Tic Tac Toe

Heute bin ich an der rechts abgebildeten Werbung für Diesel-Jeans vorbeigekommen. Zwei halbnackte Frauen spielen mit Peitschen Tic Tac Toe auf den Rücken eines ebenfalls halbnackten Mannes, der es sichtlich geniesst. Auch eine der beiden Frauen diente offensichtlich bereits als Spielbrett.
Ich weiss nicht recht, was ich davon halten soll. Umgekehrt nämlich, also dass zwei Männer eine Frau auspeitschen, wäre es wohl nicht gegangen. Ich schätze daher, dass es sich hierbei um eine jener Werbungen handelt, die auf eine sexy Weise mit Tabus zu flirten versuchen. Vom Konzept her also nichts neues.
Ich frage mich, welchen Einfluss diese rein kommerziell motivierten Tabubrüche auf die Gesellschaft haben. Nicht unbedingt die konkrete Werbung, sondern diese Form der Werbung.
Da es meines Erachtens die ureigenste Aufgabe der Kunst ist, Tabus auf ihre „Gerechtfertigkeit“ hin zu prüfen, übernimmt hier die Werbung zum Teil diese Aufgabe. Ich bezweifle jedoch, dass die Massstäbe mit denen sie eben jene „Gerechtfertigkeit“ prüfen, ethischer oder ästhetischer Natur sind. Ich schätze, es sind eher finanzielle Massstäbe. Das macht zwar nichts, doch die Unvollständigkeit ist bedenklich. Das heisst nämlich, dass sie wohl kaum ein Tabu brechen werden, das für sie kontraproduktiv ist. Zum Beispiel die Magersucht.
Ich würde sogar so weit gehen und die Hypothese aufstellen, dass Werbung nur mit jenen Tabus spielt, welche marktwirtschaftlich betrachtet hemmend wirken. Es wird also, um es moralisch populistisch auszudrücken, in Richtung der universellen Zügellosigkeit hingearbeitet.
Es ist durchaus zu begrüssen unsere Tabus gelegentlich zu überprüfen, andernfalls droht man in einen sturen Dogmatismus abzudriften. Doch heisst das nicht, dass diese Überprüfung zwangsläufig auch im Fernsehn stattfinden muss. Gewisse Themen sollten vielleicht einfach anderswo diskutiert werden. Wir leben in einer Gesellschaft, in der Ideen durch verschiedenartige Mechanismen umherschwappen und das Medium ist schliesslich die Message.

Ein Blick in die Webcam

Ich habe gestern in einem üppigen Ausschnitt einem Anhänger ausmachen können, der verdächtig nach einer Webcam aussah. Das ist eine grandiose Idee: Schaut jemand direkt in die Kamera, so weisst du, dass er ungezogen war. Das wäre mal ne Reality-Show. Möpse sieht mal überall zur Genüge, aber nicht die Reaktionen, die sie hervorrufen.

Um es vielleicht nicht ganz so moralinlastig zu inszenieren, könnte man die Webcam an verschiedenen Orten installieren und man muss dann anhand der Reaktionen der Passanten erraten, wo sie wohl steckt.

Wetterfee

Im chilenischen Fernseh habe ich beobachtet, dass die Wetterfee exakt die Figur der Landesform hat. Das finde ich eine durchaus nachahmenswerte Idee.
Unsere Bettina müsste demzufolge wie ein Schweinchen aussehen. Die Wetterfee in Italien würde nichts als wunderschöne Stiefel tragen. In England müsste die Wetterfee auf einem Schwein reiten. In Deutschland dürfte sie ziemlich fett sein…
Ich glaube dieser Zugang würde das nationale Bewusstsein stärken, die billigen Schönheitsideale über den Haufen werfen und Expansionsgedanken nur noch ästhetischen Idealen folgen lassen – wenn überhaupt. Und die Separatisten in Italien und anderen Ländern würden es sich sicherlich auch nochmals durch den Kopf gehen lassen.

Kabel eins & seine Alienwoche

Am Montag lief auf Kabel eins die Doku „Extraterrestrial – Auf der Spur der Aliens“. Das Thema ist faszinierend, zweifellos, aber was uns hier geboten wurde, ist trotz angeblicher Topbesetzung durch die grössten Kapazitäten der Astrobiologie schlichtweg eine Katastrophe.
Der erste grobe Schnitzer ist die Voraussetzung, dass Leben mit grösster Wahrscheinlichkeit (wenn nicht gar ausschliesslich) auf einem erdähnlichen Planeten mit erdähnlichen astronomischen Rahmenbedingungen entsteht. Dass es da entstehen kann, ist offensichtlich, ob es aber die Regel ist oder die Ausnahme, können wir nicht beurteilen. Das bedeutet demzufolge für die Doku, dass das „strikt wissenschaftlichen Kriterien folgende Modell“ bestenfalls einen „faszinierenden Einblick in“ erdähnliche, „außerirdische Welten“ ermöglichen kann.
Ein zweiter grober Schnitzer ist, dass sich „die renommiertesten Forscher und Wissenschaftler, unter anderem von der NASA, der Universität Cambridge und dem SETI-Institut unter Verwendung sämtlicher verfügbarer Daten und Fakten“ zu einem Satz hinreissen liessen wie: Die Wahrscheinlichkeit, dass es dort Flugwale gibt, ist sehr hoch.

