Politik und Lügen

Man kann durchaus meinen, dass die Grenzen zu verriegeln und alle Muslime zu überwachen, das Leben der Amerikaner sicherer macht. Das halte ich zwar für ausgemachten Blödsinn und ich kann gerne darlegen, warum ich es für ausgemachten Blödsinn halte, aber man kann es tatsächlich meinen. Und wenn man das meint, können einem Trumps Handlungen als Präsident durchaus sinnvoll und richtig erscheinen. Das will ich gar nicht bestreiten.
Doch wie um alles in der Welt kann man nicht den Kopf über das Lügen schütteln?

Okay, vielleicht schütteln auch seine treuesten Anhänger darüber den Kopf, genau wie sie über Trumps Pussy Gate den Kopf geschüttelt haben. Das sei falsch, das hätte er nicht tun und sagen dürfen, aber hey, wenn seine politischen Entscheidungen die richtigen sind, sei’s drum. Es gibt wichtigeres. Das kann ich nachvollziehen.
Nicht ganz so gut kann ich zwar nachvollziehen, dass die gleichen Leute, die heute grosszügig über solche unmoralischen Ausrutscher hinwegsehen, vor noch gar nicht so langer Zeit sehr empört darüber waren, dass ein Präsident über einen ausserehelichen Blowjob log und die Frau eines anderen Präsidenten ein ärmelloses Kleid trug, aber hey, in diesen beiden Fällen waren auch die politischen Entscheidungen der Präsidenten offensichtlich nicht die richtigen und so haben die Präsidenten weder durch gute Arbeit noch durch Ehrlichkeit (respektive durch angemessen gekleidete Begleitung) die hohen Werte der USA zu repräsentieren geschafft.

Hinzu kommt, dass Präsidenten manchmal keine andere Wahl bleibt als zu lügen. Sei es um Agenten zu schützen. Oder um eine Massenpanik zu verhindern. Oder auch nur um die Leute zu etwas wichtigen zu motivieren. Das ist zwar nicht ganz koscher, aber es ist von allen schlechten Wegen womöglich der am wenigsten schlechte. Ich bin daher gern bereit hier den „Benefit of the doubt“ gelten zu lassen.

Aber – und das ist ein grosses Aber – die Lügen sollte so stichhaltig sein, dass sie erst rauskommen, nachdem sie ihren (guten!!!) Zweck erfüllt haben.
Also beispielsweise erst nachdem der Irak vom üblen Despoten befreit und ein stabiles politisches System etabliert wurde. Dann kann sich gern herausstellen, dass da nie Massenvernichtungswaffen waren. Wie gesagt, das ist nicht okay, ganz und gar nicht, aber wenn das Ergebnis besser ist als alles, was man von allen denkbaren Varianten hätte erwarten können, dann soll es mir recht sein.
Wohlgemerkt, das Ergebnis des Irakkrieges war nicht gut. Aber zumindest hat man damit gerechnet oder zumindest inständig gehofft, dass es gut rauskommt. Der Wille war da. Und die Lüge verschaffte die zur Erfüllung erforderliche Zeit.

Aber hier und heute? Trump sagt Dinge, die an Ort und Stelle offensichtlich nicht der Wahrheit entsprechen. Damit kauft er keine Zeit.
Darf man wirklich so leichtfertig mit der Wahrheit umgehen?
Okay, vielleicht sind es Nebelgranaten, mit denen er von den wichtigen Dingen ablenkt… Was dann gewissermassen eine Lüge 2. Ordnung wäre, welche der Regierung Zeit verschaffen soll, damit sie die (guten!!!) Ergebnisse erzielt, bevor sie durch die Aufmerksamkeit verunmöglicht werden. Vielleicht ist das Vertrauen in die Politik inzwischen so geschwächt, dass man die Lüge 2. Ordnung braucht, weil die der 1. Ordnung eh nicht mehr abgekauft wird?

 

Allerdings… Ich bin mir nicht sicher, ob es „das gute Ergebnis“ wirklich gibt, welches man mit den bedenklichen Methoden errungen hat.
Klar, das Unrechtsregime wurde ersetzt durch ein so vorbildliches, wie man es sich nur wünschen kann. Alle Kriterien für einen Erfolg sind mehr als übertroffen, doch man weiss, dass es mit einem Trick erreicht wurde, was das Vertrauen in die Politik schmälern wird. Was einen dann womöglich den nächsten Erfolg kosten wird. Man erkauft sich damit den Erfolg auf Kosten der zukünftigen Erfolge. Das ist nicht nachhaltig.
Mit einem Trick zu gewinnen, funktioniert, ist aber nicht nachhaltig.

Deshalb sollten Politiker und Präsidenten zur Rechenschaft gezogen werden können, wenn sie beim Lügen erwischt werden. Selbst dann, wenn es gut raus gekommen ist. Damit will ich den Politikern nicht ihre politische Immunität streitig machen, denn die brauchen sie natürlich. Es ist ihr Job, wenn nötig, auch sehr unpopuläre Entscheidungen umsetzen. Doch sie müssen belegen können, dass sie stets nach besten Wissen und Gewissen gehandelt haben. Und das tun sie indem sie die Gründe für ihre Entscheidungen offen legen. Und wenn sie lügen, also falsche Gründe angeben, und für diese Lügen, wenn die dann mal ans Licht kommen, keine wirklich guten Gründe anführen können (welche es durchaus geben kann), dann untergraben sie damit das Vertrauen in Politiker insgesamt und das sollte strafbar sein. Strafbar in einer Art und Weise, dass die Bevölkerung das Gefühl hat, dass die zu erwartenden Konsequenzen die Politiker vom Lügen abhalten werden und damit das Vertrauen in deren Ehrlichkeit wiederherzustellen fähig sind. Weil wir können es uns nicht leisten, den Politikern nicht zu trauen.