Woher kommst du?

Laut Dos Santos Pinto ist Rassismus gegen schwarze Menschen in der Schweizer Kultur so stark verankert, dass er den meisten Menschen nicht auffällt. Sie gab ein Beispiel: «Die Frage ‹Woher kommst du?› ist rassistisch.» Diese Frage werde innerhalb der ersten paar Minuten an Personen gestellt, die nicht weiss sind. «Damit ruft man eine Vorstellung von Personen hervor, die zur Schweiz gehören und solchen, die zuerst noch erklären müssen, warum sie da sind.»

20min.ch

Aus einer kulturelleren Perspektive

Dass die Schweizer Kultur xenophobe Tendenzen hat, steht ausser Frage. Dass sie folglich auch Schwierigkeiten mit Schwarzen hat, selbstverständlich auch. Ob das aber gleich mit Rassismus gleichgesetzt werden kann, da bin ich mir nicht so sicher.
Klar dunkelhäutige Menschen werden massiv diskriminiert, doch wurden das vor ihnen auch die Jugoslawen, Portugiesen und Italiener. Und davor wahrscheinlich auch die Aargauer, Thurgauer und Entlebucher.
Wenn man die Diskriminierung am Rassismus aufhängen will, dann müsste man doch klare Unterschiede erkennen bei der Behandlung der Fremden je nach Rassenzugehörigkeit.

Ich bin mir durchaus bewusst, dass der moderne Rassismus nicht mehr biologische Rassen voraussetzt, sondern seine Überlegenheit an der Herkunft, sprich der Kultur, aufhängt. Damit gesteht man ein, dass es theoretisch durchaus möglich ist, dass die Koredutten eine uns dermassen weit überlegene Zivilisation entwickelt haben, dass es ihr moralisches Recht wäre, uns einerseits mit Rat und Tat zur Seite zu stehen und andererseits uns auf angemessene Distanz zu halten. Dass bisher noch keine solche Kultur gefunden wurde, ist natürlich reiner Zufall und hat nichts damit zu tun, dass die eigene Lebensweise der Massstab ist. Und entsprechend ist es auch reiner Zufall, dass kulturelle Distanz mit unterschiedlicher Hautfarbe, Augenform und Behaarung korreliert1.

Daher hier zur leichteren Bestimmung der eigenen Rasse – ich meine – Kultur eine ethnographische Karte:

Karte der Verbreitung der Menschenrassen aus Meyers Konversationslexikon, 4. Auflage. 1885–1890

Und selbst wenn die Diskriminierung umso stärker ist, je grösser der Unterschied in der Hautfarbe ist, so würde ich dennoch vorsichtig sein mit dem Ausspielen der Rassismus-Karte.

Ein Rassist ist für mich ein Mensch, der überzeugt davon ist, dass eine bestimmte Rasse von Natur aus den anderen überlegen ist. Normalerweise die eigene2. Und diese Überlegenheit legitimiert den Rassisten darin, über die Köpfe der Primitiven hinweg über ihr Schicksal zu entscheiden. Traditionell tut man das in Form des Imperialismus3.

Die Schweiz hatte keine Kolonien (was sie aber natürlich nicht daran hinderte dennoch von jenen der anderen zu profitieren). Tatsächlich befand sie sich sogar eher auf der anderen Seite des Spektrums: Von den Naturforschern jener Zeit wurden die Eidgenossen gern als ungebildete Halbwilde beschrieben.

Tatsächlich gibt es aber auch andere Gründe als die Überlegenheit anderen Leute das Leben absichtlich schwer zu machen.
Zum Beispiel die Annahme, dass es Leuten umso schwerer fällt sich in eine Kultur zu integrieren, je unterschiedlicher die Kultur ist, aus der sie stammen. Die andere Kultur ist nicht schlechter oder besser. Sie ist nur anders und man befürchtet, es könnten Konflikte entstehen, wenn man diese mischt. Wenn also jemand beispielsweise aus einer „kommunistischen“ Kultur kommt, wo alles allen gehört, dann könnte man vermuten, dass er mir, wenn man ihn hier einstellt, meinen Kaffeerahm wegsäuft. Das ist kein Rassismus, weil man die andere Kultur nicht notwendigerweise als schlechter betrachtet. Es ist aber dennoch Diskriminierung auf Basis von Vorurteilen, die man über andere Gruppen hegt.
Oder man könnte Befürchten, dass wenn zu viele Fremde ihre Kultur hierher bringen, sich unsere dadurch verändern wird. Auch hier hält man die andere Kultur nicht notwendigerweise für schlechter, sondern einfach nur für anders. Man will einfach nicht, dass sich die eigene liebgewonnene ändert. Wenn also zu viele Leute aus einer „Santa Claus“ Kultur kommen, könnte das die Traditionen rund um Samichlaus und Christchindli verändern, was man eben zu verhindern versucht.

Man kann sich fragen, ob diese Unterscheidung überhaupt Sinn macht, denn für die Betroffenen macht es keinen grossen Unterschied. Denn egal ob das Gegenüber ein Rassist oder ein – ich nenne es mal – Kulturschützer ist, er wird diskriminiert, bedroht und manchmal sogar angegriffen.
Es macht aber (hoffentlich) einen Unterschied, wenn es darum geht, den Diskriminierenden dazu zu bewegen, die Diskriminierung zu beenden. Beim Rassisten wird das nämlich nicht klappen, weil die Minderwertigkeit in Blut/Kultur gemeisselt ist, während beim Kulturschützer immer noch Hoffnung besteht.
Wenn sich der Fremde integriert, sprich seinen eigenen Kaffeerahm mitbringt und Samichlaus statt Santa Claus anbetet, oder man an gewissen Aspekten der fremden Kultur Gefallen findet, dann braucht es keine Diskriminierung mehr um die Bedrohung abzuwenden. Beim Rassisten bleibt dagegen weiterhin die Überzeugung von der Überlegenheit und er wird sich auch weiterhin vor der genetischen/kulturellen Verschmutzung fürchten.

Der Lackmustest für Kulturschützer und Rassisten sind daher wohl die Secondos und Terzos. Sie sind hier geboren und aufgewachsen und idealerweise so integriert, wie man es sich von einem Menschen nur wünschen kann.
Zumindest das muss man der SVP lassen: Sie verschliesst sich nicht vor Patrioten mit Migrationshintergrund. (Strukturellen Rassismus zu fördern und mit Patrioten, die (leicht) über die Stränge schlagen, zu liebäugeln ist meines Erachtens mehr Opportunismus als Rassismus der unheilbaren Sorte.4)

Dass auch optimal integrierte Secondos und Terzios von den Kulturschützern diskriminiert werden, liegt daran, dass sie wie Fremde aussehen und heissen und dadurch versehentlich den Erst-Kultur-Hilfe-Reflex triggern.

Aus einer individuelleren Perspektive

Gespräche fangen so gut wie nie mit der Frage „Woher kommst du?“ an. Meist geht dem zumindest ein freundliches „Hallo“ voraus.
Wenn sie allerdings doch mal so anfangen, dann wohl tatsächlich meist aus rassistischen Motiven. Doch das erkennt man weniger an der Frage, sondern viel mehr daran, dass die Frage von einem (spürbar) xenophoben Arschloch gestellt wird. Und in einem solchen Fall schafft das Arschloch es auch die Frage nach der Uhrzeit diskriminierend klingen zu lassen.

