Von den Musen geküsst…

Es sollte uns eigentlich schon etwas stutzig machen, wie demonstrativ unbeschwert die Altphilologen die Ablösung der ursprünglich drei Musen Melete, Mneme und Aoide durch die klassischen neun hingenommen haben wollen. Ein solcher personeller Wechsel im Olymp bleibt doch sonst nie ohne schwerwiegende Folgen sowohl für die Sterblichen als auch für das Mobiliar des Pantheons. Einfach in Vergessenheit geraten konnte sowas wohl kaum, schliesslich stecken da die Töchter von Mnemosyne, der Göttin der Erinnerung mit drin. Wie kommt es also, dass dieser Zwischenfall nirgends erwähnt wird, wo er doch zweifellos von allen epischen Auseinandersetzungen einer der sinnlichsten gewesen sein muss? Es sind schliesslich Frauen, deren Küsse die Poeten inspirieren, deren Stimme die Musiker berauscht, deren Augen die Maler entflammen, deren Ausschnitt die Astronomen beflügelt, deren Po die Geschichtsschreiber in Wallung bringt und deren Beine den Tänzern Beine macht! Sowas kriegen nur echte Traumfrauen gebacken! Hochkarätige Sahneschnitten! Eben Vollblutweiber, die Männer dazu bringen wahre Meisterwerke zu vollbringen. Da stinkt doch was bis zum Olymp!
In gewissem Sinne waren die Musen ja die Playboy-Bunnies der Antike. Hippe Künstler schäkerten mit ihnen rum und kritzelten ihren eifersüchtigen Frauen dann quasi als Vorwand schnell irgendein sensationelles Meisterwerk hin. Das funktionierte wohl auch so lange gut, bis einer auf die Idee kam, die DokuSoap „The Muses Of The Olympos Mansion“ ins Theater zu bringen. Die Publizität erhöhte die Nachfrage und der Olymp zog nach mit einer verdreifachten Auflage. Doch wie heute nicht anders musste wohl jedem ziemlich schnell klar geworden sein, dass es samt und sonders strohdumme Zicken sind – schön anzuschauen, doch die Sehnsucht nach der guten alten Zeit weckend als es noch nur das Stummtheater gab. Kein Wunder also wandte sich schon bald die geistige Elite von den zotigen Zickenkriegen ab und vergnügte sich lieber mit den hübschen Jünglingen.
Viel später dann erinnerten sich die Künstler wieder an das Konzepts der süssen Inspiration und erklärten kurzerhand die attraktive Nachbarin zu ihrer Muse, auf dass sie sich geschmeichelt fühlt und aus Dank mit ihnen ins Bett steigen möge.
Ob aber jemals eine Muse – sei es nun eine vom Olymp oder die geile Schnecke von Nebenan – die Frucht ihres Kusses mal genauer unter die Lupe genommen und beurteil hat, weiss erstaunlicherweise keiner so genau zu sagen.

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