Die Ewigkeit

Ich habe hier schon des öfteren meine Bedenken an der Ewigkeit geäussert: Sie ist einfach dermassen lang, dass einem irgendwann selbst der Himmel und das Frohlocken zum Hals raushängen muss.

Mir erschien da die Hölle immer als vielleicht sogar die bessere Alternative, denn obwohl die Qualen wohl schon recht übel sind, so wird man ihrer wenigstens nicht überdrüssig.

Allerdings… so nach 10 Milliarden Jahren des gepikst Werdens wird man wahrscheinlich schon eine gewisse Resistenz gegen Nadeln entwickelt haben. Also wird wohl auch die Hölle früher oder später genau so quälend langweilig sein wie der Himmel.

Ausser natürlich Gott sorgt – wie jeder pflichtbewusste Folterknecht – dafür, dass die Kundschaft auch wirklich auf ihre Kosten kommt. Mit immer neuen Folterinstrumenten ist das offensichtlich nicht zu schaffen, denn irgendwann entwickelt sich auch beim Letzten eine Gleichgültigkeit gegenüber Schmerz und Erniedrigung. Aber vielleicht ginge es mit einer Pille, die alles auf Werkeinstellung zurücksetzt? Die würde sich sicherlich auch im Himmel (auf dem Schwarzmarkt?) gut verkaufen: Man jammert/frohlockt gemütlich vor sich hin, bis man sich zu langweilen beginnt und lässt sich dann eine Reset-Pille verschreiben.

Wobei… Was die Hölle betrifft, stellt sich natürlich die Frage, ob die Langeweile im Endeffekt nicht vielleicht die ultimative Folter ist? Dann könnte man sich auch das teure Arsenal an rostigen Käfigen, Daumenschrauben und Jungfrauen sparen…

Persönlich fände ich die Existenz einer solchen Pille im Himmel ein klares Armutszeugnis für die Fantasie Gottes. Aber was weiss ich schon…

Wie dem auch sei. Die entscheidende Frage ist, ob dieser Reset inklusive eines Diesseits ist, in dem man es vermasseln und in der Hölle landen kann?
Ist das womöglich die eigentliche Idee? Man wird in immer neue, immer absurdere Schöpfungen hineingeboren und nach und nach wird einer nach dem anderen ausgesiebt. Bis nur ein einziger übrig bleibt…

Denn…

ES KANN NUR EINEN GEBEN

Autorenkooperation

Wenn man ein Team zusammenstellen müsste, das sich die Bibel ausdenken soll, was für Leute würde man dafür am besten nehmen? Rassisten? Sexisten? Homophobe? Von Gewalt besessene? Und Flat-Earther?

Mindestanforderungen

Diese normalen Katholiken, die ihre Kinder taufen und firmen lassen, ein bis zweimal im Jahr in die Kirche gehen und nicht eine einzige Bibelapp auf dem Smartphone haben, denen ist schon bewusst, dass das nicht reicht, oder?

Warum also das ganze Theater?

Ist der Weltfriede wirklich zu viel verlangt?

Skeptiker fragen oft, ob ein lieber Gott nicht für den Weltfrieden sorgen müsste?
Und die Christen antworten immer, dass ihm da aufgrund der Willensfreiheit leider die Hände gebunden seien.
Und die Skeptiker fragen dann, ob da wirklich rein gar nichts sei, was ein allmächtiger Gott tun könne?
Und die Christen antworten: Nö.

Ich vermute, dass die Christen dann ziemlich vom Himmel enttäuscht sein werden, wenn sie feststellen, dass es dort entweder keinen Himmelsfrieden oder keine Willensfreiheit oder aber nur bescheidene Seelen gibt, die nichts weiter zum Glücklichsein brauchen als die Gewissheit, das viele, viele, viele Seelen gerade in der Hölle gefoltert werden.


Eigentlich ziemlich spiessig von uns Skeptikern.
Gott schenkt uns Willensfreiheit und wir beklagen uns darüber, dass wir damit auf die Schnauze fallen.

Allerdings ist auf die Schnauze fallen eine Sache.
Krieg, Hunger, Seuchen und Tod dagegen eine ganz andere…

Ein Deal, bei dem man sich die vier apokalyptischen Reitern einhandelt, ist nie ein guter Deal!

The Art of the Deal. S. 124

Wie dem auch sei. Schauen wir uns mal an, wie es um unserem Deal bestellt ist. Man kann die Willensfreiheit aus zwei Perspektiven betrachten: a) Aus jener von denen, denen sie gewährt wird (uns), und b) aus jener vom dem, der sie gewährt (Gott).

a) Über die Beschenkten

Wenn mir Freiheit geschenkt wird, dann bedeutet das, dass ich dann tun und lassen kann, was ich will, ohne dafür zur Rechenschaft gezogen werden zu können.
Fürs Tun selbst wohlgemerkt, für die negativen Konsequenzen dieses Tuns dagegen durchaus! Das sind nämlich zwei gänzlich verschiedene Sachen.

Ich will es an einem Beispiel demonstrieren: Wenn man mir einen Apfel schenkt, dann ist er meiner und ich kann mit ihm tun, was immer ich will. Es wäre natürlich möglich, dass man mir den Apfel nur unter der (gern auch unausgesprochenen) Bedingung gibt, dass ich ihn höchstselbst esse, vielleicht weil es Teil eines bestimmten Rituals ist. Dann wurde mir aber mit dem Apfel nicht die Freiheit geschenkt, ihn auf jede beliebige Art und Weise zu verwenden.
Wenn ich den Apfel aber mit der Freiheit erhalte mit ihm anzustellen, was auch immer ich will, und wenn ich den Apfel im Wissen um ihre Apfel-Dysphahie einer hübschen Prinzessin weiter schenke und die sich dran verschluckt und in ein Koma fällt, dann kann man mir zwar durchaus vorwerfen, dass ich sie vergiftet habe um selbst die schönste Prinzessin zu werden, nicht aber, dass ich den Apfel weitergegeben habe.

Kurz: An Freiheit sind keine Bedingungen geknüpft.

Wie – bitteschön – ist dann die Willensfreiheit eine Freiheit, wenn meine Entscheidung, wenn sie anders ist, als die von Gott gewünschte, mich in die Hölle bringt?

Die Advokaten Gottes sind geschickt. Sie formulieren es nicht als Strafe, sondern als Konsequenz. Sie versuchen uns weiss zu machen, dass die Entscheidung von Anfang an allein zwischen Himmel und Hölle war und ich mich eben für das eine oder andere zu entscheiden habe.
Wenn ich also (aus welchen Gründen auch immer) erregt bin, dann ist die Entscheidung nicht: „Soll ich jetzt masturbieren oder nicht?“ sondern „Will ich in den Himmel oder nicht?“.
Okay, kann man so sehen. Dann stellen sich mir aber zwei Fragen: Erstens, wieso fragt mich Gott eine so wichtige Frage, wenn ich gerade an was völlig anderes denke? Und zweitens, warum muss ich die immer gleiche Frage immer und immer und immer wieder beantworten? (Nicht dass ich sie nicht gern beantworten würde.)

b) Über den Schenker

Die Freiheit hat einen Preis für den, dem sie gewährt wird. Er muss damit leben, dass er Dinge akzeptieren muss, die ihm eigentlich nicht gefallen.
Doch auch das Gewähren von Freiheit hat einen Preis: Es macht einem das Leben schwerer.

Wenn ich ein Café habe und meinen Kunden die Wahl geben will sich zwischen Apfel- und Birnenwähen entscheiden zu können, dann muss ich – wohl oder übel – zwei Kuchen backen. Ohne Auswahl kann nämlich nicht wirklich von Freiheit die Rede sein.

Auch wenn es vielleicht so klingt, hat man hier keine Wahl-Freiheit.

Ob meine Kunden jedoch zu ihrer Wähe einen Latte macchiato oder einen Cappuccino nehmen, macht für mich aber keinen Unterschied, wenn ich eine Kaffeemaschine habe, wo ich lediglich den rechten oder den linken Knopf drücken muss. Die Kunden haben dann zwar die Wahl, aber zu behaupten, ich hätte ihnen eine Freiheit gewährt, ist in einem solchen Fall schon ein bisschen überrissen. Die Kunden wissen es zwar zu schätzen, doch ist diese „Freiheit“, ob sich die Kunden dessen nun bewusst sind oder nicht, eigentlich völlig belanglos. Die Wahl zwischen belanglosen Optionen sollte man daher nicht als Freiheit bezeichnen.

Deshalb müssen wir fragen: Macht es Gott das „Leben“ schwerer, wenn wir unsere Willensfreiheit wahrnehmen?

Wenn nicht, dann sind unsere Entscheidungen für Gott belanglos. Sprich, es ist ihm egal, ob wir in den Himmel oder in die Hölle kommen, was in Anbetracht des Leids, das hier auf dem Spiel steht, eine moralisch höchst verwerfliche Einstellung wäre.

Ich denke aber schon, dass es ihm das „Leben“ schwerer macht1. Irgendwie. Wenn wir uns anders entscheiden, als von ihm erhofft, dann macht ihn das – wie es heisst – traurig.

Dass er traurig darüber ist, dass wir die schlechtere Wahl getroffen haben, ist sympatisch. Es zeigt, dass er Mitgefühl hat. Wenn er aber anfängt, uns unsere Entscheidung übel zu nehmen, wird es problematisch.

Rächt (Gott) sich (für) die Enttäuschung?

Wenn ich es so anlege, dass allen, die in einer mir nicht genehmen Art handeln, etwas übles zustösst, was mit der Handlung selbst eigentlich gar nichts zu tun hat (sprich nicht deren Konsequenz ist), dann kommt es Rache schon ziemlich nahe.

