50 Jahre Mäusestimmrecht

Liebe konservative Demokraten, Patrioten und Pfarrer

Genau heute vor 50 Jahren am 7. Februar 1971 wurde vom Schweizer Souverän der Bundesbeschluss über die Einführung des Frauenstimm- und Wahlrechts in eidgenössischen Angelegenheiten mit 621’109 zu 323’882 Männerstimmen angenommen und exakt einen Monat später, am 7. März 1971, flimmerte zum ersten Mal die Sendung mit der Maus über den Äther.

Ich nehme an, dass ihr – als eingefleischte Demokraten und stramme Patrioten – das inzwischen für eine ganz patente Sache haltet (ich meine das Frauenstimmrecht) und ohne zögern bereit wärt dafür euer Leben dafür zu geben.

Habt ihr euch aber schon mal die Frage gestellt, ob ihr von 50 Jahren überhaupt Ja gestimmt hättet?
Euer soziales Umfeld hätte es nicht getan, weil es – genauso wie ihr – die gute alte Zeit zu schätzen wusste und jeglicher neumodische Scheiss ihm auch damals höchst zuwider gewesen wäre. Und natürlich wärt auch ihr dagegen gewesen.
Aber das ist okay. Das will ich euch nicht übel nehmen, denn Grösse ist nicht, keine Fehler zu machen, sondern aus ihnen zu lernen. Und ihr habt aus ihnen gelernt. Ihr habt inzwischen eingesehen, dass das Frauenstimmrecht nicht nur funktioniert, sondern auch das einzig richtige ist.

Aber eine nichtrhetorische Frage hätte ich schon auch noch: Als eingefleischte Demokraten und stramme Patrioten seid ihr ja stolz auf die Schweiz und auf das, was sie selbst in schwierigen Zeiten zustande zu bringt fähig ist. Seid ihr dann auch stolz darauf, dass sich die Schweiz erst als eines der letzten Länder der Welt dem Frauenstimmrecht gebeugt hat?

Die Geschichte lehrt uns, dass konservative Positionen- insbesondere, wenn es darum ging einer Gruppe von Menschen irgendwelche Rechte vorzuenthalten – auf lange Sicht immer die falschen waren.
Das heisst nicht, dass es nicht Situationen gegeben hätte, in denen die zu frühe Einführung einer zu progressiven Idee die eine oder andere Gesellschaft jämmerlich ins Messer laufen gelassen hätte, doch das machte die Idee zum gegebenen Zeitpunkt nur verhängnisvoll, aber deshalb noch lange nicht falsch.

Das sollte man doch inzwischen aus der Geschichte gelernt haben. Entsprechend müssten Argumente gegen (zu) progressive Ideen – insbesondere wenn es um das Vorenthalten von irgendwelchen Rechten geht – eigentlich stets nach folgendem Muster formuliert werden: die Abschaffung der Sklaverei / das Frauenstimmrecht / die Anerkennung der gleichgeschlechtlichen Ehe / das bedingungslose Grundeinkommen / etc1 ist ja ein tolle Idee und sie wird sich sicherlich früher oder später durchsetzen und darauf freue ich mich auch aufrichtig, aber zum jetzigen Zeitpunkt erlaubt es die wirtschaftliche, ökologische, militärpolitische oder was-auch-immer Lage leider einfach noch nicht. Und zwar aus folgenden Gründen…

Wäre das nicht ein viel besserer politischer Diskurs als die gegenseitige Beschuldigung die Schweiz mit voller Absicht gegen den Maurer fahren zu lassen?

Rumpeldipumpel
Eda

Der TV-Film «Terror – Ihr Urteil»

Das Urteil

84% der Zuschauer hätten den Kampfpiloten freigesprochen, der ein Passagierflugzeug mit 164 Passagieren abschoss, um 70’000 Menschen in einem Fussballstadion zu retten.

Es ist das klassische Trolley-Problem1:

trolleyproblem

zumindest fast:

Hier sind nämlich noch etwas zu berücksichtigen:

  • Weder die Beweggründe, noch der Zweck der Tat oder die Art der Ausführung waren besonders verwerflich.

Wodurch eine Mordanklage eigentlich etwas fehl am Platz ist. Über Todschlag könnte man aber reden.

Doch genau das ist ja das Dilemma bei Trolley-Problem ist: dass man mit beiden Varianten gegen das Gesetz verstösst. Denn sowohl eine Handlung, die zum Tod einer Person führt, wie auch das Unterlassen einer Handlung, die einen Menschen retten würde, stehen unter Straffe.
Und so lange es keine verbindliche Richtlinie gibt, die das regeln würde, kommt man aus dem Dilemma nicht raus.

In unserem Szenario gibt es aber diese Richtlinie, wodurch es noch einige weitere Punkte zu beachten gilt:

  • In der Verfassung steht ausdrücklich geschrieben, dass in einem solchen Fall nicht geschossen werden darf, weil man Leben nicht gegeneinander aufwiegen darf.
  • Der Pilot weiss um den obigen Punkt, hat sich intensiv mit ihm auseinander gesetzt und hält die Entscheidung für falsch.
  • Der Pilot ist ein Soldat und handelte gegen den ausdrücklichen Befehl seiner Vorgesetzten, die sich an die Verfassung halten.

Wie gesagt, all das berücksichtigend, sprachen ihn 84% der Zuschauer von der Mordanklage frei.

Ich frage mich – und darauf will ich eigentlich hinaus -, wie sich das Verhältnis verändert hätte, wenn man ein paar Details verändert hätte. Wobei wir weiterhin voraussetzen, dass der Pilot auch weiterhin für den Tod aller ums Leben gekommener verantwortlich gemacht worden wäre, selbst wenn es nicht wirklich Sinn macht.

