Der Teufel mit den traurigen Augen

Karellen aus Childhood’s End

Gibt es den Teufel?
Wenn ja, ist er den Menschen wohl oder übel gesinnt? Oder sind sie ihm egal?

Will man der Bibel glauben, sind sie ihm nicht egal. Und er ist ihnen ganz und gar nicht wohl gesinnt.
Dumm nur, dass die Bibel von (fanatischen) Anhängern der Nemesis des Teufels geschrieben wurde, was einen nicht gerade optimistisch macht eine objektive Berichterstattung vorzufinden.
Dass sich der Teufel für die Menschen interessiert, erscheint ja noch halbwegs plausibel – andernfalls wären sich die beiden ja nicht in die Haare gekommen1. Aber dass der Teufel die Menschheit ins Unglück stürzen will, passt zu sehr in die Agenda der Christen, als dass man dahinter nicht Propaganda vermuten könnte.
Dass es im Interesse des Gegners ist, dass der andere ein Scheusal ist, bedeutet natürlich nicht, dass dieser deshalb automatisch der Gute ist2, es bedeutet nur, dass die bestehenden Quellen uns nichts verlässliches dazu sagen können.

Berichten über seine Taten und Motive (und Aussehen3) können wir also nicht trauen, wenn sie von den Groupies seines Widersachers stammen. Können wir aber dennoch gerechtfertigte Aussagen über den Teufel machen?
Wenn mein Erzfeind überzeugt davon ist, dass man das Frühstücksei am runden Ende aufschlagen soll, dann werde ich – neben den ganzen Halbwahrheiten darüber, was er so alles gemacht und gesagt hat – natürlich auch diese absurde Vorstellung erwähnen und gegen ihn verwenden. Analog kann man deshalb durchaus annehmen, dass die Ideen, für die der Teufel einsteht, selbst in Hassschriften korrekt wiedergegeben werden, denn schliesslich sind es meist gerade diese Ideale, welche uns voneinander trennen und uns gegenseitig verabscheuen lassen.

Wenn man an den Teufel denkt, denkt man immer zuerst an die Lüge. Doch ist das Lügen nicht etwas, das er den Menschen empfiehlt zu tun, sondern das er (angeblich) anwendet um seine finsteren Ziele zu erreichen4.
Demgegenüber propagiert die Bibel, die sich zwar grundsätzlich gegen das Lügen ausspricht, dass es unter bestimmten Umständen nichtsdestotrotz nötig sein kann zu lügen5. Die Lüge fällt also eher in Gottes Ressort6.

Und dann wäre da noch der Zweifel. Und den hasst Gott mehr als alles andere. Weil Gott die bedingungslose Liebe liebt. Und Zweifel und Bedingungslosigkeit gehen nun mal nicht zusammen.
Und der Teufel scheint tatsächlich für den Zweifel zu stehen. Er fordert auf, alles zu hinterfragen. Dass man auf diese Weise die Wahrheit nicht los wird, scheint ihn dabei nicht weiter zu stören.
Ginge es nach dem Teufel, sollte man Gott erst dann lieben, wenn man sich sicher ist, dass es ihn tatsächlich gibt UND dass er es wert ist geliebt zu werden. Gott muss sich die Liebe also erst verdienen7 8. Einfach zu glauben, dass er sie sich schon irgendwie verdient haben wird, reicht nicht.

Interessanterweise verdanken wir aber so gut wie alle Dinge, die unser Leben friedlicher, gesünder und glücklicher9 machen, eben jenem Zweifel.
Indem wir die fadenscheinigen Gründe für Kriege anzuzweifeln begannen, verhinderten wir Kriege. Indem wir bezweifelten, dass Krankheiten eine Strafe Gottes sind, gaben wir der Medizin eine Chance. Indem wir die Rollen der Rassen und Geschlechter in Frage stellten, sagten wir der Diskriminierung den Kampf an: Wir verurteilen heute dank dem Zweifel Dinge, die von Gott niemals angeprangert wurden. Wir haben dank dem Zweifel ein unbrauchbares Weltbild durch eins ersetzt, das tatsächlich zur Welt, wie sie sich uns zeigt, passt.

