Seit mir der Papst für ein Twitter-Follow einen Ablass vom Fegefeuer offeriert hat, führe ich von Zeit zu Zeit kleinere Dialoge mit dem Pontifex. Dies ist ein weiterer davon:
4. Januar 2014
Papst Franziskus @Pontifex_de
Liebe Jugendliche, Jesus will euer Freund sein. Er will, dass ihr die Freude über diese Freundschaft überall ausstrahlt.
Jesus will also der Freund der Jugendlichen sein. Erinnert nur mich das an Partnerlook tragende Mutter-Tochter-Gespanne?
Jedem das seine… Mich irritieren an diesem päpstlichen Tweet andere Aspekte.
Eda Gregr @meskinaw
@Pontifex_de Seltsame Freundschaft, wenn man so viel wert drauf legt, dass die anderen es sehen sollen.
Es ist natürlich sehr schön, wenn eine Freundschaft einen so glücklich macht, dass man strahlt wie ein Glühwürmchen. Doch dass man dieses Strahlen vom anderen verlangt oder es sich auch nur wünscht, scheint mir etwas seltsam.
Ist es wirklich Freundschaft, wenn es einem so wichtig ist, dass die Freundschaft von anderen wahrgenommen wird? Ist da wirklich noch der Freund im Zentrum oder ist dieser nur mehr das Mittel zum Zweck?
Solche Freundschaften sind natürlich keine Seltenheit, wo ein Unbekannter aus der Freundschaft mit einem Promi sozialen Profit zu schlagen versucht. Meines Wissens ist allerdings genau das eine der traurigen Schattenseite am Berühmtsein.
Hier ist es allerdings der Promi, der aus der Freundschaft mit einem Unbekannten Profit zu schlagen versucht. Auch das gibt’s. Wenn beispielsweise ein Präsidentschaftskandidat süsse Babies küsst. Oder der Chef einer schweinisch reichen Organisation mit ein paar Bettlern bei einer Linsensuppe Weihnachten feiert.
(Ich bezweifle ja nicht, dass das Baby absolut küssenswert und die Bettler eine weit angenehmere Gesellschaft als der Verwaltungsrat jener Organisation sind, doch im Angesicht der Möglichkeiten, wäre es vielleicht Angebracht und im Interesse jener Unbekannten lieber mit Argumenten statt mit Emotionen zu punkten, resp. den Bettlern nen Job statt einer Linsensuppe zu besorgen. Ihr kennt das Sprichwort mit dem Fisch schenken und dem Fischen lehren, oder?)
Es entbehrt aber nicht einer gewissen Ironie, dass Jesus seine Popularität ausgerechnet dem Umstand verdankt, dass er sich von sehr, sehr vielen Unbekannten n lässt.
Ich will damit die Jesus zugeschriebenen Verdienste nicht schmälern, doch ich bezweifle, dass er allein ihnen seine Popularität verdankt. Vor allem wenn man bedenkt, wie verschiedenen seine Taten und Worte die ganze Geschichte hindurch interpretiert wurden. Mehrdeutigkeit kann bekanntlich für nen Hype die reinste Viagra sein.
Wie sagte doch einst Ian Hazelwood: Jesus ist die Paris Hilton der Antike.
Vielleicht wird mein Zweifel an der Aufrichtigkeit der Intention von Jesus und Papst andersrum deutlicher:
Wenn ich nicht strahle, bin ich dann einer Freundschaft mit Jesus nicht würdig?
Eda Gregr @meskinaw
@Pontifex_de Brauchts für ne Freundschaft nicht Ebenbürtigkeit? Für nen Freund ist Jesus zu wenig bereit meine Wertvorstellungen zu teilen.
Das ist eine grundsätzliche Frage zur Freundschaft: Gehört zur Freundschaft nicht, dass man ebenbürtig genug ist, dass beide dank dem anderen wachsen können? Meine Freunde bringen mich auf neue Ideen, lassen mich falsche Vorstellungen hinterfragen, bringen mich zum Lachen und trösten mich, wenn ich traurig bin. Und bestätigen mich darin, dass mein Erzfeind wirklich ein Blödmann ist. Und genau das gleiche tue ich für meine Freunde.
Zugegeben, Jesus kann mich auf neue Ideen bringen, mich falsche Vorstellungen hinterfragen lassen, mich zum Lachen bringen (nun ja, ich will es zumindest nicht ausschliessen) und mich trösten. Doch er wird weder meinen Erzfeind nen Blödmann nennen (zumindest nicht solange er ein aufrechter Christ ist), noch wird er von mir auf neue Ideen gebracht, noch durch mich falsche Vorstellungen hinterfragen oder sich von mir trösten lassen.
Ist sowas wirklich eine Freundschaft? Ist es nicht eher die Beziehung zwischen einem Lehrer und seinem Schüler?
Wächst Jesus an der Freundschaft mit mir oder wächst damit bloss seine Popularität?
Kann er sich wirklich mein Freund nennen, wenn er nicht die Absicht hat mich je zu einem Bier einzuladen?
Eda Gregr @meskinaw
@Pontifex_de Kannst du, Papst Franziskus, wirklich ein Freund eines Säuglings sein? Ihn lieben klar, aber Freundschaft? Seltsame Vorstellung.
Es ist doch falsch, die Beziehung zwischen Lehrer und Schüler eine Freundschaft zu nennen. Sie mag durchaus geprägt sein von Liebe und Respekt, doch das Machtgefälle ist für eine Freundschaft einfach zu gross.
Der Lehrer hat gegenüber seinem Schüler die Sorgfaltspflicht zu wahren, weil der Schüler ihm sowohl intellektuell als auch sozial ausgeliefert ist.
Weshalb ist wohl eine Liebesbeziehung zwischen Lehrer und Schüler so problematisch? Oder zwischen Chef und Untergebenem? Oder zwischen Arm und Reich? Wegen der Gefahr der Manipulation des Schwächeren! Nicht, dass es nicht wahre Liebe oder Freundschaft sein kann, bloss ist die eine Seite mächtig genug, um dem anderen „wahre Gefühle“ zu suggerieren.
Klar, Jesus würde sowas nie tun.
Und selbst wenn er es täte, wäre es in seinem Fall gut, weil – nun ja – eben weil es Jesus tat und alles was Jesus tut per definitionem gut ist.
Eda Gregr @meskinaw
@Pontifex_de Ich meine, kommt das nicht ein bisschen schräg rüber, wenn ein erwachsener Mann einem Kind sagt, dass er sein Freund sein will?