Wie viele hätten den Piloten von der Anklage freigesprochen, wenn sie Situation wie folgt ausgesehen hätte:

Ein von (islamistischen / christlichen / veganen / einfach nur verrückten) Terroristen entführtes Flugzeug voller (normaler Leute / Schweizer / schwangerer Frauen / Wirtschaftleute / Politiker / Kleriker / Ärzte / Lehrer / Journalisten / Juristen / Wissenschaftler / Flüchtlinge / Häftlinge) fliegt auf ein Stadion in (der Schweiz / Deutschland / Indien, Syrien) voller (normaler Leute / Schweizer / schwangerer Frauen / Wirtschaftleute / Politiker / Kleriker / Ärzte / Lehrer / Journalisten / Juristen / Wissenschaftler / Flüchtlinge / Häftlinge) zu. In der Maschine sitzen 164 todgeweihte Menschen, im Stadion (7’000’000 / 700’000 / 70’000 / 7’000 / 700 / 70 / 7). Die einzige Möglichkeit die Leute im Stadion zu retten, ist das Flugzeug abzuschiessen. Die Verfassung schreibt für diesen Fall (den Nichtabschuss / den Abschuss) vor, die Vorgesetzten geben dem Befehl zum (Nichtabschuss / Abschuss) und der Pilot, der ein (Soldat / ehemaliger Soldat / Zivilist) ist, schiesst. Noch zu erwähnen ist, dass die Familie des Piloten (ganz weit weg / im Flugzeug / im Stadion) ist.

Das sind 4 x 13 x 4 x 13 x 7 x 2 x 2 x 3 x 3 = 681’408 Varianten und wenn es ums Prinzip geht, müsste das Ergebnis eigentlich immer das gleiche sein. Es müsste das gleiche sein, weil die 164 Menschen im Flugzeug in diesem Szenario auf jeden Fall sterben würden. Dadurch ist es auch nicht mehr so wichtig, wie viele Leute im Stadion sind. Zum Tragen käme die Zahl nur, wenn die Leute im Flugzeug im Fall eines Absturzes ins Stadion irgendwie garantiert überleben würden. Dann würde man nämlich Menschenleben gegeneinander aufwiegen, was man laut der Verfassung im Film eben nicht darf.

84% sprachen den Piloten frei. Das heisst, für die Mehrheit sind die Konsequenzen wichtiger als die Gesetze.
In der Gesprächsrunde schien das vor allem bei den Konservativen (Hurter, Müller) der Fall gewesen zu sein, während die Liberalen (Galladé, Lang) sich lieber nach dem Gesetz richten wollten.

Wenn die Passagiere den Terroranschlag irgendwie garantiert überlebt hätten und man Menschenleben gegeneinander abwiegen müsste, hätte das die Position der Liberalen wohl nicht geändert. Vor die Wahl gestellt, hätten sie sich der Entscheidung zwischen Menschenleben abzuwägen entzogen und sich an den geltenden Regeln orientiert.
Für die Konservativen dagegen würde das Urteil vermutlich sehr von den Umständen abhängen. In manchen Konstellationen zweifellos zu Recht. Beispielsweise je nach dem, ob 70’000 oder 7 Menschen im Stadion wären. Oder ob die Familie des Piloten in der entführten Maschine sitzt. In anderen Konstellationen wäre es jedoch äusserst bedenklich. Wenn es beispielsweise davon abhängen würde, welche Art von Menschen im Stadion und im Flugzeug sind (normaler Leute / Schweizer / schwangerer Frauen / Wirtschaftleute / Politiker / Kleriker / Ärzte / Lehrer / Journalisten / Juristen / Wissenschaftler / Flüchtlinge / Häftlinge).

Wir gingen jetzt immer davon aus, dass der Pilot unter allen Umständen geschossen hätte. Und wir fragten uns, welchen Einfluss die Umstände auf das Urteil gehabt haben.
Man könnte sich aber auch fragen, wie das Urteil ausgesehen hätte, wenn er nicht geschossen hätte. Und welchen Einfluss die Umstände dann auf das Urteil gehabt hätten, wenn er wegen „Mord“ in 70’000 Fällen angeklagt worden wäre.
Ich denke – und das ist das faszinierende am Trolley-Problem -, dass auch wenn die Handlung moralisch geboten sein mag, das Unterlassen der Handlung nicht wirklich übel genommen werden kann. Was in sich schon wieder ein Dilemma darstellt.

Auch ungeklärt bleibt die Frage, ob für einen Soldaten, der Befehlen gehorchen muss, welche aus strategischen Gründen durchaus auch Opfer kosten können, andere Regeln gelten als für einen Zivilisten, dem der „Weitblick“ fehlt und seine Entscheidung auf der Basis wesentlich kurzfristigerer Konsequenzen treffen muss.

 


 

Und dann, eine Woche später:

Reimann kritisiert, dass Besko die Schweiz verlassen musste.«Es ist eine verpasste Chance.» Der ausgeschaffte Rapper hätte junge Migranten positiv beeinfussen können. «Man muss abwägen: er nützt uns hier mehr als in Kosovo.» Reimann interveniert sogar schriftlich beim Chef des Staatssekretariat für Migration, Mario Gattiker. Zwar sei er immer noch für eine strenge Haltung bei der Ausschaffung von kriminellen Ausländern. «Aber was, wenn nicht das, ist ein Härtefall?»
SVP-Reimann unterstützt ausgeschafften Rapper – 20min

Lukas Reinmann scheint aus dem TV-Film «Terror – Ihr Urteil» gelernt zu haben, dass die Konsequenzen schwerer wiegen als die Buchstabentreue.
Und der beliebteste Leser-Kommentar zu diesem Artikel war der folgende:

20min-reimann_unterstuetzt_rapper

Ich weiss zwar nicht, wofür „murrli“ beim Fernsehexperiment war, aber ich vermute sehr für Freispruch.
Und ich unterstelle jetzt mal verwegen, dass „murrli“ Galladé und Lang es da ziemlich übel nahm, dass sie lieber 70’000 Menschen sterben liessen als das bestehende Gesetz nicht anzuwenden.