Und seien wir ehrlich, dass Gott Züge hat, die man als rachsüchtig bezeichnen könnte, ist nicht wirklich neu…

Zur Illustration: Ich bin Handgranatenbauer und das Wohl meiner Kunden liegt mir am Herzen (das ihrer Feinde offensichtlich weniger). Deshalb habe ich die Handgranaten, die ich verkaufe, so konstruiert, dass sie ihre verheerende Wirkung nur exakt genau dann entfalten, wenn der Kunde sie entfesseln will. Sprich, wenn man den Sicherheitsstift der Handgranate rauszieht. Das steht so auch unmissverständlich und in Grossbuchstaben in der Gebrauchsanleitung. Und da ich ein verantwortungsvoller Waffenproduzent bin, müssen meine Käufer immer erst eine halbtägige Schulung über sich ergehen lassen, bei der ich sicherstelle, dass sich jeder der Sache mit dem Sicherheitsstift klipp und klar bewusst ist. Damit stelle ich sicher, dass mein geschätzer Kunde sich nicht selbst in die Luft sprengt2. Nur so nebenbei: Durch diese „Sicherheitsmassnahmen“ nehme ich ihm in keinster Weise die Freiheit jede beliebige Person in die Luft zu sprengen.
Wenn ich die Handgranaten jedoch so konstruieren würde, dass sie hochgehen, wenn der Besitzer masturbiert, und ich das nur kryptisch irgendwo in der Gebrauchsanleitung erwähne und ich jede Handgranaten in Playboy-Papier wickle, dann sieht die Sache etwas anders aus. Weil es nicht naheliegend ist, dass Explosion und Masturbation etwas miteinander zu tun haben könnten…
Nun ja, wenn man es sooo betrachtet…
Okay, das Beispiel ist vielleicht nicht ganz optimal…

Anders:

Warum handelt man sich beim Verzehr von Schweinefleisch Peitschenhiebe ein, bei dem von Rindfleisch aber nicht? Wo ist die Verbindung zwischen Schweinefleisch und Peitschenhieben, wo sie zwischen Rindfleisch und Peitschenhieben nicht ist?
Wenn Schweinefleisch ein höheres Risiko einer Lebensmittelvergiftung mit sich bringen würde, dann wäre die Strafe dafür doch eigentlich die Lebensmittelvergiftung (und der tadelnde Blick des Ehepartners, der die ganze Schweinerei hinter einem aufwischen musste).
Wieso dann einen gebeutelten noch nachtreten? Respektive wieso einen Menschen, der das Fleisch gut genug gekocht hat und bei dem infolge dessen nichts passiert ist, auspeitschen? Weil Nachahmer vielleicht nicht gleich gut genug kochen könnten?
Und überhaupt ist es ja nicht so, dass man zur Zeit, als dieses Gesetz erlassen wurde, als Kranker der Gesellschaft gross auf der Tasche gelegen wäre. Man war bestenfalls kurzfristig nicht für den Kriegsdienst (gegen das Volk der Schweinefleischesser) zu gebrauchen…

Oder warum bringt einen Masturbation in die Hölle und Nasepopeln nicht? Ich meine, da gibt es ja kaum einen Unterschied (zumindest, wenn man es richtig macht).

Oder warum bringt einen das Töten eines anderen Menschen in die Hölle, nicht aber, wenn der Tote einen anderen Gott verehrt hat?
Ich meine, dass das Töten eines Menschen übel ist und einen in massive Schwierigkeiten bringen sollte, ist mir klar. Schliesslich tut man damit dem anderen etwas an, was dieser sehr, sehr, sehr fest nicht angetan bekommen möchte. Und dass er es nicht angetan bekommen möchte, könnte ich eigentlich ahnen, weil auch ich selbst es sehr, sehr, sehr fest nicht angetan bekommen möchte. Und weil eine Verallgemeinerung von mir auf andere in diesem Fall (zumindest bis zu einer allfälligen Richtigstellung) dem anderen nicht zum Nachteil gereicht.
Ganz und gar nicht klar ist mir dabei aber, inwiefern der Umstand, dass das Opfer einen anderen Gott (oder – Gott behüte – gar keinen) anbetet, es offensichtlich machen soll, dass das Töten dann okay sein soll? Schliesslich will auch in diesem Fall das Opfer nicht getötet werden.

Nichts am „verwerflichen“ Schweinefleisch, Masturbieren und Judenmorden deutet darauf hin, dass sie anders bewertet werden sollen als „harmloses“ Rindfleisch, Nasepopeln und Heidenmorden. Um das zu wissen, braucht es eine Offenbarung.

Es liegt offensichtlich nicht in der Natur der Sache, ob die Entscheidung für oder gegen diese Sache mich in die Hölle bringt. Sondern einzig und allein am Wesen, das entscheidet, ob eine Entscheidung für oder gegen diese Sache etwas ist, wofür man in die Hölle kommt.

Und da wäre es dann natürlich auch möglich, dass die „göttliche Moral“ sich an den Entscheidungen einer bestimmten Person (oder einer Gruppe von Menschen) orientiert, die das besagte Wesen ums Verrecken nicht im Himmel haben wollte…

Dieser Gedanke ist gar nicht so abwegig, schliesslich ist der Zweck des Diesseits ja die Spreu vom Weizen zu trennen (und die Rache an den Vorfahren, indem die Kinder und Kindeskinder bis ins vierte Glied verflucht werden)3 Kann Gott da wirklich traurig sein, wenn jemand wie ich in der Hölle landet? Ich meine, ja, es tut ihm für mich leid. Man wünscht schliesslich niemandem was böses. Nichtsdestotrotz scheint es so für ihn das kleinere Übel zu sein, als mich bei sich im Himmel zu haben.4

Eine solche Willensfreiheit ist ein Test.
Wenn eine Freiheit gewährt wird um jemanden zu testen, dann ist es keine Freiheit.

Die Art von „Freiheit“, die uns Gott mit der Willensfreiheit gewährt, gewährt selbst Nord Korea seinen Bürgern, wenn es ihnen versichert, dass sie „frei“ sind ihre ehrliche Meinung über Kim Jong-un öffentlich Kund zu tun.

Unser Fazit

Wir konnten zweifelsfrei nachweisen, dass die Willensfreiheit keine Form von Freiheit ist.
Und das ist eigentlich ganz gut so!
Denn da Sicherheit immer auf Kosten der Freiheit geht und Freiheit immer auf Kosten der Sicherheit, steht die Willensfreiheit, da sie ja keine Freiheit ist, dem Weltfrieden nicht zwangsläufig im Weg.

Das heisst aber leider nicht, dass demzufolge ein von aussen gestifteter Weltfriede keine Abstriche an andere Freiheiten verlangen würde.
Aber Gott kann sein Nichtstun nicht länger mit der Willensfreiheit begründen.
Und das ist schon mal wenigstens etwas.

Unsere Forderung

Wir wollen den Weltfrieden! Punkt!
Doch was ist das? Respektive, was wollen wir, dass es ist? Respektive wie viel Leid sind wir bereit innerhalb von diesem zu tolerieren?

Ich würde sagen es gibt grob vier Kategorien von Leid.

  1. Sich den Zeh stossen.
  2. Jemand anderem unabsichtlich den Zeh stossen.
  3. Jemand anderem absichtlich den Zeh stossen.
  4. Jemanden foltern und umbringen.

Ein philosophisches Dilemma ist, dass wenn man die folgende Kategorie nicht kennt, dann erscheint einem die letzte bekannte als einfach unerträglich.
Folglich könnte man sich natürlich fragen, ob uns Gott in seiner Allgüte nicht die 5. Kategorie erspart hat. Das ist denkbar, doch wie könnte die aussehen? Jemanden ewiglich foltern ohne die Erlösung des Todes? … Kommt uns das nicht irgendwie bekannt vor?

Ich denke, in einer Welt, in der Weltfrieden herrscht, wird es jede dieser vier Kategorien von Leid geben. Keine davon wird aber „legal“ sein im Sinne von „durch einen höheren Sinn erlaubt, wenn nicht gar gefordert“5.
Und wenn jeder Versuch zwei „Gruppen“ (was sich selbst als Gruppe versteht, überlasse ich jetzt mal jeder Gruppe selbst) gegeneinander aufzuhetzen erfolgreich unterbunden wird, dann haben wir den Weltfrieden erreicht.

Und wie soll das durchgesetzt werden? Hier meine Vorschläge:

A. Gott als Exekutive

Ganz einfach: Gott weiss (dank seiner Allwissenheit), wenn irgendwo jemand Leute dazu anstiftet, anderen im Interesse einer höheren Sache an den Gurgel zu gehen. Und Gott kann (dank seiner Allmacht) einschreiten, die Beweise sichern und die betreffende Person vor Gericht bringen. Er wäre die Exekutive. Insbesondere in Völkerrechtsangelegenheiten.

Legislative und Judikative müssten dagegen unbedingt bei den Menschen bleiben. Denn darin ist Gott wirklich übel.

So oder so müsste er an einer sehr kurzen Leine gehalten werden, wenn man unverhältnismässige Gewaltanwendung verhindern wollte. #nongodsmatter

Und wenn Gott nebenbei ein paar Kandidaten für sein Paradies-Projekt rekrutieren will, kann uns das egal sein.

