Sexy Jesus

Das Urteil für den Teenager, der Oralsex mit der Jesus-Statue hatte, ist raus:

The boy appeared before Judge Thomas Ling and agreed to a consent decree signed by all parties involved, including the boy, his mother and his attorney, Karen Hickey.
The boy must not use social media during a six-month probation period as well as perform 350 hours of community service.
Among the other punishments, he must obey a curfew of 10 p.m., no alcohol or other controlled substances monitored by random drug testing and stay in school.
District Attorney Bill Higgins presented the decree to the court.
After accepting the agreement and while settling the number of community service hours, Judge Ling focused on the religious rights of Love in the Name of Christ, noting that the juvenile’s actions infringed upon their rights to practice their faith.
Upon successful completion of these terms and conditions, his case will be dismissed and the juvenile will have no criminal record.
WJAC

Zum Grübeln bringt mich der folgende Satz:

„noting that the juvenile’s actions infringed upon their rights to practice their faith“

Ich könnte verstehen, wenn es da heissen würde, dass es die religiösen Gefühle der Gläubigen verletzt – das ist schliesslich das „Verbrechen“, vor dem Blasphemiegesetze schützen sollen – , doch hier wird explizit vom Recht seinen Glauben auszuüben gesprochen. Also von einem (böswilligen) Angriff auf die Religionsfreiheit. Der Richter scheint wohl etwas handfesteres haben zu wollen als als lediglich die mittelalterliche Blasphemie.

Ich frage mich, wie man bemessen kann, ob jemandes Recht zur Ausübung seines Glaubens verletzt wurde?
Wenn die Gläubigen am Ende des Monats weniger Gebets- oder Messestunden auf dem Konto haben, dann natürlich ja. Aber ich bezweifle, dass sowas der Fall ist. Eher im Gegenteil ;)
Oder nimmt sowas den Leuten die Lust am Gebet oder am Gottesdienst? Wegen etwas, was man den Monica Lewinsky Effekt nennen könnte?

Oder lässt es den Zustrom neuer Gemeindemitglieder versiegen?
Dann müssten aber auch all die fundamentalistische Deppen verurteilt werden, deren Position dermassen absurd und lächerlich ist, dass sie mögliche Adepten verschrecken, die sonst sachte und einfühlsam hätten eingeführt werden können.
Und wenn man sich die Biografien vieler Atheisten anschaut und merkt, dass für viele von ihnen der Ausgangspunkt in ihrem Zweifel die tatsächliche Lektüre der Bibel war, dann müsste man wohl zum Schutz einer solchen Religionsfreiheit auch die Bibel selbst auf den Index setzen. (Was laut vielen fundamentalistischen Christen die katholische Kirche während Jahrhunderten tatsächlich getan haben soll. Und damit wohl die Religionsfreiheit gefördert hat ;)

Sexy Jesus im Film Son of God

Andererseits lenken wohl auch der Terror im IS oder auch sexy Jesuse die Konvertitenströme und müssten dann folgerichtig mit 350 Stunden Sozialarbeit und einer halbjährigen Verbannung aus den sozialen Medien bestraft werden. Man darf schliesslich nicht die eine oder andere Seite bevorteiligen. Das würde gegen die Religionsfreiheit verstossen.
Eine Anschlussfrage wäre dann, ob die Medien, die darüber berichten, sich nicht der Beihilfe zum Umleiten der Konvertitenströme schuldig machen und ebenfalls mit Sozialarbeit und einer Verbannung aus den sozialen Medien bestraft werden sollten?

Hier schliesst sich der Kreis. Oralsex mit Jesus sexualisiert den Sohn Gottes. Das ist aber nur fast neu. Schon der Jesus in der 2013 Verfilmung Son of God ist verdammt sexy und ohne Zweifel der feuchte Traum so manch einer heissen Christin. Und wohl auch so manch eines warmen Christen.
Was der Teenager da praktiziert hat, haben wohl viele andere auch schon in ihren Köpfen gemacht. Auf die eine oder andere Weise. Da könnte man sich doch glatt fragen, wieviel von der Empörung einfach nur blanker Neid ist?

 

Mit dem Thema hat das eigentlich nichts zu tun, aber wie haben die Kirchen es nur so lange geschafft, Jesus, den Verkünder der Liebe, so schön und gleichzeitig so bar aller Sexualität zu verkaufen? Ist dieser Umstand nicht ein sehr deutliches Zeichen für die Verachtung der Sexualität?
Dazu mehr zu einem späteren Zeitpunkt…

Religionsfreiheit

Obgleich ich weder den Atheismus noch den evolutionären Humanismus je als eine Religion bezeichnen würde – allein schon, weil da nicht an die Existenz eines übernatürlichen Wesens (und sei es auch nur die eigenen Seele, die über den Tod hinaus existiert) geglaubt wird, was ja gewissermassen die Quintessenz einer Religion ist – , so kann ich es doch auch nachvollziehen, wenn gewisse Leute, die die Notwendigkeit des transzendenten Aspekts irgendwie übersehen, dies dennoch tun.
Es ist zwar Blödsinn und ausgesprochen peinlich, aber okay, ich weiss ja, worauf es hinaus läuft: Auch Atheisten kommen nicht ohne Glauben aus (statt in eine offenbarte Wahrheit glauben sie einfach an die Gültigkeit irgendwelcher Theorien). Auch Atheisten haben ihre unfehlbaren Hohepriester (Dawkins, Harris & Hitchens). Und auch Atheisten missionieren (indem sie den Glauben anderer madig machen).

