Bumeranggeld

Pflichtbewusst habe ich heute am Postschalter gemeldet, dass der Briefmarkenautomat zwar fleissig Geldstücke entgegen nimmt, sich jedoch beharrlich weigert im Gegenzug irgendwelche Briefmarken rauszurücken. Und getreu der alten Zinggi-Regel scheinbar auch vom Umegäh nichts hält.
Die Schalterdame empfahl mir, es nochmals zu versuchen und einfach etwas länger zu warten. Geflickt könne der Automat ohnehin erst am Montag werden.
Ich habe ihren Rat nicht befolgt und überlege stattdessen, wie ich die 1.20 Fr wohl von den Steuern abzusetzen schaffe. Ich fürchte jedoch, das ist verlorene Liebesmüh. Typisch! Das einzige, was ich als vernünftigerweise absetzberechtigt empfinde, ist wohl das einzige, was nicht absetzberechtigt ist.

Der eine oder andere wird sich wohl fragen, weshalb ich da 1.20 Fr. rein geworfen habe, wo doch dies nicht unbedingt einer der üblichen Markenwerte ist. Nun, nachdem er den Franken geschluckt hat und davon scheinbar nichts mitgekriegt hat, versuchte ich den Automaten mit einem weiteren Zehnräppler „aufzuwecken“. Und als auch das nicht fruchtete, schickte ich einen zweiten Zehnräppler los, das andere Geld zurück zu holen. Irrer Gedanke, das ist mir schon klar, aber zu dem Zeitpunkt erschienen mir die Erfolgschancen durchaus passabel.
Stand oder stehe ich (und mit mir vielleicht die ganze Menschheit) womöglich unter einem Bann, der mich völlig irres Zeug machen lässt, wenn es ums Geld geht? Ich bin schliesslich auch fähig 50 Franken für absoluten Nonsens auszugeben, während es mich reut 4.50 Fr. in das Experiment zu investieren, wie viel Schaum in einer Rasierschaumdose steckt. Da darf es uns dann wohl auch nicht wundern, dass der ehemalige deutsche Wirtschaftsminister Martin Bangemann nicht so genau wusste, wie viele Nullen eine Milliarde hat.

Der wahre Wert

Es gibt Geschäfte, deren Preispolitik sich in etwa mit der folgenden herablassenden Feststellung umschreiben lässt: „Wenn Sie nach dem Preis fragen müssen, Sir, dann können Sie es sich nicht leisten.“
Was ist nun aber, wenn ich mit 1.50 Franken, 1.37 Euro und 1 Jen in der Brieftasche in dieses Geschäft komme und nicht nach dem Preis frage? Müssen sie es mir dann nicht für einen Bruchteil dieses Betrages überlassen? (Kommt mir jetzt nicht mit der Aussagenlogik! Wenn sich die Kassiererin in unserer Kantine weigert das „oder“ in „Tagessuppe oder 1 dl Orangenjus“ aussagenlogisch zu interpretieren, weshalb sollte es dann der Snob im Geschäft anders halten?)
Der Clou an der Geschichte ist ja, dass ich gemäss dem genannten Prinzip allein durch mein Verhalten den Preis bestimme. Doch das ist gar nicht so einfach, denn an die Kasse zu gehen und sich den zu bezahlenden Betrag sagen zu lassen, ist de facto identisch mit dem Fragen nach dem Preis. Man muss daher davon ausgehen, dass jemand, der etwas kauft, nach dessen Preis er nicht fragt, den Wert dieses Dings sehr wohl kennt. Also legt man den präzisen Betrag auf den Tresen und verlässt den Laden ohne ein Wort fallen gelassen zu haben. Der Verkäufer wird weder zustimmend noch ablehnend etwas sagen noch murmeln, denn auch das entspricht in gewisser Weise dem Fragen nach dem Preis. In Tat und Wahrheit kennt er den Preis gar nicht und es ist einfach nur sein Job jeden, der ihn irgendeiner Weise auf den Preis referiert, elegant aber bestimmend aus dem Geschäft geleiten.

Das Problem ist nur… man sollte sich schon sicher sein, dass es sich bei einem bestimmten Geschäft um eins exakt von dieser Art handelt. Sonst kann man echt in Teufels Küche kommen.

Blumen auf den Blüten

Die Hippiebewegung stellte sich doch anno dazumal gegen die sinnentlehnten Wohlstandsideale und wenn man eine einzelne Institution als Repräsentant all dessen bestimmen müsste, was den Idealen des Flower Powers entgegenstand, so wären es sicherlich die Bank.
Heute feiert die CREDIT SUISSE sich selbst im Strandbad Tiefenbrunnen. Der Anlass ist das 150 Jahr Jubiläum und das Motto „Let ’em Roll“ – mögen die 60er und 70er wieder aufleben. Wir sollen uns in unsere beste Hippie-Kluft schmeissen und ein Ambiente geniessen, wie es in jener Zeit en Vogue war. Die besten Kostüme und die überzeugendsten Doppelgänger werden prämiert.