Macht nur mich das stutzig?

Zu Gast in unserem Land

Es gibt zwei Arten von Gästen: die, dich ich auch mal besuchen kann, und die, die mich dafür bezahlen, dass ich es nicht tue. Abgesehen davon, gibt es keine Unterschiede. Sie brauchen weder im Haushalt zu helfen, noch sich Sorgen zu machen, dass ich über ihre Witze nicht lache.
Ian Hazelwood

In den Kommentarspalten zu Artikeln über die Durchsetzungsinitiative liest man oft, dass wenn sich ein Gast nicht benimmt, es nur recht und billig sei, ihn vor die Tür zu setzen.

Hm… Ist es nicht in gewissem Sinne die Pflicht der Gäste sich ein bisschen neben der Spur zu bewegen? Schliesslich sind sie ja „Fremde“, was sich eben genau durch ihr anderes Verhalten äussert. Und genau deshalb beherbergen wir sie ja, um ein bisschen mit dem Exotischen konfrontiert zu werden und idealerweise unsere etwas eingefahrene Vorstellungen zu hinterfragen. (Oder einfach um bessere Geschäftsbedingungen zu schaffen…)
Und mal abgesehen davon ermöglicht es uns, wenn wir selbst mal irgendwo Gäste sind, auch etwas neben der Spur zu sein…

Nicht umsonst ist das Gastrecht eines der ältesten Gesetze überhaupt. Und ich würde sogar kühn behaupten, auch eins der effektivsten. Dass man nicht töten oder stehlen soll, braucht man einem nicht erst zu erklären. Das ist selbstredend. Dass es von Vorteil sein kann, einem Fremden sicheres Geleit zu gewähren und ihm gegenüber tolerant zu sein, ist dagegen nicht mehr so intuitiv. Und doch ist genau dies stets der erste Schritt, wenn man sich zusammen setzt und miteinander zu reden beginnt.

Wieviel neben der Spur man sich zu bewegen erlauben darf, ist natürlich eine andere Frage, doch meines Erachtens stellt sich die im Kontext der Durchsetzungsinitiative gar nicht, denn Ausländer, die hier den grössten Teil ihres Lebens verbracht haben, sind nicht mehr wirklich Gäste.

Gehört man nicht irgendwann einmal zum Inventar?

Ich denke, der exakte Zeitpunkt, ab welchem man nicht mehr bloss Gast in einem Land ist, ist, wenn man seinen Wohnsitz nach Art. 23 ZGB in diesem Land bezieht. Je nach Aufenthaltsbewilligung darf man mehr oder weniger arbeiten, Militärdienst leisten und abstimmen, ansonsten aber geniesst man die exakt gleichen Pflichten und Rechte wie jeder andere Schweizer auch.

Man könnte einwenden, dass die Schweiz (wie wohl auch so gut wie jedes andere Land) mit diesen Einschränkungen gegen die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte verstosse. Laut Artikel 23 hat nämlich jeder das Recht auf Arbeit, dies beinhaltet keinen individuellen Anspruch auf einen Arbeitsplatz, sondern das Recht auf einen Schutz vor unverschuldeter Arbeitslosigkeit – wie hier aufgrund des fehlenden Schweizer Passes, da man zufälligerweise irgendwo anders zur Welt kam oder Eltern hat, die zufälligerweise irgendwo anders zur Welt kamen. Laut Artikel 21 hat jeder das Recht, an der Gestaltung der öffentlichen Angelegenheiten seines Landes unmittelbar oder durch frei gewählte Vertreter mitzuwirken, sprich zu wählen – was Ausländer aber nicht dürfen. Und laut Artikel 20 darf niemand gezwungen werden, einer Vereinigung anzugehören – in diesem Fall wird dies gegenüber den Schweizer Männern verletzt, da diese unter Androhung von Konsequenzen gezwungen werden der Vereinigung Armee anzugehören.
Doch da die Verweigerung der in den Artikeln 23 und 21 erwähnten Rechte offensichtlich durch das exklusive Recht, nicht dem Militärverein angehören zu müssen, kompensiert wird, hat wohl alles schon seine Richtigkeit. Und überhaupt geht es, wie sich kürzlich mal jemand im Zusammenhang mit der Durchsetzungsinitiative geäussert hat, nun langsam wirklich zu weit mit den sich ständig ausweitenden Menschenrechten!

Hört man sich bei den Befürwortern der Durchsetzungsinitative ein bisschen um, so erfährt man, dass abgesehen davon, dass Unschuldigen eh keine Ungemach droht, Ausländer sich auch längst hätten einbürgern lassen können. Und dass sie das nur deshalb nicht tun, weil sie sich vor dem Militärdienst drücken wollen. Und dass wer nicht bereit sei im Notfall Blut für die Schweiz zu vergiessen, nun mal nicht wie ein Schweizer behandelt werden könne.

