Wenn dir einer eine Ohrfeige gibt, dann halte ihm auch die andere Backe hin. Und wenn er deinen Bruder umbringt, dann verzeihe ihm… Finde ich aus einer moralischen und psychologischen Sicht sehr fortschrittliche Gedanken, denn es hilft dem Individuum sich aus der Spirale der Gewalt zu lösen und sich mit der Sache abzufinden.
Es stellt sich mir nur die Frage, wie die Gesellschaft drauf reagieren soll. Soll man Diebe und Mörder wirklich ungestraft davon kommen lassen? Es geht nicht um Rache, sondern um ein Rechtssystem, das Anreize für „unmoralisches“ Verhalten vermeidet.
Meines Wissens hat Jesus nirgends im Neuen Testament gesagt, wie man konkret mit Straftätern auf gesellschaftlicher Ebene umzugehen hat (das hätte ihm sicher auch einigen Ärger eingebrockt), sondern er hat sich stets darauf beschränkt zu betonen, dass er die Gesetze des alten Testaments (also die Gebote und andere Richtlinien) nicht aufheben will – höchstens vielleicht etwas anders priorisieren.
Daher dürfte es schwierig sein allein auf Basis des neuen Testaments das Strafmass beispielsweise für einen Diebstahl zu bestimmen.
Oder gehe ich fehl in der Annahme, dass Diebstahl bestraft werden soll? Müssten in einem Christlichen Land wirklich alle Gefängnisse abgebrochen werden? (Es würden ja eh nur Heiden drin sitzen, aber denen soll man ja genauso verzeihen wie sich selbst, oder?)
Ich denke dieser doch sehr spezielle Umstand, also dass Jesus sich nicht mit juristischen Haarspaltereien abgeben musste, in denen sich die meisten anderen Glaubensstifter dann oft doch noch als Sadisten entpuppten, dem geschuldet ist, dass das Ende der Welt kurz bevorstand. Aus der Sicht der Zeitzeugen war es nur eine Frage von „Monaten“. Ich meine, wenn morgen ein Killerkomet auf die Erde donnert, würdet ihr wirklich noch über Straftäter Gericht halten wollen oder lieber einfach Frieden mit euch und allen anderen machen?