Zugegeben, ich referiere hier schon auch mal auf Forschungen, die ich beim besten Willen nicht kapiere.
Und missverständliche Aussagen atheistischer Exponenten interpretiere ich hier in der Regel etwas gnädiger als es Theisten zu tun bereit sind.
Und hie und da ziehe ich hier auch tatsächlich über Religionen her.
Was zusammengenommen der Atheismus-ist-eine-Religion-Logik folgend wohl mit Fug und Recht als das Praktizieren eben jener Religion bezeichnet werden kann.

So weit, so gut.
Nun erhielt ich aber folgenden Kommentar hier in diesem Blog:

Küm­mere dich doch lie­ber um deine ei­gene Re­li­gion!

Wenn ich in einem religiösen Blog rumgestänkert hätte, wäre dieser Rat ja noch nachvollziehbar gewesen: Da diskutieren irgendwelche Leute ihren Glauben, den zu praktizieren sie jedes Recht haben, und dann kommt da so ein aufdringlicher Atheist und macht ihnen alles madig. Ja, sowas ist tatsächlich unsympathisch. Und tatsächlich auch nicht unproblematisch, denn schliesslich hindert der Atheist die Gläubigen daran ihre Religion in Frieden zu praktizieren.
Wenn ich bei einem Strassenaktion rumgestänkert hätte, wo die Gläubigen fremden Menschen unaufgefordert ihren Glauben schmackhaft zu machen versucht hätten, wäre die Sache nicht mehr ganz so eindeutig. Denn genau das gleiche Recht, das die Gläubigen haben ihre religiöse Missionspflicht auszuüben, habe auch ich, die ja darin besteht, auf die Fehler in den Argumenten der Gläubigen hin zu weisen.
Doch ich praktiziere meine „Religion“ hier in meinem eigenen Blog, den nachweislich niemand liest.

Ein Blog ist zugegeben auch öffentlich, vielleicht nicht so sehr wie ein Stand in der Bahnhofstrasse, aber doch wesentlich mehr als der von der Religionsfreiheit garantierte Rahmen, in dem man nicht in seiner Ausübung behindert werden darf: die eigenen vier Wände.
Jegliches zur Schau stellen des eigenen Glaubens ist eine Beeinflussung der Öffentlichkeit, vor der – wenn gewünscht – die Religionsfreiheit ebenfalls schützen kann. Von daher ist es in diesen Fällen Andersdenkenden auch erlaubt diese Aktionen zu kritisieren.
Oder anders ausgedrückt: die Religionsfreiheit ermöglicht jedem Menschen die Religion seiner Wahl auszuüben und oder auch aufzugeben. Und sie verbietet es, ihn daran zu hindern. Das beinhaltet aber nicht, dass auch alles, was dieser von sich gibt, unkommentiert stehen lassen zu müssen. Religiöse Ansichten sind genau wie alle anderen auch uneingeschränkt kritisierbar. Im Interesse eines friedlichen Zusammenlebens empfiehlt es sich lediglich die Kritik mit möglichst wenig Fäkalausdrücken auszuschmücken – das ist aber nur ein nice to have.

Und nun kommt also ein Gläubiger und will mich mit seinem guten Rat zum Schweigen bringen und mich so daran hindern, meine „atheistische Religion“ in meinem eigenen Blog auszuüben…
Das Recht dazu hat er natürlich, schliesslich ist das ein (öffentlicher) Ort, aber – nun ja – es scheint mir schon etwas unsympathisch.

Fundament unseres Rechtssystems

Die 10 Gebote sind das Fundament unseres Rechtssystems.

Ich bin Jahwe, dein Gott, der dich aus Ägypten geführt hat, aus dem Sklavenhaus. Du sollst neben mir keine anderen Götter haben.
1. Gebot

Ein klares Votum gegen die Religionsfreiheit… Kein guter Start.

Pontifex-Dialoge: Verfolgung wegen des Glaubens

Seit mir der Papst für ein Twitter-Follow einen Ablass vom Fegefeuer offeriert hat, führe ich von Zeit zu Zeit kleinere Dialoge mit dem Pontifex. Dies ist ein weiterer davon:

26. Dezember

Papst Franziskus @Pontifex_de
Beten wir vor der Krippe in besonderer Weise für jene, die wegen des Glaubens Verfolgung erleiden.

