Infitesimales Toilettenpapier

Kulturelle Unterschiede spiegeln sich durchaus auch im Toilettenpapier wieder (diese Formulierung ist beeindruckend mehrlagig!).
Es ist zwar etwas abwegig in einer kulturkritischen Diskusion Sylvester Stallone als ein vorbildliches Beispiel anzuführen, doch was er im Film Demolition Man auf dem Gebiet der „Toilettenhygiene im Wandel der Zeit“ geleistet hat, ist durchaus der Erwähnung wert: Aus einem Kryoschlaf erwacht, findet er auf dem Klo statt Toilettenpapier drei Muscheln, mit denen er bis ans Ende der Film einfach nichts anzufangen weiss.
Wenn man sich diesen und diesen Artikel in der Wikipedia so anschaut, so merkt man rasch, dass es so gut wie nichts gibt, was nicht zur Reinigung der Ausscheidungsorgane nach dem Stuhlgang oder nach dem Harnlassen verwendet wurde. (Bezeichnenderweise wurde in Japan das Toilettenpapier ausgerechnet in der Edo-Zeit eingeführt.)
Um was es mir hier jedoch geht, ist die Qualität des Papiers als ein soziologischer Inikator für dessen Verwendungsgebiert. Mir ist aufgefallen, dass es einen direkten Zusammenhang zwischen dem Schmirgeleffekt des Toiletten- und dem preislichen Sinken des Aktienpapiers einer Firma gibt. Ob es auch im umgekehrten Fall eine Korrelation gibt, weiss ich nicht. Weiter ist mir aufgefallen, dass chilenisches Toilettenpapier dazu neigt sich im Kontakt mit Feuchtigkeit komplett aufzulösen. Dies ist bewundernswert in ökologischer Hinsicht, doch nicht sehr dienlich bei seinem eigentlichen Verwendungszweck. Argentinisches Toilettenpapier hingegen besitzt die verblüffende physikalische Eigenschaft, dass es mit dem Falten zwar schwerer nicht jedoch dicker und stabiler wird. (In beiden Ländern gehört das Toilettenpapier übrigens nicht ins Klo geworfen!)
Welche konktreten Schlüsse sich aus diesen Unterschieden ziehen lassen, kann ich zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht sagen. Ich will mich aber aber auch nicht als Soziologen verstanden sehen, sondern eher als soziologischen Werkzeugmacher.

Tic Tac Toe

Heute bin ich an der rechts abgebildeten Werbung für Diesel-Jeans vorbeigekommen. Zwei halbnackte Frauen spielen mit Peitschen Tic Tac Toe auf den Rücken eines ebenfalls halbnackten Mannes, der es sichtlich geniesst. Auch eine der beiden Frauen diente offensichtlich bereits als Spielbrett.
Ich weiss nicht recht, was ich davon halten soll. Umgekehrt nämlich, also dass zwei Männer eine Frau auspeitschen, wäre es wohl nicht gegangen. Ich schätze daher, dass es sich hierbei um eine jener Werbungen handelt, die auf eine sexy Weise mit Tabus zu flirten versuchen. Vom Konzept her also nichts neues.
Ich frage mich, welchen Einfluss diese rein kommerziell motivierten Tabubrüche auf die Gesellschaft haben. Nicht unbedingt die konkrete Werbung, sondern diese Form der Werbung.
Da es meines Erachtens die ureigenste Aufgabe der Kunst ist, Tabus auf ihre „Gerechtfertigkeit“ hin zu prüfen, übernimmt hier die Werbung zum Teil diese Aufgabe. Ich bezweifle jedoch, dass die Massstäbe mit denen sie eben jene „Gerechtfertigkeit“ prüfen, ethischer oder ästhetischer Natur sind. Ich schätze, es sind eher finanzielle Massstäbe. Das macht zwar nichts, doch die Unvollständigkeit ist bedenklich. Das heisst nämlich, dass sie wohl kaum ein Tabu brechen werden, das für sie kontraproduktiv ist. Zum Beispiel die Magersucht.
Ich würde sogar so weit gehen und die Hypothese aufstellen, dass Werbung nur mit jenen Tabus spielt, welche marktwirtschaftlich betrachtet hemmend wirken. Es wird also, um es moralisch populistisch auszudrücken, in Richtung der universellen Zügellosigkeit hingearbeitet.
Es ist durchaus zu begrüssen unsere Tabus gelegentlich zu überprüfen, andernfalls droht man in einen sturen Dogmatismus abzudriften. Doch heisst das nicht, dass diese Überprüfung zwangsläufig auch im Fernsehn stattfinden muss. Gewisse Themen sollten vielleicht einfach anderswo diskutiert werden. Wir leben in einer Gesellschaft, in der Ideen durch verschiedenartige Mechanismen umherschwappen und das Medium ist schliesslich die Message.

