Schneewittchen

Da sprach (der Königssohn) er „so schenkt mir ihn, denn ich kann nicht leben ohne Sneewittchen zu sehen, ich will es ehren und hochachten wie mein Liebstes.“ Wie er so sprach, empfanden die guten Zwerglein Mitleiden mit ihm und gaben ihm den Sarg. Der Königssohn ließ ihn nun von seinen Dienern auf den Schultern forttragen. Da geschah es, daß sie über einen Strauch stolperten, und von dem Schüttern fuhr der giftige Apfelgrütz, den Sneewittchen abgebissen hatte, aus dem Hals. Und nicht lange so öffnete es die Augen, hob den Deckel vom Sarg in die Höhe, und richtete sich auf, und war wieder lebendig.
Wikisource : Sneewittchen (1857)

Wären die Diener des Prinzen vorsichtiger gewesen, wäre die giftige Apfelgrütz wohl erst später dank eines durch etwas anderes verursachtes Schüttern aus dem Hals gefahren.
Ob das ein guter Start für eine glückliche Ehe gewesen wäre, wage ich indessen zu bezweifeln.

 

 

 

The difference between topless and shaved

A nice example that shows that erotic works pretty different with women and men.
While men get weaker while get naked, it’s pretty vice versa with women.
And while women get sexier when they shower, shave and try to make disappear the last night, it’s pretty vice versa with men.

Btw I’m unshaved and topless, so it’s a stalemate (no matter if I am a men or a woman).

Und Hüften lügen doch!

Nach langen, langen Jahren der stillschweigenden Ignoranz habe ich mir wieder einmal die Mühe gemacht und den Text eines echten Solid Gold Hits etwas genauer unter die Lupe genommen. (Ich schätze, dass der Ausdruck „Solid Gold Hit“ plastisch veranschaulicht, wie lange ich diese spezielle philosophische Disziplin, die so genannte Pop-Exegese, nicht mehr betrieben habe!)
Zur Auswahl standen unter anderem „Hardrock Hallelujah“ von Lordi (Ihr Titel „Bringing Back The Balls To The Rock“ würde zweifellos mehr hergegeben haben), „Crazy“ von Gnarls Barkley (Hier bedürfte wohl eher der Name einer Exegese) und „Sos“ von Rihanna (Wenn mich nicht alles täuscht, war „Tainted Love“ tatsächlich noch ein echter Solid Gold Hit).
Als Philosoph und Special Agent der CSI Oerlikon bin ich jedoch in erster Linie der Wahrheit verpflichtet und deshalb fiel meine Wahl schliesslich auf Shakiras „Hips Don’t Lie„, eine Coverversion von „Dance Like This“ auf dem „Dirty Dancing II“ Album (habe ich mir sagen lassen).
Abkupfern ist eine Form von Klauen, Klauen eine Form von Lügen und Dirty Dancing ist sicherlich auch nicht ganz koscher. Nichtsdestotrotz hat dies aber keinen nachweisbaren Einfluss auf den Wahrheitsgehalt der Message „Hüften lügen nicht“ von diesem erst-gemopsten-dann-gepimpten Song.
Bedauerlicherweise fielen aber die Ausführungen darüber, weshalb Hüften nun so offensichtlich nicht zu lügen imstande sind, eher dürftig aus. Weit mehr Raum bekamen da schon die Begeisterungsbekundungen der männlichen Protagonisten.

„I never really knew that she could dance like this“

Deren Euphorie geht angeblich sogar so weit, dass sie ihretwegen Spanisch lernen möchten:

„She makes a man want to speak Spanish / Como se llama, bonita, mi casa, su casa“

Letzteres heisst soviel wie: „Wie heisst du, hübsches Fräulein? Mein Haus ist dein Haus.“ Ich schätze, das ist etwa das Niveau vom Chuchichästli auf dem Basar von Istanbul, und wenn mich nicht alles täuscht, darüber hinaus noch in höchstem Masse anzüglich.
Dem scheint auch Shakira beizupflichten, denn sie warnt die Herren, dass man sich auf diese Weise nicht gerade beliebt macht bei den Frauen.

„Oh baby when you talk like that / You make a woman go mad“

Und dass sie stattdessen gut daran täten auf die Körpersprache zu achten um – nun ja – nicht übers Ziel hinaus zu schiessen.

