Pontifex-Dialoge: Kranke und Behinderte sollen stolz auf ihre Lage sein?

Kranke und Behinderte sollen sich nach den Worten von Papst Franziskus nicht für ihre Lage schämen. Für die Kirche und ihre Gläubigen seien sie eine „spirituelle Ressource“, sagte Franziskus am Samstag vor Betroffenen und Helfern in der Audienzhalle im Vatikan. Denn in ihnen zeige sich zum einen der leidende Christus, zum anderen ermögliche die Hilfe für die körperlich Bedürftigen, das Evangelium zu leben. „Schämt euch nicht dafür, ein wertvoller Schatz der Kirche zu sein“, so der Papst. Er kritisierte ein soziales und kulturelles Klima, in dem körperliche Mängel lediglich als Problem wahrgenommen und versteckt würden. (kath.net, 10. November 2013)

Schon seit jeher haben die Kirchen an den Kranken und Siechen ihre Barmherzigkeit zur Schau gestellt, soweit also nichts neues. Sich um einen Hilfsbedürftigen zu kümmern, bedeutet aber nicht notwendigerweise, dass man nicht überzeugt davon sein kann, dass die betreffende Person aus eigenem Verschulden in diese Situation gekommen ist, und dass man sowohl die Situation als auch das Verschulden nicht verurteilen kann.
Ärzte haben keine Mühe damit: Wenn ein bei einer Schiesserei verwundeter Verbrecher ins Spital eingeliefert wird, wird er wie jeder andere behandelt, selbst wenn die Chirurgen seine Tat klar ablehnen. Auf die Wunde angesprochen, werden die Ärzte allerdings wohl kaum sagen, dass der Verbrecher sich für diese Schämen sollte. Eher dafür, was er angestellt hat, damit er sie erhielt.
Wenn also Franziskus sagt, der Behinderte soll sich nicht für seine Behinderung schämen, dann heisst das noch lange nicht, dass sie nicht trotzdem eine gerechte Strafe Gottes ist.
Auch heute noch werden nämlich Naturkatastrophen und Krankheiten als Strafe Gottes interpretiert. Von den Kirchen vielleicht nicht mehr so deutlich, doch distanzieren sie sich davon auch nicht explizit. Kein Wunder also, dass da eine latente Neigung sich zu schämen bestehen bleibt, wo man doch das Zeugnis einer Sünde auf dem eigenen Körper geschrieben steht.

Wäre den Kranken und Behinderten da nicht mehr gedient, wenn der Papst ein für alle Mal verkünden würde, dass Naturkatastrophen und Krankheiten keine Strafen Gottes seien?

Da ist aber noch was anderes, was mich fast noch mehr stört:
Ein „wertvoller Schatz der Kirche“ zu sein… stösst nur mir das sauer auf? Ein Schatz ist doch etwas, das mir etwas anderes begehrenswertes ermöglicht: Ein Schatz ist ein Mittel zum Zweck. Und das wird vom kategorischen Imperativ explizit abgelehnt: „Handle so, dass du die Menschheit sowohl in deiner Person, als auch in der Person eines jeden anderen jederzeit zugleich als Zweck, niemals bloss als Mittel brauchest.“ (aus Kants Grundlegung zur Metaphysik der Sitten)
Behinderte sind Ressourcen, die es den Gläubigen erlauben ihr Soll an Barmherzigkeit zu erreichen und damit dem himmlich Vater zu gefallen?

Was wäre wenn die Medizin alle Behinderungen und Krankheiten besiegen würde? Die Kirche wäre um Möglichkeiten gebracht das Evangelium zu leben…
Ist das der Grund, wieso die Kirchen sich heute gegen Stammzellenforschung und in der Vergangenheit gegen jeden medizinischen Meilenstein gestellt haben? Sehen sie ihren Schatz schrumpfen?

Körperliche Mängel sind eben doch ein Problem, allein schon deshalb, weil wir einerseits als Individuen und als Gesellschaft uns bemühen diese zu Verhindern, und weil wir andererseits denen die sie haben, ein möglichst unbeschwertes Leben ermöglichen wollen. Beides lässt sich auf vielerlei Weise bewerkstelligen. Manchmal erfolgreicher, manchmal weniger.
Daran scheint der Papst hier aber kein grosses Interesse zu haben. Für ihn sind körperliche Mängel eher eine Chance. Ihm geht es darum das Evangelium zu leben und den Gläubigen die Möglichkeit zu bieten ihre Barmherzigkeit unter Beweis zu stellen. Wo ist da die Motivation etwas zu verändern?