Katjes?

Ich bin gestern beim Zappen irgendwo im „Deutschland sucht sein Supermodel“ hängen geblieben und musste erfahren, dass Luise ständig Phobien, Ängste und Krankheiten habe und dass sie sich zu sehr anstelle und einfach noch nicht soweit sei. Dem konnte ich natürlich nur beipflichten, aber – bitteschön – wer ist Luise?
Wenn mich nicht alle täuscht, dann wurde ich gestern Zeuge einer Next Generation vom Raumschiff Pig Brother. Diesmal kommandiert von Heidi Klum, der meines Erachtens uninteressantesten Frau der Welt – man erkennt sie eigentlich nur daran, dass sie garantiert keine andere ist. Wie dem auch sei, Ziel dieser Mission scheint es zu sein die unendlichen Abgründe der knallharten Modelbranche zu ergründen. Bloss dass mich die eigentlich gar nicht interessieren. Mich würde dagegen viel mehr interessieren, warum Vögel keine Höhenangst haben…
Wie es der Zufall will, bin ich kürzlich im Web über den Club der Hässlichen gestolpert, in dessen Manifest steht, dass die Mitglieder es als ein Unrecht betrachten, dass die Welt von der Schönheit regiert wird und dass sie diese Ordnung der Dinge nicht länger für sich anerkennen. Besonders interessant scheint mir aber der Punkt zu sein, wo sie erklären sich vom falschen Versprechen und der heimlichen Hoffnung befreien zu wollen, eines Tages selbst schöner zu werden.
Ich dagegen war eigentlich immer der Ansicht, dass nicht moralische Prinzipien unser Handeln bestimmen sollten sondern ästhetische. Ich verstand das aber nie so, dass an einer Kreuzung demzufolge Claudia Schiffer Vorfahrt vor Karl Dall haben sollte. Schönheit, wie ich sie verstehe, entzieht sich nämlich der Vergänglichkeit.

Mein Onkel Karel beschrieb mal einen Umzug von Missen in einem kleinen Kaff. Zuforderst auf einem sorgfältig verzierten Wagen sass ein bildhübsches, junges Mädchen. Über beide Ohren strahlend, den Zuschauern am Strassenrand Blumen zuwerfend. Auf dem nächsten, schon etwas kleineren Wagen sass die Miss des vorangegangenen Jahres. Und hinter ihr kam wiederum ihre Vorgängerin. Doch für sie gab es bereits keinen Wagen mehr, sie musste zu Fuss gehen. Und so zog sich die lange Prozession der Missen durch die Strasse. Jede etwas älter als die vorangehende. Ein paar Falten mehr, das Kleid etwas schäbiger und an manchen Stellen aus den Nähten platzend, das Lächeln etwas zahnloser. Und nach und nach fehlte der eine oder andere Jahrgang.

Vielleicht ist der ganze Schönheitswahn, der geradezu absurde Dimensionen anzunehmen beginnt, nichts anderes als der verzweifelte Versuch einer schnelllebigen Gesellschaft den Verfall zu kaschieren?