B. Gott als globaler Feind

Auch ganz einfach: Wie die Geschichte zeigt, fällt es verfeindeten Lagern in der Regel nie sehr schwer angesichts eines gemeinsamen übermächtigen Feindes die Zwistigkeiten zeitweilig beiseite zu legen. Wieso stellt sich Gott uns also nicht als übler Schurke entgegen, gegen den zu bestehen, wir nur dann eine Chance haben, wenn wir alle zusammen arbeiten?
Nicht ganz so einfach ist dabei aber, die Notwenigkeit für das Bündnis über längere Zeit aufrechtzuerhalten, ohne dass irgendjemand deswegen wirklich leiden müsste (oder das Gefühl hätte deswegen zu leiden). Aber vielleicht ist das auch gar nicht nötig. Vielleicht reicht es, wenn der Feind nur in kritischen Situationen auftaucht und sich dann etwas später dezent wieder zurückzieht.

(Genauer betrachtet, ist der Gott der Bibel eigentlich exakt so, wie man sich einen üblen Schurken, gegen den man sich zusammen tun sollte, vorstellen würde. Seltsam…)

C. Gott als Korrektor

Vielleicht würde es aber auch schon reichen, wenn Gott jeden Blödsinn, der ihm in den Mund gelegt wird, umgehend in aller Deutlichkeit dementiert. Damit würde er zwar nicht den Weltfrieden einläuten, aber wenigstens würde kein Skeptiker fragen, ob da wirklich nichts sei, was er tun könnte.

D. Gott als Dementor

Was wenn er nicht nur den Blödsinn dementieren würde, der ihm „irrtümlich“ in den Mund gelegt wird, sondern auch die Sachen, die die er tatsächlich so meint?

D. Gott im Paradox

Sollte ein allwissender, allmächtiger und allnetter Gott diesen Artikel nicht voraussehen? Ich meine, hier wird das Problem mit der Willensfreiheit aufgedeckt un das Rezept für den Weltfrieden auf dem Tisch gelegt. Wieso um Himmels Willen hat das nicht berücksichtigt?
Allerdings… Hätte er es umgesetzt, dann würde ich hier einen anderen Artikel geschrieben haben. Und er hätte nie aus meiner Erfarhung lernen können. Und er hätte wieder mit Adam und Eva begonnen…


Damit bleibt eigentlich nur noch eine Frage unbeantwortet:
Wenn die Willensfreiheit keine Freiheit ist, was ist sie dann? Ein Fahrrad! Man kann damit schliesslich auf die Schnauze fallen.

Schutz der Verleumdeten und Vergewaltigten

Wie der Titel dieses Artikels so lautet auch die Überschrift zu den hier zitierten Passagen aus der Lutherbibel 20171.
Bevor du weiter liest, geneigter Leser, lehne dich zurück und überleg dir, wie du Verleumdete und Vergewaltigte schützen würdest?

13 Wenn jemand eine Frau heiratet, zu ihr eingeht und ihrer überdrüssig wird 14 und legt ihr etwas Schändliches zur Last und bringt ein böses Gerücht über sie auf und spricht: Diese Frau hab ich geheiratet, und als ich zu ihr ging, fand ich sie nicht als Jungfrau, 15 so sollen Vater und Mutter der jungen Frau die Zeichen ihrer Jungfräulichkeit nehmen und vor die Ältesten der Stadt im Tor bringen. 16 Und der Vater der jungen Frau soll zu den Ältesten sagen: Ich habe diesem Mann meine Tochter zur Frau gegeben; nun ist er ihrer überdrüssig geworden 17 und legt ihr Schändliches zur Last und spricht: Ich habe deine Tochter nicht als Jungfrau gefunden. Hier aber sind die Zeichen der Jungfräulichkeit meiner Tochter. Und sie sollen die Decke vor den Ältesten der Stadt ausbreiten. 18 Und die Ältesten der Stadt sollen den Mann nehmen und züchtigen 19 und ihm eine Buße von hundert Silberstücken auferlegen und sie ihrem Vater geben, weil der Mann über eine Jungfrau in Israel ein böses Gerücht aufgebracht hat. Und er soll sie als Frau behalten und darf sie sein Leben lang nicht entlassen. 

5. Mose 22, 13-19

Echt jetzt? Das betrachtet man als Schutz von Verleumdeten und Vergewaltigten? Indem man dem Vater der Braut Geld gibt und das Opfer bei ihrem Mobber lässt?

Aber okay, man kann nicht bestreiten, dass das eine abschreckende Wirkung haben könnte für den Mann. Wenn sich der Verdacht als unbegründet erweist, so ist er 100 Silberstücke los (wofür man sich 3 bis 4 Sklaven hätte kaufen können) und hat die Frau auf Ewig am Hals, während er sie ansonsten problemlos auch mit einem Scheidebrief hätte loswerden können (vgl. 5.Mose 24, 1) – bloss dass ihm dann die Genugtuung der Steinigung verwehrt geblieben wäre.

Der nächste Teil ist dagegen der wirklich starke Tobak!

So stark, dass ich mich genötigt fühle, meine Beschwerde in Form eines offenen Briefes an einen der Repräsentanten des „lieben“ Gottes zu richten.

Lieber Markus

20 Ist’s aber die Wahrheit, dass sie nicht mehr Jungfrau war, 21 so soll man sie heraus vor die Tür des Hauses ihres Vaters führen, und die Leute der Stadt sollen sie zu Tode steinigen, weil sie eine Schandtat in Israel begangen und in ihres Vaters Hause Hurerei getrieben hat; so sollst du das Böse aus deiner Mitte wegtun.

5. Mose 22, 20-21

Echt jetzt? Es war irgendwann einmal okay eine Braut zu steinigen, weil sie Sex vor der Ehe hatte?

Wobei nein, sorry, stimmt so nicht ganz. Ich muss die Frage anders formulieren: Echt jetzt? Es war irgendwann einmal okay eine Braut zu steinigen, wenn es dem Bräutigam etwas ausmacht, dass sie Sex vor der Ehe hatte? Denn es scheint ja keine Pflicht gegeben zu haben den Ältesten der Stadt alle Hochzeitsnachtdecken vorzulegen, damit sie die Sache gewissenhaft überprüfen können, oder?

Jetzt mal ganz davon abgesehen, dass eine saubere Hochzeitsnachtdecke kein Beweis für eine fehlende Jungfräulichkeit ist. Das weisst du doch, Markus, oder? Und das sollte doch eigentlich auch dein allwissender Gott wissen, nicht wahr?

Als moderner Repräsentant Gottes auf Erden wirst du wahrscheinlich einsehen, dass man sich heute die Steinigung sparen kann. Wir leben schliesslich in einer anderen Zeit und der Effekt, der damals mit einer solch grausamen Strafe erzielt wurde, lässt sich heute mit weit subtileren Mitteln erreichen. (Denn Gott geht es schliesslich um den Wirkung der Strafe und nicht um die Strafe selbst, oder?)

Nichtsdestotrotz bleibst du die Antwort schuldig, unter welchen Umständen es gerechtfertigt sein könnte ein Gesetz zu erlassen, das einem ermöglich eine Frau wegen Sex vor der Ehe zu steinigen! Denn offenbar fühlt sich Gott zu einem bestimmten Zeitpunkt in der Geschichte dazu genötigt. Nicht jedoch später es wieder aufzuheben.

Diese Frage ist umso dringender, als du doch sicherlich auch dafür plädierst, dass Sex vor der Ehe eigentlich überhaupt nichts verwerfliches ist, oder? Dass wenn es einvernehmlich passiert, dass es dann völlig okay ist, oder?

Oder findest du, dass es im Interesse der Gesellschaft und des allgemeinen Seelenheils liegt, mit geeigneten Massnahmen den Sex vor der Ehe (insbesondere bei Frauen) einzuschränken? Weil der allwissende Gott es besser weiss und weil der allgütige Gott sonst natürlich keine Bräute hätte steinigen lassen?

Du bist überzeugt davon, dass auch wenn man heute niemanden mehr deswegen steinigen sollte, sich nichts daran geändert hat, welche Dinge gut und welche böse sind.

Ausser natürlich in den Fällen, wo Jesus sagte, dass von nun an etwas anders gilt.
Wie zum Beispiel beim Händewaschen (Matthäus 15,20).
Nicht aber beim Ehebrechen. Jesus hat in der berühmten Episode mit dem ersten Stein nur die Strafe ausgesetzt, nicht aber den Ehebruch für nicht mehr strafrechtlich relevant erklärt.

Das heisst dann, dass auch die Strafen für Sex vor der Ehe (und vergewaltigt werden innerhalb der Stadtmauern und Masturbation und Blasphemie und Apostasie) lediglich ausgesetzt sind?
Und dass, wenn es nötig sein sollte2, diese jederzeit (bis hin zur Steinigung) wieder eingesetzt werden kann?

Für dich sich Gut und Böse in Stein gemeisselt.
Und die Strenge der Strafe allein den Umständen geschuldet.

Im Humanismus mit seiner – ich nenne es mal – adaptiven Moral ist es gang und gäbe, dass etwas, das früher böse war, heute für unbedenklich gehalten wird, und anderes, das früher okay war, heute unakzeptabel ist. Die Strenge der Strafe ist ebenfalls den Umständen geschuldet – doch verlangen diese nach einhelliger Meinung niemals, dass jemand gesteinigt wird.
Warum die Sinneswandel?
Weil man es früher einfach nicht besser wusste3.

Was man früher zum Beispiel nicht wusste, respektive kannte, war die vergleichsweise bescheidene Wirksamkeit von pädagogischen Massnahmen wie Körperstrafen oder Steinigungen.

Ein alles wissender Gott dagegen…

Ich frage mich, was das für ein Mensch sein muss, der die Steinigung einer vergewaltigten Frau zu rechtfertigen versucht. Ich frage mich, was das für ein Mensch sein muss, der sowas nicht verurteilt. Ich frage mich, was das für ein Mensch sein muss, der ein Wesen bewundert, das solche Regeln aufgestellt hat?

Herzliche Grüsse
Eda

ps. Hätte fristlose Scheidung und Landesverweis damals wirklich nicht auch gereicht?


