Die Macht Gottes

Das sieht auf den erst Blick jetzt vielleicht etwas ernüchternd aus. Da wir aber nicht wissen, wie schwer es ist diese Dinge zu bewerkstelligen, darf man die Y-Achse nicht als Schwierigkeitsgrad verstehen.

Ich persönlich kann weder ein Universum erschaffen, noch auf Wasser laufen. Wie soll ich da wissen, was davon komplizierter ist?
Es wäre falsch, sich hier von der Grösse einschüchtern zu lassen!

Ich kann mir nicht vorstellen, dass das noch keinem Kirchendenker aufgefallen sein soll. Andererseits überrascht es mich auch nicht wirklich, dass man das jetzt nicht an die grosse Glocke hängt. Ich meine, ein Gott der sein Abbild auf einem Toast als finale Steigerung versteht nachdem er mal die ganze Welt geflutet hat… Die Menschen wissen den Schwierigkeitsgrad eines Tricks einfach nicht zu schätzen…

Allerdings ist die Vorstellung, dass ein Toast-Portrait trickier ist als die Schöpfung vielleicht gar nicht so abwegig. Die Masse, die die „Wunder“ auf die Waage bringen, nimmt im Laufe der Geschichte zwar tatsächlich konstant ab, doch mit jedem Schritt kosten die „Wunder“ weniger Leben – was durchaus ein Fortschritt ist:

  • Die Schöpfung ist ja eigentlich erst mit der Erfindung des Todes und der Vertreibung aus dem Paradies vollendet worden1. Sprich : Alle tot.
  • Sintflut : Alle – (8 Menschen + 2 von jeder Tierart) tot
  • Die attische Seuche : max. 33% der Athener (und wohl auch vom Rest) tot
  • Das Laufen auf Wasser : 0 tot, aber 1 Person neidisch
  • Heilung von Syphilis (durch Antibiotika) : 0 tot, aber 1 Person beschämt
  • Toast : 0 Toast und 0 negative Emotionen

Übernatürliches scheint umso schwerer zu sein, je weniger Leid dadurch verursacht wird.

Pontifex-Dialoge: Das Universum

Seit mir der Papst für ein Twitter-Follow einen Ablass vom Fegefeuer offeriert hat, führe ich von Zeit zu Zeit kleinere Dialoge mit dem Pontifex. Dies ist ein weiterer davon:

20. Juni 2017

Papst Franziskus @Pontifex_de
Das Universum ist mehr als ein wissenschaftliches Problem; es ist ein freudvolles Geheimnis, Ausdruck von Gottes Liebe zu uns.

„Das Universum ist mehr als ein wissenschaftliches Problem“. Damit ist wohl gemeint, dass das Universum mehr zu bieten hat, als die Wissenschaft zu erklären vermag1.
Das Universum ist also die grosse Bühne, auf der sich Wundersames ereignet.

Mit Hilfe der Wissenschaft durchschauen wir indessen nach und nach die Tricks, die dahinter stecken. Vieles von dem, was früher unbegreiflich war, haben wir inzwischen begriffen.
Wie viel von den, was noch immer unbegreiflich ist, auf immer unbegreiflich bleiben wird, wissen wir nicht. Und wir wissen auch nicht, ob der unbegriffene Rest am Ende unbegreiflich bleiben wird aufgrund unserer beschränkten Zeit und Fähigkeiten oder weil es da einfach nicht mit rechten Dingen zugeht, was der einzige Grund ist, warum etwas prinzipiell nicht verstanden werden kann.
Der Papst geht offensichtlich davon aus, dass ein Teil auf ewig2 ein Mysterium bleiben wird. Nicht etwa, weil er Gründe dafür hätte, dass zu glauben, denn wir haben noch nie etwas beobachtet3, was nicht mit rechten Dingen zugegangen wäre, sondern weil er es glauben will.

Hinzu kommt, dass die Religionen eine gewisse Reputation darin haben, Fragestellungen, welche vermeintlich Unbegreifliches begreiflich machen könnten, sicherheitshalber zu unterbinden. Zum Wohl des allgemeinen Seelenheils wohlgemerkt, denn aus dem Verschwinden des Unerklärlichen könnte man nur allzu leicht auf das Nichtvorhandensein des Unerklärlichen schliessen. Und das, obwohl es ja einen sehr überzeugenden Grund dafür gibt, dass es das Unerklärliche tatsächlich gibt: der Papst wünscht es sich so sehr. Und wer sind wir, ihm diesen Wunsch auszuschlagen?
Natürlich verbieten Religionen nicht die Wissenschaft. Es ist nur so, das das Seelenheil Priorität hat. Wenn die Erforschung (und Enträtselung) der Wundersamkeit des Universums den Glauben4 stärkt, sehr gut, wenn es ihn jedoch zersetzt, ist die Ignoranz ein Segen. Zu welcher Kategorie Sie gehören, erfahren Sie bei Ihrem zuständigen Priester5.