The Wall

Ich habe heute in einem Iss-So-Viel-Du-Willst-Restaurant ein Mädchen gesehen, das so spindeldürr war, das ich fast auf Magersucht tippen möchte. Sie trug ein Pink Floyd „The Wall“ T-Shirt.
Weil sie aber so unglaublich dünn war, hatte auf dem T-Shirt im Grunde nur ein einziger „Brick“ Platz und „not another“. Das perfide an diesem Anblick war der Wiederspruch an sich: Eine Frau, die in ihrem Körper gefangen ist (oder zumindest diesem Anschein erweckt), und den Ausbruch durch Pink Floyd zelebriert. Und gleichzeitig schien die Mauer dermassen zerbrechlich zu sein, dass ein eiziger Windstoss ausreichen würde um die davon zu tragen.

Ein Blick in die Webcam

Ich habe gestern in einem üppigen Ausschnitt einem Anhänger ausmachen können, der verdächtig nach einer Webcam aussah. Das ist eine grandiose Idee: Schaut jemand direkt in die Kamera, so weisst du, dass er ungezogen war. Das wäre mal ne Reality-Show. Möpse sieht mal überall zur Genüge, aber nicht die Reaktionen, die sie hervorrufen.

Um es vielleicht nicht ganz so moralinlastig zu inszenieren, könnte man die Webcam an verschiedenen Orten installieren und man muss dann anhand der Reaktionen der Passanten erraten, wo sie wohl steckt.

Berge von Schuhen

Es gibt in Ushuaia einen Schuhladen, der hat es in sich. Das Lokal ist leer bis auf einen riesigen Haufen Schuhe in einer Ecke und drum herum stehen Höcker auf die man sich zum Anprobieren setzen kann. Alles sind Damenschuhe, doch reicht das Sortiment von Flipflops über Wanderschuhe bis hin zu Plateau-High-Heels. Frau sucht sich einfach ein passendes Paar aus…

Ist das nun das Paradies oder der Albtraum einer Frau?

Bruce-Brothers

Mein Vater verwechselt dauernd Tom Cruise und Bruce Willis. Eigentlich ist das nicht weiter verwunderlich, unterscheiden sich die Filme der beiden doch nur marginal. Das Duo läuft daher in unserer Familie als Brucecruise.

Star Wars & Jedi-Heels

Was Star Wars ein bisschen die Glaubwürdigkeit nimmt, ist der Umstand, dass Technologien wie beispielsweise die, die hinter dem Lichtschwert steckt, offenbar allein in der Waffenidustrie Verwendung findet. In einer normalen Gesellschaft diffundieren solche Sachen zwar langsam aber stetig in den zivilen Sektor.

Wetterfee

Im chilenischen Fernseh habe ich beobachtet, dass die Wetterfee exakt die Figur der Landesform hat. Das finde ich eine durchaus nachahmenswerte Idee.
Unsere Bettina müsste demzufolge wie ein Schweinchen aussehen. Die Wetterfee in Italien würde nichts als wunderschöne Stiefel tragen. In England müsste die Wetterfee auf einem Schwein reiten. In Deutschland dürfte sie ziemlich fett sein…
Ich glaube dieser Zugang würde das nationale Bewusstsein stärken, die billigen Schönheitsideale über den Haufen werfen und Expansionsgedanken nur noch ästhetischen Idealen folgen lassen – wenn überhaupt. Und die Separatisten in Italien und anderen Ländern würden es sich sicherlich auch nochmals durch den Kopf gehen lassen.

