Gangsta-Mudda

Das heimliche Ethologie-Labor der UniZH ist bekanntlich die S12. Es ist daher nicht weiter überraschend, dass ich dort Zeuge einer erstaunlichen Interaktion innerhalb einer Gruppe etwas lauterer Halbwüchsiger wurde.
Alle bis auf einen waren meiner Sicht entzogen, doch dieser eine, nach eigenen Angaben ein gebürtiger Kroate, war geschniegelt und gestriegelt und trug schwarze Handschuhe (!).
Nach einem kurzen Begrüssungsritual in komparativer Linguistik, bei dem sie verglichen, wie man „Finger“, „Bauch“ und „Backe“ in den verschiedenen, in der Gruppe gebräuchlichen Sprachen sagt, fingen sie an, gegenseitig ihre Mütter zu beleidigen. Dabei legten sie erstaunlicherweise eine schier unfassbare Kreativität an den Tag. Im Gegensatz zu ähnlichen Szenen, wie man sie aus dem Kino kennt, die in der Regel jedoch weit weniger Gespür für die Feinheiten der beleidigten Person beweisen, wurden hier keinerlei Waffen gezückt.
Da ist mir aufgefallen, dass ich es natürlich nicht schätze, wenn man meine Mutter oder meinen Dackel beleidigt. Aber der Gedanke, dass ich das schlimmer aufnehmen könnte, als wenn man mich persönlich beleidigt, liegt mir doch fern. Warum soll es schlimmer sein, wenn meine Mutter mit einem Hund schlief, als wenn ich mit einem Schaf kopulierte?
Ich glaube, wir haben es hier mit einem Akt der Entweihung zu tun und daher würde ich annehmen, dass zur Ehrverletzung noch so etwas wie eine implizite Misshandlung religiöser Gefühle hinzu kommt. Wieso aber befinden sich Mütter auf einer göttlichen, fast unberührbaren Ebene, nicht aber alle Frauen? Ist es vielleicht das Wunder meiner Geburt, das mit der Beleidigung befleckt wird? Wird damit zum Ausdruck gebracht, dass nicht nur ich nichts wert bin, sondern, dass ich prinzipiell nie etwas wert sein konnte, weil schon die Schöpferin und der Akt ein Fehler war? Ist das Beleidigen der Mutter also so etwas wie die Negation der grundsätzlichen philosophischen Fragen im Bezug auf meine Person?

Typische Fragen in der S12 westlich des HBs.

Kabel eins & seine Alienwoche

Am Montag lief auf Kabel eins die Doku „Extraterrestrial – Auf der Spur der Aliens“. Das Thema ist faszinierend, zweifellos, aber was uns hier geboten wurde, ist trotz angeblicher Topbesetzung durch die grössten Kapazitäten der Astrobiologie schlichtweg eine Katastrophe.
Der erste grobe Schnitzer ist die Voraussetzung, dass Leben mit grösster Wahrscheinlichkeit (wenn nicht gar ausschliesslich) auf einem erdähnlichen Planeten mit erdähnlichen astronomischen Rahmenbedingungen entsteht. Dass es da entstehen kann, ist offensichtlich, ob es aber die Regel ist oder die Ausnahme, können wir nicht beurteilen. Das bedeutet demzufolge für die Doku, dass das „strikt wissenschaftlichen Kriterien folgende Modell“ bestenfalls einen „faszinierenden Einblick in“ erdähnliche, „außerirdische Welten“ ermöglichen kann.
Ein zweiter grober Schnitzer ist, dass sich „die renommiertesten Forscher und Wissenschaftler, unter anderem von der NASA, der Universität Cambridge und dem SETI-Institut unter Verwendung sämtlicher verfügbarer Daten und Fakten“ zu einem Satz hinreissen liessen wie: Die Wahrscheinlichkeit, dass es dort Flugwale gibt, ist sehr hoch.