Das zum Steinigen von entjungferten Bräuten wäre damit gesagt, der Schutz der Verleumdeten und Vergewaltigten geht aber weiter:

22 Wenn jemand dabei ergriffen wird, dass er bei einer Frau schläft, die einen Ehemann hat, so sollen sie beide sterben, der Mann und die Frau, bei der er geschlafen hat; so sollst du das Böse aus Israel wegtun. 

5. Mose 22, 22

Sprich: Töte die Vergewaltigte. (Wohlgemerkt, in diesem Abschnitt der Bibel geht es laut Überschrift und die Opfer von Verleumdungen und Vergewaltigungen, was bedeutet, dass der Sex zwischen den Männern und den Frau nicht einvernehmlich war!) Aber wenigstens hat die Frau die Genugtuung, dass auch ihr Peiniger einen grausamen Tod stirbt. Das ist nett von der Bibel.

23 Wenn eine Jungfrau verlobt ist und ein Mann trifft sie innerhalb der Stadt und schläft bei ihr, 24 so sollt ihr sie alle beide zum Stadttor hinausführen und sollt sie beide steinigen, dass sie sterben, die Jungfrau, weil sie nicht geschrien hat, obwohl sie doch in der Stadt war, den Mann, weil er seines Nächsten Braut geschändet hat; so sollst du das Böse aus deiner Mitte wegtun. 

5. Mose 22, 23-24

Sprich: Für eine verlobte Vergewaltigte gilt das gleiche: Opferhilfe durch fliegende Steine, die sie von der Pein eines versauten Lebens befreien, und gestillte Rachegelüste. Wäre vielleicht nett, wenn sie beim Vergewaltiger den ersten Stein werfen dürfte? Und sich erst dann steinigen lassen könnte?

25 Wenn aber jemand ein verlobtes Mädchen auf freiem Felde trifft und ergreift sie und schläft bei ihr, so soll der Mann allein sterben, der bei ihr geschlafen hat, 26 aber dem Mädchen sollst du nichts tun, denn sie hat keine Sünde getan, die des Todes wert ist; sondern dies ist so, wie wenn jemand sich gegen seinen Nächsten erhöbe und ihn totschlüge. 27 Denn er fand sie auf freiem Felde, und das verlobte Mädchen schrie, und niemand war da, der ihr half. 

5. Mose 22, 25-27

Sprich: Wenn die Verlobte aber ausser theoretischer (!) Hörweite vergewaltigt wurde, darf es weiter leben! Das ist doch grosszügig.

28 Wenn jemand eine Jungfrau trifft, die nicht verlobt ist, und ergreift sie und schläft bei ihr und wird dabei betroffen, 29 so soll der, der bei ihr geschlafen hat, ihrem Vater fünfzig Silberstücke geben und soll sie zur Frau haben, weil er ihr Gewalt angetan hat; er darf sie nicht entlassen sein Leben lang.

5. Mose 22, 28-29

Sprich: Wenn die Jungfer unverheiratet ist, erwartet sie mit dem (um ein bis zwei potentielle Sklaven ärmereren) Vergewaltiger ein „und so lebten sie bis ans Ende ihrer Tage“… So süss… Wenn das keine Happy End ist… Hach…

Ähm… Warum gilt die Stadt-Feld-Unterscheidung nicht auch im Fall von verheirateten Frauen?

Und überhaupt: Warum berücksichtigt man bei Verleumdung und Vergewaltigung überhaupt den Beziehungsstatus?


Und?
Hättet du, lieber Leser, die Verleumdeten und Vergewaltigten auch auf diese Weise geschützt?

Von Kugeln und Bibeln

Ich habe da so eine Theorie. Sie besagt, dass die Welt ihrem Wesen nach kugelig ist und alle Dinge sich irgendwie kugelig verhalten. Ich nenne sie daher in Ermangelung eines besseren Wortes die Nejkulaťoulinkatějšíon-Theorie.

Genau deshalb kommt es auch nicht von ungefähr, dass niedliche Tiere, die sich zu niedlichen Kugeln zusammenknüllen können, unwiderstehlich niedlich sind.

Da ist offensichtlich was dran. Die Theorie leistet aber noch wesentlich mehr. Ihr steht ein Set von Formeln zur Verfügung, mit der sie die Welt beschreibt. Die berühmteste ist wohl die folgende:

t = U * ♣

Sie besagt, dass die Zeit t, die eine Kugel braucht um runter zu fallen, exakt deren Umfang U mal der Naturkonstante ♣ = 4.2 s/m entspricht.

Ich habe das auch überprüft: Ich habe einen 6.77 m hohen Baum in unserem Garten vakuumiert und eine 1 kg schwere Aluminium-Kugel von ihm runterfallen lassen. Sie brauchte exakt 1.17 Sekunden, was tatsächlich dem 4.2 fachen des Umfangs der Kugel in Sekunden entspricht. Da mir keine Hochleistungs-Mess-Technologie zur Verfügung steht, kann ich natürlich nicht ausschliessen, dass sich irgendwo tief im Nachkommabereich irgendwelche Abweichungen auftun, die es nötig machen könnten ♣ anzupassen, ich finde aber, dass das Ergebnis durchaus für die Theorie spricht.
Und da die Wahrscheinlichkeit astronomisch klein ist, dass ich völlig zufällig einen Baum von der richtigen Grösse und eine Kugel mit dem richtigen Umfang und eine Vakuumiergerät vom Typ Solis EasyVac Pro Typ 5691 herumliegen habe, kann das nur heissen, dass mein Experiment tatsächlich die postulierte Äquivalenz bestätigt.

Da gibt es aber ein klitzekleines Problem. Trotz der schier unendlichen Unwahrscheinlichkeit, dass sie nicht korrekt ist, funktioniert sie für alle anderen Bäume und Kugeln und Vakuumiergeräte2 nicht wirklich.

Was also tun?
Ich meine, die Theorie ist schön. Ich meine, schaut euch die süssen Tiere an!
Aber es gibt Teile, die ausgemachter Blödsinn sind. Und diese Teile, sollte einem die Idee kommen eine Technologie daraus zu entwickeln, könnte einer Menge Menschen das Leben kosten.

Trotzdem…

Dennoch...
Wenn substantielle Bestandteile einer Theorie nichts taugen, dann taugt die ganze Theorie nichts!
Selbst dann nicht, wenn sie andere Teile enthält, die einem sehr am Herzen liegen.

Man kann die funktionierenden, wirklich süssen Teile gern nehmen und in eine andere Theorie zu integrieren versuchen. Das ändert aber nichts daran, dass die alte Theorie mausetot ist. Ins Grass gebissen hat. Die Radischen von unten anschaut. In die ewigen Jagdgründe eingegangen ist. Sich endgültig verabschiedet hat. Den Löffel abgegeben hat. Eine Ex-Theorie ist.

Ich erwähnte kürzlich die persönliche Bibel des Pfarrers und fragte mich, ob man an ihr ablesen könne, welche Passagen dieser lieber habe und welche weniger.

Sollte sich da nicht auch die Frage stellen, ob unsere Erkenntnisse zur Gültigkeit von Theorien sich auch auf Religionen übertragen lassen? Denn auch diese ist ein System von Aussagen, das dazu dient, Ausschnitte der Realität und die zugrundeliegenden Gesetzmässigkeiten zu erklären und Prognosen über die Zukunft zu erstellen: Die Religion erklärt die Entstehung der Welt durch einen an den Menschen interessierten Schöpfer. Sie erklärt, welches Verhalten dem Schöpfer Freude bereitet und welches weniger. Und sie prophezeiht uns, dass wir es bitterlichst bereuen werden, wenn wir die Empfehlung des Schöpfers nicht beherzigen.

Die Empfehlungen sind in einem Buch notiert, welches man als die ausformulierte Theorie betrachten kann. Dort steht zum Beispiel, dass man nicht morden soll. Das ist eine durchaus vernünftige Empfehlung. Jetzt nicht irgendwie originell oder so, aber solide.
Aber wenn nur ein paar Kapitel später erklärt wird, dass man eine geliebte Person steinigen lassen soll, wenn diese einem im Vertrauen eine andere Theorie empfohlen hat, dann stellt das einen vor eine wichtige Entscheidung.
Entweder man hält die Theorie für wahr (inkl. all ihrer Bestandteile) und setzt sich dafür ein, dass Steinigen für Apostasie wieder ins Obligationenrecht aufgenommen wird.
Oder aber man findet, dass an einen anderen Gott zu glauben, jetzt keine so grosse Sache sein kann, dass man deswegen extra jemanden umbringen müsste. Und ich denke nicht, dass wenn man zu dieser Erkenntnis kommt, dass man sich irgendwelche Umstände vorstellen kann, unter denen es nichtsdestotrotz gerechtfertigt wäre. (Dass andere es taten und tun, ist keine Rechtfertigung!) In diesem Fall muss man sich wohl oder übel eingestehen, dass hier ein essentieller Bestandteil der Theorie nicht wahr ist und dass demzufolge die Theorie als ganzes auch nicht wahr sein kann! Und daran, dass der Umgang mit Abtrünnigen ein zentraler Bestandteil der Religion ist, sollte kein Zweifel bestehen, schliesslich kommt beim christlichen Gott der Hinweis, dass es nur einen Gott gibt und einzig und allein nur dieser verehrt werden darf, in der Liste der „Dos and Don’ts“ noch weit vor dem Tötungs-Verbot. Dieser Punkt hat sogar Top-Priorität!

Wie gesagt, man kann gerne die Überzeugung mitnehmen, dass die Erde von einem liebenden Gott erschaffen wurde und dass Homosexualität etwas verabscheungswürdiges ist, und damit eine gänzlich neue Theorie zu formulieren versuchen, die Bibel in ihrer jetzigen Form mit ihrem Anspruch auf Wahrheit ist aber ein für alle mal vom Tisch.