Ich will ja nicht ausschliessen, dass der eine oder andere damals wirklich ein Hippie war oder zumindest ein Ergebnis der freien Liebe. Und sicherlich lässt sich auch nicht ausschliessen, dass es den einen oder anderen Freigeist in die CS verschlagen hat, der insgeheim noch immer an der Utopie einer humaneren und friedlicheren Welt hängt. Doch wenn wir uns im Auftrag des Managements von den Zwängen und bürgerlichen Tabus befreien sollen, während uns selbst bei der grössten Hitze der Dress Code die kurzen Hosen verbietet, so riecht das verdächtig nach der Kunst des Krieges: „Zieh dir die Kleider deines Feindes an und du führst nur noch Krieg gegen ihn, er jedoch nicht mehr gegen dich. (Sun Tsu)“
Was Sun Tsu damit sagen wollte, wird wohl ungefähr folgendes sein: Die Uniform stiftet Identität und dadurch, dass du die Uniform deines Feindes anziehst, zerstörst du das, was ihn von dir unterscheidet. Da sich aber deine Identität in etwas anderem gründet, wirst du ihn auch weiterhin als Feind erkennen. Oder mit anderen Worten: Bei einer Assimilation müssen nicht notgedrungen alle Aspekte verinnerlicht werden – die Kleider und die Musik reichen voll auf.

Wie dem auch sei, ich freue mich, wenn sich die CREDIT SUISSE bei ihrer 200 Jahr Feier ihrer frauendiskriminierenden Vergangenheit in Frauenkleidern stellen wird.

Parole?

„Bitte Passwort eingeben!“, heisst es da jeweils und so tippe ich gehorsam die absonderliche Zeichenfolge ein um endlich Einlass zu erlangen in die geheimen Abgründe des Cyberspace. Aber da die Zeichenfolge dermassen absonderlich ist, überkommen mich für gewöhnlich irgendwo in der Mitte des 42-stelligen Codes Zweifel, ob ich da nicht irgendwo falsch abgetippt bin. Das heisst, entweder zurück zum Start oder aber Augen zu und durch.
Erstaunlicherweise lässt er mich dann tatsächlich meistens passieren. Daher glaube ich, dass die Software sich eigentlich gar nicht für die konkrete Zeichenfolge interessiert, sondern bloss für die Selbstsicherheit, mit der ich, also der User diese eingibt. Ausser beim Pincode meiner EC-Karte. Da muss alles stimmen – ausser der Selbstsicherheit. Ich glaube, das sagt durchaus etwas über die Qualität sowohl der Banksoftware, als auch der Stammkundschaft aus.

Offener Brief an die Nachfahren vom Escher

Sehr geehrte Damen und Herren

Als enthusiastischer Mitarbeiter der Credit Suisse ist es mir eine Freude Ihnen mitzuteilen, dass mein ganzes bänkisches Handeln von der Frage „Was hätte der alter Escher wohl davon gehalten?“ bestimmt und inspiriert wird.
Ich weiss zwar nicht genau, was der alte Haudegen Alfred von Schiffen und Wasser hielt, schliesslich bleibt er uns ja vor allem mit der Eisenbahn und dem Gotthard in Erinnerung, doch ist seit Anfang dieses Jahres seine Bahnhofplatzstatue als Galionsfigur an den Bug des metaphorischen CS-Klippers getuckert.

Hochachtungsvoll & Rumpeldipumpel
Eda

Sieben Uhr morgens am Paradeplatz

U1_ParadeplatzWenn man sich so die schweizer Finanzelite ansieht, dann fällt einem augenblicklich eine gewisse Monotonie ins Auge. Die Anzüge unterscheiden sich kaum, die Krawatten nur gerade so viel, dass sie keinen bleibenden Eindruck hinterlassen, und die Frisuren nur im Niemandsland zwischen Gel und keinen Haaren. Ich wage zu bezweifeln, dass Leute, die Ihr Outfit mit dem Konkurenten abstimmen, dadurch innovatives Gedankengut und die Bereitschaft für ihre Kunden unorthodoxe Wege zu beschreiten demonstrieren? Aber was weiss ich schon?
Ich wünsche mir schliesslich von meinem Lieblingsbuchladen, dass an einem sonnigen Tag am Eingang ein Schild hängt mit der Aufschrift: „Sind baden gegangen!“ Denn wie könnte ich erwarten, dass mir jemand hilft, meinem Leben etwas mehr Qualität zu verleihen, wenn er diese nicht erkennt, selbst wenn sie vom Himmel scheint?