Liebe in der Zeit des SMS

Es gibt einen fundamentalen Unterschied zwischen der Art und Weise, wie ich ein Natel benutzen würde, wenn ich eins hätte, und wie es ein Teenie benutzt, der es effektiv hat. Dieser Unterschied zwischen Konjunktiv und Indikativ ist exakt die Quintessenz vom berühmten Marshall McLuhanschen Schlagwort „the Medium is the Message“.
Ich würde mehr oder weniger die gleichen Anrufe tätigen wie bisher auch schon, vielleicht zu etwas anderen Zeiten. Meine Telefonrechnung dürfte sich eigentlich nicht sehr verändern und im Notfall würde ich schneller wieder aus der Lawine herausgeholt werden. Beim Teenie hingegen klingelt nun nicht nur das Natel dauernd, sondern auch alle anderen Telefone und Telegraphen in der näheren Umgebung. Die Telefonrechnung steigt exponentiell und im Notfall ist der Akku leer.
Das Natel wird nämlich, obgleich man es eigentlich kaum merkt, für etwas ganz anderes eingesetzt als das Festnetz-Telefon. Man darf sich aber vom „für etwas ganz anderes“ nicht irreführen lassen. Man spricht immer noch auf der einen Seite rein und hört es auf der anderen Seite wieder rauskommen. Was jedoch anders ist, ist das, was man da rein spricht, denn das Umfeld, in dem man es tut, ist völlig verschieden. Mit dem Natel tut man es im Bus, im Zug, nicht im Flugzeug, während man wartet, während man zu spät kommt, wenn einem eine Idee gekommen ist und wenn sie doch nicht so gut war. Demgegenüber kommt der Festnetzler im Zug gar nicht zum Sprechen, weil ihn das Abrollen des Telefonkabels komplett in Anspruch nimmt.
In der Evolutionstheorie gilt das Prinzip, dass verschiedene Nischen verschiedene Arten hervorbringen. Demzufolge müsste eine Art, die in der einen Umwelt telefoniert, sich allmählich mehr und mehr von einer anderen Art unterscheiden, die dies in einer anderen Umwelt tut. Damit behaupte ich nicht, dass wir in gleicher Weise der Evolution unterworfen sind, wie zum Beispiel Kaninchen, alles was ich sage, ist, dass ein anderes Medium eine andere Umwelt ist und dass diese einen Einfluss auf unser Denken und den gesellschaftlichen Diskurs hat. Was ich damit aber auch sage, ist, dass ich zwar ganz sicher weiss, dass die Teenies etwas anderes tun, ich aber nicht einmal ein Ahnung haben kann, was das ist.

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