Okay okay okay, es gibt noch eine weitere Alternative: Man überarbeitet die Bibel (und behauptet es sei unter der Anleitung des Heiligen Geistes geschehen) und kann die Religion weiterhin Christentum nennen. So schwierig würde das gar nicht sein. Man reisst einfach alle noch fast jungfräulichen3 Seiten der der persönlichen Bibel des Pfarrers raus. Aber auch in diesem Fall hätte das letzte Stündlein der Bibel in ihrer jetzigen Form geschlagen. Sorry, aber daran führt für einen halbwegs moralischen Menschen, der Andersgläubige nicht umbringen will, einfach kein Weg vorbei.

Sich korrekt verhaltenden Pfarrer

Ich bin Atheist und habe auf Facebook ein paar freche atheistische Kanäle abonniert. So taucht in meiner Timeline immer mal wieder ein frisch enthüllter Missbrauchsskandal der katholischen Kirche auf.

Ich frage mich dann immer, ob sich korrekt verhaltende Pfarrer diese Geschichten ebenfalls mitkriegen? Und ich frage mich dann jeweils auch, welche Antwort darauf wohl die bessere ist?

Es ist entsetzlich, dass es zu diesen Übergriffen kommt. Darin sind sich natürlich alle einig. Doch wenn wir realistisch sind, müssen wir uns eingestehen, dass sie sich nie restlos werden verhindern lassen. Aber mit der richtigen Kultur – und Kultur, im Sinne von einem System von Regeln und Gewohnheiten, die das Zusammenleben und Verhalten von Menschen leiten1, ist hier tatsächlich der richtige Begriff – lässt sich die Zahl drastisch senken.

Darüber, was konkret die beste Kultur sein könnte, gehen die Meinungen auseinander. Die Erfahrung zeigt aber, dass der Versuch Taten unter den Teppich zu kehren, deren Zahlen nicht sinken lässt. Ein offener Umgang mit den Problemen und eine kritische Auseinandersetzung mit den Ursachen ist zwar schmerzlich, zeitigt dagegen durchaus Erfolge.

Wenn nun also die besagten sich korrekt verhaltenden Pfarrer von den Missbräuchen erfahren, sind sie sich dann bewusst, dass ihr Arbeitgeber eine Kultur propagiert, die NICHT darauf ausgelegt ist, die Zahl der Übergriffe zu senken?
Sind sich diese sich korrekt verhaltenden Pfarrer bewusst, dass sie mit ihrem korrekten Verhalten einer Organisation, welche Skandale lieber zu vertuschen als zu verhindern versucht, Vertrauenswürdigkeit schenkt, die den Tätern innerhalb der Organisation in die Hände spielt?
Ich will nicht bestreiten, dass die sich korrekt verhaltenden Pfarrer wegen einiger weniger schwarzen Schafe zu unrecht angegriffen werden und massiv unter dem Generalverdacht leiden, doch frage ich mich, ob sich jemand wirklich korrekt verhält, wenn er keine Jungs verführt, dafür aber mit Engagement und Charme Werbung für eine Organisation macht, die nicht viel dagegen tun würde, wenn er es doch täte?

Wenn die sich korrekt verhaltenden Pfarrer aber nichts davon mitkriegen, dann richten sie genau den gleichen Schaden an wie die „sich korrekt verhaltenden“ Pfarrer, die davon wissen, aber kein Problem haben mit einer Kultur, die dem Schutz der Kinder eine weniger hohe Priorität zugesteht als dem des guten Rufes. In diesem Fall kommt aber noch hinzu, was die Sache vielleicht noch schlimmer macht, dass die unwissenden sich korrekt verhaltenden Pfarrer möglicherweise von dem Schlag sind, die Unrecht nicht einfach akzeptieren, sondern aufstehen und ungeachtet der Konsequenzen für sie selbst das richtige tun. Sprich es wären vielleicht die hartnäckigsten Streiter für die bitter nötige Veränderung der Kultur der katholischen Kirche.

Ich halte den Austritt für den besten Weg, zumal ich ja nicht an die Existenz eines Gottes glaube. Aber es ist tatsächlich auch der am wenigsten steinige Weg. Andere mögen das anders sehen und einwenden, dass ein Massenexodus zwar schon zu einer Veränderung führt, aber nicht zwangsläufig zu einer Verbesserung.

So oder so, bin ich überzeugt davon, dass man einen Kulturwandel nicht hinter verschlossenen Türen vollziehen kann.

Deshalb sehe ich für die katholische Kirche nur einen einzigen Weg, wie sie ihre Glaubwürdigkeit zurückerlangen kann. Und der besteht darin, restlos reinen Tisch zu machen und sich das Vertrauen völlig neu zu verdienen.
Das bedeutet, dass keine neuen alten vertuschten Skandale auftauchen dürfen. Und dass die katholische Kirche eine Garantie darauf ausstellt. Und zwar in Form einer Summe, die sie für jeden neuen alten vertuschten Skandal hinblättern wird, der doch noch auftauchen sollte.

Die Summe muss astronomisch sein. Weil wenn sie es nicht ist, das dann zeigt, dass sie kein besonders grosses Vertrauen in ihre eigene Offenheit hat und insgeheim schon damit kalkuliert, dass sie diese irgendwann wird bezahlen müssen.

Und noch bevor die Kirche die Summe nennt, muss jeder Pfarrer öffentlich erklären, bei welcher Summe, wenn diese unterschritten wird, er von seiner Kirche enttäuscht ist und die Kündigung einreicht.

Ich meine, könnte ein sich ein korrekt verhaltender Pfarrer guten Gewissens in der Kirche bleiben, wenn der Papst hoch und heilig verspricht, dass jetzt garantiert restlos alle Skandale, von denen man irgendwo in der Organisation Kenntnis hatte, offen gelegt seien, und dass die katholische Kirche, wenn sich herausstellen sollte, dass da doch noch was mehr war, bereit sei 15 vatikanische Euro an eine Wohltätigkeitsorganisation zu spenden.

Die persönliche Bibel

Die persönliche Bibel eines Pfarrers muss nach jahrelangem Gebrauch sehr aufschlussreich sein. Die abgegriffenen Seiten, die er immer wieder gern aufschlägt, weil sie ihm Mut und Hoffnung machen. Und die fast noch jungfräulichen, von denen er sich insgeheim wünscht, es gäbe sie nicht.

Wunder?

Vieles von dem, was heute völlig alltäglich ist, wäre vor wenigen Jahrhunderten noch problemlos als Wunder durchgegangen. Zumindest wenn man es richtig inszeniert hätte.
Falsch inszenierte Wunder konnten leicht als Hexerei interpretiert werden und einen in Teufels Küche bringen.

Wollte man beim „Wundervollbringen“ auf der sicheren Seite sein, musste man lieber von Substanzen jeglicher Art die Finger lassen: Denn wenn Kräuter, Pulver oder Maschinen involviert waren, dann war das Unerklärliche automatisch Teufelswerk.
Während man mit Gebeten (sowie Weihwasser und Hostien, welche eigentlich nichts anderes sind als von autorisierten Personen mit Gebeten beschalltes Wasser und Brot)1 in der Regel keinen grossen Verdacht erregte.

Theoretisch hätte man auch mit Gebeten beschallten Wein benutzen können, das Risiko wäre hier aber gewesen, dass wenn die Transsubstantiation mal wirklich geklappt und man mit echtem Blut herumhantiert hätte, dass einem das wohl dennoch zum Verhängnis hätte werden können.


1. Randnotiz: Wäre die Wandlung während des Gottesdienstes nicht etwas glaubhafter, wenn Ausgangsprodukt und Endprodukt nicht unverwechselbar wären? Jesus hat bei einer Gelegenheit aus Wasser Wein gemacht und bei einer anderen aus Wein Blut. Hätte er uns da statt nur den einen nicht auch den anderen Trick beibringen können? Die Wandlung von Wein zu weinähnlichem Blut ist vielleicht wundersamer, die Wandlung von Wasser zu (gern auch verwässertem) Wein ist dagegen spektakulärer. Kombiniert hätte man auch gleich sowas wie einen liturgischen Lackmustest, der zeigt, dass die Wandlung wirklich stattgefunden hat. (Das Bimmeln der Glöckchen ist zwar nett, aber sehr durchschaubar.)


Wie gesagt, abgesehen von Blut, war die Gebetsbeschallung eigentlich nie ein Problem. Sei es nun bei Speisen, Werkzeuge oder Waffen.

Unter dem Strich lief die Sache mit den Wundern ungefähr auf Folgendes hinaus:

Wunder korrelieren mit Gebeten,
Hexerei mit Erfolgen.

Wenn man davon ausgeht, dass Wunder Interventionen vom allwissenden, allmächtigen und superlieben Gott sind und Hexereien die von seinem Widersacher, dann sollte das ein bisschen überraschen.


2. Randnotiz: Kann der Teufel eigentlich in einem Wunder herumpfuschen, das Gott gerade wirkt, und es damit zu einer Katastrophe werden lassen? Respektive kann Gott in eine Hexerei, die der Teufel gerade ausheckt, eingreifen und sie einem guten Ende wenden? Oder ist sowas Tabu, vielleicht weil es die beiden in der Vergangenheit zu bunt getrieben haben?


