Hühnerhusten

Ich glaube, das Ausmass der heranrollenden Vogelgrippe wurde mir erst so richtig bewusst, als ich heute Morgen den folgenden Pfister-Werbeslogan las: „Sogar unsere Matratzen lassen jetzt Federn.

Ich hoffe inständig, dass es sich hierbei nur um ein zufälliges Zusammentreffen von unglückliches Umständen handelt, andernfalls könnte diese Werbung von Hühnern und anderem Flattervieh leicht als Karikatur interpretiert werden. Und nur Hitchcock allein weiss, wozu diese letzten lebenden Nachfahren der Dinosaurier fähig sind.
Und wo wir schon von Koinzidenzen sprechen; ich musste feststellen, dass das, was an Illustrationen in Jared Diamonds Buch Guns, Germs, and Steel: The Fates of Human Societies fehlt, durch das aktuelle Anschauungsmaterial in den Massenmedien mehr als Wett gemacht wird. Eine der Hauptthesen seines geographischen Determinismus postuliert einen direkten Zusammenhang zwischen dem Erfolg einer Kultur und der Fähigkeit auf der Grundlage sehr intensiver Viehzucht neue Krankheiten hervorzubringen, die für die „Erzeugerkultur“ wegen einer längeren Angewöhnungsphase eine Spur weniger tödlich sind als für deren Nachbarn. Wobei diese Fähigkeit sich insbesondere der grösseren Bevölkerungsdichte und dem engeren Zusammenleben von Mensch und Tier verdankt.

Wie dem auch sei, die ganze Geschichte hat schon beinahe etwas apokalyptisches an sich. Schliesslich zählen Vögel zur Schweren Artillerie der Symbolik: Die Schwäne beispielsweise, deren Kadaver ganz Europa in Panik versetzen, stehen für Reinheit, Mut und edle Herkunft. Oder die Hähne und Hennen, Lichtkünder und Beispiele des morgendlichen Fleisses, respektive Sinnbilder mütterlicher Fürsorge. Oder die Spatzen, Symbole für Bedeutungslosigkeit und Wollust. Oder die Eulen, die für Weisheit stehen. Oder die Tauben, welche uns als Boten des Friedens dienen. Oder die Störche, die uns die Kinder bringen. Oder die Pfauen, die Symbole für Eitelkeit. Oder die Adler, die seit dem Altertum für Könige und Götter standen. (Von Raben und Elstern, die Unglück, respektive Diebstahl bringen, gar nicht zu sprechen.)
Lauter Attribute unserer Gesellschaft also, auf die wir mehr oder weniger stolz sind. Und nun bringen uns diese engelsgleichen Symbole womöglich gar noch den Tod…
Es scheint fast, als hätte sich der Himmel gegen uns verschworen…
Das ist der Zwirn aus dem Legenden gewoben werden – oder Science Fiction Geschichten.

Aber wir hätten es wissen müssen!
Schon in dem Augenblick als Zeus in der Gestalt eines Schwans Leda verführte und mit ihr die schöne Helena zeugte, die später Troja das Verderben brachte.
Genau da hätten wir es schon wissen müssen! Denn auch da stoben Federn von der Matratze.

Katjes?

Ich bin gestern beim Zappen irgendwo im „Deutschland sucht sein Supermodel“ hängen geblieben und musste erfahren, dass Luise ständig Phobien, Ängste und Krankheiten habe und dass sie sich zu sehr anstelle und einfach noch nicht soweit sei. Dem konnte ich natürlich nur beipflichten, aber – bitteschön – wer ist Luise?
Wenn mich nicht alle täuscht, dann wurde ich gestern Zeuge einer Next Generation vom Raumschiff Pig Brother. Diesmal kommandiert von Heidi Klum, der meines Erachtens uninteressantesten Frau der Welt – man erkennt sie eigentlich nur daran, dass sie garantiert keine andere ist. Wie dem auch sei, Ziel dieser Mission scheint es zu sein die unendlichen Abgründe der knallharten Modelbranche zu ergründen. Bloss dass mich die eigentlich gar nicht interessieren. Mich würde dagegen viel mehr interessieren, warum Vögel keine Höhenangst haben…
Wie es der Zufall will, bin ich kürzlich im Web über den Club der Hässlichen gestolpert, in dessen Manifest steht, dass die Mitglieder es als ein Unrecht betrachten, dass die Welt von der Schönheit regiert wird und dass sie diese Ordnung der Dinge nicht länger für sich anerkennen. Besonders interessant scheint mir aber der Punkt zu sein, wo sie erklären sich vom falschen Versprechen und der heimlichen Hoffnung befreien zu wollen, eines Tages selbst schöner zu werden.
Ich dagegen war eigentlich immer der Ansicht, dass nicht moralische Prinzipien unser Handeln bestimmen sollten sondern ästhetische. Ich verstand das aber nie so, dass an einer Kreuzung demzufolge Claudia Schiffer Vorfahrt vor Karl Dall haben sollte. Schönheit, wie ich sie verstehe, entzieht sich nämlich der Vergänglichkeit.

