Erwachet! (ohne das zweite e)

In dieser Jahreszeit, wo das Wetter mit deprimierenden Grautönen experimentiert, klammert man sich an jedes Fusselchen Farbe, das man zu erspähen vermag. Und sei es auch das buntbestrumpfte Bein einer ausgesprochen adretten jungen Frau.
Das zweite Beinpaar gleich daneben, verborgen unter einem wesentlich längeren Rock und getragen von Schuhen, deren Absätze höchstens einen Drittel massen, gehörte einer ungefähr gleich alten jungen Frau, deren Teint perfekt auf die Farbe des Himmels abgestimmt war und deren Erscheinung man nur als beispielhaft brav bezeichnen kann. Diese gab mir etwas zum Lesen mit, ganz unverbindlich: Die Mai-Ausgabe der Zeitschrift Erwachet!, Themenschwerpunkt „Genügend Bewegung“. Und in der Zeitschrift eingeschoben noch die Mai-Ausgabe vom Wachtturm, Themenschwerpunkt „Eine Welt ohne Armut ist nicht mehr fern“.

Ich bin schon vielen Zeugen Jehovas begegnet. Ich habe sie sogar gezielt gesucht, denn ich betrachtete sie stets als entwischte Versuchskaninchen aus den Laboratorien der Experimentellen Theologie, die daraufhin gezüchtet wurden, eine maximale Beharrlichkeit bei Gesprächen über Gott und den Teufel an den Tag zu legen. Eine Eigenschaft, die ich sehr zu schätzen weiss.

Aber dass die Zeugen Jehovas mittlerweilen regelrechte Playboy-Bunnies zum Missionieren (oder zumindest mit als Geleitschutz für ihre Missionare) schicken, erstaunt mich nun doch ein bisschen und ringt mir sogar ein bisschen Respekt ab, denn offenbar sind durch einen gezielten Evolutionssprung ins Heute gestolpert. Wenn auch nur um uns hier abzuholen und uns irgendwann anders hin zu bringen.

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