„So be wise and keep on / Reading the signs of my body“

Und zu Übungszwecken, möchte man meinen, liest sie gleich mal ein bisschen an ihrem eigenen Körper vor.

„I’m on tonight / You know my hips don’t lie / And I’m starting to feel it’s right / All the attraction, the tension / Don’t you see baby, this is perfection“

Diese Zeilen haben mich nicht wenig überrascht. Statt zu zeigen, wie sich aus der weiblichen Feinmotorik Rückschlüssen auf die seelische Verfassung einer filigranen Persönlichkeit ziehen lassen, gerät sie über sich selbst in Verzückung und bestätigt den anwesenden Herren eindrücklich, dass sie eigentlich doch eine wirklich heisse Schnecke ist. Und dem wissen sie nichts entgegenzusetzen.

„Hey Girl, I can see your body movin’ / And it’s driving me crazy / And I didn’t have the slightest idea / Until I saw you dancin’“

An dieser Stelle bleibt mir nichts anderes übrig, als den pädagogischen Wert dieses Liedes massiv in Frage zu stellen. Die Männer sind jetzt zwar etwas besser in der Lage den Grund für ihre Erektion zu formulieren, doch fallen sie spätestens im Refrain wieder in ihre alten Basar-Verhaltensmuster zurück. Schade eigentlich.
Der Verdacht liegt ohnehin nahe, dass die Wahrheit, welche die beweglichen Hüften zu offenbaren fähig sind, höchstwahrscheinlich lediglich die sexuellen Qualitäten der Tänzerinnen betreffen.

Doch damit komme ich auf einen Punkt, der mir etwas Kopfschmerzen bereitet. Dazu muss ich jedoch leider etwas ausholen: Mollige Frauen sind attraktiver als knöchrige. Dem mögen Diätgurus, Pornoproduzenten und schwule Modedesigner zwar widersprechen, doch werden sie darin von Anthropologen klipp und klar Lügen gestraft. Reichlich Fettgewebe an der Frau erhöht nämlich die Chance einer erfolgreichen Schwangerschaft und Aufzucht des Nachwuchses. Und was wir als Attraktivität bezeichnen ist nichts anderes als ein Signal für möglichst günstige Startbedingungen bei der Weitergabe der eigenen Gene. Das heutige Schönheitsideal muss daher im Kontext der geologischen Zeiträume, innerhalb derer sich die Evolution abspielt, als unbedeutendes Modefürzchen betrachtet werden.
Fettgewebe ist also gut! Jedoch wohin damit? An die Beine? Das würde wohl das Gehen behindern. An den Kopf? Könnte problematische Fliehkräfte erzeugen. Als Höcker auf den Rücken wie die Kamele? Das ginge genauso wie am Bauch. Doch wenn man es an den Brüsten platziert, dann verstärkt es optisch die Milchproduktionsfähigkeit der Frau, obwohl es damit eigentlich gar nichts zu tun hat. Milchdrüsen und Fettgewebe sind zwei verschiedene Paar Schuhe. Das Gleiche gilt eben auch für den Hüftbereich, der ein gebärfreudiges Becken suggeriert. Es werden also Signale ausgesendet, welche im Betrachter falsche Schlüsse hervorrufen. Und das ist Lügen.
Der Wahrheitsgehalt von Shakiras „Hips Don’t Lie“ ist also so gut wie nichtexistent. Im Gegenteil könnte man sogar behaupten, dass die weibliche Hüfte (zusammen mit den Brüsten) womöglich sogar die erste Lüge der Menschheit war.

 

Nachtrag 15.7.2013: Eigentlich ist dieser Beitrag am 30. Mai 2006 um 19:07 im DisOrg erschienen, doch irgendwie hatte er sich in die Gegenwart geschlichen.

Warum gibt es die Vergewaltigung?

