man kann das wichtige durch eine leserlichere Schriftart hervorheben.
  • ಅಥವಾ ನೀವು wichtige ತಿಳಿಯಬಹುದು ಒಂದು ಭಾಷೆ ಹೈಲೈಟ್ ಮಾಡಬಹುದು.
  • Dr mn knn ds wichtige drch Bntzng vn Vkln hrvrhbn.
  • redO nam nnak sad wichtige chrud gitchir mur nebiersch nebehrovreh.
  • Oder aber man kann das
wichtige auch durch fehlende Ablenkung hervorheben.

Myers-Briggs und ich

Wie esoterisch dürfen die Methoden in einer Berufsberatung sein? Wenn man zu einem Astrologen geht, dann ist das okay, denn man ging ja zu ihm, um genau den Blödsinn zu erhalten, den man dann auch erhalten hat. Doch wenn man einen „seriösen“ Berufsberater aufsucht, der seine Methoden als wissenschaftlich fundiert verkauft, dann sollte man doch eigentlich erwarten dürfen, dass er sich nicht des Barnum-Effekts bedient.

Der Myers-Briggs-Typenindikator wird gern als wissenschaftlich überprüftes Instrument zur Reflexion einer Persönlichkeit verkauft, wobei irgendwie stets unerwähnt bleibt, dass zahlreiche Studien die Existenz von Typen grundsätzlich in Frage stellen.
Ich will ja nicht bestreiten, dass einem hier eine Perspektive und ein Vokabular zur Selbstreflexion zur Verfügung gestellt wird und dass dieser Diskurs mit sich selbst durchaus positive Effekte haben kann. Doch solange die Gültigkeit nicht von Studien eindeutig bestätigt wird, ist es höchst problematisch verbindliche Schlussfolgerungen daraus ziehen zu wollen, wie dies beispielsweise im angloamerikanischen Raum beim Einstellungsprozess gebräuchlich ist. Dann könnte man genauso gut auch astrologische Gutachten als Basis nehmen.

Ich halte diesen Missbrauch wissenschaftlicher Zuverlässigkeit für äusserst bedenklich. Allein schon, weil die Wissenschaft gar keinen endgültigen Anspruch auf Zuverlässigkeit anbietet.
Und ich denke nicht, dass die Wirksamkeit drunter leiden würde, wenn man die Sache ehrlich kommuniziert. Selbst dann nicht, wenn man die Persönlichkeitstypen Star Wars Charakteren zuordnen würde. Ganz im Gegenteil sogar.
Ausser natürlich man ist ein INTJ, dann hat man aber ohnehin die Arschkarte gezogen.

Na? Welcher Charakter bin ich wohl?


noch weitere Persönlichkeiten aus Film und Literatur:
TypeLogic
Examples of Myers-Briggs Personalities in Stories
Myers-Briggs Type Indicator Types

Politics wrecks your ability to do math

Ein wunderbares Beispiel dafür, wie stark, resp. gefährlich Bias sein können. Wie es scheint, wird das was wir glauben, weniger von der Logik, sondern viel mehr von der Ästhetik diktiert. Wobei unter Ästhetik hier die Harmonie mit unseren anderen Überzeugungen gemeint ist.

Pontifex-Dialoge: Barnum-Effekt

Seit mir der Papst für ein Twitter-Follow einen Ablass vom Fegefeuer offeriert hat, führe ich von Zeit zu Zeit kleinere Dialoge mit dem Pontifex. Dies ist ein weiterer davon:

9. September

Papst Franziskus @Pontifex_de
Wir brauchen nie die Hoffnung aufgeben. Gott überflutet uns mit seiner Güte, wenn wir nur beständig um sie bitten.

Eda Gregr @meskinaw
@Pontifex_de Hoffe, dass ich den Zug noch erwische. Verpasse ihn, kriege aber Gottes Güte. Nicht sehr hilfreich um rechtzeitig anzukommen.
@Pontifex_de Woran erkenne ich, dass meine Beständigkeit beständig genug war? Und gibt es saubere Belege für schon gelieferte Überflutungen?