Ein Gedanke am Rande:
Ich finde, man sollte sich stets bemühen von allen möglichen Interpretationen einer Aussage grundsätzlich immer die wohlwollendste als die beabsichtigte zu wählen. Selbst wenn eine weniger wohlwollende noch so nahe zu liegen scheint. Damit schenkt man seinem Gegenüber einen Nettigkeitsvorschuss und lässt ihm die Möglichkeit seine Arschlochigkeit explizit einzufordern. (#PrinzipDerWohlwollendenInterpretation)

Aber es stimmt schon, die Frage nach der Herkunft ist eine persönliche Frage. Doch das ist sie mit Absicht. Man will schliesslich etwas über die andere Person erfahren. Das muss zwangsläufig persönlich sein. Andernfalls hätte man sich nach dem Wetter erkundigt.
Wenn man also eine Person etwas besser kennen lernen will, kann man sie entweder etwas willkürliches fragen, beispielsweise könnte man sich höflich nach der Farbe ihrer Unterwäsche erkundigen, oder (ein bisschen fantasieloser) nach etwas offensichtlichem, das sie gerade von allen anderen unterscheidet:
Wenn die Person Zahnarzthelferin ist und lange, spitze Eckzähne hat, dann könnte man sie fragen, ob die Stomatologie schon immer ein Strigoi-Handwerk war (wobei man von vornherein ahnt, dass einem die Antwoxrt nicht gefallen wird).
Oder wenn eine Person die grüne Taschenbuchausgabe von der Herr der Ringe liest und dabei herrderringetaschenbuchausgabegrüne Pumps trägt, dann könnte man sie fragen, ob ihr das Buch gefällt (wobei man die Antwort eigentlich schon kennt).
Oder eben wenn die Person einer anderen Ethnie angehört, was man entweder an der Hautfarbe oder am Dialekt erkennt, dann wäre auch die Herkunft eine Frage wert.

Pangalactic Gargle Blaster… vielleicht will man auch lieber nicht wissen, was drin ist?

Ja, damit drückt man tatsächlich jedes Mal explizit aus, dass die Person sich von der Norm unterscheidet. Es impliziert aber keineswegs auch, dass man das persönlich für etwas schlechtes hält.
Als jemand, der Multikulti zu schätzen weiss, widerspiegelt es viel mehr die aufrichtige Freude an der Artenvielfalt. Ein Gourmet weiss die Verschiedenartigkeit der Zutaten im Zusammenspiel schliesslich zu schätzen.

Vielleicht haben die Vorbehalte gegen die Frage nach der Herkunft auch andere Ursachen:
Erstens wird man diese Frage wohl häufiger hören als die nach anderen Dingen, die einen von den anderen unterscheidet. Das wird einem – voraussichtlich – irgendwann mal so zum Hals raushängen, dass man – nachvollziehbar – ziemlich gereizt zu antworten beginnt. Doch wenn man sich an der gleichen Frage bei 1000 Menschen nicht gestört hat, dann kann man es der Person, die die Frage als 1001ste stellt, nicht wirklich übel nehmen.
Zweitens – und das wiegt wahrscheinlich deutlich schwerer – weil diese Frage unweigerlich in eine üble Verlegenheit führt. Denn welche Folgefrage wird dann wohl kommen: „Ach, ein Freund von mir, der Sepp, kommt auch von da. Kennst du den?“, „Ach, cool, ich liebe Cholera!“, „Ach, dort wurde ich mal von einem Hai gebissen!“ oder noch schlimmer „Nein, ich meine ursprünglich?“
Und drittens weil hier, im Gegensatz zu den meisten anderen persönlichen Fragen, die Chance wesentlich grösser ist, dass man die Person versehentlich an ein traumatisches Erlebnis erinnert wird, weil das Verlassen der Heimat in viel zu vielen Fällen nicht aus freien Stücken geschah.

Das bedeutet, dass die Frage nach der Herkunft schlicht kein besonders raffinierter Zug ist. Das ändert aber nichts daran, dass die Frage jedes einzelne mal berechtigt ist. Weil jeder von irgendwo her kommt und weil uns das interessiert. Und das nicht nur ein bisschen, sondern fundamental.
Das Interesse an der Herkunft des Gegenübers wurde uns in die Wiege gelegt. Mehr noch, es ist ein Überlebensinstinkt, der während Äonen unser Überleben und das unserer Nachkommen sicherte:

Von nah nicht flachlegen.
Von nicht nah umlegen.

Und wer will sich schon mit seinem genetisches Erbe anlegen?

Die Frage aufgrund des Risikos damit in ein psychologisches Wespennest zu stechen gesellschaftlich zu ächten, wäre aber auch problematisch: Weil man dann von der Wahrscheinlichkeit für eine Eigenschaft in einer Gruppe auf das Vorhandensein der Eigenschaft bei einem Individuum schliesst und sie deshalb anders behandelt. (#Diskriminierung)


Spezielles Fazit:

„Neger“ sagt man nicht. Das weiss man.
„Fräulein“ sagt man nicht. Das weiss man.
„Schwuchtel“ sagt man nicht. Das weiss man.
„Zigeuner“, „Schlampe“ und „Krüppel“ sagt man auch nicht. Das weiss man auch.

Irgendwann fiel auf, dass diese Bezeichnungen einen unangenehmen Ballast mit sich tragen5 und dass den Betroffenen wohler wäre, wenn man stattdessen andere Worte benutzen würde. Irgendwie hat es sich dann tatsächlich durchgesetzt, dass diese Worte nicht mehr verwendet werden. Und seither spricht man sie nur noch aus, wenn man sich unbedingt als rassistisches, sexistisches und/oder homophobes Arschloch outen will.

Was die Herkunft betrifft, so sollte es sich langsam herumgesprochen haben, dass auch diese ein potentiell problematisches Thema ist und folglich lieber mit Bedacht angesprochen werden sollte. Da dieses Wissen aber noch nicht gänzlich verinnerlicht wurde, ist man noch nicht automatisch ein rassistisches Arschloch ist, wenn man die Frage stellt.
Sie wird deshalb von den Angesprochenen auch noch nicht als Schlag ins Gesicht interpretiert, sondern lediglich als ein weiterer Tropfen, der seine Macht in der Masse entwickelt.6

Aber natürlich meint es auch niemand böse, wenn er Mohrenkopf sagt. Das heisst aber nicht, dass wir nicht unabsichtlich viel zu viele Verhaltensweisen an den Tag legen, die andere Gruppen verletzen. Nur weil wir es schon immer so gemacht, macht die Sache nicht harmlos. Und dass wir uns nicht im Klaren darüber sind, dass die Sache nicht harmlos ist, nimmt der Sache nicht den Schmerz für die Betroffenen.


Allgemeines Fazit:

Es gibt Dinge, die sind okay. Andere sind es nicht. Nicht notwendigerweise weil sie in irgendeiner Form schädlich oder vorteilhaft wären, sondern einfach weil man sich irgendwie darauf geeinigt hat, dass das jetzt so gilt.
Fräulein sagen ist nicht okay. Schweinefleisch essen ist okay. Zu fragen, auf welche Toilette Trans-Menschen gehen sollen, ist nicht okay. Rülpsen ist okay. Doch ist es. Sich nach der Herkunft erkundigen, ist nicht okay.
Es spielt, wie gesagt, keine Rolle, ob diese Tabus und Freiheiten berechtigt sind, es sind Rituale und Symbole mit denen sich die Leute in einer Gesellschaft schmücken um zu zeigen, dass sie dazugehören. Es sind aber nicht geheime Signale, welche Fremde entlarven. Denn alle wissen, was sich in einer Gruppe gehört und was nicht, und wenn man sich nicht daran hält, dann um zu zeigen, dass man nicht dazu gehören will.
Verdammt umständlich, könnte man meinen, wenn man nicht wirklich wissen kann, ob das Gegenüber tatsächlich die Überzeugungen der Gruppe teilt, deren Gewohnheiten er gerade an den Tag legt. Man kann aber aus dem erstaunten Blick des Gegenübers, wenn er feststellt, dass er die falschen Rituale für die richtigen gehalten hat, zweifelsfrei darauf schliessen, dass es sich um einen (schlecht vorbereiteten) Zeitreisenden handelt.