Es ist schon sehr traurig, dass weder Evolution noch Gott den Menschen so geschaffen haben, dass der Paarungsakt nur dann funktioniert, wenn beide Parteien damit einverstanden sind. (Fragt mich nicht, wie sich eine gewaltsame Besteigung anatomisch verunmöglichen liesse, doch wer es schafft, dass sich eine homosexuelle Wanze der Art Xylocoris maculipennis fortpflanzt, indem sie einem bisexuellen Wanzerich ihren Samen in den Samenleiter legt, damit er mit diesem ein heterosexuelles Weibchen befruchtet, der wird doch wohl auch noch sowas irgendwie hinkriegen.)
Ausser natürlich, wenn die Vergewaltigung – wie bei unserem Freund Xylocoris – bewusst als praktikable Fortpflanzungsstrategie in Kauf genommen wird.
Während dies bei der Evolution durchaus Sinn machen kann, weil es in dieser keine Moral gibt, würde das ein äusserst schlechtes Leumundszeugnis für den Herrn Gott darstellen. Dass ein Wüstling an seiner Versuchung scheitert und sich damit ein One Way Ticket in die Hölle löst, mag für diesen quasi als Numerus clausus ja noch okay sein, doch wie kommt das unschuldige Mädchen dazu als Testobjekt geopfert worden zu sein? Dass sie im Gegenzug (evetuell) eine Option auf den Himmel erhält, ist ein schwacher Trost – und darüber hinaus ziemlich unfair all jenen gegenüber, die sich ein Leben lang abgequält haben um ein gottesfürchtiges Leben zu führen, die aber nicht das Glück gehabt haben, von einem Perversen eine Abkürzung offeriert zu bekommen.
Ich wage zu behaupten, dass ein gewisser Herr, dessen Name hier nicht genannt werden soll, sich mit seiner Schöpfung nicht so ganz an den Kategorischen Imperativ hält.

Das Argument der Versuchung ist ohnehin ein bisschen dürftig, denn von allen möglichen Verlockungen, denen man zur Demonstration seiner religiösen Standfestigkeit widerstehen sollen könnte, wurde nur ein klitzekleiner Bruchteil umgesetzt:
Man hätte uns Flügel geben und uns dann verbieten können, diese zu benutzen.
Dem biblischen Gebot keinen Spitzbuckligen Orangenschleierling zu essen zu gehorchen, wäre eine wesentlich grössere Herausforderung, wenn es kein tödlich giftiger Pilz wäre.
Und wenn man schon das Widerstehen fremde, pralle Brüsten zu begrabschen zur Tugend erklärt, wäre es dann nicht eine viel grössere Tugend, wenn man sie beweisen würde, wenn es mehr als nur ein Paar pro Frau gäbe? Oder wenn sie nicht direkt in ihrem strengen Blickfeld lägen?

Wenn das Leben schon eine Ausscheidungsrunde für das himmlische Jenseits ist, so hätten die Aufgaben doch leicht etwas spektakulärer gestaltet werden können, oder etwa nicht?
Und wenn ich darüber hinaus ganz genau weiss, dass jemand an einer Aufgabe scheitern wird (und ich spreche hier aus notariell beglaubigter Allwissenheit!), wäre es dann diesem gegenüber nicht fair, ihm die Schmach des Scheiterns zu ersparen und ihn gleich zu den Losern zu stecken? Oder wird das ganze nur inszeniert um die Rachegelüste von dessen Opfern zu befriedigen?