Wenn Mike Shiva mir erklärt, dass ich in naher Zukunft einer Person begegnen werde, die mich beeindrucken wird, dann bedient er sich des Barnum-Effekts. Wenn ich mir Mühe gebe und für die nächsten drei Jahre in den Keller verschwinde, dann habe ich ihn Lügen gestraft.
Was der Papst hier macht, ist jedoch noch eine Stufe perfider. Er bietet mir eine unbestimmte Alternative an und er knüpft das ganze noch an eine Bedingung, von welcher man nicht überprüfen kann, ob man sie tatsächlich erfüllt hat. Das ist die perfekte Immunisierung.
Ich bin spät dran und renne auf den Zug. Ich bitte inständig drum, dass ich ihn noch erwische.
Wenn ich ihn erwische, dann zeigt das die Güte Gottes.
Wenn ich ihn nicht erwische, dann habe ich nicht beständig genug drum gebeten. Wenn ich aber im nächsten Zug meiner Traumfrau begegne, dann ist das die Güte, die mir Gott schenkt. Wenn sie schon vergeben ist, dann habe ich nicht beständig genug drum gebeten…

Könnte man die Zeit zurückdrehen und das ganze nochmals durchleben, wobei man das Bitten je nach dem verstärkt oder abschwächt, und sich dann die Unterschiede anschauen, dann würde man sehen, ob wirklich was dahinter steckt.
So aber ist es einfach ein Warten auf das nächste positive Ereignis und das nachträgliche Zuschreiben zum Akt des beständigen Bittens.

Eine Möglichkeit besteht allerdings schon auch ohne die Zeitmaschine gewisse Anhaltspunkte über die Wirksamkeit der Güte Gottes zu sammeln. So müsste sich doch diese häufiger in Gemeinden zeigen, wo beständiger gebetet wird als in anderen. Von sowas ist aber keine Spur zu finden.

Pontifex-Dialoge: Verurteilung des Gebrauchs chemischer Waffen!

Seit mir der Papst für ein Twitter-Follow einen Ablass vom Fegefeuer offeriert hat, führe ich von Zeit zu Zeit kleinere Dialoge mit dem Pontifex. Dies ist ein weiterer davon:

3.September

Papst Franziskus @Pontifex_de
Mit besonderer Schärfe verurteile ich den Gebrauch chemischer Waffen!

Eda Gregr @meskinaw
„Mit besonderer Schärfe verurteile ich den Gebrauch chemischer Waffen!“ sagt der Kerl mit dem grössten Arsenal an spirituellen Waffen.

Natürlich ist der Einsatz von chemische Waffen aufs schärfste zu verurteilen. Keine Frage. Ich möchte allerdings nicht eine grundsätzliche Reihenfolge der Verurteilungswürdigkeit von atomaren, biologischen, chemischen und konventionellen Waffen machen müssen.
Im Krieg geht es aber nicht immer notwenigerweise nur um die Anzahl der Toten und Verletzten. Es geht auch um die Demoralisierung des Gegners. Viele Tote und Verletzt haben nämlich duchaus auch diese Wirkung. Und wenn man es geschickt anstellt, dann sind – wie uns der Terror eindrücklich zeigt – noch nicht mal allzu viele Tote und Verletzte erforderlich.
Was aber die Manipulation des menschlichen Denkens betrifft, so kann es wohl keiner mit den Religionen aufnehmen.
Sie töten und verletzen nicht, das stimmt schon, doch sie können den Menschen die Hemmungen zum Töten und Verletzen nehmen.

Zynisch könnte man auch anmerken, dass die von den Religionen in Aussicht gestellten Behandlungen im Jenseits die diesseitigen Kriegsgreuel wie ein Erbsensuppe aussehen lassen. Aussichten, die die Menschen sehr ernst nehmen, und die sie tun lassen, was man ihnen als im Interesse Gottes verkauft.

Zu einem globalen Abrüsten gehört auch die Entschärfung der Hölle.