Ein moderner Heiliger in spe könnte da glatt auf die Idee kommen, sich zum Wohl der Menschheit zu verstümmeln.

Frucht der Erkenntnis

Von welcher Frucht haben Adam und Eva denn nun genau gekostet?

Manche glauben in der Frucht der Erkenntnis eine Feige zu erkennen. Nicht zuletzt auch deshalb, weil doch die erste vernunftbegabte Handlung von Adam und Eva darin bestand, sich aus Feigenblättern einen Lendenschurz zu basteln (Gen 3,7). Doch hätte auch einfach ein Feigenbaum in der Nähe stehen können.

Andere glauben, es sei ein Apfel gewesen, weil doch im Lateinischen die Begriffe Apfel (malum) und Böse (malum) so ähnlich seien. Wenn man sie fragt, wie das möglich sein soll, wo doch zu jener Zeit (also ca. 4000 v. Chr.) der Apfelbaum im Nahen Osten noch gänzlich unbekannt war, so erklären sie, dass genau das der Grund war, weshalb die Sorte nicht explizit benannt wurde, denn man kannte die Frucht damals ja noch gar nicht.

Und wiederum andere glauben, dass es die Frucht einer im Paradies endemischen Baumart war, die schlicht und ergreifend „Baum der Erkenntnis“ heisst. Der Drache im Drachenbaum, die Trauer in der Trauerweide und das Vergessen im Vergissmeinnicht sind ja auch nur hübsche Namen und nicht Beschreibungen. Und die Scham und das was Adam und Eva für Erkenntnis hielten, war in Tat und Wahrheit lediglich ein Placeboeffekt, der durch den Namen inspiriert wurde.

Die letzte These klingt zwar sehr unwahrscheinlich, doch ist sie die einzige, die den seltsamen Effekt erklärt, der infolge des Verzehrs beobachtet wurde. Dass die Erkenntnisfähigkeit eine neuronale Reaktion auf eine toxische Frucht ist, kann ich mir noch knapp vorstellen, doch wie soll der „Schaden“ dann an weitere Generationen vererbbar sein?

Eine Hoffnung haben wir noch, dem Geheimnis der Frucht der Erkenntnis auf die Spur zu kommen: Vielleicht wurden ja im Magendarmtrakt von Adam und Eva ja ein paar Samen aus dem Garten Eden hinaus geschmuggelt? Wenn wir die ersten Latrinen von Adam und Eva diesseits der Cherubim finden, entdecken wir vielleicht auch die Nachfahren vom Baum der Erkenntnis.


Ich persönlich denke allerdings, dass Eva an eine vergorene Frucht geraten ist und die beiden dann völlig besoffen Gott gegenüber traten. Es ist  ja hinlänglich bekannt, wie Alkohol sich auf das Selbstbewusstsein und das Denken von Menschen auswirkt. Kein Wunder also, beschrieben Adam und Eva diese Erfahrung als „Erkenntnis“.

Und Gott hat sie schneller aus dem Club geschmissen, als ihr Rausch wieder verklungen war.

Why was God a stay-at-home?


Betrachtet man die Unüberwindlichkeit der Distanzen zur Zeit von Jesus, so könnten die Bewohner Südamerikas ohne weiteres auch auf einem ganz anderen Planeten gewohnt haben.

Sich einmal kreuzigen zu lassen, reicht ohne Zweifel um alle Sünden der Welt auf sich zu nehmen, doch um es sie wissen zu lassen, reicht es bei weitem nicht. Und das ist doch, wenn man den Missionsbefehl bedenkt, ein nicht unwesentlicher Aspekt dieser Geschichte, oder?
Wäre es da wirklich zu viel verlangt, wenn sich Jesus zumindest auf jedem Kontinent einmal hätte kreuzigen lassen?  Es könnten gern auch ein paar andere Söhne Gottes gewesen sein, denn wenn eine Dreieinigkeit geht, dann sollte auch eine Siebeneinigekeit kein Problem sein.

Jesus and Mo und das Böse

Jesus and Mo

Der liebe Gott ist ein lieber Gott, weil in der Bibel steht, dass er lieb ist. Un da die Bibel Gottes Wort ist und ein lieber Gott nie lügen würde, muss auch stimmen, was in der Bibel steht.
Ein böser Gott wäre dagegen selbst dann ein böser Gott, wenn in der Bibel steht, dass er lieb ist. Denn die Bibel ist Gottes Wort und ein böser Gott verbreitet Lügen und Halbwahrheiten, was das Zeug hält, und genau deshalb würden in der Bibel auch Lügen stehen.

