NSA, dein Freund und Helfer

General Keith Brian Alexander, seines Zeichens Direktor der NSA, hat die umstrittenen Praktiken seiner Behörde dahingehend verteidigt, dass er leider derzeit keinen besseren Weg kenne, um die Vereinigten Staaten vor der steigenden Terror-Gefahr zu schützen. Doch sei sein Dienst durchaus bereit, über mögliche Alternativen zu diskutieren.

Das coole an der NSA ist, dass das endlich mal eine Bundesbehörde ist, die einem auch wirklich zuhört. Und das jederzeit und überall. Daher kann ich Alexander auch gleich hier im DisOrganizer eine naheliegende Alternative zu den umstrittenen Praktiken anbieten:

Macht, was immer ihr wollt – einfach ohne dabei irgendwelche Menschenrechte zu verletzen (was beispielsweise mit der flächendeckenden Überwachung geschieht).

So einfach ist das!

+ + +

Es ist natürlich lobenswert, dass Alexander so um die Sicherheit seiner Landsleute besorgt ist. Sicherheit ist schliesslich eine ganz tolle Sache.
Bloss dass es wesentlich effektivere Möglichkeiten gibt, mehr Amerikaner vor einem tragischen Tod zu bewahren. Allein im Jahr 2011 gab es in den Vereinigten Staaten 32’367 Verkehrstote, die man beispielsweise mit einer generellen Tempolimite von 5 km/h (3.11 mph) sicherlich zu einem grossen Teil hätte verhindern können. Eine solche Tempolimite wäre zwar äusserst lästig, aber immerhin würde mit dieser kein Menschenrecht verletzt.

Wie viele Leben sich mit Massnahmen dieser Art retten liessen, ist natürlich schwer abzuschätzen, doch wenn man sich anschaut, wie viele Menschen in den USA seit 9-11 terroristischen Anschlägen zum Opfer gefallen sind, dann reichen selbst sehr, sehr, sehr konservativen Schätzungen  um um Grössenordnung erfolgreicher zu sein:

  Anzahl Anschläge Tote Verletzte
Amokläufe 12 128 140
Beltway sniper 11 13 3
Islamistische Anschläge 8 22 332
Linksextreme Anschläge 4 2 6
Rechtsextreme Anschläge 3 9 5
anders motivierte Anschläge 8 19 56
Vereitelte Anschläge 36 0 2
Total in 12 Jahren 82 193 544
Quelle: http://www.johnstonsarchive.net/terrorism/wrjp255a.html

 

Ist es zynisch 32’367 Tote in einem Jahr gegen 193 in zwölf Jahren aufrechnen zu wollen? Ist es zynisch zu fragen, ob die Ressourcen und Menschenrechte, die geopfert wurden um die 193 nicht mehr werden zu lassen, gut investiert waren, wenn man mit weniger Ressourcen und gar keine Menschenrechtsverletzung aus 32’367 hätte wesentlich weniger machen können?

Dass man auf richterliche Anordnung hin jemandes Rechte beschneidet, macht aus aus rechtsstaatlicher Position Sinn. Dass man dies aber flächendeckend macht, ist angesichts von Prinzipien, die die Gesellschaft zum Wohle aller kompromisslos höher stellt als die Interessen von Einzelnen, äusserst bedenklich und ohne eine wirklich überzeugende Kosten-Nutzen-Rechnung ein absolutes No-Go.
Bisher scheint der Nutzen allerdings bedenklich bescheiden zu sein.

Ich habe mich mal mit einem Amerikaner unterhalten, der seinen Militärdienst irgendwo im Dunstkreis des Geheimdienstes geleistet haben will. Und der erklärte mir, dass durch die Arbeit der Geheimdienste – insbesondere dank dem Ignorieren des einen oder anderen Menschenrechts – tatsächlich terroristische Anschläge verhindert worden seien. Wie viele, wollte ich wissen. Das konnte er mir nicht sagen (nicht können im Sinne von nicht fähig sein, nicht im Sinne von nicht dürfen). Das sei geheim. Aber es sei so. Okay…
Von insgesamt 82 geplanten Anschlägen innerhalb von zwölf Jahren wurden also dank geheimdienstlicher Ermittlungen 36 + eine-unbekannte-Zahl-nicht-publik-gemachter Versuche vereitelt.
Dass damit mehr Amerikaner gerettet wurden als hätten werden können, beispielsweise durch die Einführung der Tempolimite, strengerer Waffengesetze oder durch das Verbot von Swimming Pools im Garten, wage ich allerdings zu bezweifeln.

Offenbar ist das Recht SUVs, Waffen und einen Swimming Pool im Garten zu besitzen unantastbarer als die Privatsphäre, welche durch den 4. Zusatzartikel zur Verfassung der Vereinigten Staaten und den 12. Artikel der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte geschützt wird.

Vielleicht ist der folgende Aspekt auch nicht unerheblich: Wenn man von Menschenrechtsverletzungen zum Schutz der Nationalen Sicherheit spricht, dann denkt man für gewöhnlich zuerst an Guantanamo. So hat mir auch mein Ex-Soldat versichert, dass dank unzimperlicher Verhörmethoden etliche Pläne von Abu Nazir durchkreuzt werden konnten – und das klingt doch mehr nach Folter als nach ungefragtem Mithören.
Vom Sahnehäubchen, dass es einen islamistischen Terroristen namens Abu Nasir zwar durchaus gab (er wurde im Juni 2006 getötet), doch dass hier wohl eher Osama bin Laden mit dem Chefbösewicht aus Homeland verwechselt wurde, gar nicht zu sprechen. Nicht, dass man Realität und Fiktion nicht auseinander halten würde, bloss scheint die Fiktion das Vertrauen in die Rechtmässigkeit der in der Realität verwendeten Methoden merklich zu stärken.

Doch die Frage bleibt: Wie viele Bedrohungen konnten dank der massiven Internetüberwachung durch die NSA verhindert werden? Und legitimiert die Zahl diese Massnahmen?
Laut Alexander konnten dank der NSA-Spionage in mehr als 20 Staaten  mehr als 50 potentielle Terroranschläge verhindert werden.
Geoffrey Stone, Mitglied des Expertengremiums des Weißen Hauses, das die NSA-Affäre untersucht, hat diese Zahl jedoch insofern relativiert, dass die Erfolge eigentlich eher anderen Programmen geschuldet sind und dass die Sammlung und Analyse der Metadaten nur einen bescheidenen Beitrag zur Sicherheit der Nation geleistet habe. Er geht sogar so weit zu sagen, dass es keinen Fall gebe, in dem die NSA nachweisen konnte, dass das Ergebnis der Ermittlungen ohne sie anders herausgekommen wäre.

Ist das genug um den unerlaubten Eingriff in die Privatsphäre seiner Bürger zu rechtfertigen? Können das die Repräsentanten des Volkes wirklich guten Gewissens akzeptieren? Dürfen sie das überhaupt? Dürfen sie einen so zentralen rechtsstaatlichen Wert wie den Schutz der Privatsphäre nur aus Furch vor einer möglichen Bedrohung einfach ignorieren?