Was mich noch Wunder nehmen würde. Wenn der Papst den Gebrauch verurteilt. Unter welche Straffe würde er diesen dann eigentlich stellen?

The difference between topless and shaved

A nice example that shows that erotic works pretty different with women and men.
While men get weaker while get naked, it’s pretty vice versa with women.
And while women get sexier when they shower, shave and try to make disappear the last night, it’s pretty vice versa with men.

Btw I’m unshaved and topless, so it’s a stalemate (no matter if I am a men or a woman).

Kein Wort von Gott

Im Zug, im Nachbarabteil sitzt eine Familie mit drei kleinen Kindern und ner Kinderbibel auf dem Tischchen. Eins der Kinder heisst Jonas, das andere Eleonora. Und der Vater trägt Sandalen.
Im Abteil hinter mir erklärt eine Frau, dass das Verteilen von Bibeln in Schulen kein missionieren sei, sondern schweizer Kultur.Ich bin ein ziemlich extremer Atheist – im Sinne von, dass ich mich nicht zurückhalte, dies auch zuzugeben -, doch ich habe meiner dreijährigen Tochter, bisher noch nie erklärt, dass es einen Gott nicht gibt. Ich habe schlicht und ergreifend noch keine Notwendigkeit gesehen überhaupt über Gott zu sprechen. (Der Osterhase, der Weihnachtsmann und das Christkind wurden hingegen durchaus schon thematisiert, allein schon, weil sie in unzähligen Kinderbüchern vorkommen. Und ihnen ihre Existenz abzusprechen würde mir nicht im Traum einfallen. Zum einen, weil ihr an Bedingungen geknüpfter Geschenksegen durchaus motivierende Wirkung zeigt, und zum anderen, weil ich mich freue, dass sie es durchschaut und zur Skeptikerin wird.)
Die Grossmütter erzählen ihr zwar Geschichten von Jesus, doch das lässt mich kalt. Ich erzähle sie nicht. Und kommentiere sie auch nicht weiter.
So oder so ist Rotkäppchen für meine Kleine wesentlich spannender. Und auch bei ihr geht es um die Wahl des richtigen Weges und irgendwie darum, dass sie von den Toten aufersteht.

Ich frage mich, wieviel die gleichaltrigen Kinder in Religiösen Familien wohl schon von Jesus und Gott gehört haben? Und welche Antworten sich die Eltern erspart haben durch einen Verweis auf diese?

Welchen Vorteil hat es wohl, den Bibelgeschichten einen anderen Fiktionsstatus zuzusprechen als die Märchen der Brüder Grimm?

Die Sandalen des oben erwähnten Vaters mit den drei Kindern und der Kinderbibel waren übrigens die gleichen wie meine. Ich trug zu diesen aber keine (schwarze) Socken.

Gott mag dumme Menschen. Warum macht er sonst so viele davon?

Auf den erst Blick möchte man meinen, dass man sich damit über das Konzept eines liebenden, persönlichen Gottes lustig macht, doch wenn man sich klar macht, dass Gott tatsächlich eine Schwäche für die geistig Armen hat (Matthäus 5:3), dann wird aus der von den Kreationisten gern gegen die Evolution angeführten Degeneration, die die gesamte Schöpfung seit dem Sündenfall durchdringt, nicht etwa ein Fluch sondern ein Segen. Man könnte es schon fast als einen liebenswürdigen Plan bezeichnen, mehr und mehr Menschen den Eintritt in den Himmel zu erleichtern. Dazu würde auch passen, dass die Gewalt in der Welt – auch es vielleicht nicht den Eindruck erweckt – stetig auf dem Rückmarsch ist. Dummheit scheint also den Frieden zu fördern. So lasst uns die Schulen niederreissen!
Ist es nicht etwas irreführend den biologischen und psychologischen Heilsweg des Herren als Degeneration zu bezeichnen?

Nicht ganz klar wird mir allerdings, wieso in Ländern und Gesellschaftsschichten mit schlechterer Bildung, was ja im Allgemeinen gern als Förderer der geistigen Armut betrachtet wird, die Gewalt höher ist? Hm… pfff… wieso zerbreche ich mir den Kopf… Gottes Wege sind unergründlich.