Da ist aber noch was anderes. Der Weltraum, aus dem das Universum besteht, versucht uns zu töten!

Und selbst zuhause kommen wir nur mit einer stattlichen Portion Glück über die Runden: wenn Global Killer uns verfehlen, sich keine Supernovas in unserer Nachbarschaft ereignen und wir nicht zufälligerweise einer hypergalaktischen Umgehungsstrasse im Weg stehen.
Das Universum, die freudvolle Bühne, ist ein Minenfeld.
Die hübsche Anordnung von Landminen und deren elegante Bauweise macht sie nicht wirklich zu einem Liebesbeweis.

Eda Gregr @meskinaw @Pontifex_de Es ist das gleiche Problem wie Krokodile, Vulkane und HIV. Ziemlich tödlich. Ausdruck von Gottes Liebe für uns. Amen?

Der Papst sieht das Universum als eine Herausforderung. Die Konfrontation mit ihm lässt uns gleichermassen intellektuell wie spirituell wachsen. Und eine spannende, knifflige Herausforderung ist durchaus etwas, was ein liebender Vater seinem Kind bieten würde. Bloss dass ein Scheitern lieber nicht den Tod (und ewige Höllenqualen) nach sich ziehen sollte. Und selbst nur so zu tun, als ob ein Scheitern tödlich wäre, ist nicht unproblematisch, wenn man nicht will, dass das Kind ein Trauma davon trägt.
Zur spannenden und kniffligen (und tödlichen) Herausforderung des liebenden Vaters scheinen folgende Extras zu gehören: Man muss sich beim Ergründen der Geheimnisse des Universums gegen die Angriffe der Vertreter des Vaters behaupten, von denen man weiss, dass sie in der Vergangenheit ziemlich grausam mit Leuten umgegangen sind, die sich gegen sie zu behaupten versuchten. Obwohl nur die wissenschaftliche Methode verlässliche Ergebnisse liefert, ist man verpflichtet auch andere Methoden zu benutzen und deren Ergebnisse zu akzeptieren. Man weiss nicht, ob die Vorbilder, die man hat, im Sinne des Vaters erfolgreich waren oder gescheitert sind. Und der Vater schreckt nicht vor Gewalt und Bildern auf Toastbroten zurück um einen gutgemeinte Hinweise zu geben.

Eda Gregr @meskinaw @Pontifex_de Zeitbomben als Ausdruck von Gottes Liebe, auf dass es vielleicht einem von uns gelingt, sie zu entschärfen.

So ein Szenario ist nur dann ein Beweis für die Liebe Gottes, wenn ich allein das Versuchsobjekt bin und alle anderen Statisten. Dann haben die anderen vor mir, die die Zeitbombe zu entschärfen versuchten, nämlich nicht einfach Pech gehabt, sondern sie waren Teil einer Inszenierung, die mich in die richtige „Stimmung“ versetzte innerhalb der Herausforderung, an der ich wachsen soll.

Dies zeigt übrigens wieder einmal, dass Computerspiele in der Theologie noch immer nicht die Beachtung finden, die sie eigentlich verdienen. Computerspiele als ein Abbild dessen, was uns die Religionen als göttlichen Plan verkaufen wollen: Wir werden in eine Welt geschleudert, in der wir uns behaupten und aus der wir erfolgreich entkommen müssen. Und Freud und Leid und Tod im Spiel sind nur zu unserer Unterhaltung ausserhalb des Spiels da. Gruselige Zombies sind ein Liebesbeweis der Entwickler an den Käufer.
Und im Multiplayer-Modus: Indem der Erfolg des einen Spielers den des anderen einschränken kann, entsteht eine Selektion, wo es Gewinner und Verlierer gibt. Und ob es diese Linie gibt und wo sie liegt gänzlich in der Macht des Spiel-Designers. Dieser kann dann gern noch ein Feature einbauen, welches den Spieler, wenn er nicht erfolgreich ist, auch ausserhalb des Spiels tötet. Doch dann sollte er die Entscheidung, ob man das Spiel spielen will, dem Spieler überlassen. Andernfalls kommt er wohl nicht damit durch, dass er das Spiel aus Liebe für die Spieler entwickelt hat:
Wenn du dir wünschst Russisch Roulett zu spielen, dann kann es ein Akt der Liebe sein, dir den Revolver zu geben.
Wenn du es aber nicht spielen willst, dann ist es kein Akt der Liebe, dir den Revolver zu geben und dich zu zwingen abzudrücken.