Wieso ist man dann bereit Opfer hinzunehmen, wenn es um Lösegeldforderungen von Terroristen geht? Man schickt lieber ein SWAT-Team rein und riskiert Opfer, statt einfach das geforderte Geld (plus das freie Geleit) herauszurücken und damit das Leben der Geiseln zu schützen. Wenn die Geiselnehmer den Behörden vertrauten, bräuchten sich die Geiseln nicht zu fürchten.
Weil es hier ums Prinzip geht?
Weil uns hier das Prinzip davor schützt, dass es mehr und mehr Entführungen gibt?

Und wo bleibt dann das Prinzip kompromisslos für die Menschenrechte einzustehen? Besteht nicht die Gefahr, dass wenn man das eine Menschenrecht lockert, schnell auch mal das andere ignoriert? Werden die Menschenrechte dann nicht zu einem Selbstbedienungsbuffet, aus dem man sich picken kann, was gerade zur Gardine passt?
Wir opfern Menschenrechte der Nationalen Sicherheit und schützen uns damit vor mehr und mehr terroristischen Bedrohungen! Nicht wirklich, wie es scheint.

Die offiziellen Erfolgs-Zahlen der Geheimdienste sind offensichtlich viel zu niedrig um die Verletzung der Privatsphäre und die horrenden Ausgaben zu legitimieren. Vielleicht werden die tatsächlichen, um Grössenordnungen höheren Zahlen aber aus strategischen Gründen geheim gehalten.
Wozu sollte das gut sein? Dass man gewisse Details nicht publik macht um die Ermittlungsstrategien zu schützen, kann ich noch nachvollziehen, doch dass man nicht mal die Zahl nennt, verstehe ich nicht. Sollte es aber tatsächlich so sein, dann frage ich mich, wie es möglich sein kann, dass offensichtlich beide Seiten im Schweigen über die tatsächlichen Zahlen einen strategischen Vorteil zu erkennen glauben.
Der einen Seite muss das publik machen der Zahlen mehr schaden als der anderen. Wenn das kein guter Grund ist, sich an die Presse zu wenden, dann weiss ich auch nicht.

Mit der Frage, wie viele Menschenleben gerettet werden müssen, damit es das punktuelle Ignorieren von Menschenrechten legitimiert, kommen wir nicht weiter. Drehen wir den Schuh daher einfach mal um und fragen: Dürfen wir uns durch das Nichtbeachten von Menschenrechten vor irgendetwas schützen?
Bedeutet die Anerkennung der Menschenrechte nicht, dass wir uns das Festhalten an diesen etwas kosten zu lassen gedenken? Nicht beliebig viel, selbstverständlich, aber doch zumindest etwas. Und zwar im Bereich der Sicherheit – weil jemandes Freiheit dadurch zu schützen, dass man sie beschränkt, macht ja nicht allzu viel Sinn.

China, Russland oder Nordkorea kümmern sich hochoffiziell nicht um Menschenrechte. Bei den Vereinigten Staaten sollte man allerdings meinen, dass es an ihrer moralischen Glaubwürdigkeit kratzt, wenn sie sich selbst nicht um die Werte scheren, derentwegen sie anderen bisweilen die Hölle heiss machen.

Da die Regierung eine moralische Pflicht vor allem ihren Bürgern gegenüber hat, kann man ihr das Abhören der Gespräche von Ahmadinedschad, Berlusconi oder Merkel eigentlich nicht wirklich übel nehmen. Es ist nicht nett, ohne Zweifel, doch da die USA die Menschenrechtsabkommen nicht ratifiziert haben, binden sie nur die Verfassung und die Zusatzartikel, deren Geltungsbereich sich allerdings allein auf die eigenen Territorien erstrecken. Insofern sind sie auf relativ sicherem Grund, wenn sie die Welt abhorchen und es mit irgendwelchen Menschenrechten nicht ganz so genau nehmen.

Dass die NSA damit aber auch vor ihren eigenen Bürgern nicht halt, kratzt umso mehr am Lack, je inbrünstiger die USA sich Land of the Free and Home of the Brave nennen.
Brave, ihr versteht schon, tapfer, mutig, unerschrocken, wo man nicht bei jedem Knall den Kopf einzieht.

 

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Noch offene Fragen zu diesem Thema:

  • Werden Menschenrechte verletzt, wenn nur das Opfer meint seine Rechte seien verletzt, der Täter dies zwar nicht bestreitet, aber in Tat und Wahrheit gar nichts macht?
  • Ist es zynisch festzustellen, dass in den USA mit der Abschaffung der Todesstrafe mehr Leben gerettet worden wären als durch das Verhindern aller Terroranschläge seit 9-11?
  • Durch Polizisten kamen 8 mal mehr Amerikaner ums Leben als durch Terroristen. Sollte man sich da nicht vielleicht mal überlegen die Polizei abzuschaffen?
  • Haben die moralisch motivierten Embargos der Vereinigten Staaten ernst zu nehmende wirtschaftliche Einbussen?
  • Und last but not least: Kann eine Organisation böse sein, wenn sie von einer Enterprise-Kommando-Brücke aus gesteuert wird?
Information Domination Center
  • Und selbst wenn eine Organisation mit Enterprise-Kommando-Brücke böse sein kann, darf es die Piratenpartei davon abhalten dieser Föderation dennoch beizutreten?

Die Grenzen des Autoritätsbias

Das Autoritätsargument ist ein Fehlschluss – zumindest so lange, wie die überprüfbaren Belege der erwähnten Autorität nicht nachgereicht werden können. Wenn man diese hingegen nachreichen kann, dann ist das eine bequeme und legitime Abkürzung.

Der Autoritätsbias ist etwas ganz anderes. Das ist unsere natürliche Tendenz die Meinung einer in der Hierarchie uns übergeordneten Persönlichkeit zu übernehmen. Das ist eine natürlich, nicht immer unproblematische, soziobiologisch Reaktion.
Bisweilen wird allerdings statt von der in der Hierarchie übergeordneten Persönlichkeit auch einfach von einem Spezialisten gesprochen. Dies klingt zwar weitgehend deckungsgleich, impliziert jedoch, dass es hier nicht mehr um das Sozialverhalten, wo man die Gültigkeit einer Aussage allein aus der übergeordneten hierarchischen Position der Autorität ableitet,  sondern um die Qualität der Argumentation, welche durch überprüfbare und von Peers weitestgehend akzeptierten Belege gestützt wird, geht. Und das kann verhängnisvoll sein.