Eine Lektion in Moral

U1_fresko_pompejiIm Schrank eines Arbeitskollegen habe ich versteckt in einem Laufmeter Managementratgeber ein Buch gefunden, welches den Männern behutsam zu erklären versucht, wie Frauen ticken. Das Buch unterscheidet sich nicht wesentlich von den anderen Frauenverstehbüchern, die ich nicht gelesen habe, abgesehen vielleicht von einer speziellen Begründung im letzten Drittel. Nämlich jener, weshalb das Konsumieren von Pornographie ein Akt der Untreue sei: „Ihr habt gehört, dass gesagt ist: Du sollst nicht ehebrechen. Ich aber sage euch: Wer eine Frau ansieht, sie zu begehren, der hat schon mit ihr die Ehe gebrochen in seinem Herzen. (Mat. 5,27-28)“
Als Jesus das besagte Theorem formulierte und damit explizit auf das achte Gebot referierte, war das Objekt der Begierde in erster Linie in der Nachbarin, sprich in einer real existierenden und für gewöhnlich auch vertrauten Frau, zu sehen. Pornostarlets, genau wie Schauspielerinnen, Sängerinnen und Baywatch-Nixen gehören jedoch nicht wirklich in diese Kategorie. Wir kennen sie nämlich nur von Abbildungen und die Chance ihnen über den Weg zu laufen, ist eigentlich gar nicht existent.
Wenn wir also ein biblisches Analogon zu einem heutigen Porno suchen, so ist es nicht die heisse Nachbarin, auf die sich Jesus bezieht und die zu begehren ohne Zweifel problematisch ist, sondern die anzüglichen Kritzeleien an den Wänden, die freizügige Vasenmalereien, die erotischen Fresken in den Freudenhäusern (wobei das Betrachten letzterer von all den möglichen Sünden an diesem Ort wohl noch die kleinste ist), sowie die frivolen Anekdoten, welche man bei einem feuchtfröhlichen Gelage zu Hören kriegte. Die pornographischen Objekte der Begierde waren damals wie heute keine realen Personen, sondern Phantasien, welche für einen realen Ehebruch ehr ungeeignet sind. Hätte sich Jesus mit Platon beschäftigt (oder alternativ sich mal mit einem hübschen Fräulein vergnügt), so wüsste er, dass da ein gewaltiger Unterschied besteht. Dieses Zitat taugt also nicht wirklich um ein moralischen Urteil über die Pornografie zu fällen.
In gewissem Sinne hat die Bibel nichtsdestotrotz in dieser delikaten Angelegenheit vorgesorgt, sie stellt die Selbstbefriedigung nämlich unter Todesstrafe: „Da sprach Juda zu Onan: Geh zu deines (toten) Bruders Frau und nimm sie zur Schwagerehe, auf dass du deinem Bruder Nachkommen schaffest. Aber da Onan wusste, dass die Kinder nicht sein eigen sein sollten, ließ er’s auf die Erde fallen und verderben, wenn er einging zu seines Bruders Frau, auf dass er seinem Bruder nicht Nachkommen schaffe. Dem HERRN missfiel aber, was er tat, und er ließ ihn auch sterben. (Gen. 38,8-10)“ Für mich klingt das zwar eher nach einem Coitus Interruptus als nach Onanieren, aber was soll’s.

Ich schlage daher vor, die Bibel folgendermassen zu interpretieren: Es ist durchaus erlaubt Pornographie zu konsumieren, solange man die Lust dann an seiner eigenen Frau raus lässt (und sie davon schwanger wird!).

Wenn man strengere Vorschriften wünscht, so muss man sich schon auf ein anderes Gebot berufen, eins das in der Top Ten wesentlich weiter oben angesiedelt ist: „Du sollst dir kein Bildnis noch irgendein Gleichnis machen, weder von dem, was oben im Himmel, noch von dem, was unten auf Erden, noch von dem, was im Wasser unter der Erde ist: Bete sie nicht an und diene ihnen nicht! (Exodus 20,4-5)“ Doch damit würde man das Kind mit dem Bad ausschütten, denn hier steht ja weder explizit, dass es Gott ist, von dem man weder Bildnis noch Gleichnis machen soll, noch dass es Jesus oder sexuelle Praktiken sind. Wollte man streng sein, so fiele selbst der folgende Satz der Zensur zum Opfer: „Und Adam erkannte sein Weib Eva, und sie ward schwanger und gebar den Kain. (1. Mose 4,1)“ Ich weiss nämlich ganz genau, was hier mit der Erkenntnis gemeint ist, und dieses Wissen macht mich schon ein bisschen wuschelig.

Die perfekte Frau

Es gibt sie doch, die perfekte Frau. Sie sass mir heute im Zug gegenüber und sah aus wie aus einem Hochglanzmagazin gepellt. Gestylt von oben bis unten und bis hinaus zu den künstlichen Fingernägeln. Ihr Dekolleté tief und einladend und ein funkelndes Diamantcollier schmiegte sich genüsslich an ihren Busen.
Das allein macht eine Frau natürlich noch lange nicht zum Inbegriff der Perfektion. Jedoch ändert sich dies mit dem Kochlehrbuch als Accessoire auf ihrem Schoss, welches sie konzentriert und hingebungsvoll studierte.

Ich mag diese Klischee-Kontraste, wie auch kürzlich die hyperaufgetakelte Tusse mit einem Mini, der knapp unter dem Gürtel hervorlugte, Absätzen, die man im Stabhochsprung als halbe Miete bezeichnet, und einem Kinderwagen samt plärrendem Hosenmatz.