Okay, diesen „Top-Doku“-Patzer kann man Kabel eins vielleicht noch verzeihen, denn womöglich haben sie die Katze – wie man so schön sagt – im Sack gekauft. Aber am Dienstag Camerons Tiefsee-SciFi, welcher vergleichsweise gar nicht mal so übel ist, unter dem Titel „The Abyss – Abgrund des Todes“ auszustrahlen?

Zeitlose Musik?

Das Bestreben manch einer Band zeitlose Musik zu produzieren, ist zweifellos ehrenhaft, doch so richtig vorstellen kann ich mir eine Musik ohne Zeit leider nicht. Ist das nicht gerade der Witz an der Musik, dass man versucht Töne möglichst effektvoll in eine zeitliche Abfolge zu bringen?
Womöglich verstehen sie es aber auch eher metaphorisch und versuchen damit auszudrücken, dass sie ihre Musik nicht nur für das nächste Weekend komponiert haben wollen, sondern dass sich ihre Musik auch in 50 Jahren noch genauso verkaufen lassen soll wie heute. Und im Grunde auch vor 50 Jahren.

Während man allerdings den Eintagsfliegen gern vorwirft nur auf das schnelle Geld aus zu sein, wird häufig verschwiegen, dass jene zeitlosen Bands ihre Tantiemen nicht nur für die Verkäufe ihrer Stücke von Jetzt und in 50 Jahren kassieren, sondern dass sie auch bestrebt sind für die Ausfälle entschädigt zu werden, die ihnen in den letzten 50 Jahren entgangen sind.

Chillout

Und wieder einmal ist 20min der Stein des Gedankenanstosses: Jeden Montag erscheint da prominent auf der ersten Seite ein Foto unter der Rubrik „CHILLOUT – Wo am Weekend die heisseste Party stieg“, auf dem mindestens eine Chica llamativa abgelichetet ist. Meist sind es allerdings zwei Frauen, die eng umschlungen petulant in die Kamera schauen.
Was mich ein bisschen stutzig macht, ist, dass es sich so gut wie immer um die gleiche Pose handelt: Schulterschluss mit aneinander gelehnten Köpfen.
Ich frage mich, ob dies die natürliche Körperhaltung an heissen Parties ist, oder ob dies durch den verwendeten Fotoapparat bedingt ist, vielleicht aufgrund einer optischen Verzerrung? Oder ob es sich da einfach um ein Mödchen handelt, das sich über die ganze Partylandschaft ausgebreitet hat?
Ich will hier nicht bieder erscheinen, aber ich hege den leisen Verdacht, dass dahinter weder technische, noch anatomische oder kulturelle Gründe stecken, sondern allein die Absicht den Betrachter durch nicht jugendfreie Assoziationen scharf zu machen.

ps: Kennt nicht zufällig einer von Euch eine von denen?

Mobile Rosenkränze

Ich versuche noch immer irgendwie zu akzeptieren, dass ich nun ein Handy habe und damit den Evolutionsschritt zum Homo mobilis vollzogen habe. Das ist beileibe nicht einfach. Und schon sehe ich mich genötigt, meinem Handy zu Weihnachten was Nettes zu schenken. Ein stylischen Handykettchen zum Beispiel.
Ich werde jedoch den Verdacht nicht los, dass dieses Dinge mehr machen als nur zu blinken, wenn das Handy klingelt. Die Ähnlichkeit zu einem Rosenkranz ist unverkennbar und auch das Ausmass an Blödsinn, den man die Leute reden hört kommt einem verdächtig vertraut vor… Kann man sich vor elektrischen Mantras irgendwie schützen?

Was ist Kunst?

Etwas ist genau dann Kunst, wenn es für nix anderes zu gebrauchen ist.
Und wenn es doch für was anderes zu gebrauchen ist, der Preis sich jedoch nicht nach diesem anderen richtet, dann ist es Design.