Beispielsweise wenn man leichtfertig dazu aufruft jeglicher Autorität gegenüber respektlos zu sein wie dies Rolf Dobelli in seinem Buch „Die Kunst des klaren Denkens“ tut. Er baut seine Argumention auf verschiedenen Beispielen auf:

  • Keiner der Abermillionen von ausgebildeten Ökonomen schaffte es das Timing und den Hergang der Finanzkrise vorauszusagen.
    Stimmt, doch erhebt die Ökonomie überhaupt für sich in Anspruch genau dies exakt tun zu können? Dass einzelne Exponenten ein anderes Verständnis von der Präzision der Voraussagbarkeit in der Wirtschaft haben, ist ihre persönliche Fehleinschätzung und kann der Wissenschaft an sich nur sehr begrenzt zum Vorwurf gemacht werden.
  • Bis ins Jahr 1900 war es nachweislich besser als Kranker nicht zum Arzt zu gehen.
    Stimmt, weil die Ärzte zu jener Zeit nur „drei“ Krankheiten erfolgreich behandeln konnten und der Job des Arztes eigentlich nur daraus bestand zu schauen, ob die konkrete Krankheit eine jener drei ist und wenn ja die Therapie anzuwenden. Die Ärzte waren sich dessen bewusst, versuchten aber nichtsdestotrotz ihr bestes – und verschlimmerten die Sache in den meisten Fällen nur. Auch hier liegt eine persönliche Fehleinschätzung vor, begünstigt noch durch die Unkenntnis der Tatsächlichen Wirkzusammenhänge.
  • In Milgrams Experiment brachte der Versuchsleiter seine Probanden dazu andere Probanden im Dienste einer höheren Sache zu quälen.
    Stimmt, doch hier ging es darum den Autoritätsbias überhaupt erst nachzuweisen, indem man zeigte, wie leichtfertig die Probanden die Verantwortung an ihren Handlungen allein aufgrund einer anwesenden Autorität weiter zu geben bereit sind. Neuere Untersuchungen zeigen, dass Milgram verschiedene Variationen dieses Experiments durchgeführt hat, wobei diese hier das mit Abstand deutlichste Resultat erbrachte.
  • Viele Unfälle in der Luftfahrt ereigneten sich weil der Pilot etwas übersah und der Copilot sich nicht traut es anzusprechen.
    Genau, hier haben wir es endlich tatsächlich mit einem unverfälschten Autoritätsbias zu tun.

 

Das Beispiel aus der Luftfahrt unterscheidet sich allerdings fundamental von den anderen dadurch, dass der Copilot, was das Wissen und die Erfahrung angeht, auf einem ähnlichen Level steht wie der Pilot. Sprich, er könnte diesen im Notfall ersetzen, wodurch sein Schweigen allein auf die Ehrfurcht vor der sozialen Stellung zurückgeht. Das ist jedoch beim Wirtschaftswissenschaftler, resp. Arzt des 19. Jahrhunderts nicht gegeben, weil hier ein Verhältnis zwischen Laie zum Spezialist vorliegt. Klar, was das Tippen auf Börsenkurse betrifft, kann der Normalsterbliche durchaus manchmal besser liegen, doch das ist nur winziger Bruchteil der Wirtschaftswissenschaften, die allerdings auch enthält, wieso es sich bei den Börsentipps genau so verhält. Und klar, ein Hahnemann hat zweifellos genau dadurch etliche Leben gerettet, dass er sprichwörtlich nichts gemacht hat, doch das ist nicht sein Verdienst und schmälert auch nicht die noch so bescheidenen Leistungen der Medizin.
In winzigen Teilgebieten der Ökonomie und der Medizin mag der Zufall zweifellos manchmal besser liegen, jedoch nie im Cockpit eines Flugzeugs. Und deshalb können wir auch nur aus dem Beispiel aus der Luftfahrt etwas lernen und die Erkenntnisse in anderen Branchen übertragen – was zweifellos mehr als angebracht ist.

Doch aus dem Beispiel mit dem Arzt verleitet dazu auch die moderne Medizin zu hinterfragen, inklusive beispielsweise des Impfens. Eine Einschätzung, für die es eigentlich eine wesentlich fundiertere Qualifikation braucht, als einen Analogieschluss.
Als ob das noch nicht schon genug wäre, knüpft Dobelli den Status dieser Spezialisten an Äusserlichkeiten statt an die Zustimmung ihrer Peers. Doch nicht die Überzeugung der Passagiere macht den Piloten zum Chef, sondern die des Copiloten um den Wissens- und Erfahrungsvorsprung. Und nicht der Titel macht den Arzt oder Wissenschaftler zu einem Experten, sondern die andauernde Bestätigung innerhalb des Diskurses mit seinen Fachkollegen.
Weiter merkt Dobelli an, dass in jeder Zeit andere Autoritäten sexy sind und man die Autorität gern fachübergreifend einzusetzen versucht. Das stimmt zwar, doch das ist der Fehlschluss „Autoritätsargument“ und hat mit dem Bias, wie gesagt, nicht viel zu tun.

Dies alles bedenkend, sieht auch Milgrams Experiment auf einmal etwas anders aus, als es vielleicht auf den ersten Blicke erscheint. Es gibt hier nämlich verschiedene Ebenen, auf denen die Autorität wirkt. Zum einen die technische, wo der Versuchsleiter sehr wohl besser als der Proband weiss, wie gefährlich die Stromstösse sind. Und zum anderen die ethische, wo dem Versuchsleiter aber keine besseren moralischen Urteile, die dies rechtfertigen würden, zur Verfügung stehen als dem Probanden. (Hier könnte man bestenfalls zu argumentieren versuchen, dass es sich hier um bedauerliche Opfer zum Wohl der Menschheit handelt. Und tatsächlich sind wir nicht selten geneigt eine solche Begründung durchgehen zu lassen.)

Unter dem Strich empfiehlt es sich den Autoritätsbias gegenüber einem Menschen nur dann abzulegen, wenn man in der Lage ist, ihn in seiner Aufgabe zu ersetzen. Wobei man sich hier höllisch vor dem Dunning-Kruger-Effekt in Acht nehmen muss, nämlich dass man sich umso sicherer ist etwas von einer Sache zu verstehen, je weniger man effektiv von ihr versteht.

NSA und die Tücken der Modalverben

Kann man es den Regierungen und ihren Geheimdiensten wirklich verdenken, dass sie möglichst alles wissen wollen? Das tun Facebook, Amazon, die Migros und ich ja auch.

Das Problem ist nicht, dass sie es wollen und auch nicht dass sie es können, denn auch das tun Facebook, Amazon, die Migros und ich. Sondern, ob sie es auch dürfen – selbst wenn der eine oder andere Player die Möglichkeit hat, es rechtlich durchwinken zu lassen.

Es gibt da nämlich gewisse Dinge, denen wir übereinstimmend eine höhere Priorität einräumen als anderen und die entsprechend auch beachtet werden wollen. Beispielsweise die Menschenrechte, und hier konkret das lästige  Recht auf Privatsphäre.
Doch wir räumen auch der NATIONALE SICHERHEIT (die muss immer gross geschreiben werden, um keinen Zweifel an ihrer Wichtigkeit aufkommen zu lassen!) und der Forschungsfreiheit eine höhere Priorität ein. Und ich bin überzeugt, dass auch Facebook, Amazon und die Migros eine sehr edle und plausibel klingende Erklärung dafür haben, alles über alle wissen zu müssen.

