Ganz anders als im Mittelalter

Dass die katholische Kirche im finsteren Mittelalter nicht wirklich ein Lichtlein der Hoffnung war, bestreitet wohl niemand. Inzwischen nicht mal die katholische Kirche selbst.
Ob damals die A2H-Bilanz1 aber übler war als heute, dazu will sich irgendwie niemand äussern. Natürlich kann man das nicht wissen, nichtsdestotrotz richtet man als eine religiöse Institution seine Handlungen danach aus den A2H-Wert möglichst hoch zu schrauben. Und alle Empfehlungen (heute sind Befehle nicht mehr so populär) der Kirchen zielen genau darauf ab. Insofern sollten der Klerus schon eine sehr genaue Vorstellung haben, unter welchen Umständen der A2H rauf und unter welchen er runter geht.
Auf jeden Fall würde sicherlich jeder Theologe zustimmen, dass mit der Einführung des Christentums in Saudi-Arabien, die A2H-Bilanz Saudi Arabiens sicherlich steigen wird.

Da im Mittelalter die Kirche fast allmächtig war und da ihr nie etwas mehr am Herzen lag als das Seelenheil seiner Schäfchen2, sollte man doch eigentlich davon aus gehen, dass die A2H-Bilanz damals vorzüglich war.

Es ist natürlich auch gut möglich, dass die Vorstellungen darüber, was den A2H-Wert nach oben treibt, damals nicht korrekt waren. Sei es aufgrund von bedauerlichen Fehlschlüssen, einem Pakt mit dem Teufel oder kaltschnäuzigem Kalkül. So oder so sollte das eigentlich egal gewesen sein, denn im Angesicht der übermächtigen Position der Kirche sowohl in weltlicher wie auch in geistiger Hinsicht, konnte der liebe Gott es den Schäfchen unmöglich übel nehmen, wenn sie sich nach den Vorgaben der Kirche richteten, von welchen die Menschen nur annehmen konnten, dass sie die seinen waren.

Vor allem die Vorstellung, dass es kaltschnäuziges Kalkül war, fasziniert mich. Wohl wissend, dass der richtige Weg zu Gott über Friede, Freude, Eierkuchen geht, entschloss sich die Kirche ein Schreckensherrschaft zu etablieren, die mächtig genug ist, die frohe Botschaft in die ganze Welt zu tragen, sie dort zu durchzusetzen und gleichzeitig sich gegen innere wie äussere Feinde zu behaupten. Was sie die Menschen lehrten und was sie sie machen liessen, war eine Perversion des christlichen Gedankens, aber genau so brachten sie maximal viele Seelen in den Himmel, weil der Glaube an Jesus als Minimalbedingung für den Einlass in den Himmel vorhanden war und für alles andere der Klerus die Verantwortung übernahm. Eigentlich unglaublich selbstlos.

Ein Pakt mit dem Teufel ist dagegn unwahrscheinlich, weil auf diese Strategie überdurchschnittlich viele Seelen in den Himmel schwemmte3. Und bedauerliche Fehlschlüsse werden es wohl eher nicht gewesen sein, weil solche kaum langfristige Erfolge verbuchen werden. Der Erfolg des Christentum ist indessen unbestreitbar:

Aktuelle Verbreitung des Christentums

weltkarte christentum

Entstanden ist das Christentum in Jerusalem und verbreitete sich von dort erst im Nahen Osten und kurz darauf über Rom im Römischen Reich. Diese Ausbreitung verdankte sich anfangs noch der Überzeugungskraft der Worte. Später dann, als das Christentum zur Staatsreligion Roms wurde, wurde mehr und mehr der Gladius zum überzeugendsten Argument fürs Christentum.
Da fragt man sich doch glatt, an wie vielen von den Orten, wo heute inbrünstig Hymnen gesungen werden, die Ureinwohner wohl „liebenswürdig“ in die christliche Gemeinschaft aufgenommen wurden?

liebenswuerdig

Und genau hier liegt das Dilemma der modernen Kirchen: Auf der einen Seite verurteilen sie die Methoden der katholischen Kirche im finsteren Mittelalter, auf der anderen Seite aber beneidet man sie um ihren Erfolg. Und um ihre Fähigkeit ihren Willen kompromisslos durchzusetzen. Jeder, der es besser weiss, bedauert nicht die Möglichkeit zu haben, seine Ideen ohne lästige Kompromisse umsetzen zu können…

Der Vatikan würde die Macht – so sie ihm wieder zurück gegeben würde – natürlich nicht mehr in mittelalterlicher Manier nutzen.
(Obwohl bisher jeder, dem solche Macht gegeben wurde, sie früher oder später immer in mittelalterlicher Manier genutzt hat.)
Er würde sich auf die Kernelemente des Christentum konzentrieren: Jesus, die Nächstenliebe und das Leid. Ja das Leid! Weil durch das Leid eine besondere Nähe zu Jesus Christus erfahrbar ist. Schmerzen und Leid sind nämlich positiv zu bewerten. Das sagte Mutter Teresa. Und die muss es wissen, schliesslich ist sie eben erst heilig gesprochen worden. Und zwar genau für ihre Aufopferung für Leidende. Sowas meinte auch der Heilige Josemaría Escrivá de Balaguer y Albás, der Gründer von Opus Dei, als er Hunger, Durst, Hitze, Kälte, Schmerz, Schande, Armut, Einsamkeit, Verrat, Verleumdung, Gefängnis… die wahren Schätze des Menschen auf dieser Erde nannte.

Ich frage mich, wie die Welt wohl aussehen würde, wenn man jemandem die absolute Macht gibt, der Leid als einen vielversprechenden Weg betrachtet? Würde er seinen Gegnern böswillig das Leid vorenthalten?