Tschechische Literatur

Jeder der sich schon mal mit der tschechischen Literatur auseinander setzen musste, weiss ein Lied von Božena Němcová zu singen. Was indessen nur wenige wissen, ist, dass allein eine Analyse ihres Namens bereits sehr tiefe Einblicke in ihr Schaffen gewährt und dass man sich auf diese Weise eine Lektüre ihrer Werke (hier sei besonders „Das Grossmütterchen“ hervorgehoben) getrost sparen kann.
Der Nachname Němcová kommt vom tschechischen Wort für nemec, Deutscher und leitet sich ursprünglich vom Wort němý ab, was soviel wie stumm heisst.
Den Vornahmen zu dechiffrieren braucht etwas mehr Fingerspitzengefühl: Ballena heisst auf Spanisch Wal und wird in Argentinien Bažena ausgesprochen, also bis auf das a identisch.
Das heisst nun also, dass Babička von einem stillen oder deutschen Wal geschrieben wurde. Nichts also, was man sich nicht entgehen lassen sollte. Insbesondere, da Melville vier Jahre zuvor schon einen solchen erlegen liess.

Über die Unerreichbarkeit der Vollkommenheit

Heute zu lesen im 20min: „Flavio Briatore ist Model-müde“. Das würde ich auch gern mal sein.

Ich frage mich, ob die Aussage „Ich mag gar nichts an Models. Da ist nichts Besonderes dran.“, welche Flavio Briatore (55), seines Zeichens Ex-Freund von Noami Campbell oder Heidi Klum, gegenüber dem GQ Gentkemen´s Quarterly von sich gab, nicht irgendwie verboten ist oder sein sollte. Das grenzt doch schon fast an Blasphemie. Schliesslich sind die Models heute das, was früher die Fruchtbarkeits- und Liebesgöttinen waren. Aphrodite hätte da nicht gezögert und sich Strapsen aus Briatores Gedärmen geknüpft.

Ich könnte mir aber gut vorstellen, dass Model-Müdigkeit ein Erlebnis ist, dass sich so manch einer – auch der weniger Betuchten – gern ziemlich viel kosten lassen würde.
Und da dies allein durch ein fettes Bankkonto erreichbar ist, könnten vielleicht Banken dafür eien Dienstleistung anbieten: Model-Leasing – du kriegst viel Geld, … , wirst Model-müde und gibst das Geld samt happigen Zinsen und Bearbeitungskosten zurück. Okay, der Name ist vielleicht etwas irreführend.

Der waghalsigste Stunt aller Zeiten

Der unbestritten gefährlichste Stunt der Filmgeschichte wurde nicht etwa von einem profesionellen Stuntman vollführt sondern von Vin Diesel alias Xander Cage im Showdown des Films xXx. Nachdem er das Überwasserunterseeboot versenkt hat, taucht er unmittelbar bei der Karlsbrücke aus der Moldau auf. Natürlich ist die Szene vom Auftauchen selbst in einem Studio nachgestellt worden, doch die Szene, wo er auf einer Mole sitzt und die Füsse ins Wasser baumeln lässt, ist echt. Wenn ihr die Wasserqualität der Moldau schon mal genauer unter die Lupe genommen habt, dann wisst ihr, das dies zweifellos der spektakulärste und nervenaufreibendste Stunt aller Zeiten ist.

Stell dir vor es ist Pantomime und keiner schaut hin

Am HB, eine Gruppe von Teenies mit weissen Masken bewegen sich im Zeitlupentempo. Es ist halb Sieben, alle wollen nach hause und keiner schaut zu.
Nichts übertrifft den jugendlichen Enthusiasmus für Kunst und nichts ist stärker als die ebenso jugendliche Überzeugung Kunst zu verstehen, Kunst zu tun und Kunst zu sein. In diesem Alter glaubten wir noch, dass sie etwas bedeutet, etwas bewegt. Heute ist es nur noch ein Transportmittel, das unser Ego, unser Geld und unseren Sinn für Ästhetik irgendwohin bringt, wie der Zug, auf den die Leute eilen und der den Reisenden keine Zeit lässt die Pantomime und deren Bedeutung für die Welt zu entdecken.