Okay, diesen „Top-Doku“-Patzer kann man Kabel eins vielleicht noch verzeihen, denn womöglich haben sie die Katze – wie man so schön sagt – im Sack gekauft. Aber am Dienstag Camerons Tiefsee-SciFi, welcher vergleichsweise gar nicht mal so übel ist, unter dem Titel „The Abyss – Abgrund des Todes“ auszustrahlen?

Reality-TV

Natürlich sind die TV-Sendungen, die uns heutzutage vorgesetzt werden, nichts als peinlich, doch ob sie zur Volksverdummung beitragen… da wäre ich mich mir mal nicht so sicher.
Unsere Talkshows und die anderen Formate verlangen vom Zuschauer, abgesehen von einer extrem hohen Resistenz gegen Brechreiz, die Fähigkeit den Durchblick in einem komplexten Geflecht von sozialen Beziehungen zu bewahren, was wohl die treibende Kraft hinter der Evolution des Hirnvolumens war (vgl. Neocortex size as a constraint on group size in primates von R.I.M. Dunbar).
Es ist durchaus anzunehmen, dass unser TV-Angebot einen Konsumenten aus den 70ern völlig überfordert hätte. Und sowas ist in der Regel kein Indiz für einen geistigen Zerfall. Daher meine provokative These: Reality TV zwickt vielleicht ein paar Punkte auf der IQ-Skala ab, doch auf der um EQ-Skala ist es das reinste Steroid. Und will man Neocortex size predicts deception rate in primates von Richard W Byrne and Nadia Corp glauben, dann dient das aufgepumpte Hirn nicht zuletzt genau jenen hinterhältigen Fertigkeiten, die einen just ins Reality TV bringen.

Ein Beispiel um es zu verdeutlichen:
Jemandem einen harmlosen Streich spielen, ist 70er Jahre.
Jemanden dazu bringen, einem anderen einen primitiven Streich zu spielen, ist 90er Jahre.
Jemanden dazu bringen, einen anderen dazu bringen, einem dritten einen Streich zu spielen, ist 00er Jahre.
Wobei hier seltsamerweise die Streiche nicht selten Exkremente und Maschendrahtzäune beinhalten.

Universalgenies

TV-Serien-Helden wissen alles. Egal was zur Sprache kommt, sie sind nie um eine Antwort verlegen. Natürlich gibt es auch Leute, die auch diesseits der Mattscheibe ein ähnliches Verhalten aufweisen, doch stimmen bei denen in aller Regel nie gänzlich alle Antworten.
Selbstverständlich lenken die Drehbuchautoren die Handlungen und Gespräche geschickt an den tückischen Stellen vorbei, nichtsdestotrotz vermitteln diese Helden unterschwellig die Botschaft, dass man selbst ein Ignorant ist und wir mit nichten von Fachidioten wie uns selbst umgeben sind.
Kann man sie verklagen auf mutwillige Irreführung und die ungerechtfertigte Stärkung des Establishments?

TV-Rätsel zu später Stunde

Soweit ich es ausmachen kann, existieren zurzeit drei TV-Konzepte, die billiger sind als das Testbild nach der Nationalhymne: Dauerwerbesendungen, Darstellungen äusserst spärlich bekleideter Damen und Knobelspiele.
Eine eindeutige Zuordnung einer bestimmten Sendung ist indessen nicht immer realisierbar, geschweige denn trivial, weil die Grenzen zwischen diesen Konzepten geradezu supraflüssig sind. Entgegen der Intuition sind nämlich sämtliche Mischungsverhältnisse nicht nur produzierbar, sondern längerfristig auch genau gleich erfolgversprechend.
Sowohl die Dauerwerbesendungen als auch die Damen haben tiefschürfenden Studien zufolge noch Restspuren von Erkenntnis- und/oder Unterhaltungswert, aber die Rätselshows, mein lieber Schwan, die grenzen definitiv an Körperverletzung.
Was uns hier nämlich geboten wird, ist der Spagat zwischen dem fragwürdigen Versuch so viele Zuschauer wie möglich über einen so grossen Zeitraum wie gerade noch erträglich mit so bescheuerten Rätseln wie noch zumutbar  so wenig Geld wie noch glaubwürdig gewinnen zu lassen und dem vermeintlich noblen Versuch den Zuschauern dabei noch das Gefühl zu vermitteln, sie seien verdammt clever.
Beides erreichen die Moderatoren einerseits indem sie die Zeit mit ihrem langweiligen und völlig belanglosen Geschwafel gnadenlos tot schlagen und andererseits indem sie in völligem Widerspruch dazu sukzessive eine hektische und beim Zuschauer eklige Zappeligkeit auslösende Atmosphäre aufbauen. Und den Rest geben einem die absurd absurden Lösungshilfen der Moderatoren.
Und wenn ein Zuschauer durchgeschaltet wird, gibt er eine völlig abwegige Antwort. Man könnte fast meinen, die Telefonzentrale hätte „versehentlich“ die Anrufer in die falsche Rätselshow umgeleitet.