Dieser stete Wandel unserer Sitten und Gebräuche ist der Schutzmechanismus unserer Kulturen im Temporalen Kalten Krieg.


Noch ein Gedanke am Abschied:
Nach modernen ethischen Standards wären die Leute von früher allesamt Arschlöcher. Durchs Band. OHNE AUSNAHME! Das ist aber nicht böse gemeint. Sie wussten es (in vielen Fällen) einfach noch nicht besser. Und in vielen Fällen konnten sie es gar nicht besser wissen.

Interessanterweise ist die Sache aber wahrscheinlich nicht zeitinvariant. Leute aus dem 10. Jahrhundert, die nach heutigen Standards Arschlöcher waren, würden uns wohl nicht für Arschlöcher halten. Für eklig durchaus, aber sie würden uns nicht vorwerfen können, dass wir Leute nicht aufgrund von Geschlecht, Rasse, Herkunft, sexueller Orientierung, etc. diskriminieren. Ausser sie übernehmen die Moral von jemandem, der sich nochmals zehn Jahrhunderte früher wie einer benahm, den man im Frühmittelalter genauso wie heute ehrlicherweise als Arschloch hätte bezeichnen müssen.


Frage nach der Herkunft hin oder her, es gibt nur eine Antwort auf diese:

Ein komma-grammatischer Skandal!

Früher schrieb man offenbar:

Er mähte den Rasen, und sie kochte das Mittagessen.
(mit Komma)

und:

Es ist eine Tatsache, dass er den Rasen mähte und sie das Mittagessen kochte.
(ohne Komma)

Kommaregeln scheinen sich früher nicht nach Chomskys Universalgrammatik gerichtet zu haben!

Ich bin empört!
(Mein Bürokollege übrigens auch.)

Wenn das kein Grund ist, das Rumfummeln an der Geschichte zu erlauben, …
dann weiss ich auch nicht …

 

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Aber natürlich muss man geschickt rumfummeln!
Meist passiert gar nicht: Beispielweise war der Strategie, einen Kampfroboter durch die Zeit zu schicken um eine Schlüsselperson zu ermorden und damit der Geschichte eine neue Wendung zu geben, bisher noch nie Erfolg beschieden (Terminator). Und selbst der Versuch, einen Ingenieur ins Mittelalter zu schicken um eine steamgepunkte Renaissance zu ermöglichen, hinterliess keinen bleibenden Eindruck (Ein Yankee am Hofe des König Artus).
Manchmal schiesst man aber auch weit übers Ziel hinaus: Als beispielsweise ein viktorianischer Gentleman in einer fernen Zukunft die Hübschen rettete, indem er die Hässlichen massakrierte, beraubte er die Hübschen ihrer Lebensgrundlage und musste für sie die Zivilisation mit all den damit verbundenen Mühen komplett neu aufgleisen (Die Zeitmaschine). Oder weil mal ein Teenager durch die Zeit stolperte und seiner Mutter den Kopf verdrehte, landete ein Trump im Weisse Haus (Zurück in die Zukunft).

Grundsätzlich gilt, dass wenn man die Leute „austauscht“, dass sich nichts gross ändert. Für eine andere Zukunft bedarf es nicht anderer Leute, sondern anderes Denken!
Technologie beeinflusst das Denken (The Medium is the Message). Das tut sie allerdings nur, wenn sie noch irgendwie fassbar ist. Entzieht sie sich zu sehr dem Verständnis der Benutzer, wird es zur Magie. Ich denke da beispielsweise an den Cargo-Kult in Melanesien, aber eigentlich auch an die Mehrheit der iPhones-User, wo die Leute die Bedienungsrituale ausführen, dann aber bloss enttäuscht, nicht aber gross überrascht sind, wenn das Resultat ein gänzlich anderes ist als erhofft.
Sprache beeinflusst das Denken!
Was liegt dann näher, als Linguisten durch die Zeit zu schicken um die Dinge gerade zu biegen? Sie ändern die Sprache und damit das Denken. Und wer würde schon im Rat für deutsche Rechtschreibung, in der Académie française oder in der Redaktion des Oxford English Dictionary Zeit-Agenten vermuten?

Rat für deutsche Rechtschreibung
Rat für deutsche Rechtschreibung

 Académie française
Académie française

Natürlich ist die Macht dieser Institutionen nicht verborgen geblieben. Man vermutet schon länger, dass beispielsweise politische Korrektheit, welche zu einem bestimmten Grad auch von diesen „Sprachpolizisten“ abgesegnet wurde, ein Manipulationswerkzeug ist. Was man jedoch nicht bedacht hat, ist, dass wenn jemand die Folgen eines „Eingriffs“ abzuschätzen fähig ist, dann Zeitreisende. Wenn man sich also gegen die politische Korrektheit auflehnt, dann weil sie es so wollen…

Mir ist kein Zeitreise-Science-Fiction-Werk bekannt, in dem diese Möglichkeit ausgelotet würde. In Arrival ist Amy Adams alias Dr. Louise Banks zwar Linguistin und irgendwie geht es da auch ums Zeitreisen, doch es besteht keine Verbindung zwischen diesen beiden Dingen. Was dem Grundgedanken, dass man die Geschichte durch Tweaken der Sprache nachhaltig verbessern kann, noch am nächsten kommt, ist Bill & Ted’s verrückte Reise durch die Zeit, wo mit Hilfe von granatenstarker Musik ein globales Umdenken eingeleitet wird, welches dann zu einer Welt voller Wasserrutschen führt.

Jesus kriegt eine Armee

Jesus zog also durchs Land, heilte hier, predigte da und liess ich am Ende ans Kreuz nageln.

Jetzt stellt euch aber mal vor, einer der Zuhörer bei der Bergpredigt wäre Kaiser Tiberius gewesen, der zufällig gerade inkognito in der Gegend Ferien machte. Und stellt euch vor, er wäre von der Rede dermassen angetan gewesen, dass er Jesus auf der Stelle zu seinem persönlichen Berater ernannt hätte. So absurd ist der Gedanke gar nicht. Wie jeder Christ gern bestätigen wird, war Jesus liebenswürdig, loyal, klug und besass grosses Charisma. Jeder halbwegs vernünftige (und ehrliche) Mensch musste schlichtweg von ihm begeistert sein. Wieso also nicht auch der mächtigste Mann seiner Zeit?

JesusTiberius

Gut möglich, dass Jesus das nicht gewollt hätte. Sein Plan war schliesslich ein ganz anderer. Er wollte die Leute inspirieren und sie von sich selbst aus das richtige machen lassen.
Allerdings sagt man zu einem Tiberius nicht nein. Und selbst wenn man nein sagt, dann braucht dieser das noch lange nicht zu akzeptieren.

Jesus wurde also in den Stab von Tiberius aufgenommen und nach Rom gebracht1. Und Tiberius hat ihn dann (wie es Christen auch heute noch tun) immer mal wieder um Rat gefragt.

Ich sage nicht, dass Jesus Gefallen dran gefunden oder gar dass ihn am Ende die Macht sogar korrumpiert hätte2, ich bezweifle lediglich, dass er Tiberius den Rat verwehrt hätte. Denn die Möglichkeit Gutes zu tun (oder je nach Präferenz Übles zu verhindern), ist einfach viel zu gross um sie nicht beim Schopf zu packen.