Unter dem Strich stehlen NSA, Facebook, Amazon, die Migros und ich all die Daten bloss zum Wohl der Bestohlenen. Dass die Bestohlenen das nicht einsehen, heisst nicht, dass auf lange Sicht die Umverteilung der Informationen nicht auch den Bestohlenen zugute kommen. Wenn damit der Terror beendet, die uninteressante Werbung beseitigt, die falschen Bücher nicht gedruckt, weniger abgelaufene Waren anfallen und ich endlich mehr Leser verzeichnen würde, dann hätte sich die Investition doch gelohnt.
Analog könnte man dann aber auch bestimmte Leute zum Wohl der Menschheit töten (und wenn man sich auf die Sophisterei versteht auch zum Wohl des Betroffnen).
Vor genau diesem Problem sieht sich bekanntlich jeder philanthrope Diktator, Kirchenfürst und CEO: Er weiss, was das beste für seine Stakeholder ist, und er muss entscheiden, wieviel er sich das kosten lassen will, kann und darf.

Der Skeptiker wird sich indessen fragen, ob das, was jener Philanthrop für das beste hält, wirklich das beste ist?
Und er wird wohl anführen, dass die Erfahrung zeigt, dass hier bisher immer etwas zu kurz gedacht wurde. Was natürlich nicht heisst, dass dies immer so sein muss. Bloss, dass man bisher wesentlich besser gefahren ist, wenn man sich weniger auf das edle Ziel und mehr auf das Vermeiden von Opfern konzentriert hat.


 

  • Wenn mir ein Langfinger meine Brieftasche klaut, dann kann er sich mit meinem Geld ein Eis kaufen und ich nicht.
  • Wenn mir ein Skimmer meine Kreditkartendaten klaut, dann können wir beide uns von meinem Geld ein Eis kaufen.
  • Wenn mir die NSA meine Kreditkartendaten klaut, dann könnte sie sich mit meinem Geld ein Eis für die ganze Belegschaft kaufen, doch ich bezweifle, dass sie das tut.

 

Mit einer grossen Keule kriegt man automatisch alle Brieftaschen. Mit PRISM automatisch alle Daten.
Die Frage ist, was man mit den Daten alles anfangen kann. Mir persönlich fallen vor allem coole Sachen ein. Allerdings ist diesen Sachen vor allem eins gemeinsam, dass die NSA nicht wirklich dafür prädestiniert genau diese umzusetzen. Die NASA wäre da schon wesentlich geeigneter.

Mir fallen natürlich auch ein paar coole Schurkereien ein, die man mit den Daten anstellen könnte, doch die umzusetzen ist bestenfalls Bad Horse und seine Evil League of Evil fähig.

Bleibt einfach zu hoffen, dass die Server der NSA etwas besser gegen unerlaubten Zugriff geschützt sind als die Server von denen sie die Daten geklaut haben.

Verzeihen und Nachtragen

Dass die Regierung der Vereinigten Staaten, der Vatikan und die Pharma in der Vergangenheit nachweislich gelogen haben, ist bekannt. Das Problem ist aber, dass daraus leider nicht zwangsläufig folgt, dass alles, was sie jetzt sagen, gelogen ist.

Wer einmal lügt, dem glaubt man nicht, und wenn er auch die Wahrheit spricht!

Man kann es den Dorfbewohnern aus dem Märchen „Der Hirtenjunge und der Wolf“ natürlich nicht verdenken, dass sie sich nach dem x-ten falschen Alarm nicht mehr ganz so beeilen dem Hirten zu Hilfe zu eilen, doch wenn man davon ausgeht, dass der Hirte die Schafe des ganzen Dorfes gehütet hat, dann hätte es der Prosperität des Dorfes sicher nicht geschadet, wenn die Leute nicht so nachtragend gewesen wären.

Auf den ersten Blick mag es daher vielleicht so erscheinen, dass uns das Märchen lehrt, dass Lügen unerfreuliche soziale Konsequenzen nach sich ziehen können. Was natürlich durchaus stimmt. Doch wenn man sich vergegenwärtigt, dass hier den Schaden vor allem die Dorfgemeinschaft hat, weil sie es versäumte ihren Tieren zu Hilfe zu eilen, dann erkennen wir, dass es drastische Konsequenzen haben kann, wenn man auf Basis von Mutmassungen Entscheidungen trifft. Oder um es etwas zeitgemässer zu formulieren, dass die Erfahrung ein sehr unzuverlässiger Ratgeber ist.
Statt dem Hirten einfach nicht mehr zu glauben, hätten die Dorfbewohner lieber dafür gesorgt, dass er nicht mehr lügt – gern auch mit den für Märchen typische drakonischen Strafen. Auf die Reaktionszeit ihrer „Feuerwehr“ sollten dagegen solche Erfahrungen lieber keinen Einfluss haben.

Die Fähigkeit zu Verzeihen ist zweifellos ein bedeutender zivilisatorischer Schritt, denn ohne diese schlittert man früher oder später aufgrund der menschlichen Natur beinahe schon zwangsläufig in einen Teufelskreis. Kein Wunder daher, dass Jesus die Menschen dazu auffordert, auch die andere Backe hin zu halten und – ganz wichtig – es dem Übeltäter nicht nachzutragen.
Jesus erklärt zwar nicht, wie man den Grobian „umerziehen“ soll, doch zumindest legt er uns nahe, aus der Erfahrung nichts zu lernen. Was uns auf das obige Märchen übertragen einen Muskelkater kostet, aber nicht die Herde.

Dafür, dass das Verzeihen eins der zentralen Konzepte des Christentums ist, ist es dann aber schon erstaunlich, dass ganz besonders aus den Reihen der fundamentalen Christen der Regierung der Vereinigten Staaten, dem Vatikan und der Pharma kategorisch nicht geglaubt wird. Nicht gerade sehr christlich, will mir scheinen.

Pontifex-Dialoge: Limonade-Taktik

Seit mir der Papst für ein Twitter-Follow einen Ablass vom Fegefeuer offeriert hat, führe ich von Zeit zu Zeit kleinere Dialoge mit dem Pontifex. Dies ist ein weiterer davon:

23. September

Papst Franziskus @Pontifex_de
Die Kirche hat keinen anderen Sinn und Zweck, als Zeugnis von Jesus Christus zu geben. Vergessen wir das nicht!

Eda Gregr @meskinaw
@Pontifex_de Stimme ich voll und ganz zu (und genug Geld für die PR habt ihr ja). Haltet euch also von nun an raus aus der Moral.