Eda Gregr @meskinaw
@Pontifex_de Jawohl, deshalb Trennung Kirche Staat, Religionsfreiheit und Missionierung nur unter sozial und intellektuell Gleichgestellten?

Jemanden aufgrund seines Glaubens in irgend einer Art zu diskriminieren (oder auch zu privilegieren) ist eine schlimme Sache. Daran gibt es nichts zu rütteln. Und es liegt – meines Erachtens – durchaus in unser aller Interesse, dass sich das endlich ändert. Sprich, dass Artikel 18 der Allgemeinen Menschenrechte umgesetzt wird:

Gedanken-, Gewissens- und Religionsfreiheit
„Jeder Mensch hat Anspruch auf Gedanken-, Gewissens- und Religionsfreiheit; dieses Recht umfasst die Freiheit, seine Religion oder seine Überzeugung zu wechseln, sowie die Freiheit, seine Religion oder seine Überzeugung allein oder in Gemeinschaft mit anderen, in der Öffentlichkeit oder privat, durch Lehre, Ausübung, Gottesdienst und Vollziehung von Riten zu bekunden.“ (www.humanrights.ch)

Ich kreide dem Papst in unseren Dialogen ja gern an, dass er statt brauchbare Strategien anzubieten (oder gar entsprechend diesen auch konkret zu handeln) lieber einfach zum Beten aufruft – wohl in der Hoffnung, dass sich die Sache so schon irgendwie einrenken wird.
Dann sollte ich lieber mal mit gutem Beispiel vorangehen und mal ein paar konkrete Vorschläge präsentieren, wie sich die Verfolgung und Benachteiligung einzelner Glaubensgemeinschaften beseitigen liesse.

Als Arbeitshypothese würde ich mal annehmen, dass Staaten, in denen die Diskriminierung klein oder nicht vorhanden ist, es wohl schon irgendwie richtig machen.

The Freedom of Thought Report 2013

iheu_map_2013_key
http://freethoughtreport.com/map/

iheu_map_2013

Laut dem Jahresbericht der IHEU können nur die folgenden 15 Länder von sich behaupten, dass keine Fälle von Diskriminierungen Nichtgläubiger bekannt wären. (Es spricht indessen viel dafür, dass Andersgläubige ungefähr gleich behandelt werden wie Nichtgläubige. )
Belgien, Benin, Fiji, Jamaica, Japan, Kiribati, Kosovo, Nauru, Niederlande, Niger, São Tomé and Príncipe, Sierra Leone, Südkorea, Taiwan, Uruguay

In allen anderen Ländern ist die Trennung von Kirche und Staat irgendwo zwischen gar nicht und noch nicht ganz sauber gezogen und die Staatsreligionen geniessen Privilegien. In manchen Fällen bis hin zur Möglichkeit die Todesstrafe auf Konversion und Blasphemie zu verhängen.

Das heisst, dass die „Verfolgung wegen des Glaubens“, wie der Papst sie nennt, weniger mit dem Glauben des Verfolgten zu tun halt als viel mehr mit dem Glauben des Verfolgers. Der Ausdruck ist daher eigentlich schon richtig gemeint, wenn auch leicht missverständlich formuliert. Nun ja, zumindest sollte der Papst es richtig meinen.
Und das wiederum heisst, dass der Papst mit diesem Tweet eigentlich sich und seinesgleichen an der Nase nimmt, die für ihre Religion beim Staat gewisse Privilegien herauszuschlagen versuchen, die zwangsläufig zu einer Diskriminierung aller anderen Weltanschauungen führen müssen, weil diesen diese Privilegien ja nicht zugesprochen werden.

Das wäre dann also mein erster Vorschlag für eine Strategie, wie sich die Verfolgung und Benachteiligung gewisser Glaubensgemeinschaften beseitigen lässt: indem man die Privilegien der bevorzugten Religion aufhebt, sprich die Kirche vom Staat trennt.


Ein zweiter Vorschlag, der mit den bisher angestellten Überlegungen jedoch nichts zu tun hat, ist die Ächtung der Missionsarbeit – so sie nicht auf gleichem sozialen und intellektuellen Niveau stattfindet. Warum diese Ächtung gerechtfertigt ist, möchte ich in einem anderen Artikel erläutern, hier möchte ich nur die Vermutung äussern, dass Aufgrund der daraus resultirenden Ausgeglichenheit der Kombattanten es zu wesentlich weniger Konversionen und entsprechend weltanschaulichen Reibereien kommen würde.
Dieser zweite Vorschlag ist zugegeben gleichermassen utopisch wie undurchdacht und seine Aufnahme in diesen Dialog verdankt allein meinem Faible für Experimentalpolitik.