Mein Onkel Karel beschrieb mal einen Umzug von Missen in einem kleinen Kaff. Zuforderst auf einem sorgfältig verzierten Wagen sass ein bildhübsches, junges Mädchen. Über beide Ohren strahlend, den Zuschauern am Strassenrand Blumen zuwerfend. Auf dem nächsten, schon etwas kleineren Wagen sass die Miss des vorangegangenen Jahres. Und hinter ihr kam wiederum ihre Vorgängerin. Doch für sie gab es bereits keinen Wagen mehr, sie musste zu Fuss gehen. Und so zog sich die lange Prozession der Missen durch die Strasse. Jede etwas älter als die vorangehende. Ein paar Falten mehr, das Kleid etwas schäbiger und an manchen Stellen aus den Nähten platzend, das Lächeln etwas zahnloser. Und nach und nach fehlte der eine oder andere Jahrgang.

Vielleicht ist der ganze Schönheitswahn, der geradezu absurde Dimensionen anzunehmen beginnt, nichts anderes als der verzweifelte Versuch einer schnelllebigen Gesellschaft den Verfall zu kaschieren?

Mein schuhakustisches Tagebuch III

Jetzt, wo meine Wanderschuhe nun aber so leise sind, weiss ich gar nicht mehr wo meine Füsse stehen, geschweige denn wo ich selbst mich befinde. Offenbar habe ich das Empfangen der akustischen Signale insgeheim in mein Wahrnehmungssystem mit eingebaut und zu nutzen gelernt. Meine Wanderschuhe waren demzufolge ein Sprungbrett für einen nächsten Evolutionsschritt und ich habe mir ein Paar neuer gekauft. Ob man diese wieder zurückgeben kann mit der Begründung, man könne der Evolution schliesslich nicht im Wege stehen?

Biometrische Daten

Ein unglaublicher Vorteil der biometrischen Daten im Pass, dem bisher noch nie allzu viel Aufmerksamkeit geschenkt wurde – und zwar zu unrecht, wie ich meine -, ist die Möglichkeit, eine Person, die sich durch ihre „Tüchigkeit“, was auch immer darunter verstehen mag, in besonderem Masse hervorgehoben hat, einfach zu klonen.
Bevor es Einwände hagelt, beantwortet ganz ehrlich die Frage, ob nur ein einziger Brad Pitt – oder so – nicht vielleicht ein Verschwendung ist an genialem Design?

Mobile Rosenkränze

Ich versuche noch immer irgendwie zu akzeptieren, dass ich nun ein Handy habe und damit den Evolutionsschritt zum Homo mobilis vollzogen habe. Das ist beileibe nicht einfach. Und schon sehe ich mich genötigt, meinem Handy zu Weihnachten was Nettes zu schenken. Ein stylischen Handykettchen zum Beispiel.
Ich werde jedoch den Verdacht nicht los, dass dieses Dinge mehr machen als nur zu blinken, wenn das Handy klingelt. Die Ähnlichkeit zu einem Rosenkranz ist unverkennbar und auch das Ausmass an Blödsinn, den man die Leute reden hört kommt einem verdächtig vertraut vor… Kann man sich vor elektrischen Mantras irgendwie schützen?