Und wenn es doch mal einer schafft alle psychischen und technischen Hürden zu umschiffen und sogar die richtige Antwort zu geben…

dann ist sie falsch

und ab zur nächsten Frage

ohne dass die vorherige je aufgelöst werden würde.

Der Zapping-Code

In der heutigen Zeit ist ein Geheimnis keine Frage des Verschüsslungscodes mehr, auch wenn man dies den Ahnungslosen Weiss zu machen versucht. Heute ist es viel mehr eine Frage des Versteckens: Was der andere nicht findet, das kann er auch nicht entschlüsseln.

Kürzlich habe ich ein sehr raffiniertes Versteck gefunden: Das Fernsehn. Wenn man in der richtigen Geschwindigkeit durch die richtigen Kanäle zappt, so werden einem Wort für Wort Dinge verraten, von deren Existenz man nicht mal zu träumen gewagt hätte.
Natürlich müssen SIE verhindern, dass man wie ich durch Zufall den Rythmus findet, und deshalb wursteln sie überall die Szenen mit den nackten Frauen rein um uns aus dem Rythmus zu bringen.

Der Zaubertrank des Superman oder Lapsang Souchong rettet die Welt

Wie Insidern allgemein bekannt sein dürfte, ist Lapsang Souchong (chinesisch 正山小種 / 正山小种) der von Superman bevorzugte Tee. Weniger bekannt, wenn auch nicht minder wichtig, dürfte die Tatsache sein, dass dieser Tee neben einem wirklich ausgezeichneten, rauchigen Geschmack auch noch einen nicht zu ignorierenden Drang zum Wasserlassen entfaltet.
Vor allem der zweiten Qualität wollen wir nun unsere Aufmerksamkeit schenken, denn dies ist , was Superman zum wirklichen Helden macht.
Wir alle kennen Superman und wissen was er für Lois, Metropolis und nicht zuletzt die ganze Welt tut: Rettet hier ein Kätzchen vom Baum, bewahrt da einen Zug vor dem Entgleisen und hilft dort einer Oma über die Strasse. Diese Taten sind zwar durchaus lobenswert, aber einen Superhelden machen sie aus Clark Kent deshalb noch lange nicht. Ja nicht einmal die Tatsache, dass er das alles fliegend vollbringt, ändert daran etwas, eher im Gegenteil.
Was macht nun aber Superman zum Superhelden? Die Strümpfe sind es nicht, denn in denen sieht Lois wesentlich besser aus. Der rote Umhang ist es auch nicht, denn auch in dem sieht Lois wesentlich besser aus. Das Fliegen vielleicht? Auch nicht, denn wie jeder Mann gern bestätigen wird, ist es Lois, die eleganter über die Szene schwebt. Tatsächlich ist es die Fähigkeit all die guten Taten zu vollbringen und zwar nachdem er vorher eine Tasse Lapsang Souchong getrunken hat.
Wenn die Natur ruft ist für jeden normalen Menschen, die Moral erst mal sekundär. Nicht so für Superman, der Druck mag noch so gross sein, das Kätzchen hat stets Vorrang.
Seien wir doch ehrlich, ist es nicht so, dass uns immer just in dem Moment der Harndrang überkommt, wenn wir gerade die Gelegenheit hätten, die Welt zu retten? Das kann, ja, das darf man uns aber nicht zum Vorwurf machen, denn wir sind ja keine Superhelden.

Diesen spekulativen philosophischen Gedanken möchte ich nun noch eine paar äusserst reale Fakten hinzugesellen: Dass Superman auf Kryptonit sehr empfindlich reagiert, ist allseits bekannt. Weshalb dem aber so ist, war eine lange Zeit die in der Wissenschaft am heissesten diskutierte Frage. Nun hat sich aber herausgestellt, dass Kryptonit auf Superman wie eine Art Harndrangenthemmer wirkt. Das heisst konkret, dass die Kryptonit-Strahlung bei Superman die Produktion des Hormons Dekroonzaphsolin verhindert, das die für Harndrang zuständigen Neurotransmitter blockiert.
Das ist sowohl der Grund für den sauren Gesichtsausdruck wie auch für die uns allseits bekannte, harnbedingte Unfähigkeit auch nur die geringste selbstlose Tat zu vollbringen.
Also bräuchte er eigentlich nur in die Ecke zu pissen…
Aber er trägt ja Strumpfhosen und da gelten andere Regeln.
Dass es ihm jetzt aber nur nicht in den Sinn kommt, Strapse zu tragen. Tatsächlich würde auch in ihnen Lois entscheidend besser aussehen.