Das Spiel des Lebens

Lasst uns zusammen ein Computer-Spiel entwickeln!

Eine Art Echtzeit-Strategiespiel, in dem der Spieler (genannt „User“) fast nur Betrachter ist und das eigentliche Spiel von den verschiedenen künstlichen Intelligenzen des Spiels (KI) gespielt wird. Es gewinnen alle KIs, die ein gewisses Ziel erreichen.
Die KIs sind dabei so angelegt, dass sie das Ziel kennen und es zu erreichen versuchen. Das Ziel ist nicht allzu schwer zu erreichen, bloss kommt den KIs manchmal etwas in den Weg. Seien es die Bemühungen anderer KIs oder Pech oder auch etwas anderes.

Unser Spiel ist wohl vergleichbar mit Klassikern wie Age of Empires, Sid Meier’s Civilization oder StarCraft, wenn alle Parteien von der KI gespielt werden.

Das Ziel ist hier im Gegensatz zu den oben genannten aber kein „materielles“, wie beispielsweise Kontinente zu erobern oder möglichst viel Geld zu scheffeln, sondern ein „moralisches“: Man muss nett sein. Konkret heisst das, dass man keiner anderen KI – sei es durch Tun oder Unterlassen – wissentlich Schaden zufügen darf.
Jede Handlung wird durch Karma-Punkte belohnt, respektive durch Abzug ebenjener bestraft. Das Ziel ist am Ende eine positive Karma-Punkte-Bilanz aufweisen zu können.

Der „User“ hat dabei die Möglich ins Spiel einzugreifen. Er kann einer KI mal helfen oder ihr auch das Leben schwer machen. Sei es indem er ihr Steine auf den Kopf fallen lässt oder die Ressourcen in der Welt so einstellt, dass sie nicht für alle KIs reichen.
Die Möglichkeiten der Einflussnahme durch den „User“ sind dabei schier unerschöpflich (wodurch das Spiel voraussichtlich sehr interessant für Soziologen und Konsorten sein wird, die damit die gesellschaftlichen Konsequenzen verschiedenster Voraussetzungen untersuchen können).

Unser Spiel hat aber noch einen kleinen Twist: Die Karma-Punkte werden auch an die „User“ für ihre Handlungen verteilt. Denn wenn es für eine KI böse ist, einer anderen zu schaden, dann doch auch für den „User“.
Selbstverständlich darf der „User“ auch mal Genozid spielen, aber er wird in diesem Fall das Spiel wohl nicht gewinnen.

Der „allmächtige“ „User“ kann – wie gesagt – vieles ändern, nicht aber das Karma-Punkte-Verteilsystem.
Die Karma-Punkte werden anhand der Folgen der Handlungen und der Vorhersehbarkeit dieser Folgen berechnet. Das heisst, wenn ein“User“ ein ähnliches Setting zum zweiten Mal spielt und aufgrund seiner „Allwissenheit“ die Konsequenzen seiner Handlungen besser abschätzen kann, kriegt er je nach dem weniger Karma- respektive mehr Negativ-Karma-Punkte.

Der „User“ kann aber durchaus die KIs davon überzeugen, dass er das Karma-Verteilsystem verändert hat. Und er kann ihnen auch weiss machen, dass er selbst defaultmässig unendlich viele Karma-Punkte hat.
Die hat er aber nicht und er ist auch nicht einfach so das „moralischste“ Wesen.


Und was lernen wir draus?
Antwort: Je allwissender man ist, desto weniger wiegt eine Wohltat und desto mehr jedes zugefügte oder nicht verhinderte Leid.

Pontifex-Dialoge: Das Universum

Seit mir der Papst für ein Twitter-Follow einen Ablass vom Fegefeuer offeriert hat, führe ich von Zeit zu Zeit kleinere Dialoge mit dem Pontifex. Dies ist ein weiterer davon:

20. Juni 2017

Papst Franziskus @Pontifex_de
Das Universum ist mehr als ein wissenschaftliches Problem; es ist ein freudvolles Geheimnis, Ausdruck von Gottes Liebe zu uns.

„Das Universum ist mehr als ein wissenschaftliches Problem“. Damit ist wohl gemeint, dass das Universum mehr zu bieten hat, als die Wissenschaft zu erklären vermag1.
Das Universum ist also die grosse Bühne, auf der sich Wundersames ereignet.