Papst Franziskus ist erstaunlich beliebt bei den Atheisten. Er hat sich nämlich schon an manchen Stellen verblüffend tolerant gegenüber Atheisten, Homosexuellen und anderen traditionellen schwarzen Schafen geäussert. Statt den Moralapostel zu markieren konzentriert er sich aufs Wesentliche, was man im Vergleich zu seinen Vorgängern durchaus als revolutionär bezeichnen kann.
Das Problem ist aber, dass wenn er sagt, er wolle sich aufs Wesentliche konzentrieren und ihm Andersdenkende eigentlich egal sind, dann nimmt er diese zwar für den Moment aus der Schusslinie, jedoch nicht grundsätzlich. Er relativiert nämlich nicht seinen Machtanspruch auf Moralfragen, sondern lockert lediglich die Zügel indem er die Prioritäten anders setzt. Etwas anderes wäre es, wenn er offiziell verkünden würde, dass Schwul sein, voll okay sei.
Ich will ihm nicht unterstellen, dass er hier irgendwelche finsteren Absichten hegt. Ich glaube sogar, dass er dies womöglich sogar tun möchte, doch ist das einfach ein zu grosser Schritt für eine Organisation wie die Kirche. Was man ihm aber nicht verübeln kann.
Dochso lange sie sich nicht offiziell aus unseren Schlafzimmern zurückzieht, kann die Kirche jederzeit – so sie sich wieder stark genug dafür fühlt – erneut ihre alte Position einnehmen. Ohne sich auch nur erklären zu müssen.

Zur Revision des Epidemiengesetz am 22. September

Die Zettelverteiler sind wieder unterwegs, diesmal um gegen die Revision des Epidemiengesetzes Stimmung zu machen.

Zettelverteiler: Ich bin nicht gegen das Impfen, sondern für die Freiheit.
Ich: Wer seine Kinder nicht impft, handelt verantwortungslos gegenüber seinen Kindern und der ganzen Gesellschaft.

Zugegeben, das hat eigentlich gar nichts mit der Abstimmung zu tun, doch es bringt – wenn vorhanden – den latenten Impfgegner an die Oberfläche. Und das tat es wenig überraschend wirklich:

Zettelverteiler: Aber in den Impfungen ist Quecksilber drin.
Ich: Inzwischen gibt es für alle empfohlenen Impfungen auch quecksilberfreie. Und mal abgesehen davon, enthält jeder Fisch, den du isst, ein Vielfaches dieser Dosis.
Zettelverteiler: Ich esse keinen Fisch.

Ist das Veganzwang durch die Hintertür? Ich muss sagen, das mir das die Sprache verschlagen hat…
Zum Glück fuhr er selbst fort. Und zwar mit den üblichen Verdächtigen:

Zettelverteiler: Die Pharma…
Ich: Dass in der Pharma geldgeile Säcke sitzen, die an einem akuten Mangel an Skrupel leiden, bestreitet keiner. Auch nicht, dass man ihnen genau und noch genauer auf die Finger schauen muss. Doch nur weil die Pharma böse ist, heisst das nicht, dass ihre Gegner lieb sind. Geschweige denn, dass die Gegner recht haben.

Zettelverteiler: Impfungen verursachen Autismus…
Ich: Wakefield, der Kerl, der dies rausgefunden hat, wurde wegen gröbsten Verstössen gegen die wissenschaftliche Sorgfaltspflicht unehrenhaft entlassen. Seine Studie wird inzwischen nur noch von einem ehemaligen Playboy-Bunnie verbreitet.

Zettelverteiler: Es waren nicht die Impfungen, sondern die Hygiene, die zum Rückgang der Epidemien geführt haben.
Ich: Das stimmt nicht.

Meine letzte Erwiederung war zugegebenermassen argumentativ etwas dürftig, doch da zerrte mich Ava schon weg.

Zettelverteiler: Was bist du von Beruf?
Ich wette, er ist überzeugt, ich sei von der Pharma bezahlt.

Für das Impfen und gegen das Impfobligatorium?

Ob das Gesetz optimal formuliert ist, darüber kann man diskutieren. Wenn es das nicht ist, könnte die Gefahr bestehen, dass es die entsprechenden Organe daran hindert effizient ihrer Aufgabe nachzugehen. Das wäre natürlich doof und nicht im Interesse des Souveräns. Es könnte allerdings auch die Gefahr bestehen, dass es den Organen zu viel Freiheiten lässt und diese dann Sachen anstellen könnten, denen der Souverän nie zustimmen würde. Was natürlich auch doof wäre.
Beides kann sich einschleichen, Fehler passieren, wir sind ja auch nur Menschen. Man braucht jedoch weder im einen noch im anderen Fall eine böse Absicht zu unterstellen.

Aber man kann! Und man tut es!

Die meisten Gegner des Revision betrachten sich als Impfskeptiker (Frage am Rande: Kann jemand, der halbwegs versteht, wie Impfungen funktionieren, deren prinzipielle Wirksamkeit bezweifeln?). Mittelfristig planen sie den Impfausstieg der Schweiz, daher wehren sie sich naturgemäss gegen eine effizientere Epidemien-Organisation des Gesundheitswesens, wie sie die Revision vorsieht. Darüber hinaus würde die Bodigung der Revision als ein starkes Misstrauensvotum gegen das Impfen per se propagiert werden. Was zwar nicht stimmen, nichtsdestotrotz aber plausibel klingen würde.

Aber es gibt auch Gegner, die durchaus die Verdienste der Impfung anerkennen und sich trotzdem gegen die Revision aussprechen.
Doch wie kann man ernsthaft für das Impfen und Gegen die Revision sein, welche unter anderem den Einsatz von Impfungen optimiert? Bei Epidemien muss man heute schnell, informiert und effizient reagieren. Dazu braucht es eine klare Organisation und entsprechende gesetzliche Grundlagen, die mit dem heutigen Epidemiengesetz so noch nicht vorhanden sind.

Dieser Spagat macht nur Sinn, wenn man kein Vertrauen in die Regierung hat. Wenn man ihr unterstellt, dass sie das eine sagt, aber was völlig anderes plant. Die Gegner der Revision des Epidemiegesetzes und allen voran der Verein Bürger für Bürger unterstellen tatsächlich den Verfassern,

  1. dass sie die Schweiz der WHO unterwerfen wollen.
  2. dass sie die Kantone entmachten wollen.
  3. dass sie alle Bürger fichieren wollen.
  4. dass sie die persönliche Entscheidungfreiheit einschränken wollen.
  5. dass sie die Kinder sexuell umerziehen wollen.

Ob mit einer Annahme der Revision unterworfen, entmachtet, fichiert, eingeschränkt und umerzogen werden könnte, darüber kann man diskutieren, ob unterworfen, entmachtet, fichiert, eingeschränkt und umerzogen wird, ist dagegen eher zweifelhaft, dass unterworfen, entmachtet, fichiert, eingeschränkt und umerzogen werden soll, ist paranoid.