Es wurden nur wenige Fragmente der Dialoge überliefert3:

„Jesus, mir ist eben zu Ohren gekommen, dass die Händler und Geldwechsler, die du damals aus dem Tempel vertrieben hast, sich dort wieder breit gemacht haben. Soll ich Verbotsschilder an den Eingängen anbringen lassen? Ich schulde dem Schildmaler Ramanus eh noch einen Gefallen.“

„Jesus, ist dir schon mal aufgefallen, wie viele Leute an mehrere und andere Götter glauben? Was denkst du, sollen wir in dieser Richtung was unternehmen? Oder lassen wir sie erst mal in Frieden? Vielleicht liesse sich durch die Einführung der Schulpflicht und des obligatorischen Religionsunterrichts die Entwicklung zu unseren (sprich ihren) Gunsten beeinflussen?“

„Jesus, mir wurde eben berichtet, dass die Germanen in unserer Provinz Belgica eingefallen sind und dort jetzt ein grausliges Blutbad anrichten. Wenn man sich vergegenwärtigt, wie die Germanen von meinen Vorgängern behandelt wurden, war das eigentlich absehbar, aber ich weiss jetzt nicht genau, wie ich darauf reagieren soll? Meine Generäle empfehlen mir fünf Legionen in den Norden zu schicken, aber mir erscheint das irgendwie ein falsches Zeichen zu setzen. Andererseits stimmt es schon, dass man in einer taktisch besseren Verhandlungsposition ist, wenn man nicht mit runtergelassenen Hosen da steht. Zur Zeit schicken sie alle unsere Unterhändler ohne Kopf wieder zurück. Was empfiehlst du mir?“

„Jesus, mein Neffe Quintus hatte gestern sein Coming out. (Überraschend kam das ja nicht wirklich, LOL!) Soll ich ihn dazu beglückwünschen oder ihn hinrichten lassen? Die heilige Schrift ist da je ziemlich deutlich.“

„Jesus, deine zwölf Jünger, ähm, du weisst, dass ich sie mag. Ehrlich. Ich meine, es ist jedesmal wieder ein Freude mit ihnen zu feiern. Aber nun ja, ich weiss nicht wie ich es sagen soll. Schliesslich habt ihr einiges zusammen durchgemacht. Aber irgendwie scheinen sie mir nicht die hellsten Köpfe zu sein. Sie sind lieb, versteh mich nicht falsch, und sehr hilfsbereit und so, aber ich fürchte, ihr Mangel an Bildung macht sich in der Qualität ihrer Ratschläge schon bemerkbar. Du weisst schon, Dunning-Kruger-Effekt.“

„Jesus, wir sprachen doch kürzlich von deinen 12 Aposteln. Wollen wir sie nicht noch mit ein paar Philosophen aufstocken? Ich habe da ein paar wirklich interessante Bewerbungsunterlagen von ein paar Stoikern erhalten.“

„Jesus, du bist ja da aus der Gegend. Da ist dieser Kerl von der Judäischen Volksfront – oder vielleicht war es auch die Volksfront von Judäa – ich bringe die immer durcheinander. Der hat uns ein Ultimatum gestellt. Er verlangt, dass wir ihn bis Sonnenuntergang kreuzigen. Andernfalls werden 10’000 Menschen sterben. Der Geheimdienst sagt, dass ihm die Mittel, um sowas umzusetzen, tatsächlich zur Verfügung stehen und man die Drohung unbedingt ernst nehmen muss. Was sollen wir tun? Keine Ahnung, ich weiss nicht ob es Kanaaniter darunter hat.“

„Jesus, darf ich vorstellen, das ist Clarcus Centus vom Quotidie Planeta. Er wird dich eine Zeitlang begleiten und eine Homestory über dich schreiben.“

„Nein, Jesus, Dictaphonos wird dich auch weiterhin begleiten – du kannst es gern auch stalken nennen. Ich will einfach nicht, dass irgendetwas von dem, was du sagst, vergessen geht.“

„Jesus, da ist eine Meute Menschen, die Wünschen eine Ehebrecherin zu steinigen. Irgendwie finde ich das etwas übertrieben, aber die heilige Schrift ist da eigentlich ziemlich deutlich. Was denkst du? Was? Der ohne Schuld ist, soll den ersten Stein werfen? Heisst das, du will das Ius primae lapidis? HAHA! Du Scherzkegs. Nein im Ernst, was sollen wir machen? Wir können das Urteil ja nicht von der moralischen Integrität des Scharfrichters/Publikums abhängig machen.“

„Jesus, ich sage ja nicht, dass Ehebruch nicht falsch ist. Ich frage mich nur, was es die anderen angeht? Die werden dadurch ja nicht geschädigt. Ausser natürlich indem sie bei ihr nicht ran durften, HAHAHA!“

„Jesus, der Sklave Spartacus hat sich mal wieder über die Sklaverei beschwert. Weiter ignorieren?“

„Ich weiss, deine Jünger sind dir heilig, aber erst kürzlich ich habe den Thaddäus dabei erwischt, wie er irgendwelchen Leuten erklärte, dass Gott eigentlich am meisten eine Insel jenseits der Säulen des Herakles liebe. Das kann er doch nicht so einfach sagen, oder? Oder habt ihr das beim letzten Abendmahl besprochen?“

„Jesus, ich weiss ja, dass du nicht gern darauf angesprochen wirst, aber Maria, war die wirkl…, okay, okay, ich geh ja schon.“

„Jesus, ich spiele mit ein paar Freunden gerade Trivial Pursuit und Pilatus beharrt darauf, dass die Welt ein Würfel ist. Sag ihm, wie es wirklich ist. Dir wird er sicher glauben.“

„Jesus, ich überlege mir, ob ich meinen Kindern nicht eine Villa an den Hängen des Vesuvs kaufen soll. Im Sommer ist es da ja immer so schön. Was denkst du?“

„Jesus, erzähl du mal einen Witz.“

„Jesus, ich habe dir doch schon von meiner Idee erzählt, deine Reden und Gedanken zu veröffentlichen. Ich habe auch schon einen Verleger gefunden, der denkt, dass sich das Buch durchaus verkaufen liesse. Wir sind jetzt an der Umschlaggestaltung. Hast du eine Idee für ein einprägsames Bild oder Symbol oder sowas? Irgendein Markenzeichen?“

„Jesus, was würdest du zu einem Musical über dein Leben sagen?“

„Jesus, hab ich mich in die Nesseln gesetzt. Ich habe meiner Schwiegermutter gesagt, sie sei so alt wie die Erde selbst… Was? Wie alt habe ich sie genannt?“

„Jesus, ist dir schon mal aufgefallen, dass sich mit deinem Name hervorragen zum Fluchen lässt?“

„Jesus, du weisst, wie sehr ich dich liebe. Aber es ist schon etwas verstörend, dass meine Frau beim Sex deinen Namen stöhnt.“

„Jesus, du kennst doch den Töpfer Stavros von Naxos, oder? Der macht ja wirklich sehr schöne Töpfe. So einfallsreich verziert. Man erkennt sie wirklich überall sofort. Nun erzählte er mir, dass es da einen anderen Töpfer gäbe, Cimdotcomix, der macht genau die gleichen Töpfer wie er und verkauft sie viel billiger. Das macht das Geschäft von Stavros kaputt, sagt Stavros. Er fragt, ob man ihn nicht für Diebstahl ran kriegen könnte? Schliesslich entgeht dadurch dem Stavros eine ganze Stange Geld? Was denkst du?“

„Jesus, sollte es nicht auch ein paar Frauen unter den Aposteln haben? Sie dürfen gern auch jünger sein.“

„Jesus, ganz unter uns, hast du wirklich noch nie masturbiert? Oh Shit, Dictaphonos, du bist ja auch hier, ich habe dich völlig übersehen…“

„Jesus, Brust oder Keule?“

„Jesus, ehrlich gesagt finde ich es ein bisschen eklig, dass du dir vor dem Essen die Hände nicht wäschst. Meinst du nicht, dass an den Reinheitsvorschriften, die du über Bord geworfen hast, womöglich etwas klitzeklitzekleines, winziges mehr dran war als nur religiöse Gründe?“