Sie isst ihn nicht – sie ist der Burger

U1_MsMcDonaldParis Hilton machte kürzlich Schlagzeilen mit ihrem Burgerporno und illustrierte damit eindrücklich die alte Marketingregel „Sex sells“. Dass die von ihr zur Schau gestellten Kurven möglicherweise nicht repräsentativ sind fürs durchschnittliche Fastfood-Klientel, soll uns hier nicht weiter stören, wird doch dieser Akt künstlerischer Freiheit mehr als wett gemacht durch das schonungslos offene Eingeständnis, dass Rinderwahnsinn offensichtlich doch übertragbar ist.
Nun bin ich heute beim Surfen über etwas gestolpert, das in einem gewissen Bezug zu jener Werbung zu stehen scheint. Der Aufmacher war, ich zitiere: „She´s sexy, she´s stylish, she´s sophisticated – and somewhat surprisingly, she´s Ronald McDonald.“
Der Grundgedanke der oben erwähnten Strategie ist, dass man dem Konsumenten suggeriert, dass man zu einer solchen Frau wird oder zumindest eine solche kriegt, wenn man das beworbene Produkt verputzt. Leider fällt aber alles, was mit Ronald McDonald zu tun hat, beinahne schon kategorisch nicht in diese Kategorie. Was daher gemacht wurde, ist, dass man des künstlerischen Effektes Willen dieser Ikone der Prüderie und guten Laune High Heels verpasste und so, statt in die stereotype Schwarz-Weiss-Malerei zu verfallen, neben Heterosexuelle, Homosexuelle und inzwischen auch weit verbreitete Metrosexuelle, den neuen Typus des McSexuellen ins Feld geschickt hat. Mal sehen, ob sich dieses Gen durchsetzen wird

Der Evolution auf den Sprung geholfen

Die Evolution verfolgt keine Ziele, sie variiert einfach die Möglichkeiten. Nun ja und vielleicht variiert sie mal die Möglichkeit des Lesens und lässt sich inspirieren durch diesen Beitrag im DisOrganizer.
Stell dir vor die Seesterne verändern sich dergestallt, dass sie unverwechselbar wie Tomatenkelche aussehen. Dann können sie sich gemütlich auf eine Tomate setzen, diese genüsslich ausschlürfen und keiner schöpft verdacht. Clever diese Natur, nicht wahr?

Diese Cherrytomate wurde grosszügig zur Verfügung gestellt von Kolanda. Und gierig verschlungen von mir. Es wurden keine Tomatenkelche verletzt.

Freiheit

Wenn es um die zukünftige Macht der Computer geht, so hört man häufig das Argument, dass es doch ziemlich riskant sei, sich allzu fest auf diese Maschinen verlassen zu wollen. Natürlich ist es riskant, doch ist es nicht genauso riskant, sich auf die Migros zu verlassen, dass sie uns jeden Tag Essen und Trinken zur Verfügung stellt? Oder auf die Wasserwerke, dass sie es mit dem Trinkwasser tun und das in einer zufriedenstellenden Qualität? Oder auf das Chlorophyll, dass es für uns genügend Sauerstoff produziert?
Es ist doch so, dass wir neue Technologien entwickeln und sie dann mit so vielen Redundanzen versehen, dass ein Ausfall so unwahrscheinlich wird, dass wir unsere Abhängigkeit einfach ignorieren können. Das ist Fortschritt. Okay, die Computer haben dieses Level noch lange nicht erreicht, nichtsdestotrotz verliert das Argument meines Erachtens durch diese Überlegung seine Gültigkeit.
Wenn man schon gegen Computer wettert, dann doch aber mit den richtigen Geschützen: Einerseits leiten sie einen fundamentalen Diskurswandel ein und andererseits – und das ist noch viel wichtiger – verkkkkkkkk…
*** SYSTEM ERROR ***

Cerebrum Batmani

In der Septemberausgabe von Biology Letters wird ein Paper veröffentlicht werden, in dem gezeigt wird, dass Fledermäuse, die im offenen Raum jagen, verhältnismässig kleine und schmale Flügel haben, verdammt schnell sind, dafür aber nicht so wendig. Und, sie haben ein im Vergleich kleineres Gehirn als ihre langsameren, manövrierfähigeren Gattungsgenossen, die im Wald jagen. Offenbar kann die Evolution / der Intelligente Designer / das Flying Spaghetti Monsterism auch zu kleineren Gehirnen führen.
Sei es nun um Energie und Masse zu sparen oder um Schuhen nicht allzuviel Raum im geistigen Leben einräumen zu müssen. (Es ist doch noch immer so, dass Frauen ein tendentiell grösseres Gehirn haben und mit schnellen Autos nicht so gut umgehen können, oder?)
Die erwähnte Studie auf Menschen zu übertragen, ist natürlich Humbug, doch sollten wir uns im Klaren darüber sein, dass die Dinge aus einem ganze bestimmten Grund so sind, wie sie sind. Nämlich, weil sie sich so bewährt haben und nicht weil sie so richtig sind.