Sie sehen die Schweiz durch dieses Revision mehr gefährdet als durch drohende Epidemien. Und dafür sind sie sogar bereit die unheilige Allianz mit den Impfskeptikern einzugehen und damit zu riskieren der verhängnisvollen Impfmüdigkeit noch Vorschub zu leisten.

unterworfen, entmachtet, fichiert, eingeschränkt und umerzogen?

1. Unterwerfen wir uns wirklich der WHO?

Unterwerfen impliziert doch, dass mir keine andere Wahl bleibt als die Anweisungen des Usurpators auszuführen, oder?

Art. 4 Ziele und Strategien

  1. Der Bundesrat legt unter Einbezug der Kantone die Ziele und Strategien der Erkennung, Überwachung, Verhütung und Bekämpfung übertragbarer Krankheiten fest.
  2. Bei der Festlegung der Ziele und Strategien sind insbesondere zu berücksichtigen:
    1. die Erkenntnisse der Berichterstattung nach Artikel 76;
    2. internationale Empfehlungen und Richtlinien;
    3. der aktuelle Stand der Wissenschaft.
  3. Bund und Kantone überprüfen aufgrund der Berichterstattung, ob die Ziele erreicht sind, und ergreifen bei Bedarf entsprechende Massnahmen.

Dass man sich vor einer Entscheidung informiert, finde ich jetzt nicht sooo schlimm. Mir den Rat von jemandem anhören und dann entscheiden, ob ich ihm folgen will oder nicht, erfüllt nach meinem Verständnis nicht wirklich das Kriterium einer Unterwerfung.

2. Werden die Kantone wirklich entmachtet?

Die Frage müsste eher lauten, ob es Sinn gemacht hat, dass die Kantone am Drücker sind? Dass uns bisher eine Katastrophe erspart blieb, liegt nicht an dieser Regelung, sondern daran, dass es keine Katastrophe gab.
Ich will es mal ein bisschen pathetisch ausdrücken: Wir befinden uns schon seit jeher im Krieg mit den Viren. (Eine Erklärung hierfür kann ich auf Wunsch gern nachliefern.)  Und entsprechend müssen wir uns fragen, mit welcher Strategie wir uns am besten gegen deren Angriffe schützen können.

3. Werden wir fichiert?

Wenn wir die Metapher mit dem Krieg ein bisschen weiterspinnen, so kann man das von den Gegnern verteufelte Informationssystem mit dem Nachrichtendienst vergleichen. Seine Verwendung ist vielleicht nicht ehrenhaft, doch er ist für das Kriegsglück essentiell.

„Militärgeheimdienstliche Aktivitäten sind wohl so alt wie die Kriegführung, da die Gewinnung von Informationen über Bewaffnung, Stärke, Taktik, Pläne und Standorte gegnerischer Truppen immer ein grundlegendes Bedürfnis im Krieg ist.
Viele der schwersten Niederlagen in der Kriegsgeschichte beruhten auf einer falschen Einschätzung der Lage, aufgrund fehlender oder falscher Informationen über die tatsächliche Lage. Viele Siege wurden errungen, weil es den Heerführern gelang, den Feind aktiv zu täuschen.“
(Wikipedia – Militärnachrichtendienst)

Wem die Kriegsmetapher nicht gefällt soll sich doch mal überlegen, welchem Umstand die Medizin einen grossen Teil ihres Erfolgs verdankt? Dem unersättlichen Sammeln von Daten!
Wie soll man effektiv gegen eine Epidemie vorgehen, wenn man die Überträger nicht kennt? Klar hier ist von Personen, die krank sind oder krank sein könnten, die Rede, was man durchaus auf die gesamte Bevölkerung ausweiten könnte. Doch wie liesse sich das besser formulieren, dass nur die Kranken und die möglicherweise Kranken aber sicher nicht alle fichiert werden? Ich fürchte, hier bleibt einem nichts anderes übrig, als darauf zu vertrauen, dass die entsprechenden Organe Mass halten werden. Die gesetzlichen Rahmenbedingungen sind ja gegeben.
Und wenn man dem Bundesrat, der für die vertrauliche Behandlung der Daten verantwortlich ist, prinzipiell nicht vertraut, dann soll man sich auch mal fragen, ob er dann nicht jetzt schon viel schlimmeres anrichten könnte?

Und um die Metapher mit dem Krieg nochmals aufzuwärmen: Mir wäre es neu, wenn das VBS nicht über eine Liste aller wehrtauglichen Männer verfügen würde. Ist ja nicht so, dass sie am Tag des Einrückens in die RS einfach mal schauen wer auftaucht.

4. Wird unserer Entscheidungsfreiheit eingeschränkt?

Ich kann mich auch weiterhin gegen eine Impfung entscheiden und sie verweigern. Insofern kann von einem Impfobligatorium keine Rede sein. Wird ohne Impfung alles normal weitergehen? Ja, ausser im zeitlich und örtlich begrenzten Krisenfall. Weil man dann eine Gefahr für seine Mitmenschen darstellt.
Man hat zwar das Recht sich nicht impfen zu lassen, aber man hat kein Recht andere mit Krankheiten anstecken zu dürfen.

Wenn man so für die Entscheidungsfreiheit ist, wieso wettert man dann nicht auch gegen die Gurtenpflicht, artgerechte Tierhaltung, Steuern, Gleichstellung und Monogamie? Auch hier werde ich in meiner Freiheit eingeschränkt. Und hier gefährde ich noch nicht mal andere Menschen.
„Freiheit“ ist ein Wort, das zieht, denn in unserem Empfinden sollte sie unantastbar sein. Dabei wird aber gern vergessen, dass wir, wie gerade gesehen, eine ganze Reihe von Freiheiten zum Wohl der Gesellschaft und aller in ihr lebenden Menschen (und Tiere) einvernehmlich aufgegeben haben.

5. Werden die Kinder sexuell umerzogen?

Also ich finde, dass wenn Kinder Fragen zur Sexualität stellen, dass man sie ihnen altersgerecht beantworten sollte. Der Schwerpunkt liegt dabei auf „altersgerecht“. Und ich finde auch, dass man einen Menschen nicht daran hindern sollte seine sexuelle Identität selbst zu bestimmen. Das ist schliesslich ganz allein seine Sache.
Dass Sexualfoscher heute elf Gender identifizieren können, heisst nicht, dass daraus ein Klassensoll abgeleitet wird, welches es durch entsprechende Massnahmen zu erfüllen gilt. Das heisst einzig und allein, dass man mit elf Gendern umgehen können muss ohne irgendjemanden zu diskriminieren.
Die Gegner fürchten einfach, dass allein schon die Erwähnung von etwas anderem als dem „Normalen“ die Kinder dazu veranlasst abnorm zu werden. Doch selbst wenn dem so wäre, bliebe es das gute Recht eines jeden abnorm zu sein.

x. Müssen Vegetarier die Revision ablehnen, weil Impfungen tierische Eiweisse enthalten?

Nein, weil geimpft wird auch weiterhin, egal ob die Revision angenommen wird oder nicht.