„Jesus, ich weiss von ein paar Verfehlungen, die noch nicht mit Krankheit und Katastrophe geahndet wurden. Sind die dir entgangen oder sind manchmal auch Gesundheit und Wohlstand eine Strafe?“

„Jesus, wenn ich mich recht entsinne, gab es zweimal Probleme mit Wasser: die Sintflut und das Rote Meer als Hindernis. Wieso ertränktest du während der Sintflut auch die unschuldigen Häschen und Kätzchen, wenn du nur die verdorbenen Menschen mittels einer Wassersäule hättest ersäufen können? Das hätte dir die enorme Wasserrechnung und Noah eine Menge Arbeit erspart.“

„Jesus, apropos Sintflut, gab es vor der Sintflut wirklich keine Regenbögen?“

„Jesus, wo wir schon dabei sein, gab es wirklich keinen anderen Weg als zweimal mit Inzest anzufangen?“

„Jesus, und wer genau war die Frau von Kain? Der verrückte Docus Brunneus meint, sie sei aus der Zukunft gekommen.“

„Jesus, sorry, aber ich habe das noch immer nicht ganz begriffen. Wenn du eins mit Gott und gleichzeitig Gottes Sohn bist, dann bist du doch eigentlich dein eigener Urururururururururgrossvater? HAHAHA!“

„Jesus, wie ist es eigentlich mit seiner Urururururgrossmutter zu… Jesus! Komm zurück! Das war doch nur Spass… Komm schon…“

„Jesus, du kannst nicht schwimmen, nicht wahr?“

„Jesus, meinst du das wirklich ernst mit der Hölle? Wie soll ich den Himmel geniessen, wenn ich weiss, dass gleichzeitig Freunde in der Hölle gequält werden? Wenn es mich dann nicht mehr interessiert, wie einen kastrierten Hund Weibchen nicht mehr interessieren, dann nimmt mich wunder, was genau mit dem Tod mit mir passiert. Und erspart man sich das, wenn man in die Hölle kommt?“

„Jesus, wieso heilst du mühselig einzelne Menschen vom Grauen Star statt diesen einfach komplett zu eliminieren?“

„Jesus, diese Grippe ist ja sooooo lästig. Könnte man nicht was dagegen tun, dass man sich nicht mehr ansteckt?“

„Jesus, gestern hat ein Kerl vorgesprochen, der sich Mann aus Gallien nennt. Er schlägt vor alle Arzneimittel massiv zu verdünnen. Das ist natürlich Blödsinn, würde das Gesundheitswesen aber finanziell schon ziemlich entlasten.“

„Jesus, in Nordafrika herrscht eine schreckliche Dürre und Leute sterben an Hunger. Sollen wir das als eine gerechte Strafe Gottes interpretieren oder schicken wir Hilfe hin?“

„Jesus, Pontius Pilatus bittet um medizinischen Hilfe, in der Provinz Judäa sei eine schreckliche Seuche ausgebrochen. Sollen wir den Medicus Dominus dorthin schicken? Nein, ich weiss nicht, ob es nur Kanaaniter betrifft.“

„Jesus, der Skeptiker Gwupius findet, dass allein der Umstand, dass du lieb, klug und charismatisch bist, noch kein Grund dafür ist, dass du auch recht hast. Geschweige denn, dass du Gott höchstselbst bist. Er verlangt Evidenzen. Soll ich ihn verschwinden lassen?“

„Jesus, ich habe doch letzte Woche dem berüchtigten Dieb Lyttonius seine Verbrechen verziehen und ihn laufen lassen. Du weisst doch noch, wie er hoch und heilig gelobt hat, von nun an rechtschaffen zu sein. Und heute wurde er doch tatsächlich wieder dabei erwischt, wie er sich an meinen Kronjuwelen zu vergreifen versuchte. Ich bin ja gern bereit ihm schon wieder zu verzeihen, aber sollten wir ihn diesmal nicht trotzdem in den Knast werfen?“

„Jesus, diese verzogenen Kids mit ihren aufgemotzen Kutschen bauen immer mehr Unfälle in den Strassen Roms. Sollten wie nicht sowas wie ne Geschwindigkeitsbegrenzung machen?“

„Jesus, der Maler Picassus, den ich beauftragt habe, dich zu protraitieren, fragt ob ich das Bild realistisch wünsche oder idealisiert? Keine Ahnung was er meint. Vielleicht den grossen Pickel auf deiner Stirn, die schiefen Zähne, die krumme Nase, den dritten Nippel. Jesus, du weisst, dass wir dich lieben. Du solltest aber endlich aufhören zu glauben, dass es wegen deines umwerfenden Aussehens ist. Wir sind nicht so oberflächlich, wie du es uns immer unterstellst…“

„Dictaphonos, könntest du aufschreiben, dass Jesus gesagt hat, dass man Fenchel verbieten lassen sollte?“

„Jesus, meine Generäle berichten mir, dass die Moral der Soldaten etwas nachgelassen hat, seit sie nicht mehr im Auftrag Gottes arbeiten dürfen. Die ganzen Massaker machen seither wesentlich weniger Spass.“

„Jesus, einige Generäle meinen, dass man durchaus im Namen Gottes in die Schlacht ziehen könne, wenn man vorher ein paar Kanaaniter in die Schlachtreihen der Gegner geschmuggelt hat.“

„Jesus, wenn ich mit dem Töten eines Nichtgläubigen einen anderen zum rechten Glauben bekehre, soll ich das dann tun? Ich meine vorher waren beide verlorene Seele, jetzt ist einer davon gerettet. Eindeutig ein Gewinn. Was? Dadurch bin ich dann verloren? Echt? Ich dachte, es käme nicht auf die Handlungen an, sondern auf die innere Einstellung… Und was wenn ich damit X, C oder gar M verlorene Seelen rette?“

„Jesus, da steht eine Engelmacherin vor Gericht. Sie versucht sich zu verteidigt, indem sie sagt, dass sie damit den Kindern einen Gefallen tut. So kämen sie nämlich direkt in den Himmel. Ist das so? Bis zu welchem Alter kommt man denn in den Himmel, ohne das man dich zu akzeptieren braucht? Ich mein Säuglinge und Kleinkinder sind dazu ja noch nicht in der Lage.“

„Jesus, Leute, die zu weit weg wohnen um vor dir gehört zu haben, haben ja echt die Arschkarte gezogen…“

„Jesus, kürzlich las ich bei Hypokrates, dass fast die Hälfte aller empfangenen Kinder auf natürliche Weise abgetrieben werden. Dazu kommen noch XXVII% der Kinder, die das erste Lebensjahr nicht überleben, und XLVII%, die vor Erreichen der Pubertät sterben. Was genau hat hast du gegen Engelmacherinnen?“

„Jesus, man soll also nicht töten, wieso ist es bei Hexen dann okay?“

„Jesus, könntest du bitte meinen Untergebenen sagen, was du davon hältst gegen seinen Herrscher zu rebellieren.“

„Jesus, Petrus wurde schon wieder dabei erwischt, wie er sich an Ministranten vergangen hat. In welche Gemeinde sollen wir ihn jetzt versetzen? Allmählich gehen uns nämlich die Kirchen aus? Langsam müssen wir in Erwägung ziehen zu expandieren…“

„Jesus, hast du schon mal etwas von dieser Demokratie gehört? Was hältst du davon? Ich bin da als Caesar eher skeptisch, aber ich lasse mich gern umstimmen.“

„Jesus, jetzt mal ehrlich, werden wir uns nicht mit der Zeit im Himmel etwas langweilen?“

„Jesus, ich denke, wenn einen Mann LXXII Jungfrauen im Himmel erwarten würden, das wäre schon noch geil. Und ein tolles Verkaufsargument! Könntest du mal drüber nachdenken?“