Mit Hilfe der Wissenschaft durchschauen wir indessen nach und nach die Tricks, die dahinter stecken. Vieles von dem, was früher unbegreiflich war, haben wir inzwischen begriffen.
Wie viel von den, was noch immer unbegreiflich ist, auf immer unbegreiflich bleiben wird, wissen wir nicht. Und wir wissen auch nicht, ob der unbegriffene Rest am Ende unbegreiflich bleiben wird aufgrund unserer beschränkten Zeit und Fähigkeiten oder weil es da einfach nicht mit rechten Dingen zugeht, was der einzige Grund ist, warum etwas prinzipiell nicht verstanden werden kann.
Der Papst geht offensichtlich davon aus, dass ein Teil auf ewig2 ein Mysterium bleiben wird. Nicht etwa, weil er Gründe dafür hätte, dass zu glauben, denn wir haben noch nie etwas beobachtet3, was nicht mit rechten Dingen zugegangen wäre, sondern weil er es glauben will.

Hinzu kommt, dass die Religionen eine gewisse Reputation darin haben, Fragestellungen, welche vermeintlich Unbegreifliches begreiflich machen könnten, sicherheitshalber zu unterbinden. Zum Wohl des allgemeinen Seelenheils wohlgemerkt, denn aus dem Verschwinden des Unerklärlichen könnte man nur allzu leicht auf das Nichtvorhandensein des Unerklärlichen schliessen. Und das, obwohl es ja einen sehr überzeugenden Grund dafür gibt, dass es das Unerklärliche tatsächlich gibt: der Papst wünscht es sich so sehr. Und wer sind wir, ihm diesen Wunsch auszuschlagen?
Natürlich verbieten Religionen nicht die Wissenschaft. Es ist nur so, das das Seelenheil Priorität hat. Wenn die Erforschung (und Enträtselung) der Wundersamkeit des Universums den Glauben4 stärkt, sehr gut, wenn es ihn jedoch zersetzt, ist die Ignoranz ein Segen. Zu welcher Kategorie Sie gehören, erfahren Sie bei Ihrem zuständigen Priester5.

Da ist aber noch was anderes. Der Weltraum, aus dem das Universum besteht, versucht uns zu töten!

Und selbst zuhause kommen wir nur mit einer stattlichen Portion Glück über die Runden: wenn Global Killer uns verfehlen, sich keine Supernovas in unserer Nachbarschaft ereignen und wir nicht zufälligerweise einer hypergalaktischen Umgehungsstrasse im Weg stehen.
Das Universum, die freudvolle Bühne, ist ein Minenfeld.
Die hübsche Anordnung von Landminen und deren elegante Bauweise macht sie nicht wirklich zu einem Liebesbeweis.

Eda Gregr @meskinaw @Pontifex_de Es ist das gleiche Problem wie Krokodile, Vulkane und HIV. Ziemlich tödlich. Ausdruck von Gottes Liebe für uns. Amen?

Der Papst sieht das Universum als eine Herausforderung. Die Konfrontation mit ihm lässt uns gleichermassen intellektuell wie spirituell wachsen. Und eine spannende, knifflige Herausforderung ist durchaus etwas, was ein liebender Vater seinem Kind bieten würde. Bloss dass ein Scheitern lieber nicht den Tod (und ewige Höllenqualen) nach sich ziehen sollte. Und selbst nur so zu tun, als ob ein Scheitern tödlich wäre, ist nicht unproblematisch, wenn man nicht will, dass das Kind ein Trauma davon trägt.
Zur spannenden und kniffligen (und tödlichen) Herausforderung des liebenden Vaters scheinen folgende Extras zu gehören: Man muss sich beim Ergründen der Geheimnisse des Universums gegen die Angriffe der Vertreter des Vaters behaupten, von denen man weiss, dass sie in der Vergangenheit ziemlich grausam mit Leuten umgegangen sind, die sich gegen sie zu behaupten versuchten. Obwohl nur die wissenschaftliche Methode verlässliche Ergebnisse liefert, ist man verpflichtet auch andere Methoden zu benutzen und deren Ergebnisse zu akzeptieren. Man weiss nicht, ob die Vorbilder, die man hat, im Sinne des Vaters erfolgreich waren oder gescheitert sind. Und der Vater schreckt nicht vor Gewalt und Bildern auf Toastbroten zurück um einen gutgemeinte Hinweise zu geben.

Eda Gregr @meskinaw @Pontifex_de Zeitbomben als Ausdruck von Gottes Liebe, auf dass es vielleicht einem von uns gelingt, sie zu entschärfen.