Für die Gläubigen ist das Böse in der Welt kein Grund an der Liebe Gottes zu zweifeln.
Doch das Liebe in der Welt wäre für sie ein Grund an der Bosheit Gottes zu zweifeln.
Das würde allerdings nur dann Sinn machen, wenn Bosheit nicht zur Verschlagenheit fähig wäre, doch selbst die Bibel lehrt uns, dass genau das die grosse Stärke des Bösen ist.

Böses lässt der liebe Gott schweren Herzens zu, weil es der Preis für den freien Willen ist, den Gott den Menschen aus Liebe geschenkt hat.
Gutes lässt ein böser Gott zu, weil es das Böse umso furchterregender wirken lässt. Und den freien Willen schenkt der böse Gott, weil die Menschen damit so schön auf die Schnauze fallen und weil sie ihm auf diese Weise bei seinen bösen Machenschaften sogar noch zur Hand gehen. Klar birgt der freie Willen das Risiko, dass sich die Menschen gegen ihn stellen, doch ist Risikoscheue kein besonders ausgeprägtes Merkmal des Bösen, oder?

Da gibt einige Stellen in der Bibel, an denen Gott nicht ganz so sympatisch ist. Dies macht die Geschichte für die Gläubigen glaubwürdiger, weil damit mehr Leben, mehr Profil, einfach mehr Fleisch am Knochen ist. Doch auch ein allwissender Lügner weiss um diese Wirkung auf die Menschen und wird entsprechend genau das hineinpacken.

Gott ist der Anfang. Das Böse kann aber nicht der Anfang sein, denn das Böse ist die Abkehr von der Liebe. Und man kann sich nicht abkehren von etwas, dass es zuvor noch gar nicht gab. Deshalb ist Liebe und Harmonie der Urzustand.
Oder war vielleicht doch das Chaos am Anfang, in dem sich dann irgendwann mal eine Insel der Ruhe bildete?
In einem chaotisches System kann spontan in der Unordnung Ordnung entstehen (auch ohne gegen den zweiten Hauptsatz der Thermodynamik zu verstossen!). Ohne einen Impuls von aussen kann in einem ordentlichen System aber keine Unordnung entstehen, denn genau das macht die Ordnung ja aus. Es braucht sowas wie die Schlange, die die Dinge auf andere Gedanken bringt…
Und selbst wenn in einem chaotischen System niemals auch nur ein Pfizelchen Ordnung entstehen könnte, so kann man Gutes auch aus sehr, sehr bösen Motiven tun.

Wodurch also würde sich denn nun eine Welt, die von einem lieben Gott geschaffen wurde, von einer, die von einem bösen geschaffen wurde, unterscheiden?
Respektive wie müsste die Bibel geschrieben sein damit sich noch mehr Unheil mit ihr anstellen liesse?


Nachtrag: Worauf ich hinaus will, ist, dass es keine Möglichkeit gibt, zwischen einem lieben und einem bösen Gott anhand von deren Worten und Taten zu unterscheiden.

Die Kraft des Glaubens

Wenn man sagt, dass Millionen von Menschen aus ihrem Glauben die Kraft nehmen anderen Menschen zu helfen, dann mag man damit womöglich die Überzeugung dieser Millionen von Menschen wiedergeben, doch heisst das nicht, dass sie ohne ihren Glauben nicht geholfen hätten.
Denn wenn der Glaube tatsächlich verstärkt zur Hilfsbereitschaft motiviert, dann müsste man doch eigentlich ein deutliches Gefälle zwischen Gläubigen und Ungläubigen finden, oder nicht? Doch genau das tut man nicht. Vielmehr sieht es so aus, als ob diese Leute auch sonst geholfen hätten und dass der Glaube hier lediglich einem Bedürfnis, welches immer schon da war, einen Namen gab.
(Eine andere, wenn auch etwas weniger schmeichelhafte Interpretation der Daten könnte auch lauten, dass vom Glauben vorzugsweise asoziale Menschen angezogen werden, deren ursprünglich fehlendes Mitgefühl dann durch diesen auf ein normales Niveau angehoben wird…)

Der Glaube lässt die Menschen also nicht notwenigerweise mehr helfen, aber vielleicht lässt er die Helfer mehr riskieren? Am liebsten fern der Heimat, in Ländern mit bitterster Armut.
Interessanterweise scheint in diesen Ländern die Religion in der Regel eine sehr wichtige Rolle zu spielen – wenn auch aus Sicht der Helfer meist die falsche – während in Ländern, die sich nicht mehr soviel aus dem Glauben machen, die Hilfe nicht ganz so dringend ist.
In den „atheistischeren“ Ländern wird aber nicht weniger geholfen, sondern anders. Hier ist die Hilfe institutionalisiert, so dass das, was an anderen Orten von Menschen mit ihren beschränkten Mitteln aufopfernd geleistet werden muss, hier von weit mächtigeren Organisationen wesentlich effizienter übernommen wird. (Selbstverständlich funktionieren diese Organisationen viel zu oft alles andere als optimal, nichtsdestotrotz ist die soziale Sicherheit in den „atheistischeren“ Ländern in einem Masse gewährt, wie man in Gottesstaaten davon nicht mal zu Träumen wagte.)