„Jesus, wenn ich dich um einen Gefallen bitte, ist das dann eigentlich beten? HAHAHA!“

„Jesus, wenn ich für einen verstorbenen Verwandten bete, wird das seine Chance steigern in den Himmel zu kommen? Könnte dich das Gebet wirklich umstimmen?“

„Jesus, ich habe mal nachgedacht. Könnte es sein, dass die Welt so im Arsch ist, weil du die Gebete der Menschen erhört und dich damit immer weiter von deinem eigentlichen Plan entfernt hast?“

„Jesus, was ist eigentlich dein Plan?“

„Jesus, Menschenrechte – ja oder nein?“

„Jesus, ich plane das bedingungslose Grundeinkommen einzuführen. Gibst du mir dazu deinen Segen?“

„Jesus, kürzlich habe ich mich mit Plinius dem Älteren unterhalten und er hält es für möglich, dass es noch andere Welten im Himmel gibt. Wie stellen wir sicher, dass die dort auch vom Christentum erfahren?“

„Jesus, was denkst du über Wissenschaft? Lohnt es sich in die zu investieren?“

„Jesus, du hilfst ja sehr vielen Menschen mit Rat und Tat. Wie schaffen wir es, dass auch Leuten geholfen werden kann, die es sich nicht leisten können nach Rom zu reisen? Oder Leuten, die erst in einer fernen Zukunft Hilfe brauchen?“

„Jesus, wie lässt sich sicherstellen, dass die Antwort, die man auf ein Gebet erhält, wirklich von dir ist? Und zwar auch für dritte. Könnte man da nicht Hash-Funktionen oder sowas einsetzen? Es liegt ja (in der Regel) nicht in deinem Interesse, dass jemandem, dem du eine Antwort gegeben hast, nicht geglaubt wird, dass er die Antwort wirklich von dir bekommen hat.“

„Jesus, was genau ist die Rolle der Frau? Was soll sie und was darf sie nicht?“

„Jesus, zweifelst du nicht auch manchmal an deinen Sinnen?“

Ich gehe davon aus, dass Jesus bis zum Ende bockig blieb und sich konsequent dem Angebot einen echten Gottesstaat einzuführen entgegengestellt hätte. So richtig sicher bin ich mir darin aber nicht, denn ob man den erst in nächsten Leben errichtet oder schon in diesem, macht keinen grossen Unterschied – vielleicht mal davon abgesehen, dass jetzt auch die Unwürdigen in seinen Genuss kommen. Und ich denke nicht, dass es ein politisches System gibt, welches eine bessere Quote an Kandidaten hat für ein himmlisches Comeback4.

Das Problem mit Jesus ist, dass er – im Gegensatz zu Mohammed – keine Armee zur Verfügung hatte. Jesus konnte nur reden und überliess es dann anderen seine Ideen in Gesetze umwandeln. Und das Problem mit Gesetzen ist, dass sie nicht immer so funktionieren, wie man sich es vorgestellt hat5. Und so blieb seinen Nachfolgern nichts anderes übrig, als die Gesetze immer den Anforderungen anzupassen und zu hoffen, damit immer noch im von Jesus gestecken Rahmen zu bleiben.
Klar, sie konnten im Gebet Zwiesprache mit Jesus halten, doch irgendwie scheint Jesus in diesen nicht wirklich konsistent zu sein, denn er flüsterte in die Ohren verschiedener Leute sehr verschiedene Anweisungen. Und anzunehmen, dass nur der eine, der meine Meinung teilt, tatsächlich mit Jesus in Kontakt war, ist nicht wirklich überzeugend.

Ich frage mich, wie die Welt heute wohl  aussähe, wenn Jesus unvermittelt in den Besitz einer Armee gekommen wäre? Und ich frage mich eigentlich auch, wie einem so charismatischen Menschen wie ihm nicht duzende Armeen geradezu nachgeworfen wurden? Er ist doch sicher irgendwelchen Leuten begegnet, die andere Leute kennen, die wiederum andere Leute kennen, die eine Armee haben.

Zeitreisende, die ihr das lest, helft Tiberius auf die Sprünge!

Die unkämmbare Kugel

godGott ahnte von vornherein, dass das mit den Menschen nicht gut kommen würde, und so hat er schon mal vorgesorgt und für sie eine Welt erschaffen, die allein durch ihre Form die Menschen umbringen würde.
Eine Kugel lässt sich nämlich nicht kämmen. Da bleibt immer irgendwo ein Wirbelsturm übrig…

Ich frage mich, was passiert wäre, wenn Adam und Eva die Sache nicht verbockt hätten?
Sie hätten sich fortgepflanzt und früher oder später wäre das Paradies aus allen Nähten geplatzt. Vielleicht wäre es aber auch schon vorher zu Hungersnöten gekommen, weil die Nachfrage der sich exponentiell mehrenden Fauna irgendwann das Angebot der Flora überstiegen hätte. Und wenn sich während einer solchen einer der Bewohner Edens an der Frucht der Erkenntnis vergriffen hätte – als wegen Hunger und nicht aus Neugier – wie hätte Gott da wohl reagiert?
Hätte er ihn trotzdem mit Tod und Verbannung bestraft?
Oder hätte er gleich alle Menschen so bestraft? Von jemandem, der die Erbsünde erfunden hat, würde einen das gar nicht mal überraschen.
Und wären Tod und Verbannung unter solchen Umständen nicht vielleicht sogar eine willkommene Erlösung von der paradiesischen Sardinenbüchse?

Wenn ich mal ne Zeitmaschine habe, reise ich zurück an den Anfang und erkläre der Schlange, dass sie wesentlich mehr Unheil anrichtet, wenn sie Eva nicht verführt. Was hätte sie zu verlieren? Wenn sich meine Prognosen nicht bestätigen, kann der Teufel es ja noch immer auf seine Art durchziehen. Ist ja nicht so, dass es eine Dead-Line geben würde.

 

Okay, ich weiss, oberste temporale Direktive und so.
Aber ist es nicht eine noch heiligere Pflicht der Sternenflotte, wann immer es geht, den Qs eins auszuwischen?

Hat sich schon mal ein Mathematiker die Mühe gemacht zu berechnen, wie gross die Unwahrscheinlichkeit ist, dass ein intelligentes Wesen einen Schöpfungsprozess wie jenen in der Bibel beschriebenen entwickelt1?

Wie den CV aufpeppen?

Erfahrung ist das Α und Ω im aktuellen Stellenmarkt. Genauer: Mehr Erfahrung als es vom Alter her überhaupt Sinn macht!