Fazit

Die Frage ist nicht, ob die Schweinegrippe gefährlich war, sondern ob sie hätte gefährlich sein können! Ob das, was die Schweinegrippe aufbot, das grösste den Viren zur Verfügung stehendes Geschütz ist oder ob sie auch Massenvernichtungswaffen im Arsenal haben!
Dass ein im Nachhinein doch harmloser Virus wie H1N1 die WHO in Panik versetzt hat, bedeutet nicht, dass von Viren keine Gefahr aus geht oder dass man auf die WHO verzichten kann. Und es bedeutet auch nicht, dass wir Alternativen zu Impfungen haben, welche uns effektiv vor Viren schützen können.

Ein Saboteur im Bundeshaus

Nehmen wir an, ein Superschurke schleicht sich undercover ins Bundeshaus ein. Nicht, dass er durchs Fenster einsteigt oder sich mit gefälschtem Ausweis Zutritt verschafft, sondern auf die ganz fiese Tour, indem er sich erst in den Nationalrat oder Ständerat und später in den Bundesrat wählen lässt.
Ich frage mich, wie viel Schaden ein Superschurke da maximal anrichten könnte?
Ich meine nicht, wenn er das Mobiliar zertrümmert oder Staatsgeheimnisse an ausländische Regierungen verkauft, sondern auf ganz legale Weise mit den ihm zur Verfügung gestellten Machtbefugnissen und Mitteln.

Wenn man sich so umhört, könnte man meinen, es wimmle da bereits von solchen Leuten.

Ich frage mich, wie viel Vertrauen man vernünftigerweise in die Regierung haben sollte?
Natürlich ist an ein bisschen Misstrauen nichts auszusetzen und auch institutionelle Kontrollen haben ihre Notwendigkeit, doch damit die Regierung ihrer Arbeit nachkommen kann, muss sie schon auch einen gewissen Handlungsspielraum haben.

Wenn man sich so die Arbeit unserer Regierung anschaut und sie mit jener des hypothetischen  Superschurken vergleicht, sieht es dann nicht eher danach aus, dass sich die Regierung aus ganz normalen Menschen mit ganz normale Vorstellungen und ganz normalen Fehlern zusammensetzt? Dann müsste man doch eher Gesetze einführen, die vor normaler Blödheit schützt als vor durchtriebenen Superschurken, oder?

Oder ist das nur ein geniales Ablenkungsmanöver? Das Dilemma mit dem Superschurken im Bundehaus ist nämlich, dass er beim „Skeptiker“, der ihn durchschaut hat, nicht mal dann aus dem Fadenkreuz treten kann, wenn er die Schweiz und die Welt in ungeahnte Zufriedenheit und Wohlstand führt. Ganz im Gegenteil, denn er wird in dieser auf den ersten Blick philantropische Tat einen diabolisch Plan erkennen, wie man die Schweiz umso tiefer ins Verderben stürzen kann.

PRISM … wusst ich’s doch!

Es ist in der Tat etwas verwirrend, was Yogrt aufgefallen ist: „Who would have thought the whole world would sympathize with an enemy of the state who’s on the run for a Nobel-peace-price winner? #prism

Was mich aber etwas stutzig macht, ist, wie wunderbar alles zusammenpasst und dass ausgerechnet die üblichen Verdächtigen die bösen sind.
Die NSA steht im Zentrum und spioniert mit PRISM die Welt aus.
Google, Facebook & Co unterstützen sie dabei, indem sie ihnen direkten Zugriff auf ihre Server gewähren.
Und verschiedene Regierungen unterstützen sie dabei, indem sie sie gewähren lassen.
Google, Facebook & Co dementieren das in der Bemühung um Schadensbegrenzung.
Und verschiedene Regierungen dementieren das und sprechen von Neuland.
Edward Snowden deckt das alles auf und wird nun von den USA gejagt.

Ich will nicht behaupten, dass diese Geschichte nicht stimmt. Ich möchte nur daran erinnern, dass man als Skeptiker nicht nur das kritisch hinterfragen sollte, was einem nicht in den Kram passt, sondern noch viel mehr das, was sich mit den eigene Erwartung deckt.
Ist das nicht genau die Geschichte, die wir uns enthüllt zu bekommen schon immer gewünscht haben?

Zombie Theorien

„Zombie Theorie“ trifft die Sache ausgesprochen gut, denn diese treibt tatsächlich einfach weiter ihr Unwesen, obwohl sie schon längst widerlegt wurde.
Im Bezug auf den Kreationismus, der mir bekanntlich besonders am Herzen liegt, funktioniert diese Zombie-Metapher ironischerweise sogar noch besser, dreht sich doch die ganze Religion, die hinter diesem steckt, um einen Zombie und dessen Vater mit Allmachtsfantasien.

Wie macht man nun aber einem Anhänger einer Zombie-Theorie klar, dass seine Theorie schon ziemlich müffelt? Ein Lackmustest wäre nicht schlecht. Anbieten würde sich beispielsweise die von Marshall Shepherd angesprochene Differenz zwischen den Ansichtend der Fachwelt und jenen der Laien. Je grösser der Unterschied, desto beissender der Verwesungsduft. Dies sollte eigentlich ziemlich überzeugend sein.

Doch für die Unbeirrbaren gibt es stets eine Hintertür: Man postuliert eine grosse, böse Verschwörung durch irgendwelche Leute oder Organisationen mit Allmachtsfantasien. Und auch das kennen wir von den Zombiefilmen…

Grosse Ideen und der Weg zur Akzeptanz

Jede grosse Idee war mal ein absurdes Hirngespinst, das von der Fachwelt nur belächelt wurde. Und in manchen Fällen brauchte es leider eine zähe und langwierige Überzeugungsarbeit, bis sie sich durchgesetzte. Doch verlief der Weg zur Akzeptanz in der Fachwelt nie über den Kindergarten, wo sich die Knirpse selbst ein Bild machen sollten!
Wenn man Kinder etwas lehrt, auf dass sie es dann später mal in den Hochschulen durchsetzen, dann ist das meines Erachtens ethisch höchst bedenklich, denn auf diese Weise werden die Kinder von den Ideen instrumentalisiert. Instrumentalisiert, weil sie die Gültigkeit der Argumente, welche sie zu überbringen bestimmt wurden, noch gar nicht beurteilen können.

Die auf den ersten Blick sehr tolerant wirkende Position, dass sich jeder seine eigene Meinung bilden soll, verlangen die Fundamentalisten wenig überraschend allerdings nur dort, wo ihre Ansichten lediglich eine verschwindende Minderheit zu überzeugen vermögen. Bei anderen Themen setzen sie dagegen eher auf ein Verbot überhaupt Fragen zu stellen, was ja nichts anderes ist, als wenn man etwas als heilig erklärt. Ich denke da beispielsweise an die Abtreibung, wo das Leben heilig ist, an die Homosexualität, wo die Ehe heilig ist, oder Blasphemie, wo die persönliche Beziehung zu Gott heilig ist.