Um es etwas provokativ zu formulieren: Wenn die soziale Sicherheit durch Institutionen gewährleistet ist, dann kann man es sich leisten, dass die Leute etwas kaltschnäuziger werden. In den Ländern mit bitterster Armut ist diese nicht gegeben und deshalb ist man auch auf den persönlichen Einsatz möglichst vieler Menschen angewiesen. Doch da es dort mit grosser Wahrscheinlichkeit auch mit dem Bewusstsein für die Menschenrechten nicht nicht besonders gut bestellt ist, wird die Hilfe wesentlich selektiver stattfinden und stigmatisierte Bevölkerungsgruppen tendenziell weniger in deren Genuss kommen. Und die Hilfe wird wohl auch nicht dergestalt sein, dass die generelle Situation zu ändern versuchen würde.
Die institutionalisierte Hilfe ist demgegenüber vergleichsweise blind, was Geschlecht, Hautfarbe, Sprache, Religion oder sexueller Orientierung betrifft, und neigt langfristig dazu die ganze Situation zu ändern.

Unsere Vorstellung davon, wie man Menschen helfen soll, lässt sich ziemlich gut mit dem folgenden nicht aus China stammenden Sprichwort ausdrücken:

„Gib einem Hungernden einen Fisch, und er wird einmal satt,
lehre ihn Fischen, und er wird nie wieder hungern.“

Doch ist das leider eine romantisch verklärte Vorstellung, die bestenfalls noch in einer Jäger- und Sammlerkultur ihre Gültigkeit hätte. Heute braucht’s dazu ne Lizenz! Schliesslich müssen ökologische, ökonomischen und ethische Auflagen erfüllt und irgendwann mal Steuern bezahlt werden.
Wenn man heute jemandem in persönlichem Einsatz das Fischen beibringt, dann ermöglich man ihm vielleicht etwas länger dahin zu vegetieren, doch um ihm die Möglichkeit zur Entfaltung zu geben, braucht es wesentlich mehr.

Verzeihen und Nachtragen

Dass die Regierung der Vereinigten Staaten, der Vatikan und die Pharma in der Vergangenheit nachweislich gelogen haben, ist bekannt. Das Problem ist aber, dass daraus leider nicht zwangsläufig folgt, dass alles, was sie jetzt sagen, gelogen ist.

Wer einmal lügt, dem glaubt man nicht, und wenn er auch die Wahrheit spricht!

Man kann es den Dorfbewohnern aus dem Märchen „Der Hirtenjunge und der Wolf“ natürlich nicht verdenken, dass sie sich nach dem x-ten falschen Alarm nicht mehr ganz so beeilen dem Hirten zu Hilfe zu eilen, doch wenn man davon ausgeht, dass der Hirte die Schafe des ganzen Dorfes gehütet hat, dann hätte es der Prosperität des Dorfes sicher nicht geschadet, wenn die Leute nicht so nachtragend gewesen wären.

Auf den ersten Blick mag es daher vielleicht so erscheinen, dass uns das Märchen lehrt, dass Lügen unerfreuliche soziale Konsequenzen nach sich ziehen können. Was natürlich durchaus stimmt. Doch wenn man sich vergegenwärtigt, dass hier den Schaden vor allem die Dorfgemeinschaft hat, weil sie es versäumte ihren Tieren zu Hilfe zu eilen, dann erkennen wir, dass es drastische Konsequenzen haben kann, wenn man auf Basis von Mutmassungen Entscheidungen trifft. Oder um es etwas zeitgemässer zu formulieren, dass die Erfahrung ein sehr unzuverlässiger Ratgeber ist.
Statt dem Hirten einfach nicht mehr zu glauben, hätten die Dorfbewohner lieber dafür gesorgt, dass er nicht mehr lügt – gern auch mit den für Märchen typische drakonischen Strafen. Auf die Reaktionszeit ihrer „Feuerwehr“ sollten dagegen solche Erfahrungen lieber keinen Einfluss haben.