Dass Hexereien mit Erfolg korreliert, heisst aber noch nicht zwangsläufig, dass der Erfolg ohne die Hilfe des Teufels nicht möglich gewesen wäre. Selbst dann nicht, wenn die „Hexe“ es während der hochnotpeinlichen Befragung gestanden hat. Ja noch nicht mal dann, wenn die „Hexe“ während der Zubereitung ihres Kräutertees den Teufel sehr bewusst angerufen hat.
Der Erfolg des verhexten Kräutertees kann sich nämlich auch ganz allein den Kräuters verdankt haben!
Ob dem so ist, wäre leicht zu überprüfen durch die folgenden Modifikationen am Setting: Einmal den Kräutertee durch Wasser ersetzen und einmal das Anrufen des Teufels durch das Anrufen von Schneewittchen2.


3. Randnotiz: Können wir uns darauf einigen, dass man auf den Scheiterhaufen nur kommen können sollte, wenn man mit Beihilfe des Teufels jemandem übel zugespielt hat? Wenn man jedoch das Unglück des Opfers ganz allein zustande gebracht hat, dass einem dann nur Gefängnis drohen sollte? Darüber, ob es okay ist, jemandem, der mit Beihilfe des Teufels jemandem nett zugespielt hat, auch auf den Scheiterhaufen zu stellen, werden wir uns wohl nicht einig, doch ich bin bereit das zu akzeptieren, weil es weder den Teufel noch seine Beihilfe gibt3 und der Scheiterhaufen deshalb ohnehin nie zum Einsatz kommen wird.
Was mich aber erstaunt, ist, dass die Leute, die an die Existenz des Teufels glauben und die Hexenverbrennung für eine göttliche Idee halten, sich nicht daran störten, dass man für eine Tat, zu der man verführt wurde (es ist schliesslich unwahrscheinlich, dass in einer Partnerschaft mit dem Teufel der Mensch die Oberhand hat), strenger bestraft wird als wenn man alles selbst ausheckt hat.


Das gleiche gilt übrigens auch für Wunder und Gott und Heilige!

Über das Wesen von Wundern (und Hexereien)

Wunder und Hexereien, die sich Wunder und Hexereien nennen wollen (um Heiligsprechung und Verbrennung zu rechtfertigen), müssen meines Erachtens nur ein einziges Kriterium erfüllen:

Wunder und Hexereien müssen die Naturgesetze ausser Kraft setzen.

Das bedeutet, dass es umso leichter ist, etwas für ein Wunder, respektive eine Hexerei zu halten, je weniger Naturgesetze man kennt.

Zugegeben, dieses Verständnis von Wunder und Hexerei ist relativ modern, denn es setzt voraus, dass sich die Erkenntnis etabliert hat, dass es in der Natur gesetzmässig zu und her geht. Und dafür muss man natürlich erst einen Grundstock an wissenschaftlichen Erkenntnissen zusammengetragen haben.
Davor blieb einem nichts anderes übrig als alles, was verblüffend war, für eine Intervention von aussen zu halten. In manchen Fällen, wie beispielsweise beim Teilen des Roten Meeres oder bei der wundersamen Brotvermehrung, mag das aufs gleiche rauskommen, aber zum Leidwesen von Kräuterhexen und ihren Tränken eben nicht in allen.

Ich frage mich, ob Christen, die an heute stattfindende Wunder glauben, die Gesetzmässigkeit der Natur bezweifeln? An dieser Stelle klammere ich bewusst die – ich nenn sie mal – „Christentum definierenden“ Wunder wie Jungfrauengeburt, Auferstehung und die Wandlung aus, denn das sind Dogmen, die man einfach akzeptieren muss um überhaupt mitspielen zu dürfen. Bei „alltäglichen“ Wundern, wie zum Beispiel bei geheiltem Krebs, nicht verbrannten Bibeln oder Jesustoasts, hat es dagegen keine (spirituellen) Konsequenz, wenn man nicht akzeptiert, dass diese sich zwingend einer göttlichen Intervention verdanken.
Ich kann mir nicht vorstellen, dass bei diesen Christen alles natürlich zugeht und dass Gott einfach in ausgewählten Momenten eingreift. Dafür sind die Wunder, die sie heute zu erkennen glauben, irgendwie zu bescheiden. Mehr Sinn macht für mich, wenn sie überzeugt davon sind, dass jegliche Ordnung (und Schönheit) in der Welt sich unmittelbar Gott verdankt. Sprich, dass es so etwas wie einen natürlichen Gang der Dinge ohne Gott nach ihrer Ansicht gar nicht geben kann, wodurch die Naturgesetze selbst zu einem steten wirken Gottes werden.


4. Randnotiz: In der Bibel werden Kranke, Behinderte und Schwiegermütter geheilt, Stöcke verwandeln sich in Schlangen, Wasser in Wein, Wein in Blut, ein Mann lebt in einem Wal, ein anderer wird nicht von Löwen gefressen, Tote werden zum Leben erweckt, auf einem See wird spaziert, ein Meer wird geteilt und die Sonne und der Mond stehen still.
Heute werden auf wundersame Weise Kranke und Behinderte geheilt (über Schwiegermütter konnte ich leider nichts finden), weinen Statuen und Toastbrote.
Die Heilung der Kranken4 ist die gleiche, doch der Rest geht, was die Spektakulärhaftigkeit betriff, diametral auseinander.
Die Wunder früher waren alles andere als subtil. Man hätte sie untersuchen können und nichts hätte daran zweifeln lassen, dass es hier unmöglich mit rechten Dingen zu gehen konnte.
Die Wunder heute sind Zeichen für die, die sie zu sehen bereit sind. Für alle andren sind es einfach nur zufällige Ereignisse, ohne statistisch signifikante Häufung.
Sind so lausige Wunder den Christen nicht peinlich? Dass ihr allmächtiger Gott dermassen nachgelassen haben soll?


Wenn ein Wunder nun also das Ausser-Kraft-Setzen von Naturgesetzen ist, dann ist es völlig egal, ob es sich ohne erkennbares Muster ereignet oder jedes Mal, wenn man darum bittet.
Ein Wunder hört nämlich nicht auf ein Wunder zu sein, wenn es sich gezielt herbeirufen lässt. (Dann ist lediglich die Gefahr grösser, dass man dahinter kommt, wenn doch alles mit rechten Dingen zu und her geht.)

Hinzu kommt, dass der Umstand, dass etwas ein Wunder ist, respektive dass man nicht weiss, wie etwas funktioniert, nicht notwendigerweise bedeutet, dass man es nicht nutzen dürfte.
Ich meine, wenn sich jedes Mal, wenn man drum bittet, das Wasser vor einem teilt, dann könnte man sich gern den Bau von teuren Brücken sparen. Vielleicht nicht bei Meeren, aber sicherlich bei Bächen.

Ich würde sogar so weit gehen, zu behaupten, dass wenn man kein Wunder heraufbeschwören kann, dass man dann auch nichts über den Zweck eines verblüffenden Ereignisses sagen kann, welches sich wie zufällig ereignet hat. Denn dann sind sie von einer Laune der „Natur + Übernatur“ nicht zu unterscheiden.
Wunder sollten nur dann theologische Betrachtung verdienen, wenn sie „berechenbar“ sind (was keineswegs auch „erklärbar“ heissen muss).

Und dann würden sie auch wissenschaftlich relevant werden.
Die Wissenschaft hat mit Wundern nämlich kein Problem. Sofern sie sich untersuchen lassen.

Tatsächlich gehören Wunder, respektive Dinge, die sich so eigentlich nicht verhalten dürften, weil sie damit doch offensichtlich gegen die Naturgesetze verstossen, zum täglichen Geschäft der Wissenschaft. Sie nennt sie einfach nicht so. Sie nennt sie „ungelöste Probleme“.
Man könnte diese aber gern auch Wunder nennen. Vorausgesetzt es wird dann nicht als ein Sakrileg betrachtet, wenn ein Wunder untersucht und seinen natürlichen Ursachen nachgespürt wird. Und wenn sie gegebenenfalls wieder von der Liste der Wunder gestrichen werden.
Denn vor allem mit dem letzteren haben Religionen ihre Mühe.
Nicht vom Konzept her, aber irgendwie macht es eine schlechte Figur, wenn von den verblüffenden Wundern, die von der Macht und der Liebe des allmächtigen Gottes zeugen, eins nach dem anderen seine Wundersamheitigkeit verliert…

Doch selbst wenn sich alle Religionen damit einverstanden erklärten, dass keine Sanktionen verhängt werden auf das entzaubern der Wunder Gottes, so würde doch zweifellos jede einzelne von ihnen darauf beharren, dass die Wunder auf der Liste der Wissenschaft sich einzig und allein dem hauseigenen Gott verdanken.
Doch noch bevor sie sich darob in die Haare kommen, würden sie eine gemeinsame Petition an die Wissenschaft verfassen, dass diese die Wunder mit den üblen Konsequenzen doch bitte Hexereien nennen möge!

Wohlgemerkt, für diese wissenschaftlich vorläufig anerkannten Wunder und Hexereien lässt sich in den allermeitsen Fällen niemand heilig sprechen oder auf den Scheiterhaufen stellen. Eben weil um es auf die Liste zu schaffen die Wunder reproduzierbar sein, respektive berechenbar auftauchen müssen.
Und um jemanden heilig sprechen, resp. auf den Scheiterhaufen stellen zu können, müsste sich nämlich das erforderliche Ereignis jedesmal einstellen, wenn die besagte Person ein bestimmtes Ritual vollführt, nicht aber wenn einer dieser Parameter geändert worden wäre. Und meines Wissens sind „ungelöste Probleme“ selten so personen- und ritualspezifisch.