Gleiche Kleider II

Es ist ein altbekanntes Phänomen, dass Frauen mit dem gleichen Outfit an einer anderen Frau nur sehr schlecht umzugehen verstehen. Nun wurde ich Zeuge einer Situation, die dies zumindest zum Teil zu erklären vermag: Im Hostel war ein Assado (ein feuchtfröhliches Grillfest) und irgendwann am Abend tauchte da eine äusserst attraktive Französin mit einem a là Seemann gestreiften Pulli auf. So weit so gut. Als ich dann aber heute Morgen aus meinem Zimmer kam, sass im Innenhof des Hostels eine zerknitterte, giesgrämige und alles andere als äusserst attraktive Frau mit einem a là Seemann gestreiften Pulli. Sollte das die gleiche gewesen sein? Ein echter Schock!
Später stellte sich zum Glück heraus, dass es sich lediglich um zwei gleiche Outfits gehandelt hat, und die attraktive Französin auch im gnadenlos ehrlichen Licht des Morgens mit bravour zu bestehen verstand.

Doch öffnete mir diese Begebenheit die Augen dafür, dass das gleiche Outfit bei einem Dritten als Betrachter nicht gerade schmeichelhafte Gedankengänge auslösen kann. Und das ist natürlich unter allen Umständen zu vermeiden.

Fakir-Disziplinen

Feuerschlucken, über glühende Kohlen laufen, auf Nagelbrettern schlafen, Schlangen beschwören und all das andere Fakirzeug bezeckt im Grunde nichts anderes als im Zuschauer einen gruseligen Schauer auszulösen. In unserer Zeit muss man aber mehr bieten und viel, viel weitergehen um sich auch weiterhin die Glaubwürdigkeit zu blewahren. Daher schlage ich vor, das Gegen-den-Wind-Pinkeln in den Kreis der internationalen Fakir-Disziplinen aufzunehmen.

Daten auf Produkten

Gestern haben wir eine fantastische Geschäftsidee entwickelt, um die uns jeder Mega-Konzern beneiden wird: Wir verkaufen abgelaufene Nahrungsmittel und bedienen damit gleich mehrere sehr unterschiedliche Zielgruppen: Die Wellness- & Esoterikjunkies, die es wegen der überraschend abführenden Wirkung und dem WasMichNichtUmbringtMachtMichStärkerPrinzip lieben werden und die Drogenjunkies, welche die halluzinogene Wirkung zu schätzen wissen werden. Und natürlich alle Couleurs von Adrenalin-Junkies.

Ein fröhliches Bus-Tagebuch I

In den argentinischen Bussen werden zum Zeitvertreib der Passagiere DVDs gezeigt, schliesslich lämpern sich da schnell mal 17 Stunden für eine Reise zusammen. Und wie es scheint, wird auf die des Catalanischen nicht mächtigen Personen dadurch Rücksicht genommen, dass die Filme stets im englichen Original mit spanischen Untertiteln gezeigt werden. Das ist nett, doch da die Busse nicht immer leise sind, oder wenn sie es doch sind, die Lautsprecher nicht funktionieren, nützt einem auch die original Tonspur nichts.
Und die Filme sind ausgesucht doof.
Ist das ausgleichende Gerechtigkeit?

Viel wichtiger als schlechte amerikanische Filme ist das Essen. Es ist eine Hommage an den Flugzeugfrass. Erst kriegt man den gekühlten Untersatz mit dem Brötchen und dem Dessert und dann, wenn man schon genüsslich am Dessert ist, kommt der heisse Teil im Alu-Becher. Der Höhepunkt aber war die Rullade – ihr kennt sie doch, mit Marmelade in diesem süssen Rundherum. Tja, hier war die Füllung Thunfisch.
Auch hier stellt sich die Frage, ob es ausgleichende Gerechtigkeit ist?

Die Erfindung des Kusses

Will man Tom Robbins glauben, so ist der Kuss die einzige wirklich brauchbare Erfindung, die ein Mann je zustande gebracht hat. Mit diesem kontrollierten einst die Ritter ihre Burgfräuleins, ob sie sich während ihrer Abwesenheit nicht am Met gütlich getan haben. Und weil es so viel Spass machte, liessen sich die Damen wesentlich häufiger kontrollieren, als es kriminologisch notwendig gewesen wäre.