Ein offenes Buch

Wenn ich mit jemandem sehr vertraut bin, so kann ich doch auch sagen, er sei für mich ein offenes Buch. Nun sind manche Menschen etwas einfacher gestrickt und andere tragen schickere Klamotten. Müsste ich dann nicht viel eher sagen, er sei für mich ein offenes Comic-Heft? Oder eine offene Modezeitschrift?
Diskoflyer- und Autoprospektmenschen werde ich in der Regel kaum so gut kennen lernen, dass sie sich vor mir öffnen würden. Und Unterwäschekatalogfrauen wohl leider auch nicht.
Es wäre natürlich töricht anzunehmen, dass jemand, der für mich ein offenes Kunstbuch ist, demzufolge ein Künstler oder ein Kunstwerk sein müsste, oder einer, der eine offene Felsenmalerei ist, ein Neandertaler. Es geht bei dieser Metapher nicht so sehr um den Inhalt des Mediums als viel mehr um dessen innere Struktur.
Ein Freund, der für mich ein offenes Kochbuch ist, braucht, wie gesagt, weder ein Koch, ein Gourmet oder fett zu sein, sondern vielmehr lässt sich sein Leben am besten mit Metaphern aus der Welt des Kochens beschreiben: Alles, was er macht, tut er nach einem klaren Rezept. Doch er kocht auch nur mit Wasser. Er lässt nichts anbrennen und verbrennt sich doch immer wieder die Finger. Er lässt seine Feinde schmoren, haut sie in die Pfanne und versalzt ihnen die Suppe.
Wenn mir also die Metaphorik eines Malennachzahlenbüchleins, eines Münztelefons oder einer DVD kategorisch fremd ist, so werde ich wohl auch nie die Tiefen von diesen Seelen ergründen können. Und wer keine Piratenschatzkarte zu lesen weiss, wird im Gegenzug mich nie verstehen. Oder war es eine Postkarte aus Entenhausen?

Übers Ziel definier?

Vielleicht unterscheiden sich die Frauen von den Männern in ihren Zielen. Während für Männer die Ziele praktisch erreichbar sein müssen, dürfen sie es theoretisch jedoch nicht sein. Bei den Frauen ist es umgekehrt.