Ein weiterer, amüsanter Punkt wäre, dass es schnell Uneinigkeit darüber geben würde, ob ein bestimmtes Phänomen nun ein Wunder oder eine Hexerei ist. Zumindest wenn man sich nicht darauf beschränkt, als Wunder nur die Ereignisse mit Dingen zu verstehen, die von einer offiziell autorisierten Person beschallt wurden, sondern auch den Benefit auf Mensch und Umwelt in die Beurteilung einfliessen lässt.
Kirchen, die es sich zu leisten bereit sind (und das werden wohl alle sein), werden dann zweifellos sehr schnell eine Inquisition einsetzen um all diese Fragen sauber zu klären.

Nobody expects the Spanish Inquisition!

Die Frage der Urheberschaft der Wunder interessiert mich jetzt heute mal nicht, sondern wirklich vor allem der Umstand, dass Wunder so unberechenbar sind.
Wenn kein Muster auszumachen ist, wie weiter oben schon angesprochen, dann kann man eigentlich auch nicht wissen, ob der Grund für die Gewährung wirklich der ist, an den man denkt.

Wenn ein Passagier auf wundersame Weise einen Flugzeugabsturz unverletzt überlebt, dann können wir uns nie wirklich sicher seine, ob es tatsächlich geschah, weil damit ein gutmeinender Gott einen heilsbringenden Plan verfolgt. Möglich wäre das natürlich schon. Und im Nachhinein werden wir vielleicht auch den Plan erkennen. Doch irgendeinen Plan hätten wir nachher auch erkannt, wenn er schwer verletzt oder ein ganz anderer überlebt hätte.
Wir könnten aber auch einen Plan entdecken, der darauf hindeutet, dass einer der Widersacher Gottes dahinter steckt, weil die Konsequenzen mannigfaltig sind und man sich genau so gut üble wie hübsche herauspicken kann.
Möglich wäre aber auch, dass Aniger, die Göttin der zerquetschten Tiere, den Menschen nur hat überleben lassen, um das Leben ihrer auserwählten Laus zu retten, die während des Absturzes um Rettung gebetet hat. Und wenn jedes Gebet von Läusen durch ein mehr oder weniger grosses Wunder erhört wird, dann müssten wir die Vorstellung wohl aufgeben, dass die biblischen Gestalten irgendwas auf die Reihe kriegen… (ausser vielleicht indem der biblische Gott von langer Hand geplant hat, dass die Laus auf eben diesem Flug bei eben dieser Person mitfliegt?)


Letzte Randnotiz: Wie stellt man sicher, dass man das verlässliche Wunder nicht einfach zu den „Naturgesetzen“ zählt?
Wieso sollte man dann beispielsweise nicht die Gravitation als Wunder betrachten, wo sie sich doch mit den anderen Grundkräften der Physik einfach nicht unter einen Hut bringen lässt? Die gibt theologisch zwar nicht so viel her, aber man könnte sie durchaus als Aussetzen der Naturgesetze betrachten, welche vom Standardmodell beschrieben werden.
Darauf habe ich leider keine Antwort.


Epilog

Wie ich schon sagte, die Wesen, die Wunder und Hexereien gewähren, interessieren mich hier nicht. Allerdings würde das Vorhandensein von Wundern und Hexereien durchaus ein starkes Indiz für deren Existenz sein.
Und die Folgen eines wissenschaftlichen Beweises für die Existenz eines ganz bestimmten Gottes wären gewaltig, denn in der Folge davon würden sich Tausende, vielleicht sogar Millionen oder Milliarden von Seelen zusätzlich retten. Und das wäre doch fantastisch, oder?
Denn warum sonst versuchen Apologeten wohl seit Urzeiten die Existenz ihres Gottes zu beweisen?

Wunder taugen bei diesem Vorhaben nicht viel, weil sie zu unberechenbar auftauchen.
Hexereien dagegen… der Teufel kommt schliesslich jedem zu Hilfe der ihn um Hilfe bittet (man würde schliesslich niemanden auf den Scheiterhaufen stellen, nur weil er den Teufel angerufen hat, wenn dieser ihm dann in folge dessen gar nicht half). Das heisst, die „Wunder“ des Teufels sind berechenbar!

Und dadurch liesse sich doch eigentlich leicht die Existenz des Teufels beweisen.
Und durch die Existenz des Teufels wäre auch die des lieben Gottes bewiesen.

Liebe Gläubige, wäre es nicht wert, die eigene Seele zu opfern dadurch megavielen Seelen die Höllenqualen zu ersparen? Ich meine, es gibt schliesslich keinen grösseren Akt der Nächstenliebe…

Nackte Tatsachen

Jesus hing nackt am Kreuz. Splitterfasernackt.
Theologen ergötzen sich an der Symbolik dieser Szene: Wie das Kreuz der Sünde jede Hülle nimmt. Irgendwie übersehen sie dabei aber, dass das Symbol des Christentums, Jesus am Kreuz, in Darstellungen stets die Lendengegend verhüllt.

Ja, man weiss, dass die Bedeckung des Gehänges wahrscheinlich weniger der Wohlanständigkeit geschuldet ist als viel mehr der Bemühung davon abzulenken, dass Jesus ein Jude war. Doch aus irgendeinem Grund scheint sich niemand daran zu stören, dass man dadurch das Symbol seiner wahrscheinlich mächtigsten Komponente, der Erniedrigung, beraubt und damit das Sterben von Jesus in eine Reihe stellt mit all den anderen sexy Heldentoden, wo sich einer für seine Kameraden oder die gute Sache opfert.

Sollte hier die Sache aber nichts anders liegen? Sollten ein Christ beim Betrachten der Szene von Jesus am Kreuz nicht etwas mehr empfinden als bei der Sterbeszene von Capitain Miller in Saving Private Ryan? Sollte er sich dabei nicht beschämt seiner eigenen Sünden bewusst werden?

Jesus wurde in seinem Tod dem Gespött jener preisgegeben, deren Seelen er mit seinem Opfer gerettet hat. Käme es seinem Plan da nicht näher, wenn er auch 2000 Jahre später bei seinem Publikum ein zwiespältiges Gefühl auszulösen vermochte?

Man stelle sich vor, man steht in der Kirche und kann sich nicht des Impulses erwehren, ob seinem Foltertod zu gröhlen. Weil er beispielsweise einen Elefanten-Tanga trägt. Man ist belustigt, man ist darob beschämt, man macht sich darob vor den Andersgläubigen lächerlich, man ist wütend und kann gleichzeitig auch Verständnis für all das aufbringen…

Und jetzt stelle man sich vor, wie die Welt aussehen würde, wenn das Christentum während 2000 Jahren ihre Gottesdienste in einem solch wilden Mix der Gefühle gefeiert hätte…

Die Lektion von Abraham

„Was würdest du tun, wenn Gott dir sagt, dass du dein Kind töten sollst?“
„Sowas würde er nie tun.“
„Es wäre nicht das erste Mal. Er hat es zum Beispiel 2003 von Deanna Laney verlangt, worauf hin sie zwei ihrer drei Kinder umgebracht hat.“
„Das war nicht Gott, der zu ihr sprach. Das war eine Wahnvorstellung. Gott würde sowas nie tun.“
„Und wie steht es um Abraham? Dem hat er das auch aufgetragen.“
„Aber Gott hat ihn dann daran gehindert.“
„Gott trägt es also doch hie und da auf, er macht macht einfach – wohl weil er ein lieber Gott ist – in der letzten Sekunden IMMER einen Rückzieher.“
„Genau.“
„Wusste Abraham denn, dass Gott in der letzten Sekunde einen Rückzieher machen würde?“
„Ja…?“
„Also hat Abraham nur so getan als ob er im Begriff sei seinen Sohn umzubringen, wohl wissend, dass Isaak kein Haar gekrümmt würde, und für Gott war die Scharade okay?“
„Nein, natürlich nicht. Abraham vertraute darauf, dass alles gut kommen würde. Was auch immer geschehen wäre.“
„Selbst wenn er ihn nicht in der letzten Sekunde daran gehindert hätte?“
„Ja.“
„Vielleicht weil Abraham die Geschichte von Hiob kannte, die sich laut Biblehub ungefähr 50 Jahre zuvor ereignet haben soll, und deshalb wusste, dass Gott alles ersetzt, was er einem während Prüfungen nimmt? Sprich, dass er dann einen neuen, viel besseren Sohn erhalten würde?“
„Nein! Abraham vertraute darauf, dass alles gut kommen würde. Ohne Hintergedanken!“
„Und er tat es auch nicht, weil er sich vor dem Zorn Gottes fürchtete?“
„Nein!“
„Zeigte Gott damals den Menschen nicht bei vielen Gelegenheiten, dass es besser ist, sich vor seinem Zorn zu fürchten?“
„Schon, aber damit lehrte er die Menschen ihm zu gehorchen. Weil es das beste für uns ist. Weil er am besten weiss, was gut für uns ist.“
„Und um uns diese Lektion zu lehren, greift er auch manchmal zu unergründlichen Mitteln?“
„Genau.“
„Zum Beispiel dazu, dass er uns befiehlt unsere Kinder zu töten?“
„Ja..?“
„Und würdest du es tun? Deinen Sohn umbringen, im Vertrauen darauf, dass alles gut kommen würde? Sei es nun, dass er dir in der letzten Sekunde Einhalt gebieten oder dir später einen neuen, viel besseren Sohn schenken würde?“
„…“
„Vielleicht ist die Lektion aber auch die, dass du lernen sollst, ihm die Stirn zu bieten?“
„…“
„Würdest du dich denn nicht weigern? In einer persönlichen Beziehung kann man ja auch mal nein sagen.“
„…“
„Würdest du nicht deine Seele opfern um das Leben deines Kindes zu retten?“
„…“
„Ist dein Vertrauen in Gott gross genug um dein Kind einer Todesgefahr auszusetzen, die du nicht mehr kontrollieren kannst? Würdest du eine Zeitbombe an dein Kind montieren, die nur durch göttliche Intervention entschärft werden kann? Ob Gott Stopp sagt oder etwas stoppen tut, macht ja keinen grossen Unterschied mehr.“
„…“
„Ich meine, wie sicher bist du, dass Abraham nicht insgeheim plante es nicht wirklich bis zum bitteren Ende durchzuziehen? Oder ob ihm dieser Auftrag nicht sehr gelegen kam? Wie sicher bist du, dass Gott tatsächlich weiss, was in den Köpfen der Abrahams und der Menschen vorgeht? Ja, Gott bindet es uns bei jeder sich bietenden Gelegenheit auf die Nase. Ist die Beteuerung, dass man Gedankenlesen kann nicht meistens ein Hinweis darauf, dass man es nicht kann? Wo in der Bibel demonstriert Gott diese Fähigkeit auf eine Weise, die sich nicht auch mit dem Barnum-Effekt erklären liesse? Vielleicht sowas in der Art wie:“