Das stimmt schon, wenn die Ausländer den Schweizer Pflichten nicht nachkommen, dann müssen sie mit Konsequenzen rechnen genau wie auch jeder Schweizer bei Pflichtverletzung mit Konsequenzen zu rechnen hat. Dass die Ausländer nicht Militärdienst leisten dürfen, spielt hier keine Rolle, denn sie könnten, weil sie müssten, wenn sie Schweizer werden würden, wenn sie wollten.
Und im Moment bestehen diese Konsequenzen eben aus dem Verbot zu wählen und in Zukunft im Falle einer Gefährdung der öffentlichen Sicherheit in besonderem Masse aus einer kompromisslosen Abschiebung1.

Bloss, dass Schweizer Männer, die sich vor derselben Pflicht drücken (die Unfähigen und die Memmen also), weder Stimmverlust noch Landesverweis fürchten müssen. Bei ihnen ist es mit einem Wehrpflichtersatz getan.
Und Frauen müssen gar nicht erst ins Militär2 und brauchen wie die Ausländer auch keinen Wehrpflichtersatz zu zahlen. Ergo haben Ausländerinnen exakt die gleichen Pflichten wie die Schweizerinnen, aber nicht die gleichen Rechte – was, wie mir scheint, irgendwie nicht ganz koscher ist3.
Witziges Detail nebenbei: Während Frauen und Männer in der Schweiz vor dem Gesetz nicht wirklich gleich sind, es sei hier als Beispiel nur die Wehrpflicht angeführt, sind männliche und weibliche Ausländer in der Schweiz vor dem Gesetz zumindest im diesen einen Punkt gleicher, ergo einen Schritt voraus.

Wieso verlangen wir eigentlich nicht von jedem, der nicht Militärdienst leistet, den Wehrpflichtersatz? Egal ob Mann oder Frau oder Schweizer oder Ausländer. Zu diesem Wehrpflichtersatz müsste – schliesslich geht es beim Militär um die Bereitschaft Blut zu vergiessen – natürlich auch noch eine Blutspende-Pflicht hinzu kommen!4

Okay, das nahm jetzt eine selbst für mich überraschende Wendung.

Sexy Jesus

Das Urteil für den Teenager, der Oralsex mit der Jesus-Statue hatte, ist raus:

The boy appeared before Judge Thomas Ling and agreed to a consent decree signed by all parties involved, including the boy, his mother and his attorney, Karen Hickey.
The boy must not use social media during a six-month probation period as well as perform 350 hours of community service.
Among the other punishments, he must obey a curfew of 10 p.m., no alcohol or other controlled substances monitored by random drug testing and stay in school.
District Attorney Bill Higgins presented the decree to the court.
After accepting the agreement and while settling the number of community service hours, Judge Ling focused on the religious rights of Love in the Name of Christ, noting that the juvenile’s actions infringed upon their rights to practice their faith.
Upon successful completion of these terms and conditions, his case will be dismissed and the juvenile will have no criminal record.
WJAC

Zum Grübeln bringt mich der folgende Satz:

„noting that the juvenile’s actions infringed upon their rights to practice their faith“

Ich könnte verstehen, wenn es da heissen würde, dass es die religiösen Gefühle der Gläubigen verletzt – das ist schliesslich das „Verbrechen“, vor dem Blasphemiegesetze schützen sollen – , doch hier wird explizit vom Recht seinen Glauben auszuüben gesprochen. Also von einem (böswilligen) Angriff auf die Religionsfreiheit. Der Richter scheint wohl etwas handfesteres haben zu wollen als als lediglich die mittelalterliche Blasphemie.

Ich frage mich, wie man bemessen kann, ob jemandes Recht zur Ausübung seines Glaubens verletzt wurde?
Wenn die Gläubigen am Ende des Monats weniger Gebets- oder Messestunden auf dem Konto haben, dann natürlich ja. Aber ich bezweifle, dass sowas der Fall ist. Eher im Gegenteil ;)
Oder nimmt sowas den Leuten die Lust am Gebet oder am Gottesdienst? Wegen etwas, was man den Monica Lewinsky Effekt nennen könnte?

Oder lässt es den Zustrom neuer Gemeindemitglieder versiegen?
Dann müssten aber auch all die fundamentalistische Deppen verurteilt werden, deren Position dermassen absurd und lächerlich ist, dass sie mögliche Adepten verschrecken, die sonst sachte und einfühlsam hätten eingeführt werden können.
Und wenn man sich die Biografien vieler Atheisten anschaut und merkt, dass für viele von ihnen der Ausgangspunkt in ihrem Zweifel die tatsächliche Lektüre der Bibel war, dann müsste man wohl zum Schutz einer solchen Religionsfreiheit auch die Bibel selbst auf den Index setzen. (Was laut vielen fundamentalistischen Christen die katholische Kirche während Jahrhunderten tatsächlich getan haben soll. Und damit wohl die Religionsfreiheit gefördert hat ;)

Sexy Jesus im Film Son of God

Andererseits lenken wohl auch der Terror im IS oder auch sexy Jesuse die Konvertitenströme und müssten dann folgerichtig mit 350 Stunden Sozialarbeit und einer halbjährigen Verbannung aus den sozialen Medien bestraft werden. Man darf schliesslich nicht die eine oder andere Seite bevorteiligen. Das würde gegen die Religionsfreiheit verstossen.
Eine Anschlussfrage wäre dann, ob die Medien, die darüber berichten, sich nicht der Beihilfe zum Umleiten der Konvertitenströme schuldig machen und ebenfalls mit Sozialarbeit und einer Verbannung aus den sozialen Medien bestraft werden sollten?