So ein Szenario ist nur dann ein Beweis für die Liebe Gottes, wenn ich allein das Versuchsobjekt bin und alle anderen Statisten. Dann haben die anderen vor mir, die die Zeitbombe zu entschärfen versuchten, nämlich nicht einfach Pech gehabt, sondern sie waren Teil einer Inszenierung, die mich in die richtige „Stimmung“ versetzte innerhalb der Herausforderung, an der ich wachsen soll.

Dies zeigt übrigens wieder einmal, dass Computerspiele in der Theologie noch immer nicht die Beachtung finden, die sie eigentlich verdienen. Computerspiele als ein Abbild dessen, was uns die Religionen als göttlichen Plan verkaufen wollen: Wir werden in eine Welt geschleudert, in der wir uns behaupten und aus der wir erfolgreich entkommen müssen. Und Freud und Leid und Tod im Spiel sind nur zu unserer Unterhaltung ausserhalb des Spiels da. Gruselige Zombies sind ein Liebesbeweis der Entwickler an den Käufer.
Und im Multiplayer-Modus: Indem der Erfolg des einen Spielers den des anderen einschränken kann, entsteht eine Selektion, wo es Gewinner und Verlierer gibt. Und ob es diese Linie gibt und wo sie liegt gänzlich in der Macht des Spiel-Designers. Dieser kann dann gern noch ein Feature einbauen, welches den Spieler, wenn er nicht erfolgreich ist, auch ausserhalb des Spiels tötet. Doch dann sollte er die Entscheidung, ob man das Spiel spielen will, dem Spieler überlassen. Andernfalls kommt er wohl nicht damit durch, dass er das Spiel aus Liebe für die Spieler entwickelt hat:
Wenn du dir wünschst Russisch Roulett zu spielen, dann kann es ein Akt der Liebe sein, dir den Revolver zu geben.
Wenn du es aber nicht spielen willst, dann ist es kein Akt der Liebe, dir den Revolver zu geben und dich zu zwingen abzudrücken.

Mit dem Wechseln von Diesseits- und Jenseitsperspektive machen uns die Apologeten nur kirre. Doch unter dem Strich bleibt, dass entweder die Regeln gelten, die in den heiligen Büchern stehen, dann ist Gott ein alles andere als liebenswürdiger Kerl. Oder es gelten eigentlich andere Regeln, doch dann ist Gott nicht das, was über ihn in den heiligen Büchern steht.

Überlegt euch mal, was Lara Croft über den Designer ihrer liebevoll kreierten Weltdenkt. Ist es das gleiche wie der Tomb Raider Spieler?


Disclaimer: Diesen Artikel habe schneller geschrieben als sonst üblich, deshalb hat’s vielleicht ein paar mehr nicht ganz nachvollziehbare Gedankensprünge. Sollte Klärungsbedarf bestehen, werde ich mich gern nochmal dahinter klemmen.


Kurzer Nachtrag. Als Antwort auf den Tweet den Papst postete Mathilde Hei das Bild einer Galaxie mit dem Kommentar: „Es ist prachtvoll. Gott ist das Zentrum!“

Das Universum hat kein Zentrum.
Das auf dem Bild ist eine Galaxie, von denen es Abermillionen gibt.
Und das in der Mitte der Galaxie ist ein schwarzes Loch.
Soviel zur Freude die Geheimnisse des Universums zu enthüllen.

Pflicht und Kür

Das Ende des Buches zuerst zu lesen, ist in der Regel ein Zeichen von Charakterschwäche. Doch es gibt Ausnahmen. Eine um genau zu sein.
Resident Evil … ist zwar kein Buch, sondern ein Videospiel, doch ich meine den Film mit Milla Jovovich.
Wie dem auch sei, hier darf man sich den Schluss durchaus als erstes vornehmen, den spektakulären Cliffhanger zum nächsten Teil. Den Rest des Films kann man sich dann eigentlich sparen.
Nicht dass es nicht unterhaltsam wäre Alice dabei zuzuschauen, wie sie sich aus der gleichermassen absurden wie scheinbar hoffnungslosen Situation des Anfangs (resp. des Cliffhangers des vorigen Teils) befreit um sich dann langsam aber stetig bis unmittelbar vor dem abschliessenden Cliffhanger in ein trügerisches Happy End zu metzeln (und einen nicht unbedeutenden Teil ihrer Gefolgsleute zu verlieren (nicht wenige davon gleich mehrere male)).
Doch ist das die Pflicht, während der Cliffhanger nun mal die Kür ist.