Das ist natürlich verzwickt, aber bei weitem kein Grund die Flinte ins Korn zu werfen, denn es gibt durchaus eine Möglichkeit dieses scheinbare Paradoxon aufzulösen:

Z E I T R E I S E N

Ob man diese tatsächlich auf sich nimmt oder ob man sich damit begnügt im CV ein klitzekleines bisschen zu flunkern, ist natürlich jedem selbst überlassen. Sollte man sich jedoch für die Flunkerei entscheiden, sollte man lieber ein paar Grundregeln beachten.
Man sollte lieber nicht behaupten, man hätte die Zeitmaschine selbst gebaut, weil der künftige Arbeitgeber womöglich um eine Demonstration bitten würde – und Erklärungen wie Nationale Sicherheit oder Zeitcorps-Direktiven werden nur allzu gern als Ausflüchte interpretiert. Auch Ausserirdische taugen als Erklärung nicht besonders. Die mögen zwar durchaus über die nötige Technologie verfügen, doch so lange die Existenz von extraterrestrischen Besuchern noch nicht offiziell bestätigt ist, neigen HR-Menschen deren Erwähnung als Indiz für einen latenten Hang zu Verschwörungstheorien zu deuten. Eindeutig die besten Chance hat man indessen mit spontanen Wurmlöchern, durch die man unabsichtlich gestolpert ist.  Von denen hat man in der Regel schon gehört und auch davon, dass deren Existenz nicht im Widerspruch zur Physik steht. Wenn man dann noch unauffällig den Begriff Quanten einfliessen lässt, hat man sofort jeden Eso-Affinen auf seiner Seite – und von denen hat’s im HR bekanntlich nicht wenige.
Man sollte lieber auch etwas von der Zeit wissen, in der man angeblich seine Erfahrung gesammelt hat. Nicht unbedingt alles, die Details dürfen gern von der offiziellen Lehrmeinung abweichen. Es macht nämlich sich gut, wenn man bekannte Anekdoten etwas anders erzählt und dann erklärt, wie es dazu kam, dass sich die falsche Version durchgesetzt hat. Grundsätzlich empfiehlt es sich aber die Sonnen- und Mondfinsternisse jener Zeit zu kennen. Die können die Interviewer nämlich relativ einfach und unauffällig vor Ort überprüfen.
Aus psychologischen Gründen sollte man lieber an Projekte gearbeitet haben, die auch heute noch bekannt sind. Doch das kann ein zweischneidiges Schwert sein. Ingenieure sollten sich beispielsweise lieber zuerst sehr gut überlegen, ob sie am Bau vom schiefen Turm von Pisa beteiligt gewesen sein wollen. Er steht zwar noch und er ist weltberühmt. Aber – nun ja – er ist schief. Oder wenn man Mitte des 14. Jahrhunderts eine pharmakologische Weiterbildung in Konstantinopel machte, wird es schwierig die Leuten davon zu überzeugen, dass man nicht am Ausbruch der Pest Schuld war. Ein Praktikum als Investment Banker bei den Medicis, Fuggers oder Rotschilds wäre sicher eine gute Referenz, doch haben die sich bekanntlich auch Feinde gemacht.
Die Mitarbeit an der chinesischen Mauer, ein Volontariat in Gutenbergs Druckerei oder Schiffsjunge auf der Santa Maria sollten aber eigentlich keine versteckten Stolpersteine beihalten.

Ich persönlich erkläre für gewöhnlich, dass mich das besagte Wurmloch ins Mekka des Jahres 610 verschlagen hat und dass ich dort kurzerhand den Islam gegründet habe. Natürlich stösst das nicht nur auf Sympatien, doch keiner würde wagen mich deswegen nicht einzustellen – das wäre nämlich eine unzulässige religiöse Diskriminierung. Sie können auch nicht die inhaltliche Qualität meiner Arbeit beanstanden –  dafür sind den Leuten die Bilder von den Ausschreitungen als Reaktion auf die Karikaturen von mir noch zu präsent. Alles was bleibt, ist, dass ich mit nichts als einem in einem (versehentlichen) Drogenrausch geschriebenen Buch ausgerüstet eine Organisation aufzog, die fast anderthalb Jahrtausende bestand haben sollte – wenn das mal keine Führungsqualitäten sind.

Traversable Achronal Retrograde Domains In Spacetime

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Da gibts dieses Paper von Benjamin K. Tippett & David Tsang:

There are many spacetime geometries in general relativity which contain closed timelike curves. A layperson might say that retrograde time travel is possible in such spacetimes. To date no one has discovered a spacetime geometry which emulates what a layperson would describe as a time machine. The purpose of this paper is to propose such a space-time geometry.
In our geometry, a bubble of curvature travels along a closed trajectory. The inside of the bubble is Rindler spacetime, and the exterior is Minkowski spacetime. Accelerating observers inside of the bubble travel along closed timelike curves. The walls of the bubble are generated with matter which violates the classical energy conditions. We refer to such a bubble as a Traversable Achronal Retrograde Domain In Spacetime.

Mehr hier : http://arxiv.org/abs/1310.7985

Pontifex-Dialoge: Barnum-Effekt

Seit mir der Papst für ein Twitter-Follow einen Ablass vom Fegefeuer offeriert hat, führe ich von Zeit zu Zeit kleinere Dialoge mit dem Pontifex. Dies ist ein weiterer davon:

9. September

Papst Franziskus @Pontifex_de
Wir brauchen nie die Hoffnung aufgeben. Gott überflutet uns mit seiner Güte, wenn wir nur beständig um sie bitten.

Eda Gregr @meskinaw
@Pontifex_de Hoffe, dass ich den Zug noch erwische. Verpasse ihn, kriege aber Gottes Güte. Nicht sehr hilfreich um rechtzeitig anzukommen.
@Pontifex_de Woran erkenne ich, dass meine Beständigkeit beständig genug war? Und gibt es saubere Belege für schon gelieferte Überflutungen?

Wenn Mike Shiva mir erklärt, dass ich in naher Zukunft einer Person begegnen werde, die mich beeindrucken wird, dann bedient er sich des Barnum-Effekts. Wenn ich mir Mühe gebe und für die nächsten drei Jahre in den Keller verschwinde, dann habe ich ihn Lügen gestraft.
Was der Papst hier macht, ist jedoch noch eine Stufe perfider. Er bietet mir eine unbestimmte Alternative an und er knüpft das ganze noch an eine Bedingung, von welcher man nicht überprüfen kann, ob man sie tatsächlich erfüllt hat. Das ist die perfekte Immunisierung.
Ich bin spät dran und renne auf den Zug. Ich bitte inständig drum, dass ich ihn noch erwische.
Wenn ich ihn erwische, dann zeigt das die Güte Gottes.
Wenn ich ihn nicht erwische, dann habe ich nicht beständig genug drum gebeten. Wenn ich aber im nächsten Zug meiner Traumfrau begegne, dann ist das die Güte, die mir Gott schenkt. Wenn sie schon vergeben ist, dann habe ich nicht beständig genug drum gebeten…

Könnte man die Zeit zurückdrehen und das ganze nochmals durchleben, wobei man das Bitten je nach dem verstärkt oder abschwächt, und sich dann die Unterschiede anschauen, dann würde man sehen, ob wirklich was dahinter steckt.
So aber ist es einfach ein Warten auf das nächste positive Ereignis und das nachträgliche Zuschreiben zum Akt des beständigen Bittens.

Eine Möglichkeit besteht allerdings schon auch ohne die Zeitmaschine gewisse Anhaltspunkte über die Wirksamkeit der Güte Gottes zu sammeln. So müsste sich doch diese häufiger in Gemeinden zeigen, wo beständiger gebetet wird als in anderen. Von sowas ist aber keine Spur zu finden.

Erkennt Gefahren, bevor sie entstehen

 

Da drehen ein paar Studenten einen Fake-Film, wo sie den Gedanken weiterspinnen, was es für ein Auto heisst, eine Gefahr zu erkennen, bevor sie entsteht. Als SciFi-Aficionado ist dieses Grossvater-Paradoxon natürlich ein alter Hut. Und spätestens seit der Kurzgeschichte Minority Report von Philip K. Dick wissen wir um die Gerechtigkeits-Problematik, wenn es um die zukünftige Verbrechen geht. Doch was Hilter betrift, so ist der Versuch ihn loszuwerden in den Zeitreiseliteratur dermassen ein Klassiker, dass man ihn inzwischen eigentlich bedenkenlos unternehmen darf.
Die Daimler AG, deren Mercedes-Benz den Führer als Kind überfährt, sieht sich aber nichtsdestotrotz in einer hübschen Zwickmühle. Zum einen wollen sie nicht bestreiten, dass ihre Technologie sowas wirklich drauf hat, und zum anderen wollen sie nicht verantwortlich sein für den Tod eines Kindes. Selbst dann nicht, wenn es Adolf Hitler ist und man wahrheitsgemäss behaupten könnte, man hätte das dritte Reich verhindert.
Ironischerweise ist eher letztes etwas paradox, denn in gewissem Sinne trägt der Autohersteller natürlich genauso eine Mitschuld am Tod eines verunfallten Kindes wie der Waffenhersteller am Tod eines erschossenen Kindes. Nicht die alleinige, wohlgemerkt, doch zumindest eine in dem Masse, wie er durch ein besseres Design diesen hätte verhindern können. Was aber wiederum heisst, dass durch diese in die Zukunft blickende Technologie sie eben doch die alleinige Verantwortung am Kind tragen würden. Und entsprechend wäre jedes von einem mit dieser Technologie ausgestatteten Mercedes getötete Kind ein zukünftiger blutrünstiger Tyrann. Ein sichereres und werbeattraktiveres Auto könnte es gar nicht geben, nichtsdestotrotz ein schwacher Trost für die Eltern.