Ich liebe Klischees. Man kann sich auf sie verlassen und erlebt immer wieder erfrischende Überraschungen. Natürlich immer vorausgesetzt, man glaubt nicht wirklich an die Klischees.
Klischees sind Metaphern, die uns helfen die Welt zu strukturieren. Sie bilden einen Commonsense, von dem aus man die Eigenarten und Abweichungen der Dinge erforschen kann. Doch wie gesagt, es sind lediglich Hilfsmittel und keine Tatsachen. Zwei verschiedene Dinge, die nur allzu gern durcheinander gebracht werden.

Urban Legends

U1_AntoinetteManche Grossstadtlegenden sind einfach zu schön um nicht wahr zu sein. Beispielsweise jene, dass das vor allem im 19. Jahrhundert gebräuchliche Champagner-Glas in Form einer flachen Schale dem Busen von Marie-Antoinette nachgebildet ist.
Wenn ich mir nun aber die Gläser anschaue, aus denen man heute so süffisant den Champagner schlürft, dann möchte ich gar nicht wissen, wer denen Modell gestanden hat.

Der Po des Anstosses

Vor etwa zehn Jahren wurde ich mal ziemlich rüde aus einer philosophischen Contemplatio gerissen. Ich dachte gerade über diese seltsame, aufgenähte Wellenmuster auf den Jeans-Gesässtaschen nach und versuchte mir Klarheit darüber zu verschaffen, ob das bei allen Jeans so sei und wenn ja, was es wohl zu bedeuten habe. Was konnte ich denn dafür, dass die Hose, welche mich zu diesen Überlegungen inspirierte, ausgerechnet einen ausgesprochen sexy Hintern bedeckte? Ich sollte an dieser Stelle vielleicht noch anmerken, dass die empörte Wissenschaftskritik nicht etwa von der Trägerin der Jeans kam, denn diese schien sich in der Rolle der Melete, der Muse der Meditation, ausgesprochen zu gefallen, sondern von einer Frau, die darauf bestand meine Muse Erato zu sein.
Um nicht länger als wissenschaftlich nötig als Spanner zu gelten, musste ich Antworten liefern.
Dankenswerterweise stand mir dabei Marianne Claes von Lee & Wrangler mit der folgenden Erklärung bei: „Please note, Lee (die Jeansmarke) has added this stitching on the back pocket, called the Lazy S as a recognition sign for their jeans, it actually represents the horns of a cow.“

Und heute, als ich im Zug nach Oerlikon sass, bin ich schon wieder in diese ontologische Falle gelaufen. Respektive sie ist an mir vorbeigelaufen – in Augenhöhe. Totally sexy. Es war eine Tally Weijl Jeans, deren Lazy S nun definitiv keiner Kuhpartie mehr ähnlich sah.
Auch diesmal war der Hintern theoretisch durchaus sehenswert, doch wurde ich leider den Verdacht nicht los, dass dessen Sexyness zu einem beträchtlichen Anteil von dem Namen und dessen Plakatkampagnen ausging, in welchen sich die Models in überdurchschnittlich aufreizenden Posen räkelten. Besonders eindrücklich fand ich an dieser Kampagne übrigens die Rückentwicklung des Mannes in einen Affen im Angesicht dieses Weibes. Wenn das mal kein Beweis für die Wirkung des Outfits ist?

Lenken solche Kampagnen eigentlich unser Gefühl dafür, was sexy ist? Was die Accessoires betrifft, zweifellos, doch was die Grundformen betrifft, sind im Laufe der Zeit nicht wirklich grosse Variationen zu beobachten.
Doch man kann schon sagen, dass Sexappeal ein Mem ist und entsprechend entwickelt er sich während seinem Fluss durch die sozialen Netzwerke unserer Gesellschaft. Und der Fummel und dessen Wirkung ist sicherlich eins der tragenden Elemente.