Unter dem Strich sieht es so aus, dass der Teufel seine „finsteren“ Pläne umsetzt, indem er die Welt zu einem friedlichen, sicheren und schönen Ort macht.

Mag schon sein, dass wir dadurch faul werden und deshalb nicht schnell genug die Weltraumfahrt entwickeln werden um noch rechtzeitig vor dem Einschlag des nächsten Killerkometen die Erde zu verlassen. Doch irgendwie sieht es für mich nicht so aus, als ob die Religionen in ihren Blütezeiten, sprich als alle nach ihrer Pfeife getanzt haben, in der Raumfahrttechnik irgendwelche bemerkenswerten Fortschritte gemacht hätten.
Ausser natürlich die Scheiterhaufen waren Prototypen von interplanetaren Materietransportern.

  1. Ausser natürlich Gott ist aus einem ganz anderen Grund wütend auf den Teufel und schiebt ihn nun hinter seinem Rücken alles, was irgendwo schief geht, in die Schuhe.
  2. Der Gute kann der Teufel ohnehin nicht sein, denn Gott besitzt sämtliche Markenrechte auf die Begriffe „Gut“ und „Böse“ und er hat ein für alle man bestimmt, dass, egal was er auch macht, es gut ist (selbst wenn dabei jedes lebende Wesen auf der ganzen Welt elendig ersäuft wird).
  3. Dem Feind ein dämonisches Äusseres anzudichten hat eine lange Tradition. Interessant wäre jedoch, wenn es in diesem Fall umgekehrt wäre und Hörner und Bockfüsse einfach durch Propaganda zu einem Symbol des Bösen wurden: Trichtert man den Menschen über Jahrtausende ein, sich vor solchen Dingen zu fürchten, wird das wohl irgendwann eine Wirkung zeigen. Dafür spricht, dass Pan, von dem das Aussehen des Teufels entlehnt wurde, eher sinnlich als entsetzlich war.
  4. Seine berühmteste Lüge ist übrigens eigentlich gar keine Lüge. Der Teufel sagte in Form der Schlage zu Eva, dass sie mit dem Verzehr der Frucht der Erkenntnis nicht sofort sterben würden, wie Gott es ihnen in Gen 2,17 angedroht hatte. Und wenn man bedenkt, dass Adam und Eva noch fast 1000 Jahre lang lebten, so hatte er damit gar nicht so unrecht. Ganz zu schweigen davon, dass sie im Paradies (oder in der Hölle) ewiglich frohlocken (und/oder jammern).
  5. vgl. Wikipedia: Lüge
  6. Auch dass Gott die Welt in einer Art und Weise erschaffen hat, die ein jeder aussenstehende Beobachter als mehrere Milliarden Jahre alt interpretieren würde, spricht dafür, dass er Täuschungen nicht für hinderlich für die Wahrheit betrachtet.
  7. Dass Gott die Welt erschaffen hat, ist schon beeindruckend – obgleich wir eigentlich gar nicht wissen, wie schwer so etwas für einen Gott ist -, ihn deshalb gleich lieben zu müssen, muss jetzt auch nicht sein. Ihm zum Dank mal ein Bier auszugeben, okay, aber deshalb gleich die ganze Ewigkeit mit ihm abhängen zu müssen? Nää, da habe ich höhere Ansprüche.
  8. Auch die semantische Autorität darüber, was Gut und was Böse heisst, beeindruckt mich noch nicht wirklich.
  9. Darüber, ob die Menschen heute wirklich glücklicher sind, als in den kriegs- und seuchengeplagten Zeiten, könnte man sich natürlich streiten, doch ich bin überzeugt davon, dass die Menschen damals eine Zeit mit weniger Kriegen und Seuchen durchaus als eine glücklichere Zeit betrachtet hätten. Und das soll uns erstmal reichen.

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