Mit „ungebührlichem Verhalten“ oder dem „Nichtwahren von Sitte und Anstand“ in der Öffentlichkeit kann man sich der Erregung öffentlichen Ärgernisses strafbar machen. Aber wie begründet sich ein Verhalten als ungebührlich? Wie kann es sein, dass die Scham, die jemand empfindet, wenn er mich an der Bushaltestelle poppen sieht, mir zum Vorwurf gemacht werden kann? Ich bespringe ja weder ihn, noch seine Frau, noch ist zu befürchten, dass er Gehörschäden vom verzückten Stöhnen meiner Partnerin davontragen wird. Wenn es regnet und wir für unsere Übungen überdurchschnittlich viel Platz beanspruchen und er sich deswegen genötigt sieht ausserhalb des Unterstands auf den Bus zu warten und er sich dabei zu allem Überfluss noch eine Lungenentzündung holt, dann okay, aber sonst? Wie legitimiert sich das Verbot meinen Allerwertesten der Öffentlichkeit zeigen zu dürfen? Einfach dadurch, dass es scheinbar der Spezies Mensch (und nur der Spezies Mensch!) peinlich ist dem Beizuwohnen und wir uns gemeinsam darauf geeinigt haben, sowas einfach nicht zu tolerieren? Das wäre – obgleich etwas willkürlich – ein durchaus legitimer Grund.
Doch wenn wir uns alle über Jugos, Juden und laute Jugendliche aufregen, sind die dann nicht auch ein öffentliches Ärgernis? Und müsste man sie logischerweise nicht auch alle einsperren?