Geometrie des gesellschaftlichen Wandels

Ein weiteres soziologisches Werkzeug, das sicherlich mehr Beachtung verdient, ist die Choreographie der Covergirls auf Mode- und Schmuddelmagazinen.
Schaut man sich nämlich die Posen der leicht bekleideten, auf dem Cover abgebildeten Mädchen an, so stellt man fest, dass diese Bilder, wenn man sie als Einzelbilder einer Filmsequenz interpretiert, einen Bewegungsablauf skizzieren, der als eine tänzerische Auseinandersetzung mit dem Zeitgeist verstanden werden kann.
Damit müsste man eigentlich Helen Gurley Brown, Alexander Liberman, Diana Vreeland, Hugh Hefner und Larry Flynt in die Reihe der illustren Choreographen wie Frederick Ashton, George Balanchine, Pina Bausch, Pierre Beauchamp, Matthew Bourne, Fabritio Caroso, Jackie Chan, Chandralekha, Jean Cocteau, John Cranko, Merce Cunningham, Jean Dauberval, Sergej Djagilew, Anthony Dowell, Guglielmo Ebreo, Michel Fokine, Martha Graham, Sammo Hung, Kurt Jooss, Johann Kresnik, Sarah Levy-Tanai, Susanne Linke, Cesare Negri, John Neumeier, Jean Georges Noverre, Wazlaw Fomitsch Nischinski, Rudolf Nurejew, Gret Palucca, Roland Petit, Domenico da Piacenza, Jerome Robbins, Uwe Scholz, Konstantin Michailowitsch Sergejew, Nikolai Grigorjewitsch Sergejew, John Taras, Twyla Tharp, Youri Vamos oder Sasha Waltz aufnehmen.

Tic Tac Toe

Heute bin ich an der rechts abgebildeten Werbung für Diesel-Jeans vorbeigekommen. Zwei halbnackte Frauen spielen mit Peitschen Tic Tac Toe auf den Rücken eines ebenfalls halbnackten Mannes, der es sichtlich geniesst. Auch eine der beiden Frauen diente offensichtlich bereits als Spielbrett.
Ich weiss nicht recht, was ich davon halten soll. Umgekehrt nämlich, also dass zwei Männer eine Frau auspeitschen, wäre es wohl nicht gegangen. Ich schätze daher, dass es sich hierbei um eine jener Werbungen handelt, die auf eine sexy Weise mit Tabus zu flirten versuchen. Vom Konzept her also nichts neues.
Ich frage mich, welchen Einfluss diese rein kommerziell motivierten Tabubrüche auf die Gesellschaft haben. Nicht unbedingt die konkrete Werbung, sondern diese Form der Werbung.
Da es meines Erachtens die ureigenste Aufgabe der Kunst ist, Tabus auf ihre „Gerechtfertigkeit“ hin zu prüfen, übernimmt hier die Werbung zum Teil diese Aufgabe. Ich bezweifle jedoch, dass die Massstäbe mit denen sie eben jene „Gerechtfertigkeit“ prüfen, ethischer oder ästhetischer Natur sind. Ich schätze, es sind eher finanzielle Massstäbe. Das macht zwar nichts, doch die Unvollständigkeit ist bedenklich. Das heisst nämlich, dass sie wohl kaum ein Tabu brechen werden, das für sie kontraproduktiv ist. Zum Beispiel die Magersucht.
Ich würde sogar so weit gehen und die Hypothese aufstellen, dass Werbung nur mit jenen Tabus spielt, welche marktwirtschaftlich betrachtet hemmend wirken. Es wird also, um es moralisch populistisch auszudrücken, in Richtung der universellen Zügellosigkeit hingearbeitet.
Es ist durchaus zu begrüssen unsere Tabus gelegentlich zu überprüfen, andernfalls droht man in einen sturen Dogmatismus abzudriften. Doch heisst das nicht, dass diese Überprüfung zwangsläufig auch im Fernsehn stattfinden muss. Gewisse Themen sollten vielleicht einfach anderswo diskutiert werden. Wir leben in einer Gesellschaft, in der Ideen durch verschiedenartige Mechanismen umherschwappen und das Medium ist schliesslich die Message.

Katjes?