Die Fähigkeit zu Verzeihen ist zweifellos ein bedeutender zivilisatorischer Schritt, denn ohne diese schlittert man früher oder später aufgrund der menschlichen Natur beinahe schon zwangsläufig in einen Teufelskreis. Kein Wunder daher, dass Jesus die Menschen dazu auffordert, auch die andere Backe hin zu halten und – ganz wichtig – es dem Übeltäter nicht nachzutragen.
Jesus erklärt zwar nicht, wie man den Grobian „umerziehen“ soll, doch zumindest legt er uns nahe, aus der Erfahrung nichts zu lernen. Was uns auf das obige Märchen übertragen einen Muskelkater kostet, aber nicht die Herde.

Dafür, dass das Verzeihen eins der zentralen Konzepte des Christentums ist, ist es dann aber schon erstaunlich, dass ganz besonders aus den Reihen der fundamentalen Christen der Regierung der Vereinigten Staaten, dem Vatikan und der Pharma kategorisch nicht geglaubt wird. Nicht gerade sehr christlich, will mir scheinen.

Religion ist nicht gefährlich?

Die Hauptaufgabe der Politik ist aus der Vergangenheit zu lernen. Sie muss Regeln aufstellen, die zum einen verhindern, dass die üblen Sachen sich wiederholen, und die zum anderen fördern, dass die guten auch weiterhin und vermehrt geschehen. Alles, wie gesagt, auf Basis dessen, was man aus der Vergangenheit gelernt hat.
Die Hauptaufgabe der Religion ist gänzlich eine andere. Sie bereitet uns auf Ereignisse in der Zukunft vor, für die wir aus der Vergangenheit nichts lernen können. Und als Basis für ihre Regeln nimmt sie Aussagen von Leuten, die entweder von sich selbst behaupten, die Zukunft (fast) genau so gut zu kennen wie die Vergangenheit, oder jemanden kennen, der das tut.

Allerdings gibt es natürlich schon vereinzelt Momente in der Geschichte der Menschheit, in denen man Spielregeln formulierte, die vergleichsweise schwer als Lektion aus der Vergangenheit bezeichnet werden können.
Ich denke da beispielsweise an die Abschaffung der Sklaverei, an der es ja eigentlich wenig auszusetzen gab – ein paar Gesetze zur Sklavenhaltung, wie wir sie heute in der Hühnerzucht haben, wären auch ein Schritt nach vorne gewesen. Oder die prinzipielle Gleichstellung der Frau oder das Tolerieren der Homosexualität.
Diese Ideen waren weniger dadurch getrieben, wie man die Welt weniger schlecht, sondern wie man sie besser machen kann. Eigentlich nur eine Haarspalterei – zugegeben – und doch schafften es die Kirchen mit einer beinahe schon beängstigenden Präzision stets genau auf jener Seite zu stehen, die auf die Bremse trat.
So überrascht es dann auch kaum, dass diese sich anfänglich gegen die Anatomie, die Einführung von Impfungen und in letzter Zeit gegen die Gentechnik sträubte. So ziemlich jede grundlegende Neuerung im Bereich der Medizin wurde mal als Teufelswerk bezeichnet.

Während die politisch motivierten Gesetze nun also die Gesellschaft vor mir schützen, schützen die religiös motivierten Gesetze mich vor dem Zorn Gottes. Wenig überraschend decken sich diese weitgehend, denn aus irgendeinem Grund hat Gott offenbar ein Interesse daran, dass wir lieb zu einander sind. Respektive haben die Götter, welche sich nicht ganz so sehr für das Wohl ihres auserwählten Volkes interessierten, dieses früher oder später verloren.

Doch inwiefern decken sie sich nicht?
Da gibt’s natürlich die religiösen Gesetze bezüglich der Rituale. Was man essen und trinken darf, wie man sich kleiden soll und welche Stellungen beim Sex gerade noch tolerierbar sind. Diese Dinge machen vielen Leuten das Leben schwer, manche auf eine exzentrische, andere auf eine existentielle Weise, doch über kurz oder lang werden diese Regeln, wo sie politische Gesetze verletzen, wohl in Ordnung gebracht.
Aber ist da sonst noch etwas, abgesehen von den quirligen und bald mal obsoleten Gesetzen? Man ist geneigt, dies zu bezweifeln.
Doch was ist, wenn eines Tages sich die Toten aus ihren Gräbern erheben?

Wissenschaftliche geschulte Menschen werden die Zombies zu töten versuchen.
Religiös geschulte werden sie mit offenen Armen willkommen heissen.