Gesunde Nachrichten

Die fernöstliche Medizin unterscheidet sich bekanntlich von der westlichen Medizin dadurch, dass bei uns eine Krankheit eher eine Fehlfunktion eines Organs, im fernen Osten aber eher eine Disharmonie des Organismus ist.
Hält man sich dies vor Augen, so erscheint das Bestreben der chinesischen Regierung alle Nachrichten zu verbieten, „deren Inhalt der nationalen Sicherheit oder dem öffentlichen Interesse entgegen steht“, als ein moralisch fragwürdiges, medizinisch jedoch durchaus lobenswertes Unterfangen: „Gesunde Nachrichten“ für einen gesunden Staat, dessen Organe in sozialistischer Harmonie miteinander interagieren.

Ich frage mich, ob mit dem Konzept der Disharmonie jemals ein Sechs-Millionen-Dollar-Mann hätte entwickelt werden können?

Synchronstimmen

Meistens haben die Schauspieler in den verschiedenen Filmen die gleiche Stimme. Meistens, aber eben nicht immer. Und wenn es dann mal die falsche Stimme ist, dann bin ich verwirrt und grüble und grüble, wem diese Stimme in Wirklichkeit gehört. Doch mit der Wirklichkeit ist es so eine Sache, denn ich versuche natürlich nicht diejenige Person zu visualisieren, die diese Stimme seit ihrer Geburt hat (ihr versteht schon was ich meine), sondern die, welche mit ihr im Kino spricht. Dass diese Person durchaus mehrere wirkliche Stimmen haben kann und einige davon sogar in Ausländisch, stört dabei keineswegs. Wie gesagt, mit der Wirklichkeit ist es so eine Sache.
Nun bin ich kürzlich über die Seite VOICE 4U gestolpert, wo die verschiedenen Stimmen den Schauspielern zugeordnet werden, welche sich ihrer bedienen. So teilen sich zum Beispiel Pierce Brosnan, Kevin Costner, David Bowie, Al Pacino und Jeremy Irons die Stimme von Frank Glaubrecht. Wer es nicht glauben kann, wird durch Beispiele eines besseren belehrt.
Also ich finde das fast ein bisschen spooky! Schliesslich ist die Stimme doch auch so etwas wie ein Fingerabdruck. Und nun muss ich feststellen, dass da verschiedene Leute mit dem gleichen herumlaufen. Wirft doch irgendwie die Frage auf, ob wir es hier nicht mit Zombies zu tun haben?

Interessant ist in diesem Zusammenhang übrigens auch, dass praktisch alle Synchronstimmen in allen anderen Sprachen als der deutschen und der originalen, schrecklich falsch klingen. Nicht im Sinne von verwechselt wie oben, sondern komplett (und irgendwie zombiemässig) falsch.

Lange Nacht der Museen

Selbst auf die Gefahr hin, mich hier als Kunstbanause zu outen, möchte ich festhalten, dass bei einem Museeumsbesuch für mich in der Regel jener Augenblick der erleuchtendste ist, wenn ich zum ersten Mal von einer bestimmten Ausstellung höre. Die Exponate sind zweifellos interessant und bergen durchaus auch Geheimnisse, die sich durch eine genauere Betrachtung zu ergründen lohnen, doch die Idee der Ausstellung, der Grundgedanke, der ihr zugrunde liegt und (manchmal) wie ein drohender Finger über ihr schwebt, ist dann längst schon vermittelt.
Mit den Museen ist es also im Grunde wie mit Star Trek: Man muss nicht alle Folgen gesehen haben um sie alle gesegen zu haben. Hauptsache von Zeit zu Zeit taucht der Quoten-Klingone auf.