Hier schliesst sich der Kreis. Oralsex mit Jesus sexualisiert den Sohn Gottes. Das ist aber nur fast neu. Schon der Jesus in der 2013 Verfilmung Son of God ist verdammt sexy und ohne Zweifel der feuchte Traum so manch einer heissen Christin. Und wohl auch so manch eines warmen Christen.
Was der Teenager da praktiziert hat, haben wohl viele andere auch schon in ihren Köpfen gemacht. Auf die eine oder andere Weise. Da könnte man sich doch glatt fragen, wieviel von der Empörung einfach nur blanker Neid ist?

 

Mit dem Thema hat das eigentlich nichts zu tun, aber wie haben die Kirchen es nur so lange geschafft, Jesus, den Verkünder der Liebe, so schön und gleichzeitig so bar aller Sexualität zu verkaufen? Ist dieser Umstand nicht ein sehr deutliches Zeichen für die Verachtung der Sexualität?
Dazu mehr zu einem späteren Zeitpunkt…

Oralsex mit einer Jesus-Statue

Oralsex mit einer Jesus-StatueLiebe Christen

Dem Teenager links drohen zwei Jahre Haft wegen «Oralsex» mit einer Jesus-Statue.

Er schändete ein verehrtes Objekt und verletzte damit die religiösen Gefühle so manch eines Christen.
Was wäre eurer Meinung nach eine angemessene Strafe?
Und wie würdet ihr die Höhe eures Strafmasses begründen?

Herzlichen Dank

 

ps. Meines Erachtens gibt’s hier gar nichts zu ahnden. Im Gegensatz zur Ansicht des heiligen Stuhls und vieler Gläubigen, dass die Meinungs- und Redefreiheit kein Recht enthalte, die religiösen Gefühle der Gläubigen zu verletzen, tut die Meinungs- und Redefreiheit eben exakt genau das. Sie schützt einen vor der Verfolgung Empörter und Beleidigter.
Und ob eine solche Handlung mit Jahren, 2 Tagen oder 2 Franken bestraft werden soll, ist nur ein gradueller Unterschied, der – je nach Ausmass der Empörung – ohne weiteres auch die Todesstrafe sein könnte.
Man kann den Teenager gern der Sachbeschädigung oder des Betretens privaten Geländes beschuldigen – doch das tut man nicht, ihm wir explizit die Schändung eines verehrten Objektes vorgeworfen.

NSA, dein Freund und Helfer

General Keith Brian Alexander, seines Zeichens Direktor der NSA, hat die umstrittenen Praktiken seiner Behörde dahingehend verteidigt, dass er leider derzeit keinen besseren Weg kenne, um die Vereinigten Staaten vor der steigenden Terror-Gefahr zu schützen. Doch sei sein Dienst durchaus bereit, über mögliche Alternativen zu diskutieren.

Das coole an der NSA ist, dass das endlich mal eine Bundesbehörde ist, die einem auch wirklich zuhört. Und das jederzeit und überall. Daher kann ich Alexander auch gleich hier im DisOrganizer eine naheliegende Alternative zu den umstrittenen Praktiken anbieten:

Macht, was immer ihr wollt – einfach ohne dabei irgendwelche Menschenrechte zu verletzen (was beispielsweise mit der flächendeckenden Überwachung geschieht).

So einfach ist das!

+ + +

Es ist natürlich lobenswert, dass Alexander so um die Sicherheit seiner Landsleute besorgt ist. Sicherheit ist schliesslich eine ganz tolle Sache.
Bloss dass es wesentlich effektivere Möglichkeiten gibt, mehr Amerikaner vor einem tragischen Tod zu bewahren. Allein im Jahr 2011 gab es in den Vereinigten Staaten 32’367 Verkehrstote, die man beispielsweise mit einer generellen Tempolimite von 5 km/h (3.11 mph) sicherlich zu einem grossen Teil hätte verhindern können. Eine solche Tempolimite wäre zwar äusserst lästig, aber immerhin würde mit dieser kein Menschenrecht verletzt.

Wie viele Leben sich mit Massnahmen dieser Art retten liessen, ist natürlich schwer abzuschätzen, doch wenn man sich anschaut, wie viele Menschen in den USA seit 9-11 terroristischen Anschlägen zum Opfer gefallen sind, dann reichen selbst sehr, sehr, sehr konservativen Schätzungen  um um Grössenordnung erfolgreicher zu sein:

  Anzahl Anschläge Tote Verletzte
Amokläufe 12 128 140
Beltway sniper 11 13 3
Islamistische Anschläge 8 22 332
Linksextreme Anschläge 4 2 6
Rechtsextreme Anschläge 3 9 5
anders motivierte Anschläge 8 19 56
Vereitelte Anschläge 36 0 2
Total in 12 Jahren 82 193 544
Quelle: http://www.johnstonsarchive.net/terrorism/wrjp255a.html

 

Ist es zynisch 32’367 Tote in einem Jahr gegen 193 in zwölf Jahren aufrechnen zu wollen? Ist es zynisch zu fragen, ob die Ressourcen und Menschenrechte, die geopfert wurden um die 193 nicht mehr werden zu lassen, gut investiert waren, wenn man mit weniger Ressourcen und gar keine Menschenrechtsverletzung aus 32’367 hätte wesentlich weniger machen können?

Dass man auf richterliche Anordnung hin jemandes Rechte beschneidet, macht aus aus rechtsstaatlicher Position Sinn. Dass man dies aber flächendeckend macht, ist angesichts von Prinzipien, die die Gesellschaft zum Wohle aller kompromisslos höher stellt als die Interessen von Einzelnen, äusserst bedenklich und ohne eine wirklich überzeugende Kosten-Nutzen-Rechnung ein absolutes No-Go.
Bisher scheint der Nutzen allerdings bedenklich bescheiden zu sein.