Soundtrack zum Leben

Ob die Halbstarken am Bahnhof, die zum fetten Beat des Sounds ihren Kopf wippen, tatsächlich cool rüberkommen, hängt wesentlich von dem Umstand ab, ob der Betrachter dieser Szene den Sound ebenfalls hören kann. Tut er es nicht, drängen sich ihm unweigerlich Assoziationen mit den spastischen Zuckungen eines körperlich und/oder geistig Handicapierten auf. Insofern bewahren die lästigen Kopfhörer, die genauso viel Dezibel nach aussen wie nach innen abgeben, den Headbanger zwar nicht vor dem Tinitus, doch wenigstens lassen sie ihm ein letztes Pfitzelchen Würde.
Tatsächlich scheinen gewisse technische Errungenschaften Verhaltensweisen, die früher eher typisch für einen Brändi waren – so nennen wir diese Leute politisch äusserst unkorrekt in Luzern –, innert kürzester Zeit salonfähig gemacht zu haben. Ich denke da, abgesehen von den erwähnten iPod-Spasmen, auch an die schallenden Selbstgespräche der Mobiltelefonierer in der Öffentlichkeit oder an den geschlechterübergreifenden Gehorsam bei den Benutzern von GPS-Systemen mit der Stimme des jeweils anderen Geschlechts.
Fragt man die Betroffenen, wie es bei ihnen nur so weit kommen konnte, ist die Antwort im Grunde stets dieselbe: Was will man sonst machen? Sich verfahren? Unerreichbar sein? Den Rhythmus im Blut verleugnen?
Unerschrocken habe ich den Selbstversuch in allen drei Disziplinen gewagt. Innert Sekunden war der GPS auf stumm und das Natel völlig ausgeschaltet. Und ich habe mich weder verfahren, noch einen wichtigen Termin verpasst, wodurch die Weltwirtschaft in ihren Grundfesten erschüttert worden wäre. Das iPod-Exeriment förderte jedoch erstaunliches zutage! Und zwar in seiner Unterschiedlichkeit je nach Musik, die ich dabei hörte.
Hörte ich die James Bond Titelmelodie, so fummelte ich bei jeder Strassenlaterne an meiner Armbanduhr rum, um gewappnet zu sein gegen russische Agenten, beim Imperialen Marsch rasselte mein Atem und ich versuchte wildfremde Leute yedimässig zu würgen, bei Singing in the Rain hüpfte ich wie besessen von Pfütze zu Pfütze und bei Eye of the Tiger stürzte ich mich jede sich bietenden Treppe hinauf. Dass bei You Can Leave Your Hat On meine Kleider fielen, braucht wohl nicht erst erwähnt zu werden, und dass bei Unchained Melody die Damen fluchtartig das Weite suchten, auch nicht. Und beim Main Title von Jaws, nun ja, da suchte ich möglichst viel Distanz zwischen mich und jeden einzelnen Swimming Pool zu kriegen. Das waren alles eher verstörende Einflüsse. Es gab aber auch die anderen: Beim Theme von Mission Impossible, da knackten sich die Knacknüsse fast von selbst, oder zum The Fencing Lesson bügelte es sich wie  Zorro. Und so weiter und so fort…
(Ich lade meine Leser herzlich ein, unten ihre eigenen Erfahrung mit uns zu teilen.)

Es ist doch so, dass in den Filmen die Handlungen und Gefühlslagen der Hauptrollen stets mit passender Musik untermalt werden. Wenn diese nicht gerade tumbe Desperados sind, die ohnehin jedem das Genick brechen, der ihnen in den Weg läuft, dann ist es für die Protagonisten eigentlich ein leichtes, lediglich anhand der Melodie zu erahnen, welche Überraschungen sich der Drehbuchautor wieder für sie ausgedacht hat. Ich vermute, dass die unrealistisch niedrige Verletzungsrate unter den Filmhelden bei einer so hohen Dichte an Risiken – obgleich dies nie zugeben würde – auf genau diesen Umstand zurückzuführen ist.

Sport + Bewegung

Sport+Bewegung, das ist das ultimative Allheilmittel unserer Zivilisation. Bist du rundlich, traurig oder ausgelaugt? Treib Sport! Dein Partner, dein Arbeitgeber und selbst deine Versicherung motivieren dich zum Sport, sie dispensieren dich vom Abwasch und erhöhen, respektive erlassen dir deine Prämien. Wenn du im Büro von der Arbeit aufstehst und gymnastische Übungen machst, so klopfen sie dir anerkennend auf die Schultern.
Wenn du jedoch ein Buch hervorziehst und zu lesen beginnst…

Ich will ja nicht bestreiten, dass Bewegung auch sein Gutes hat, doch ist es beileibe nicht der einzige Weg zur „Mens sana“. Profisportler kriegen ihr Geld schliesslich nicht dafür, dass die geistige Koryphäen sind. Ja der Sport führt noch nicht mal notgedrungen zum „corpore sano“. Vergleichen wir die Lebenserwartungen von Spitzensportlern mit jener von Spitzenphilosophen, so möchte man gar zum umgekehrten Schluss kommen.
Leute, die sich mit den schönen Künsten beschäftigen haben vielleicht ein kleines Bäuchchen, zugegeben, doch ungesund oder gar eine Gefahr für die Gesundheitsfürsorge ist ihr Übergewicht in der Regel nicht. Mir fehlen zwar die einschlägigen Erfahrungen, doch glaube ich nicht, dass die superfetten Amis, die so gern als abschreckendes Beispiel herhalten dürfen, zwischen ihren Mahlzeiten noch Bücher verschlingen.

Apropos Mens sana in corpore sano.