Ich bin gestern beim Zappen irgendwo im „Deutschland sucht sein Supermodel“ hängen geblieben und musste erfahren, dass Luise ständig Phobien, Ängste und Krankheiten habe und dass sie sich zu sehr anstelle und einfach noch nicht soweit sei. Dem konnte ich natürlich nur beipflichten, aber – bitteschön – wer ist Luise?
Wenn mich nicht alle täuscht, dann wurde ich gestern Zeuge einer Next Generation vom Raumschiff Pig Brother. Diesmal kommandiert von Heidi Klum, der meines Erachtens uninteressantesten Frau der Welt – man erkennt sie eigentlich nur daran, dass sie garantiert keine andere ist. Wie dem auch sei, Ziel dieser Mission scheint es zu sein die unendlichen Abgründe der knallharten Modelbranche zu ergründen. Bloss dass mich die eigentlich gar nicht interessieren. Mich würde dagegen viel mehr interessieren, warum Vögel keine Höhenangst haben…
Wie es der Zufall will, bin ich kürzlich im Web über den Club der Hässlichen gestolpert, in dessen Manifest steht, dass die Mitglieder es als ein Unrecht betrachten, dass die Welt von der Schönheit regiert wird und dass sie diese Ordnung der Dinge nicht länger für sich anerkennen. Besonders interessant scheint mir aber der Punkt zu sein, wo sie erklären sich vom falschen Versprechen und der heimlichen Hoffnung befreien zu wollen, eines Tages selbst schöner zu werden.
Ich dagegen war eigentlich immer der Ansicht, dass nicht moralische Prinzipien unser Handeln bestimmen sollten sondern ästhetische. Ich verstand das aber nie so, dass an einer Kreuzung demzufolge Claudia Schiffer Vorfahrt vor Karl Dall haben sollte. Schönheit, wie ich sie verstehe, entzieht sich nämlich der Vergänglichkeit.

Mein Onkel Karel beschrieb mal einen Umzug von Missen in einem kleinen Kaff. Zuforderst auf einem sorgfältig verzierten Wagen sass ein bildhübsches, junges Mädchen. Über beide Ohren strahlend, den Zuschauern am Strassenrand Blumen zuwerfend. Auf dem nächsten, schon etwas kleineren Wagen sass die Miss des vorangegangenen Jahres. Und hinter ihr kam wiederum ihre Vorgängerin. Doch für sie gab es bereits keinen Wagen mehr, sie musste zu Fuss gehen. Und so zog sich die lange Prozession der Missen durch die Strasse. Jede etwas älter als die vorangehende. Ein paar Falten mehr, das Kleid etwas schäbiger und an manchen Stellen aus den Nähten platzend, das Lächeln etwas zahnloser. Und nach und nach fehlte der eine oder andere Jahrgang.

Vielleicht ist der ganze Schönheitswahn, der geradezu absurde Dimensionen anzunehmen beginnt, nichts anderes als der verzweifelte Versuch einer schnelllebigen Gesellschaft den Verfall zu kaschieren?

Die Erfindung des Kusses

Will man Tom Robbins glauben, so ist der Kuss die einzige wirklich brauchbare Erfindung, die ein Mann je zustande gebracht hat. Mit diesem kontrollierten einst die Ritter ihre Burgfräuleins, ob sie sich während ihrer Abwesenheit nicht am Met gütlich getan haben. Und weil es so viel Spass machte, liessen sich die Damen wesentlich häufiger kontrollieren, als es kriminologisch notwendig gewesen wäre.

Beauty-Tipp

Viel Wasser zu trinken gilt als ein allgemein anerkannter Beauty-Tipp, wobei die Wirkung noch verstärkt werden kann, so heisst es, wenn man es lauwarm trinkt.
Ich weiss nicht, wieso das funktionieren soll. Ich kann mir nicht vorstellen, dass viel (lauwarmes) Wasser zu trinken Frauen Strapse tragen lässt, doch ich bin mir ziemlich sicher, dass sie dann sehr häufig aufs Klo rennen. Auf den ersten Blick nicht unbedingt betörend.
Vielleicht steckt auch die Idee dahinter, dass sie jeweils zu zweit gehen und die Männer mit ihren Gedanken alleine zurücklassen, wodurch mithilfe der schmutzigen Fantasie der Männer die Attraktivität gesteigert wird. Oder etwas pragmatischer, vielleicht nutzen sie die sehr häufigen Pinkelpausen einfach auch dazu sich ausgiebig die Nase zu pudern und den Lidstrich  nachzuziehen, was natürlich auch der Beauty zugute kommt.
Von einem Beauty-Tipp hätte ich eigentlich etwas weniger Irreführung und Camouflage erwartet, aber wer weiss, vielleicht ist ja gerade das die Quintessenz der Schönheit.