Ich habe mich mal mit einem Amerikaner unterhalten, der seinen Militärdienst irgendwo im Dunstkreis des Geheimdienstes geleistet haben will. Und der erklärte mir, dass durch die Arbeit der Geheimdienste – insbesondere dank dem Ignorieren des einen oder anderen Menschenrechts – tatsächlich terroristische Anschläge verhindert worden seien. Wie viele, wollte ich wissen. Das konnte er mir nicht sagen (nicht können im Sinne von nicht fähig sein, nicht im Sinne von nicht dürfen). Das sei geheim. Aber es sei so. Okay…
Von insgesamt 82 geplanten Anschlägen innerhalb von zwölf Jahren wurden also dank geheimdienstlicher Ermittlungen 36 + eine-unbekannte-Zahl-nicht-publik-gemachter Versuche vereitelt.
Dass damit mehr Amerikaner gerettet wurden als hätten werden können, beispielsweise durch die Einführung der Tempolimite, strengerer Waffengesetze oder durch das Verbot von Swimming Pools im Garten, wage ich allerdings zu bezweifeln.

Offenbar ist das Recht SUVs, Waffen und einen Swimming Pool im Garten zu besitzen unantastbarer als die Privatsphäre, welche durch den 4. Zusatzartikel zur Verfassung der Vereinigten Staaten und den 12. Artikel der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte geschützt wird.

Vielleicht ist der folgende Aspekt auch nicht unerheblich: Wenn man von Menschenrechtsverletzungen zum Schutz der Nationalen Sicherheit spricht, dann denkt man für gewöhnlich zuerst an Guantanamo. So hat mir auch mein Ex-Soldat versichert, dass dank unzimperlicher Verhörmethoden etliche Pläne von Abu Nazir durchkreuzt werden konnten – und das klingt doch mehr nach Folter als nach ungefragtem Mithören.
Vom Sahnehäubchen, dass es einen islamistischen Terroristen namens Abu Nasir zwar durchaus gab (er wurde im Juni 2006 getötet), doch dass hier wohl eher Osama bin Laden mit dem Chefbösewicht aus Homeland verwechselt wurde, gar nicht zu sprechen. Nicht, dass man Realität und Fiktion nicht auseinander halten würde, bloss scheint die Fiktion das Vertrauen in die Rechtmässigkeit der in der Realität verwendeten Methoden merklich zu stärken.

Doch die Frage bleibt: Wie viele Bedrohungen konnten dank der massiven Internetüberwachung durch die NSA verhindert werden? Und legitimiert die Zahl diese Massnahmen?
Laut Alexander konnten dank der NSA-Spionage in mehr als 20 Staaten  mehr als 50 potentielle Terroranschläge verhindert werden.
Geoffrey Stone, Mitglied des Expertengremiums des Weißen Hauses, das die NSA-Affäre untersucht, hat diese Zahl jedoch insofern relativiert, dass die Erfolge eigentlich eher anderen Programmen geschuldet sind und dass die Sammlung und Analyse der Metadaten nur einen bescheidenen Beitrag zur Sicherheit der Nation geleistet habe. Er geht sogar so weit zu sagen, dass es keinen Fall gebe, in dem die NSA nachweisen konnte, dass das Ergebnis der Ermittlungen ohne sie anders herausgekommen wäre.

Ist das genug um den unerlaubten Eingriff in die Privatsphäre seiner Bürger zu rechtfertigen? Können das die Repräsentanten des Volkes wirklich guten Gewissens akzeptieren? Dürfen sie das überhaupt? Dürfen sie einen so zentralen rechtsstaatlichen Wert wie den Schutz der Privatsphäre nur aus Furch vor einer möglichen Bedrohung einfach ignorieren?

Wieso ist man dann bereit Opfer hinzunehmen, wenn es um Lösegeldforderungen von Terroristen geht? Man schickt lieber ein SWAT-Team rein und riskiert Opfer, statt einfach das geforderte Geld (plus das freie Geleit) herauszurücken und damit das Leben der Geiseln zu schützen. Wenn die Geiselnehmer den Behörden vertrauten, bräuchten sich die Geiseln nicht zu fürchten.
Weil es hier ums Prinzip geht?
Weil uns hier das Prinzip davor schützt, dass es mehr und mehr Entführungen gibt?

Und wo bleibt dann das Prinzip kompromisslos für die Menschenrechte einzustehen? Besteht nicht die Gefahr, dass wenn man das eine Menschenrecht lockert, schnell auch mal das andere ignoriert? Werden die Menschenrechte dann nicht zu einem Selbstbedienungsbuffet, aus dem man sich picken kann, was gerade zur Gardine passt?
Wir opfern Menschenrechte der Nationalen Sicherheit und schützen uns damit vor mehr und mehr terroristischen Bedrohungen! Nicht wirklich, wie es scheint.

Die offiziellen Erfolgs-Zahlen der Geheimdienste sind offensichtlich viel zu niedrig um die Verletzung der Privatsphäre und die horrenden Ausgaben zu legitimieren. Vielleicht werden die tatsächlichen, um Grössenordnungen höheren Zahlen aber aus strategischen Gründen geheim gehalten.
Wozu sollte das gut sein? Dass man gewisse Details nicht publik macht um die Ermittlungsstrategien zu schützen, kann ich noch nachvollziehen, doch dass man nicht mal die Zahl nennt, verstehe ich nicht. Sollte es aber tatsächlich so sein, dann frage ich mich, wie es möglich sein kann, dass offensichtlich beide Seiten im Schweigen über die tatsächlichen Zahlen einen strategischen Vorteil zu erkennen glauben.
Der einen Seite muss das publik machen der Zahlen mehr schaden als der anderen. Wenn das kein guter Grund ist, sich an die Presse zu wenden, dann weiss ich auch nicht.

