Am sechsten Tag erschuf Gott also den Menschen…
Und Gott segnete sie und sprach zu ihnen: Seid fruchtbar und mehret euch und füllet die Erde und machet sie euch untertan und herrschet über die Fische im Meer und über die Vögel unter dem Himmel und über das Vieh und über alles Getier, das auf Erden kriecht.
1. Mose 1;28
Diese Anweisung war das erste, was er zu ihnen sagte. Kann man dann davon ausgehen, dass Gott dem einiges Gewicht beimass?
Wieso? Wieso ist es Gott so wichtig, dass die Menschen sich vermehren? Wäre ein „Seid glücklich und habt Spass!“ nicht ein irgendwie liebenswürdiger Willkommensgruss gewesen? Insbesondere da Adam und Eva zu diesem Zeitpunkt noch unsterblich waren und sich damit, die Welt zu bevölkern, ruhig noch etwas Zeit hätten nehmen können. Wieso von Anfang an diese Fixierung auf die Fortpflanzung?
Wie dem auch sei, Vermehrung ist toll – und nicht nur weil sie Spass macht1 – , hat aber die überraschende Konsequenz, dass es dann immer mehr Menschen gibt. Wieso hat Gott nirgends erwähnt, ab welchem Moment wir das Gebot uns zu mehren „on hold“ stellen sollten? Ich meine, eine Überbevölkerung hat – zumindest aus der postparadiesischen Perspektive – schliesslich auch ihre Schattenseiten.
Aber okay, Gott wird schon seine Gründe dafür gehabt haben.
Warum sollen wir uns die Erde Untertan machen? Warum sollen wir nicht im Einklang mit der Natur leben? Eine solche Lebensform würde ich nicht als Herrschaft bezeichnen. Okay, als derjenige, der in ferner Zukunft vielleicht mal imstande sein wird verletzte Tiere zu heilen2, trägt man schon eine gewisse Verantwortung, doch sie waren im Paradies und da sollten Unfälle eigentlich seltener passiere. Wie legitimiert sich also die Herrschaft der Menschen über die Fische im Meer, über die Vögel unter dem Himmel und über das Vieh und über alles Getier, das auf Erden kriecht? Da die Menschen und alle Tiere und Pflanzen zu jener Zeit Vegetarier waren, gab es abgesehen von einer gelegentlichen Bewunderung eigentlich keinen Grund zur Interaktion. Wieso dann überhaupt Herrschaftsstrukturen. Da hätte Gott auch gleich noch die Wookies auf die Liste setzen können.
Okay, damit gehe ich wohl etwas zu weit. Die Interaktion konnte natürlich auch in Form von gemeinsamem Spiel stattfinden. Und in diesem Fall macht es durchaus Sinn den Menschen quasi als von Gottes gnaden eingesetzten Schiedsrichter zu etablieren – wobei mir nicht ganz klar ist, wieso Gott das mit seinen Allfähigkeiten nicht selbst machen will3. Den Schiri als Herrscher über den Fussballplatz zu bezeichnen finde ich – ehrlich gesagt – aber trotzdem etwas absurd. Insbesondere wenn einer der Spieler Maradona ist.
Ich hätte die Herrschaft wohl je nach Gebiet aufgeteilt. Wenn es ums Postwesen geht, wären wohl Tauben oder Eulen oder Raben besser geeignet gewesen. Was das Transportwesen betrifft Elefanten. Einen kurzbeinigen Menschen zum Vorgesetzten eines Adlers in der Kartografie zu machen ist auch kein sehr schlauer Schachzug, ihr versteht was ich meine?
Und der Chef ist nicht Adam allein, sondern die Menschheit als ganzes, was – nun ja – auch ein gewisses Konfliktpotential beinhaltet 4.
Wenn es nun einen Interessenkonflikt gibt zwischen den Menschen und einer anderen Art und der Mensch der Boss ist, dann wird die andere Art, sofern deren Niederlage dem Menschen auf lange Sicht nicht noch mehr schadet, immer den kürzeren ziehen56.
Aber okay, Gott wird wohl auch hier seine Gründe dafür gehabt haben.
Wobei ich aber wirklich nicht verstehe, wieso er uns diese nicht erklärt. Ich sag ja nur.
Wir sollen uns also mehren. Gut. Als Mann kann und will ich diesem Gebot bis an mein Lebensende nachkommen. Frauen werden aber ab der Menopause in dieser Hinsicht überflüssig. Anders als bei den anderen Tieren sterben die Frauen aber noch nicht gleich, sondern kümmern sich um den Nachwuchs ihres Nachwuchses, wodurch sie ihrem Nachwuchs etwas Freiraum verschaffen, den dieser zur weiteren Fortpflanzung nutzen kann. Die Unfruchtbarkeit ist also keine Bremse für die Vermehrung, sondern bisweilen sogar ein Turbobooster.
Wieso ist das bei Homosexuellen nicht das gleiche? Ihre Effizienz beim Fortpflanzen mag kleiner sein aufgrund ihrer Neigung, welche – wohlgemerkt – keine freie Entscheidung ist, ihr Wunsch sich um Kinder zu kümmern aber ganz und gar nicht. Von daher kann die Erziehung des Nachwuchses genau wie an die Grosseltern auch an Homosexuelle ausgelagert werden7.
Wenn sich also Gläubige gegen die Adoption von Kindern durch Homosexuelle aussprechen, dann verstossen sie damit, selbst wenn sie irgendwelche Bibelverse zitieren, gegen das erste und wichtigste Gebot Gottes: Seid fruchtbar und mehret euch und füllet die Erde.
- Hat Sex eigentlich auch schon vor dem Sündenfall Spass gemacht? ↵
- Wobei die Wissenschaft, die ihn dazu befähigt, wohl eher eine Konsequenz der Sündenfalls ist. ↵
- Man denke an Paris und den goldenen Apfel. Sowas kann nur schlecht raus kommen. ↵
- Aus meiner Perspektive sieht es so aus, als sei das ganze System darauf angelegt so viel Konfliktpotential wie möglich zu schaffen. Aber das ist natürlich nur meine Meinung. ↵
- Als Beispiel möge dies dienen: Ich hasse Fenchel. Ich bin dafür ihn auszurotten. Da das Fehlen des Fenchels weder auf dem Speiseplan der Menschen noch im Ökosystem als ganzes ein allzu grosses Loch hinterlässt (nehmen wir dies zumindest hypothetisch mal an), spricht nichts dagegen ihn komplett auszurotten. Wir sind die Herrscher, also liegt dies zu entscheiden in unserem Ermessen. ↵
- Weitere Beispiele liessen sich sicher auch im Kontext der Überbevölkerung konstruieren. ↵
- Dass Zölibat dem Bevölkerungswachstum dienen kann, beweist auch die Funktion des Klerus: Wenn man ein paar Menschen von der Fortpflanzung abzieht und sie mit dem Auftrag betraut, mit Nadeln Löcher in Präservative zu stechen, dann kann die Rechnung sehr gut aufgehen. ↵