Jetzt soll mal einer sagen, Religionen seien nicht gefährlich!


ps. Wüsste ich es nicht besser, würde ich dahinter ein von langer Hand geplantes Manöver vermuten…

Pontifex-Dialoge: Dunkelheit und Hass

Seit mir der Papst für ein Twitter-Follow einen Ablass vom Fegefeuer offeriert hat, führe ich von Zeit zu Zeit kleinere Dialoge mit dem Pontifex. Dies ist ein weiterer davon:

30. September

Papst Franziskus @Pontifex_de
Wo wir Hass und Dunkel sehen, wollen wir ein wenig Liebe und Hoffnung bringen, um der Gesellschaft ein menschlicheres Antlitz zu geben.

Dieser Tweet ist gleich in zwei Richtungen zynisch.

Eda Gregr @meskinaw
@Pontifex_de Steht auf Hass und Dunkelheit nicht die Hölle? Also noch viele mehr vom gleichen?

Wenn ich Hass und Dunkel verbreite, dann brauche ich mir nicht grosse Hoffnungen zu machen, dass mir die Hölle erspart bleiben wird. Ein Ort, wo ich noch mit viel mehr Hass und Dunkel überschüttet werde.
Andererseits besteht aber die Aussicht, dass mir Gott trotz allem verzeihen wird, wie uns der Papst in einem anderen Tweet versichert hat, und diese verbreitet Hoffnung nicht nur bei den Opfern, sondern auch bei den Übeltätern. Was für den letzteren allerdings nicht unbedingt eine Motivation ist aufzuhören.
Viel wichtiger aber ist, dass, wo Hass und Dunkel herrscht, es das nicht tut, weil jemand es so will, sondern weil jemand keinen anderen Weg als diesen sieht. Es ist also ein Ort der Verzweiflung, wo andere Leute mitgerissen werden.
Es gibt sicher böse Menschen, die Freude dran haben, Böses zu tun. Doch es braucht diese nicht um Böses in der Welt geschehen zu lassen. Es reicht, wenn man ein Ziel hat, welches bedauerlicherweise Opfer verlangt.
Wieviel und welche Art von Opfer gerade noch akzeptierbar sind, müssen indessen Legislative, Exekutive und Judikative beantworten.

Eda Gregr @meskinaw
@Pontifex_de Wäre Handeln nicht effektiver? Nicht die Hoffnung macht ein menschliches Antlitz, sondern die Umsetzung der Menschenrechte.

Wenn ich irgendwo Unrecht geschehen sehe, dann ist hinzugehen und mitfühlend zu lächeln zwar nett gemeint, aber ob es wirklich hilft, wage ich zu bezweifeln. Leuten die Hoffnung auf bessere Zeiten zugeben ist nett, die besseren Zeiten sofort beginnen lassen, ist wesentlich besser.
Problematisch ist noch folgendes: Es gibt eine Hoffnung, die mich motiviert etwas zu verändern. Und es gibt eine Hoffnung, die mich motiviert die Umstände in Aussicht auf ein bessere Zukunft ohne Murren zu ertragen. Auf welche dieser beiden Arten haben sich die Religionen wohl spezialisiert? Und ist es wirklich die, die unsere Welt besser gemacht hat?

Geholfen wird den Unterdrückten nicht, indem man ihnen Hoffnung macht, sondern indem man den Unterdrückern die Schranken weist. Ausser natürlich, wenn man den Unterdrückten Hoffnung macht indem man den Unterdrückern die Schranken weist. Danach klang der Tweet vom Papst aber nicht wirklich.

Pontifex-Dialoge: Vergebung und Begnadigung

Seit mir der Papst für ein Twitter-Follow einen Ablass vom Fegefeuer offeriert hat, führe ich von Zeit zu Zeit kleinere Dialoge mit dem Pontifex. Dies ist ein weiterer davon:

26. September

Papst Franziskus @Pontifex_de
Gottes Vergebung ist stärker als alle Sünde.

Eda Gregr @meskinaw
@Pontifex_de Warum also die ganze Moral?

Wenn die Vergebung stärker ist als alle Sünden, dann muss man sich doch fragen, wieso es überhaupt eine Moral gibt? Insbesondere diejenige, die sich auf unsere Aktivitäten im Schlafzimmer bezieht!
Okay, vielleicht habe ich auch etwas missverstanden. Vergebung ist doch, dass man mir meine Missetaten verzeiht und von den angedrohten Konsequenzen absieht, oder? Ich meine, wenn mich ein Polizist dabei erwischt, wie ich die Strasse bei rot überquere, und er mir sagt, dass er mir verzeiht, dann kann ich doch davon ausgehen, dass ich keine Busse zahlen muss, oder? Und wenn er mir die Busse aufbrummt und ich sie begleiche, dann gibt es nichts mehr zu verzeihen, denn ich habe meine Schuldigkeit getan, oder?