Mit der Frage, wie viele Menschenleben gerettet werden müssen, damit es das punktuelle Ignorieren von Menschenrechten legitimiert, kommen wir nicht weiter. Drehen wir den Schuh daher einfach mal um und fragen: Dürfen wir uns durch das Nichtbeachten von Menschenrechten vor irgendetwas schützen?
Bedeutet die Anerkennung der Menschenrechte nicht, dass wir uns das Festhalten an diesen etwas kosten zu lassen gedenken? Nicht beliebig viel, selbstverständlich, aber doch zumindest etwas. Und zwar im Bereich der Sicherheit – weil jemandes Freiheit dadurch zu schützen, dass man sie beschränkt, macht ja nicht allzu viel Sinn.

China, Russland oder Nordkorea kümmern sich hochoffiziell nicht um Menschenrechte. Bei den Vereinigten Staaten sollte man allerdings meinen, dass es an ihrer moralischen Glaubwürdigkeit kratzt, wenn sie sich selbst nicht um die Werte scheren, derentwegen sie anderen bisweilen die Hölle heiss machen.

Da die Regierung eine moralische Pflicht vor allem ihren Bürgern gegenüber hat, kann man ihr das Abhören der Gespräche von Ahmadinedschad, Berlusconi oder Merkel eigentlich nicht wirklich übel nehmen. Es ist nicht nett, ohne Zweifel, doch da die USA die Menschenrechtsabkommen nicht ratifiziert haben, binden sie nur die Verfassung und die Zusatzartikel, deren Geltungsbereich sich allerdings allein auf die eigenen Territorien erstrecken. Insofern sind sie auf relativ sicherem Grund, wenn sie die Welt abhorchen und es mit irgendwelchen Menschenrechten nicht ganz so genau nehmen.

Dass die NSA damit aber auch vor ihren eigenen Bürgern nicht halt, kratzt umso mehr am Lack, je inbrünstiger die USA sich Land of the Free and Home of the Brave nennen.
Brave, ihr versteht schon, tapfer, mutig, unerschrocken, wo man nicht bei jedem Knall den Kopf einzieht.

 

———

Noch offene Fragen zu diesem Thema:

  • Werden Menschenrechte verletzt, wenn nur das Opfer meint seine Rechte seien verletzt, der Täter dies zwar nicht bestreitet, aber in Tat und Wahrheit gar nichts macht?
  • Ist es zynisch festzustellen, dass in den USA mit der Abschaffung der Todesstrafe mehr Leben gerettet worden wären als durch das Verhindern aller Terroranschläge seit 9-11?
  • Durch Polizisten kamen 8 mal mehr Amerikaner ums Leben als durch Terroristen. Sollte man sich da nicht vielleicht mal überlegen die Polizei abzuschaffen?
  • Haben die moralisch motivierten Embargos der Vereinigten Staaten ernst zu nehmende wirtschaftliche Einbussen?
  • Und last but not least: Kann eine Organisation böse sein, wenn sie von einer Enterprise-Kommando-Brücke aus gesteuert wird?

Information Domination Center

  • Und selbst wenn eine Organisation mit Enterprise-Kommando-Brücke böse sein kann, darf es die Piratenpartei davon abhalten dieser Föderation dennoch beizutreten?

Pontifex-Dialoge: Verfolgung wegen des Glaubens

Seit mir der Papst für ein Twitter-Follow einen Ablass vom Fegefeuer offeriert hat, führe ich von Zeit zu Zeit kleinere Dialoge mit dem Pontifex. Dies ist ein weiterer davon:

26. Dezember

Papst Franziskus @Pontifex_de
Beten wir vor der Krippe in besonderer Weise für jene, die wegen des Glaubens Verfolgung erleiden.

Eda Gregr @meskinaw
@Pontifex_de Jawohl, deshalb Trennung Kirche Staat, Religionsfreiheit und Missionierung nur unter sozial und intellektuell Gleichgestellten?

Jemanden aufgrund seines Glaubens in irgend einer Art zu diskriminieren (oder auch zu privilegieren) ist eine schlimme Sache. Daran gibt es nichts zu rütteln. Und es liegt – meines Erachtens – durchaus in unser aller Interesse, dass sich das endlich ändert. Sprich, dass Artikel 18 der Allgemeinen Menschenrechte umgesetzt wird:

Gedanken-, Gewissens- und Religionsfreiheit
„Jeder Mensch hat Anspruch auf Gedanken-, Gewissens- und Religionsfreiheit; dieses Recht umfasst die Freiheit, seine Religion oder seine Überzeugung zu wechseln, sowie die Freiheit, seine Religion oder seine Überzeugung allein oder in Gemeinschaft mit anderen, in der Öffentlichkeit oder privat, durch Lehre, Ausübung, Gottesdienst und Vollziehung von Riten zu bekunden.“ (www.humanrights.ch)

Ich kreide dem Papst in unseren Dialogen ja gern an, dass er statt brauchbare Strategien anzubieten (oder gar entsprechend diesen auch konkret zu handeln) lieber einfach zum Beten aufruft – wohl in der Hoffnung, dass sich die Sache so schon irgendwie einrenken wird.
Dann sollte ich lieber mal mit gutem Beispiel vorangehen und mal ein paar konkrete Vorschläge präsentieren, wie sich die Verfolgung und Benachteiligung einzelner Glaubensgemeinschaften beseitigen liesse.

Als Arbeitshypothese würde ich mal annehmen, dass Staaten, in denen die Diskriminierung klein oder nicht vorhanden ist, es wohl schon irgendwie richtig machen.