Thermodynamik der Fundamentaltoleranz

Bis wohin die eigene Meinung gebildet werden soll und ab wann es heilig ist, lässt sich witzigerweise ziemlich exakt bestimmen:

  • Die Wahrscheinlichkeit, dass jemand ein allgemein als gültig anerkanntes Argument für eine bestimmte Ansicht aus ideologischen Gründen nicht akzeptiert, sei pi.
  • Die Wahrscheinlichkeit, dass jemand ein allgemein als gültig anerkanntes Argument für eine bestimmte Ansicht zufällig nicht akzeptiert, sei pz.
  • Dann wird so lange auf die eigene Meinungsbildung gesetzt wie pz > pi ist. Sobald sich das Grössenverhältnis umdreht, wird auf die Heiligkeit gepocht, weil die Zufälligen auch in den eigenen Reihen gefunden werden können und entsprechend wieder die Seite wechseln können.
  • Die Kindergartenkinder gehören übrigens zu den Zufälligen, weil es weder die Qualität des Arguments noch die Treue zur Ideologie ist, was sie überzeugt, sondern weil sie einfach alles nachplappern und glauben, was ihnen gesagt wird – und ob der Lehrer nun ein Theist oder Atheist ist, ist nicht nur in Istrien gewissermassen Zufall.

 

Noch eine relative Relativierung

Okay, wenn die absurden Hirngespinste Toleranz und Gleichberechtigung sind, dann sollte man es trotzdem machen. Nicht weil es dann ethisch wäre, denn das ist es strenggenommen noch immer nicht, weil die Kinder es noch immer nicht wirklich beurteilen können, sondern weil die positiven Konsequenzen am Ende überwiegen.
Okay, genau das sagen natürlich auch die Fundamentalisten über ihre Inhalte, doch ihr Kassensturz wird erst im Jenseits gemacht und entzieht sich damit leider jeglicher institutioneller Kontrolle.

Okay, die Thermodynamik der Fundamentaltoleranz ist schon ein klitzekleines Bisschen überzogen. Doch der Punkt bleibt: Wenn man Laien zwei Seiten präsentiert, wird die Verteilung der Anhänger nicht mit der Qualität der Argumente der beiden Seiten korrelieren, sondern wesentlich ausgeglichener sein, was natürlich den verrückten Theorien zugute kommt. Ein schönes Beispiel hierfür demonstriert der folgende Artikel über den Konsens bezüglich der Akzeptanz des Klimawandels.

England macht mobil

„Die Schauspielerin Kate Winslet ist von der britischen Königin mit dem Orden Commander of the British Empire ausgezeichnet worden. (…) Neben Winslet wurden auch Take-That-Sänger Gary Barlow und Regisseur und Schauspieler Kenneth Branagh geehrt.“ (Tagi)
Rekrutiert die Königin Offiziere für ihre Kriegsflotte? Nach welchen Kriterien sie wohl die Leute aussucht?
Branagh wird in seiner Funktion als Regisseur schon ein gewisses Talent zum rumkommandieren haben und Barlow ist es gewohnt einer haushohen Übermacht gegenüber zu stehen. Doch welche Rolle könnte die Königin Kate zugedacht haben? Wohl am ehesten die eines Scouts, der ist in der Navy zwar eher unüblich, doch sind in diesem Punkt Kates Fähigkeiten ja legendär. Zum einen hat sie den titanischen Eisberg fast und mit Johnny Depp Nederland ganz entdeckt.

Himmlisches Tic-Tac-Toe

Sie wollen nur spielen.

Diese ganzen Verschwörungstheorien rund um die Kondensstreifen zum Zweck von Geoengineering, Bevölkerungsreduktion oder militärischen Aufgaben, sind natürlich purer Unsinn.
Sie haben einzig und allein den Zweck, den Schönen und Reichen als Skizzenblock zu dienen, um auf diesen – wie in diesem Fall – beispielsweise TicTacToe zu spielen.

Die Wirtschaft boomt

Die Rüstungsausgaben steigen weltweit munter weiter und die Terrorbekämpfung floriert und ist zu einem bedeutenden, globalen Wirtschaftzweig herangewachsen.
Da ist es nicht verwunderlich, dass nun auch Branchen mitzumischen beginnen, die man bis anhin nicht unbedingt mit diesem Gewerbe in Verbindung gebracht hätte. Es ist in der Tat ausserordentlich verblüffend, was man nicht alles zur Terrorbekämpfung verwenden kann:

  • Die Textilindustrie versieht ihre Stoffe mit Fasern, die Herzfrequenz, Blutdruck und dogmatische Verklärung messen und diese Daten an eine zentrale Datenbank senden.
  • Auf Esoterik-Messen findet man immer häufiger Mittel, die gegen den Terror schützen. Experten schwören zurzeit besonders auf die so genannten NY911-Globuli. Diese bestehen aus D23 potenziertem Word Trade Center Staub und sollen den Klienten davor schützen, dass sich irgendwer mit einer Boing in dessen Haus stürzt.
  • Die Baubranche versieht ihre Häuser, Brücken und Strassen mittlerweile mit Sollbruchstellen, die im Fall einer gewaltsamen Zerstörung ein als Logo arrangiertes Trümmermuster hinterlassen. Dies ist allein schon deshalb ein äusserst lukratives Geschäft, weil für die gleiche bauliche Massnahme sowohl die Al-Qaida als auch der Patriot-Act-Fond aufkommen – ist schliesslich für beide Seiten wertvolle Publicity.
  • Und nicht zuletzt beliefern Eiscreme-Hersteller Guantanamo, wo mit ihren Produkten einerseits die Wächter erfrischt und andererseits die feindlichen Kombattanten gefoltert werden: Wenn die Verdächtigen nach dem Verhör nämlich mit kalten Füssen in die Zellen zurückkehren, erzeugt das einen ungeheuren psychologischen Stress in der Schlafgemeinschaft.

Dieses und Nächstes

„Dieses Wochenende“ oder doch lieber erst das „nächste“? Oder läuft gar beides auf das gleiche raus? Tatsächlich ist das Dilemma, dass dieses und das nächste das gleiche sind, eine der lästigsten Unzulänglichkeiten unserer Sprache .
Wenn ich daher ein Gesetzt einführen dürfte, so würde ich diese Verwirrung ein für alle mal aus der Welt schaffen. Per Dekret sozusagen. Und damit eine Ära der Harmonie und Güte einläuten.
Es ist nämlich so, dass so gut wie jeder Lösungsansatz zu einem beliebigen Problem auf dieser Welt daran scheiterte, dass man sich nicht einigen konnte, ob man es diesen oder nächsten Donnerstag in Angriff nehmen sollte. Oder ob man sich an dieses oder das nächste Dogma halten sollte. Oder ob man diesen oder den nächsten Baum fällen sollte. Statt sich auf eins zu einigen hat man kurzerhand gleich beides umgesetzt und damit nur noch mehr Problemen verursacht.
Schluss damit!