Und in der Schenke sprach Jesus zu seinen Jüngern: „Ich gehe jetzt kurz vor die Tür und dann denke sich ein jeder von euch an eine Zahl zwischen 0 und 100 und schreibe diese auf eine Tonscherbe, die er dann unter seiner Tunika verstecken möge.“ Und nachdem Jesus das Zimmer verlassen hatte, taten die Jünger wie geheissen. Als Jesus bald darauf zurück kam, sprach er: „Petrus, du hast die 37“ und Petrus sagte: „Ja.“ „Andreas, du hast die 2“ und Andreas sagte: „Ja.“ „Jakobus, du hast die 37“ und Jakobus sagte: „Ja.“ „Johannes, du hast die 66“ und Johannes sagte: „Ja.“ „Philippus, du hast die 100“ und Philippus sagte: „Ja.“ „Bartholomäus, du hast die 88“ und Bartholomäus sagte: „Ja.“ „Matthäus, du hast die 34“ und Matthäus sagte: „Ja.“ „Thomas, du hast die 3“ und Thomas sagte: „Ja.“ „Jakobus, Sohn des Alphäus, du hast auch die 37“ und Jakobus, Sohn des Alphäus sagte „Ja.“ „Simon, du hast die 52“ und Simon sagte: „Ja.“ „Judas, du Scherzkeks“, du hast einen Frosch auf deine Scherbe gemalt“ und Judas, der Scherzkeks wurde rot und sagt: „Ja“ „Matthias, du hast die 97“ und Matthias sagte: „Ja.“ Und alle waren verblüfft. Und auch der Araber Yaʿqūb Al-Randi, der zufälligerweise auch in der Schenke sass und diesem Wunder beiwohnte, war ebenfalls verblüfft und zahlte Jesus und seinen Jüngern einen Weinschlauch.

Offenbar nicht in der Bibel

Nonnen und andere Cosplayer

Wenn ich Nonnen und Mönche sehe, weckt das bei mir immer ein bisschen Mitleid. Doch eigentlich ist das gar nicht nötig. Im Gegenteil. Sie leben ihre Fantasie hauptberuflich aus, während die anderen Cosplayer es nur in ihrer Freizeit tun.
Okay, es ist schon ein bisschen traurig, dass sie Fantasie nicht von Realität unterscheiden können, aber solange sie von der Gesellschaft nicht stigmatisiert werden, leidet niemand darunter. Vorausgesetzt natürlich, dass sie nicht aufgrund ihrer Rolle qualvoll sterbenden Menschen ihre schmerzlindernden Medikamente vorenthalten, sondern sich stattdessen lieber irgendwelchen magischen Beschwörungen hingeben.
Etwas traurig finde ich auch, dass sie ihre Charaktere nicht etwas „ausschmücken“. Cosplay-Rüstungen beispielsweise sind in der Regel nicht wirklich funktional, dafür aber sexy. Diese Art von Verspieltheit fehlt bei Nonnen und Mönchen fast gänzlich.

Was Priester betrifft, regt sich bei mir weniger das Mitleids sondern eher ein bisschen Wut. Auch bei ihnen ist die Hingabe ans Cosplay zweifellos bewundernswert, doch übertreiben sie es regelmässig, wenn sie die Sinplayer1 in ihren Hallen zusammenrufen und sie mit ins Spiel hinein zu ziehen versuchen. An der Comic-Con mag sowas noch okay sein, aber wenn sie damit Straftaten zu vertuschen versuchen und gleichzeitig mit ihren antiken und diskriminierenden Ideen den aktuellen politischen Diskurs zu beeinflussen versuchen, geht mir das definitiv zu weit.

Man darf mich nicht falsch verstehen. In einer Demokratie finde ich es eigentlich durchaus okay, wenn die Leute entsprechend ihres Cosplay Genres ihre Wahlzettel ausfüllen. Ein bisschen Steam Punk Ästhetik an öffentlichen Gebäuden würde sicherlich nicht schaden. Ein bisschen Minne im Eherecht auch nicht. Doch ich bezweifle, dass irgend ein Steam Punker ernsthaft für den kompletten Ausstieg aus der Elektrizität zugunsten der Dampfkraft wäre. Oder irgendein Mittelalter-Enthusiast für die Übernahme der Kosten für Keuschheitsgürtel von Frauen während der Geschäftsreise ihrer Männer durch die Krankenkassen.
Bei den Cosplayern der Genres Shotacon2 bin ich mir jedoch nicht so sicher, ob sie – wenn man sie lassen würde – ihr LARP Regelwerk nicht gern für alle verbindlich und wortwörtlich umsetzen würden…

Erbauliches Zitatplakat

Die Agentur C erfreut die Schweiz immer mal wieder mit nem erbaulichen Zitatplakat:

Gott gibt den Müden Kraft…
Die Bibel: Jesaja 40,29

Sie könnte aber, wenn sie die Zitate zufällig picken würden, auch weniger erbauliche Zitate aufhängen. Respektive erbaulich nur für die Hälfte der Bevölkerung:

Einer Frau gestatte ich nicht, dass sie lehre, auch nicht, dass sie über den Mann herrsche, sondern sie sei still.
Die Bibel: 1. Timotheus 2,12

Sie könnten die Schweiz aber auch mit Zitaten aus anderen Werken zukleistern:

Es liegen die Eier des Kolumbus zu Hunderttausenden herum, nur die Kolumbusse sind eben seltener zu finden.
Mein Kampf: 2. Kapitel

Wäre es okay, wenn die Agentur C auch solche Plakate aufhängen würde? Der Satz ist lustig und könnte durchaus zum Nachdenken anregen. Bloss der Kontext – so heisst es – sei ein klitzkleines bisschen problematisch. Reicht das um ein durchaus originelles Zitat lieber nicht aufhängen? Und wenn ja, warum? Weil man durch die Anerkennung der Qualität einer Textstelle automatisch auch die einer anderen des gleichen Autors im gleichen Kapitel anerkennt?

Zum Beispiel diesem:

So glaube ich heute im Sinne des allmächtigen Schöpfers zu handeln: Indem ich mich des Juden erwehre, kämpfe ich für das Werk des Herrn.“
Mein Kampf: 2. Kapitel

Wie er bloss auf die Idee gekommen ist…

Du wirst alle Völker vertilgen, die der HERR, dein Gott, dir geben wird.
Die Bibel: 5. Mose 7,16

Okay, das brauchen ja aber nicht unbedingt gleich als erstes die Juden zu sein, oder?

Trübsal und Angst über alle Seelen der Menschen, die das Böse tun, zuerst der Juden und auch der Griechen.
Die Bibel: Römer 2,9

Vielleicht ist die Vorstellung, dass Gott den Müden Kraft gibt, doch gar nicht so erbaulich… wenn sie erschöpft sind vom Massakrieren von Juden, Schwulen und
Ehebrechern.

Endlager für die Seele

Du darfst essen von allen Bäumen im Garten, aber von dem Baum der Erkenntnis des Guten und Bösen sollst du nicht essen; denn an dem Tage, da du von ihm isst, musst du des Todes sterben.

Gott

Wenn es doch nur so einfach wäre… Wie sich herausstellen sollte, assen Adam und Eva davon und starben weder am selben Tag, noch nach 930 Jahren. Sie „leben“ noch heute. Also ihre Seelen. (Sei es nun frohlockend im Himmel oder jammernd in der Hölle.)

Auf jeden Fall scheint fast so, als seien die Seelen, wenn erst mal erschaffen, einfach nicht mehr tot zu kriegen. Sie sind der radioaktive Abfall der Kosmogonie und es wurden verschiedene Methoden entwickelt diese endzulagern.

Der biblische Gott führt gerade eine Machbarkeitsstudie durch mit Himmel und Hölle. Jeder kann sich sein Endlager nach eigenem Gusto aussuchen. Manche ziehen ewiges frohlocken dem ewigen Jammern vor, andere andersrum. Eine spätere Verschiebung ist wohl wegen der Gefahr der Kontamination der Umgebung leider nicht mehr möglich.

Auf den ersten Blick scheint die Entscheidung zwischen Himmel und Hölle ein absoluter No-Brainer zu sein. Doch so einfach ist das nicht. Man muss nämlich bedenken, dass der Unterhaltungswert des Frohlockens sich nach einer Million Jahren wahrscheinlich ändern und es früher oder später zu einer echten Qual werden wird. Und umgekehrt liegt es daher auch nahe anzunehmen, dass sich auch unsere Einschätzung über die Höllenqualen mit der Zeit ändert.

Wenn mit genügend Zeit aus dem Himmel die Hölle wird und aus der Hölle der Himmel, dann braucht es gar keine verschiedene Lagerstätten. Eine reicht. Eigentlich genial.

Aber über das Recycling hätte man sich vielleicht früher Gedanken machen sollen?