The Freedom of Thought Report 2013

iheu_map_2013_key
http://freethoughtreport.com/map/

iheu_map_2013

Laut dem Jahresbericht der IHEU können nur die folgenden 15 Länder von sich behaupten, dass keine Fälle von Diskriminierungen Nichtgläubiger bekannt wären. (Es spricht indessen viel dafür, dass Andersgläubige ungefähr gleich behandelt werden wie Nichtgläubige. )
Belgien, Benin, Fiji, Jamaica, Japan, Kiribati, Kosovo, Nauru, Niederlande, Niger, São Tomé and Príncipe, Sierra Leone, Südkorea, Taiwan, Uruguay

In allen anderen Ländern ist die Trennung von Kirche und Staat irgendwo zwischen gar nicht und noch nicht ganz sauber gezogen und die Staatsreligionen geniessen Privilegien. In manchen Fällen bis hin zur Möglichkeit die Todesstrafe auf Konversion und Blasphemie zu verhängen.

Das heisst, dass die „Verfolgung wegen des Glaubens“, wie der Papst sie nennt, weniger mit dem Glauben des Verfolgten zu tun halt als viel mehr mit dem Glauben des Verfolgers. Der Ausdruck ist daher eigentlich schon richtig gemeint, wenn auch leicht missverständlich formuliert. Nun ja, zumindest sollte der Papst es richtig meinen.
Und das wiederum heisst, dass der Papst mit diesem Tweet eigentlich sich und seinesgleichen an der Nase nimmt, die für ihre Religion beim Staat gewisse Privilegien herauszuschlagen versuchen, die zwangsläufig zu einer Diskriminierung aller anderen Weltanschauungen führen müssen, weil diesen diese Privilegien ja nicht zugesprochen werden.

Das wäre dann also mein erster Vorschlag für eine Strategie, wie sich die Verfolgung und Benachteiligung gewisser Glaubensgemeinschaften beseitigen lässt: indem man die Privilegien der bevorzugten Religion aufhebt, sprich die Kirche vom Staat trennt.


Ein zweiter Vorschlag, der mit den bisher angestellten Überlegungen jedoch nichts zu tun hat, ist die Ächtung der Missionsarbeit – so sie nicht auf gleichem sozialen und intellektuellen Niveau stattfindet. Warum diese Ächtung gerechtfertigt ist, möchte ich in einem anderen Artikel erläutern, hier möchte ich nur die Vermutung äussern, dass Aufgrund der daraus resultirenden Ausgeglichenheit der Kombattanten es zu wesentlich weniger Konversionen und entsprechend weltanschaulichen Reibereien kommen würde.
Dieser zweite Vorschlag ist zugegeben gleichermassen utopisch wie undurchdacht und seine Aufnahme in diesen Dialog verdankt allein meinem Faible für Experimentalpolitik.

Zukunft der Piratsphäre

Stellen wir des Arguments wegen einfach mal die folgenden beiden Prämissen über die Piratenpartei auf:

  • Von allen Parteien haben wohl die Piraten die wenigsten Skrupel kopiergeschütztes Material aus dem Netz runter zu laden.
  • Von allen Parteien hat wohl die Piraten den grössten Anteil an Trekkies.

 

Böse Zungen behaupten ja, dass die Deillegalisierung ihres Filesharingverhaltens überhaupt der Grund war die Piratenpartei zu gründen. Doch muss man zu ihrer Verteidigung anmerken, dass das Richtige selbst dann das Richtige ist, wenn es ursprünglich aus nicht ganz so edlen Motiven gefordert wurde.

Eine weitere Forderung der Piraten ist die Stärkung der Bürgerrechte und da insbesondere der Privatsphäre. Das zeugt allerdings von einer gehörigen Portion Schlitzohrigkeit, denn für den Fall, dass sich die Legalisierung von Privatkopien sich nicht durchsetzen lassen sollte, entzieht man den Behörden vorsorglich die Möglichkeit Verstösse auf legalem Weg herauszufinden.
Insofern ist das Parteiprogramm eine Absicherung für alle Eventualitäten. Und wenn alles andere nicht wirkt, kann  man sich immer noch auf die parlamentarische Immunität berufen.

Doch selbst wenn die Piraten allesamt verschlagene Seebären wären, so bedeutet das nicht im Geringsten, dass eine Reform des Urheberrechts, des Patentrechts und der Bürgerrechte nicht dringend notwendig ist. Die Piraten würden davon profitieren, doch das sollte uns nicht die Augen davor verschliessen lassen, dass auch alle anderen davon profitieren würden.

Und vielleicht würden wir in einer nicht allzu fernen Zukunft in einer schönen neuen Gesellschaft leben, wie sie die Trekkies an ihren Wochenenden nachspielen.
Es entbehrt aber nicht einer gewissen Ironie, dass es mit der Privatsphäre im Star Trek Universum nicht mehr sehr weit her ist. Man hat zwar die volle Entfaltungsmöglichkeit, doch aufgrund der Technologie weiss man zu jedem Zeitpunkt, wer was wo macht. Und nur der Edelmütigkeit ist es zu verdanken, dass diese Informationen nur in wirklich sehr dringenden Fällen angezapft werden.
Nicht nur weiss man, wie gesagt, wer was wo macht, man kann auch ganze Raumschiffe und Planeten scannen, den ganzen Körper durch medizinische Trikorder checken und einfachere Eingriffe zum Wohl des Gebeamten und aller anderen automatisch durch den Transporter durchführen lassen. Und nicht zuletzt speichert man auch alle seine Log- und Tagebücher auf dem gleichen System.
Und niemand stört sich an dieser allgegenwärtigen Überwachung.

Selbst die Trekkies unter den Piraten nicht.