Intelligent Design

Kürzlich liess Jabba der Busch verlauten: „Wenn Sie mich fragen, ob die Menschen mit den verschiedenen Ideen konfrontiert werden müssen, lautet die Antwort: Ja. Nur so können sie verstehen, worum es in der Debatte geht.“ Das ist natürlich ein dankenswert gewichtiges Votum für die Meinungsfreiheit und ganz im Interesse der Demokratisierung der Welt. Doch bezog er sich damit auf die Frage, ob an amerikanischen Schulen neben der Evolutionstheorie auch das so genannte Intelligente Design unterrichtet werden sollte, und bescheinigte damit beiden Theorien ein gleich hohen Grad an Wissenschaftlichkeit.
Die Vertreter des Intelligent Design behaupten, dass gewisse Dinge einfach viel zu komplex seien um zufällig entstanden zu sein und es daher eine übergeordnete Intelligenz benötige, welche die Dinge geplant habe. Das ist ja gut und recht, doch stehe ich damit vor dem Dilemma, dass es keine Konstellation von Daten geben kann, die der Theorie widersprechen. Das ist insofern doof, als ich dadurch die Schöpfung zwar zu einer logisch-attraktiven Denkmöglichkeit gemacht habe, aber eben nicht zu einer wissenschaftlichen Alternative zur Evolutionstheorie. Wissenschaftlich können nämlich nur Theorien sein, die prinzipiell widerlegbar sind. Das heisst, wenn eine Konstellation von Daten denkbar ist (und sei sie noch so abstrus), die im Widerspruch zur Theorie steht.
Ich denke, es ist vor allem die Ehrfurcht vor der Komplexität und Perfektion unserer Welt, welche in den Augen der Vertreter des Intelligenten Designs die so simple Evolutionstheorie diskreditiert. Doch wenn ich nicht kapiere, wie ein so simples Prinzip wie die Evolution etwas so komplexes wie zum Beispiel das Auge hervorbringen konnte, dann folgt daraus nicht notgedrungen, dass es auf eine andere Weise entstanden sein muss. Vielleicht würde ein bisschen weniger Ehrfurcht vor der eigenen Intelligenz hier gar nicht schaden.
Natürlich sind gewisse Dinge verdammt komplex, doch wenn man sie sich genauer ansieht, merkt man schnell, dass sie nur gerade so komplex sind wie nötig. Und auch von Perfektion fehlt jede Spur. Die braucht es aber auch nicht.

Reality-TV

Natürlich sind die TV-Sendungen, die uns heutzutage vorgesetzt werden, nichts als peinlich, doch ob sie zur Volksverdummung beitragen… da wäre ich mich mir mal nicht so sicher.
Unsere Talkshows und die anderen Formate verlangen vom Zuschauer, abgesehen von einer extrem hohen Resistenz gegen Brechreiz, die Fähigkeit den Durchblick in einem komplexten Geflecht von sozialen Beziehungen zu bewahren, was wohl die treibende Kraft hinter der Evolution des Hirnvolumens war (vgl. Neocortex size as a constraint on group size in primates von R.I.M. Dunbar).
Es ist durchaus anzunehmen, dass unser TV-Angebot einen Konsumenten aus den 70ern völlig überfordert hätte. Und sowas ist in der Regel kein Indiz für einen geistigen Zerfall. Daher meine provokative These: Reality TV zwickt vielleicht ein paar Punkte auf der IQ-Skala ab, doch auf der um EQ-Skala ist es das reinste Steroid. Und will man Neocortex size predicts deception rate in primates von Richard W Byrne and Nadia Corp glauben, dann dient das aufgepumpte Hirn nicht zuletzt genau jenen hinterhältigen Fertigkeiten, die einen just ins Reality TV bringen.

Ein Beispiel um es zu verdeutlichen:
Jemandem einen harmlosen Streich spielen, ist 70er Jahre.
Jemanden dazu bringen, einem anderen einen primitiven Streich zu spielen, ist 90er Jahre.
Jemanden dazu bringen, einen anderen dazu bringen, einem dritten einen Streich zu spielen, ist 00er Jahre.
Wobei hier seltsamerweise die Streiche nicht selten Exkremente und Maschendrahtzäune beinhalten.