Ne, so einfach ist das natürlich nicht:
„Gott vergibt dir alle deine Sünden, doch du wirst trotzdem in der Hölle schmoren, weil du es dir selbst so ausgesucht hast.“

Gottes Vergebung ist höllisch stark. Doch um von ihr Gebrauch machen zu können, muss ich sie annehmen. Das macht noch Sinn. Doch ich muss sie noch hier annehmen, bevor ich leibhaftig vor ihm stehe und seine ganze göttliche Pracht gewahr werde.
Auf den Polizisten übertragen heisst das, dass ich die Vergebung des Polizisten annehmen muss, bevor ich merke, dass er mich erwischt hat. Sobald ich ihn sehe ist es zu spät.
Eine seltsame Bedingung. Diese beinhaltet zweierlei. Zum einen, dass ich mir meiner Schuld bewusst bin. Und zum anderen, dass ich an die Existenz Gottes glaube. Etwas verzwickter wird die Sache allerdings durch den Umstand, dass nicht an die Existenz Gottes zu glauben, selbst eine Sünde ist. Und wenn man der Bibel glauben will, sogar die schlimmste von allen. Doch da Gottes Vergebung auch hier stärker ist, ist er gewillt mir diese zu verzeihen. Sofern ich die Bedingung erfülle. Wenn das mal kein Teufelskreis ist…

Ist aber eine an Bedingungen geknüpfte Vergebung wirklich eine Vergebung? Sind die Bedingungen nicht eine Art Strafe? Allein schon sich einzugestehen, dass man einen Fehler gemacht hat, und das daraus resultierende schlechte Gewissen stellen eine Form von psychologischer Sanktion dar. Doch ich empfinde Masturbation und Homosexualität nicht als etwas schlechtes, wofür man ein schlechtes Gewissen haben sollte. Insofern bin ich mir keiner Schuld bewusst. Und so dürfte es mir auch schwer Fallen die Vergebung Gottes dafür anzunehmen. Zumindest nicht bevor er vor mir erscheint und mich darauf aufmerksam macht, dass dies ganz üble Sachen sind. Doch dann ist es ja leider zu spät.

Was im Tweet wie eine Freikarte für den Himmel aussieht, entpuppt sich als heisse Luft.
Wenn uns allen der Himmel aber doch gewiss sein sollte, dann waren der freie Wille und all die Gebote und Verbote die reinste Zeitverschwendung und all das Grauen auf der Welt einfach nur sinnlos.
Ich möchte nicht im Himmel sein, wenn das rauskommt…

Pontifex-Dialoge: Limonade-Taktik

Seit mir der Papst für ein Twitter-Follow einen Ablass vom Fegefeuer offeriert hat, führe ich von Zeit zu Zeit kleinere Dialoge mit dem Pontifex. Dies ist ein weiterer davon:

23. September

Papst Franziskus @Pontifex_de
Die Kirche hat keinen anderen Sinn und Zweck, als Zeugnis von Jesus Christus zu geben. Vergessen wir das nicht!

Eda Gregr @meskinaw
@Pontifex_de Stimme ich voll und ganz zu (und genug Geld für die PR habt ihr ja). Haltet euch also von nun an raus aus der Moral.

Papst Franziskus ist erstaunlich beliebt bei den Atheisten. Er hat sich nämlich schon an manchen Stellen verblüffend tolerant gegenüber Atheisten, Homosexuellen und anderen traditionellen schwarzen Schafen geäussert. Statt den Moralapostel zu markieren konzentriert er sich aufs Wesentliche, was man im Vergleich zu seinen Vorgängern durchaus als revolutionär bezeichnen kann.
Das Problem ist aber, dass wenn er sagt, er wolle sich aufs Wesentliche konzentrieren und ihm Andersdenkende eigentlich egal sind, dann nimmt er diese zwar für den Moment aus der Schusslinie, jedoch nicht grundsätzlich. Er relativiert nämlich nicht seinen Machtanspruch auf Moralfragen, sondern lockert lediglich die Zügel indem er die Prioritäten anders setzt. Etwas anderes wäre es, wenn er offiziell verkünden würde, dass Schwul sein, voll okay sei.
Ich will ihm nicht unterstellen, dass er hier irgendwelche finsteren Absichten hegt. Ich glaube sogar, dass er dies womöglich sogar tun möchte, doch ist das einfach ein zu grosser Schritt für eine Organisation wie die Kirche. Was man ihm aber nicht verübeln kann.
Dochso lange sie sich nicht offiziell aus unseren Schlafzimmern zurückzieht, kann die Kirche jederzeit – so sie sich wieder stark genug dafür fühlt – erneut ihre alte Position einnehmen. Ohne sich auch nur erklären zu müssen.