Mit dem Wechseln von Diesseits- und Jenseitsperspektive machen uns die Apologeten nur kirre. Doch unter dem Strich bleibt, dass entweder die Regeln gelten, die in den heiligen Büchern stehen, dann ist Gott ein alles andere als liebenswürdiger Kerl. Oder es gelten eigentlich andere Regeln, doch dann ist Gott nicht das, was über ihn in den heiligen Büchern steht.

Überlegt euch mal, was Lara Croft über den Designer ihrer liebevoll kreierten Weltdenkt. Ist es das gleiche wie der Tomb Raider Spieler?


Disclaimer: Diesen Artikel habe schneller geschrieben als sonst üblich, deshalb hat’s vielleicht ein paar mehr nicht ganz nachvollziehbare Gedankensprünge. Sollte Klärungsbedarf bestehen, werde ich mich gern nochmal dahinter klemmen.


Kurzer Nachtrag. Als Antwort auf den Tweet den Papst postete Mathilde Hei das Bild einer Galaxie mit dem Kommentar: „Es ist prachtvoll. Gott ist das Zentrum!“

https://twitter.com/HopelandAT/status/744436070876581888

Das Universum hat kein Zentrum.
Das auf dem Bild ist eine Galaxie, von denen es Abermillionen gibt.
Und das in der Mitte der Galaxie ist ein schwarzes Loch.
Soviel zur Freude die Geheimnisse des Universums zu enthüllen.

Lernen aus Erfahrung

Wie soll ich aus der Erfahrung etwas lernen, wenn ich nicht weiss, wie es gekommen wäre, wenn ich mich anders entschieden hätte?

Wenn die Welt tatsächlich so wäre, wie es diese eine verrückte Hypothese vorschlägt, der zufolge sich das Universum bei jeder Entscheidung in parallele Universen spaltet, welche sich allein durch die Varianten eben jener Entscheidung unterscheiden, und wenn es eine Möglichkeit gäbe in die parallelen Welten reinzuschauen um die Konsequenzen der anderen Entscheidungen zu sehen, dann wäre das Dilemma gelöst: Wir könnten aus unseren Erfahrungen1 lernen (und endlich hätten Erfahrungsberichte tatsächlich das Gewicht, welches Scharlatane ihnen bisher irrtümlich zugesprochen haben).

Wenn ich Gott wäre und mir etwas aus den geistigen Kapazität meiner Kreaturen machen würde2, dann würde ich sicherlich ein Universum erschaffen, in welchem man auch die Konsequenzen der nicht getroffenen Entscheidungen sehen könnte. Vielleicht durch spezielles Fenster oder so.

Auf diese Weise würden die Menschen aus ihren Fehlern lernen. Entsprechend fallen dann mit der Zeit gewisse bescheuerte Entscheidungen weg, wodurch man sich dann auch eine Menge an Universen sparen könnte3.
Die Universen dieses Multiversums liessen sich dann entsprechend ihrer Lernfähigkeit sortieren. Am einen Ende des Spektrums wurde mehr oder weniger jedes Mal die richtige Entscheidung getroffen, während am anderen Ende meistens die falsche.
In einem Universum jedoch – und das hat definitiv die Arschkarte gezogen – muss unweigerlich jedes einzelne Mal die falsche Wahl getroffen worden sein. Und diesen Umstand, denke ich, muss man den unverbesserlichen Pechvögeln nicht noch durch den Ausblick auf bessere Welten extra unter die Nase reiben. Deshalb sollten dort wohl die Fenster durch Einwegspiegel ersetzt werden.

 

Ob man wohl aus dem Umstand, dass hier bei uns keine Fenster in Nachbar-Universen gibt, irgendwelche Schlüsse ziehen kann?

Happy Birthday DNA

Douglas Adams

Das Universum hüpfte in die Höhe, gefror, zitterte und dehnte sich in alle möglichen unvorhergesehenen Richtungen aus.
zufällig von Ava ausgewählt

 

 

 

Wieso ist alles so wunderbar feinabgestimmt?

Nur in einem feinabgestimmten Universum kann Leben entstehen, das sich über die Feinabstimmung wundert. Insofern ist es unerheblich, wie wahrscheinlich oder unwahrscheinlich ebenjener Grad an Feinabstimmung ist.
Eine viel interessantere Frage in diesem Zusammenhang wäre, wie das Leben wohl aussehen würde, wenn die Feinabstimmung eine andere ist? Denn anzunehmen, dass nur allein bei unserer Konstellation der Naturkonstanten, eine komplexere Physik und Chemie möglich sein sollte, ist schon etwas gar anthropozentrisch.