Vor etwa zehn Jahren wurde ich mal ziemlich rüde aus einer philosophischen Contemplatio gerissen. Ich dachte gerade über diese seltsame, aufgenähte Wellenmuster auf den Jeans-Gesässtaschen nach und versuchte mir Klarheit darüber zu verschaffen, ob das bei allen Jeans so sei und wenn ja, was es wohl zu bedeuten habe. Was konnte ich denn dafür, dass die Hose, welche mich zu diesen Überlegungen inspirierte, ausgerechnet einen ausgesprochen sexy Hintern bedeckte? Ich sollte an dieser Stelle vielleicht noch anmerken, dass die empörte Wissenschaftskritik nicht etwa von der Trägerin der Jeans kam, denn diese schien sich in der Rolle der Melete, der Muse der Meditation, ausgesprochen zu gefallen, sondern von einer Frau, die darauf bestand meine Muse Erato zu sein.
Um nicht länger als wissenschaftlich nötig als Spanner zu gelten, musste ich Antworten liefern.
Dankenswerterweise stand mir dabei Marianne Claes von Lee & Wrangler mit der folgenden Erklärung bei: „Please note, Lee (die Jeansmarke) has added this stitching on the back pocket, called the Lazy S as a recognition sign for their jeans, it actually represents the horns of a cow.“
Und heute, als ich im Zug nach Oerlikon sass, bin ich schon wieder in diese ontologische Falle gelaufen. Respektive sie ist an mir vorbeigelaufen – in Augenhöhe. Totally sexy. Es war eine Tally Weijl Jeans, deren Lazy S nun definitiv keiner Kuhpartie mehr ähnlich sah.
Auch diesmal war der Hintern theoretisch durchaus sehenswert, doch wurde ich leider den Verdacht nicht los, dass dessen Sexyness zu einem beträchtlichen Anteil von dem Namen und dessen Plakatkampagnen ausging, in welchen sich die Models in überdurchschnittlich aufreizenden Posen räkelten. Besonders eindrücklich fand ich an dieser Kampagne übrigens die Rückentwicklung des Mannes in einen Affen im Angesicht dieses Weibes. Wenn das mal kein Beweis für die Wirkung des Outfits ist?
Lenken solche Kampagnen eigentlich unser Gefühl dafür, was sexy ist? Was die Accessoires betrifft, zweifellos, doch was die Grundformen betrifft, sind im Laufe der Zeit nicht wirklich grosse Variationen zu beobachten.
Doch man kann schon sagen, dass Sexappeal ein Mem ist und entsprechend entwickelt er sich während seinem Fluss durch die sozialen Netzwerke unserer Gesellschaft. Und der Fummel und dessen Wirkung ist sicherlich eins der tragenden Elemente.