Gibt es atheistische Abtreibungsgegner?

Ethische Fragen sind meist Fragen, bei denen einem keine der Antworten wirklich behagt.
Religionen neigen dazu, Handlungen unabhängig von den Konsequenzen zu bewerten.
Eine Abtreibung ist eine traurige Sache. Es ist das Töten eines Lebens und das Leben soll bewahrt werden. Darin sind sich sowohl Gegner wie auch Befürworter eigentlich einig. Die Befürworter wollen es lediglich nicht verbieten. Im Gegensatz zur „religiösen“ Moralvorstellung, spielen bei diesen die Konsequenzen einer Handlung nämlich ganz wesentlich mit in deren Beurteilung. Natürlich muss das Leben geschützt werden, doch ist die Frage immer, um welchen Preis.

Wenn man sich mit Abtreibungsgegnern über die Gründe ihrer kompromisslosen Ablehnung selbst in sehr krassen Fällen unterhält, dann ist es immer eine Mischung aus dem Widerwillen vor dem Eingriff selbst und der Möglichkeit einer Fehleinschätzung, sei es nun vom Arzt über den Zustand des Kindes oder von der Mutter über das zu erwartende Schicksal. Über diese Schwelle der Empörung kommt man in der Regel nicht hinaus.
Es mag pietätlos erscheinen, doch diese Einwände lassen sich biologisch und ethisch belegt relativieren. So läuft es dann auf das fast schon biblisch anmutende Schlagwort: Abtreibung ist Mord hinaus. Eine Position, die, wie oben gezeigt, den Aspekt der Konsequenzen ausser Acht lässt und deshalb meines Erachtens eine vergleichsweise schwache argumentative Stütze darstellt. Ausser sie wird von Gott höchst selbst getragen. Doch mit dem Fremdgehen, das Gott ja ebenfalls nicht gutheisst in seinen 10 Geboten, haben wir uns inzwischen auch insofern arrangiert, dass wir es zwar nicht toll finden, es aber auch nicht mehr verbieten und unter Strafe stellen wollen.

Wenn man mal die emotionale Polemik aussen vor lässt, scheint es so, dass sich die Abtreibungsablehung hauptsächlich aus der religiösen Tradition speisst. Oder gibt es auch atheistische Abtreibungsgegner, die ihre Position sachlich darlegen können ?

Pontifex-Dialoge: Glücksforschung!

Seit mir der Papst für ein Twitter-Follow einen Ablass vom Fegefeuer offeriert hat, führe ich von Zeit zu Zeit kleinere Dialoge mit dem Pontifex. Dies ist ein weiterer davon:

15. September

Papst Franziskus @Pontifex_de
Das eigene Glück darin zu suchen, materielle Dinge zu besitzen, ist ein sicherer Weg, um nicht glücklich zu sein.

Eda Gregr @meskinaw
@Pontifex_de Inwiefern ist der Papst ein Experte in der Glücksforschung? Ohne Belege sind das nur nette, aber billige Kalendersprüche.

Das hat der Klerus drauf. Wann immer irgendwo eine Diskussion zu ethischen Fragen geführt wird, werden irgendwelche Priester als Experten eingeladen. Dabei ist die einzige Qualifikation, welche sie vorweisen können, der Umstand, dass sie sich schon seit eh und je als Experten ausgegeben haben.
Sie mögen durch ihr Studium der heiligen Schrift besser wissen, was Gott von uns will. Doch heisst das nicht, dass dies automatisch auch das ethisch richtige ist.
Nach der Kosmologie der Gläubigen spielt sich das relevante Glück ohnehin erst im Jenseits ab. Und folglich droht bei den diesseitigen Glücksmomenten stets die Gefahr den Menschen auf den falschen Weg zu bringen. Von daher würde ich Geistliche nicht wirklich als Autoritäten in Sachen Glücksforschung betrachten und entsprechend ihren Aussagen eher den Status von Binsenwahrheiten und Kalendersprüchen zusprechen.

Ich verbleibe mit einem Zitat zum Thema Glück des im Jahre 2002 heilig gesprochenen Josemaria Escriva:
„Ich nenne dir die wahren Schätze (=Glück?) des Menschen auf dieser Erde, damit du sie dir nicht entgehen lässt: Hunger, Durst, Hitze, Kälte, Schmerz, Schande, Armut, Einsamkeit, Verrat, Verleumdung, Gefängnis.“
(Materieller Besitz ist da aber tatsächlich nicht dabei ; )