Über die temporalen, technischen und ethischen Probleme will ich mich an dieser Stelle nicht weiter auslassen, sondern möchte nur mein Bedauern darüber ausdrücken, wie fantasielos die Daimler AG darauf reagiert hat. Sie hätte auch einfach erklären können, dass dieser Film Nonsens sei, weil die drei Gesetze der Robotik in der Software implementiert sei.

  1. Ein Auto darf kein menschliches Wesen verletzen oder durch Untätigkeit gestatten, dass einem menschlichen Wesen Schaden zugefügt wird.
  2. Ein Auto muss den ihm von einem Menschen gegebenen Befehlen gehorchen – es sei denn, ein solcher Befehl würde mit Regel eins kollidieren.
  3. Ein Auto muss seine Existenz beschützen, so lange dieser Schutz nicht mit Regel eins oder zwei kollidiert.

 

Und wenn ein kleiner Klugscheisser sie nach der Regel Null gefragt hätte, konnten sie sich ja immer noch damit rausreden, dass diese für den nächsten Update der Firmware geplant sei.

Zeitreisen

Wieso hat sich eigentlich ausgerechnet die Physik das Zeitreisen unter den Nagel gerissen?
Aus wissenschaftlicher Sicht mag das ja verständlich sein, doch der Fantasie ist damit ja nicht notwendigerweise eine Grenze gesetzt.

Kennt ihr Zeitreisen in Literatur oder Film, die nicht durch Physik induziert sind?

Verspätung

Die Zeitmaschine lässt mir einfach keine Ruhe. Ich war heute spät dran für ein Meeting, sehr spät um genau zu sein, doch statt hineinzuhetzen und mich zu entschuldigen, habe ich erst mal nur kurz reingeschaut, ob ich da nicht zufälligerweise schon sitze. Dann hätte ich mir nämlich noch einen Kaffee genehmigen und dann gemütlich per Zeitmaschine vors Meeting reisen können. Leider war ich aber nicht da. Nun wäre es aber möglich gewesen, dass ich da zwar pünktlich erschienen bin, dann aber aus irgendeinem wichtigen Grund früher hatte gehen müssen. In diesem Fall wären Entschuldigungen natürlich völlig fehl am Platz gewesen, weil ja jeder schon weiss, warum ich nicht da bin. Jeder ausser mir, wohlgemerkt. Und in diesem Fall hätte ich aber auch die Zeitmaschine verpasst, die mich zurück in die Vergangenheit bringen sollte. Darauf wollte ich es lieber nicht ankommen lassen, also habe ich mir doch noch einen Kaffee geholt und habe noch etwas gewartet. Da mich dann aber niemand abholte, stiess ich eben zu spät zum Meeting. Das kann passieren – bloss dass mir partout keiner meine absolut vernünftige Erklärung für mein Zuspätkommen gelten lassen wollten.

Selbst ist der Mann!

Da ich es allmählich leid war, dauernd darauf zu warten, endlich zu einer Zeitreiseexpedition abgeholt zu werden, habe ich mich kurzerhand entschlossen die Sache selbst in die Hand zu nehmen und mir meine eigene Zeitmaschine zu bauen. Ich kann zwar nicht für die Integrität des Raum-Zeit-Kontinuums garantieren, weil ich keine Ahnung von irgendwelchen Temporalen Richtlinien habe, aber daran, geschätzte Zeitpatrouille, hätte ihr lieber vorher (resp. nachher) denken sollen.
Weil ich gerade bei der Arbeit war und zufälligerweise gerade einen Scanner zur Hand hatte, motzte ich eben den zu einer Zeitmaschine auf. Ich kann mich damit zwar noch nicht selbst in eine andere Zeit teleportieren, doch für Nachrichten und Bilder reicht es allemal. So schickte ich zum Beispiel Shakespeare eine überarbeitet Version von Hamlet, in der ich ihm empfahl die Handlung nicht in Takatukaland anzusiedeln sondern lieber in einem skandinavischen Land. Oder ich habe meinen blanken Hintern gescannt und mit tausenden von Kopien am 12. Oktober 1492 alle Strände von Guanahani tapeziert – in den Tagebüchern von Kolumbus findet sich darüber zwar kein Eintrag, doch wenn ich mir die Geschichte der neuen Welt anschaue, scheint meine Aktion doch irgendwie Wirkung gezeigt zu haben. Sorry!
Am meisten stolz bin ich jedoch auf die Aktion, als ich eine Zusammenstellung aller gezogenen Zahlen vom Swiss Lotto der Jahre 1984 bis 2002 ins Jahr 2151 gefaxt habe. Ich weiss zwar nicht, was daraus geworden ist, doch ich könnte mir vorstellen, dass sie möglicherweise wertvolle Dienste bei der Kalibrierung von Warpantrieben und Universalübersetzern geleistet haben könnten.

Bank tomorrow

Spätestens mit der Erfindung der Zeitmaschine werden wir so einiges überdenken müssen. Zum Beispiel den Sinn unserer Banken.
Auf der einen Seite fängt dann das Sparen natürlich überhaupt erst an Spass zu machen, denn ich kann dann zurück ins Jahr 911 reisen und dort einen Euro bei einem Zinssatz von 0.42% anlegen, und könnte dann gleich morgen mit dem angesparten Geld ein 10’000 Quadratmeter grosses Grundstück auf der Venus kaufen.
Auf der anderen Seite finanzieren die Banken die Zinsen aber damit, dass sie ihr Geld irgendwo investieren und dann unter dem Vorwand, man trage ja ein beträchtliches Risiko, sich eine goldene Nase daran verdienen. Mit den Zeitmaschinen wäre es dann aber einerseits kein Risiko mehr, weil man ja ganz genau wüsste, wie das ganze rauskommen würde, und andererseits würde dann jeder Jungunternehmer ins Jahr 4026 v. Chr. reisen und seinen Euro dort bei den Zeugen Jehovas anlegen, die gerade gespannt die Erschaffung Adams verfolgen. Und beim schon vorher erwähnten Zinssatz von 0.42% würde er heute gut 95 Milliarden Euro Startkapital haben. Das sollte eigentlich reichen für einen Pizzaverleihservice.

Wie man sieht, wird nach dem Aufkommen der Zeitmaschinen keiner mehr Kredite oder Hypotheken bei Banken aufnehmen wollen, wodurch diese – so beliebt deren Sparbüchlein auch sein mögen – über kurz oder lang Konkurs anmelden werden müssen.
Das Vertrackte mit Zeitmaschinen ist aber, dass sie zu den wenigen Dingen gehören, die bereits vor ihrer Erfindung benutzt werden können. Und da, wie wir gesehen haben die Existenz von Zeitmaschinen unweigerlich zur Schliessung von Banken führen muss, bleibt uns nichts anderes übrig als sie gleich jetzt zu schliessen. Allesamt, ratzeputz!