Bestrafen wer Arbeitsplätze schafft?

svp-sp-initiativeAm 25. September 2016 wird im Kanton Luzern über die Volksinitiative «Für faire Unternehmenssteuern» abgestimmt. Die Parole der Gegner ist die Frage, ob man wirklich jene bestrafen will, die Arbeitsplätze schaffen. Gemeint sind natürlich die Unternehmen.

Die Frage ist durchaus berechtigt. Wenn die Unternehmen Arbeitsplätze schaffen, sollte man sie doch eigentlich lieber belohnen statt sie zu bestrafen.
Nicht zuletzt, weil man mit Belohnung ein Verhalten fördert und mit Bestrafung es zu verändern versucht. Und Arbeitsplätze zu schaffen ist zweifellos ein wünschenswertes Verhalten.

Daher gilt:
Jedes zusätzliche ‰ Unternehmenssteuern reduziert den Gewinn eines Unternehmens.
Kleinere Gewinnspannen machen den Standort für Unternehmen weniger attraktiv.
Weniger attraktive Standorte ziehen weniger Unternehmen an.
Weniger neue Unternehmen schaffen weniger neue Arbeitsplätze.
Und jeder nicht geschaffene Arbeitsplatz macht macht den Kanton traurig, weil Nichtarbeitende weniger Steuern zahlen.

Umgekehrt macht jedes ‰ weniger Unternehmenssteuer den Kanton glücklicher, weil er von arbeitenden Arbeitnehmern mehr Steuern bekommt als vom nicht arbeitenden Arbeitsfähigen.

Fazit:

Der Sinn einer Steuersenkung ist es, dass man im Endeffekt mehr Geld einnimmt.
Finanzdirektor Marcel Schwerzmann1

Ich nehme an, der Mechanismus dieser Win-Win-Win-Strategie2 ist folgender: Jeder nicht für Steuern ausgegebene Franken wird in neue Arbeitsplätze investiert, was Produktivität und Gewinne steigert, die wiederum in neue Arbeitsplätze investiert werden, was Produktivität und Gewinne steigert, … Und alle sind beschäftigt und glücklich und fleissig am Steuern zahlen.3

Wieso dann nicht die Unternehmen für ihren Effort Arbeitsplätze zu schaffen nicht mit viel, VIEL, V I E L tieferen Steuern belohnen?

Vielleicht liesse sich sogar eine negative Unternehmenssteuer einführen? Statt Steuern bezahlen zu müssen, würden die Firmen Subventionen erhalten! Das würde die Erfolgsspirale noch viel, VIEL, V I E L mehr ankurbeln.

Dass tiefere Steuern die Wirtschaft ankurbelt, bestreiten die Befürworter der Initiative gar nicht. Sie merken lediglich an, dass man trotz florierender Wirtschaft nicht wie erwartet mehr Geld eingenommen hat und dass es allmählich wirklich knapp wird bei der Finanzierung von Bildung, Sozialem, Sicherheit, Umwelt und Infrastruktur – was sich übrigens über kurz oder lang nachhaltig auf die Standortattraktivität auswirken wird. Und sie merken auch an, dass grosse Firmen nicht notwendigerweise auch viele Angestellte zu haben brauchen und sich daher über deren Steuern weniger an der Finanzierung der von der Gemeinschaft zur Verfügung gestellten Infrastruktur beteiligen, als sie sie in Anspruch nehmen – was unfair ist, weil das dann von anderen gestemmt werden muss.

Schauen wir uns also mal die Gründe an, warum man laut nein-zur-sp-steuerinitiative.ch die Initiative ablehnen soll:
(ich beziehe mich auch auf die Ausführungen zu diesen Punkten auf der Webseite)


  • Wenn man falsch abgebogen ist und man zurück fährt, wirft einen das zurück? Schon, aber wäre man besser dran, wenn man einfach weiter geht? Kaum. Und dass hinter einem andere in die gleiche Strasse einbiegen, bedeutet nicht, dass man demzufolge doch auf dem richtigen Weg ist. Vielleicht können sie es sich im Gegensatz zu uns ja leisten.
  • weil sie unser Finanzproblem verschärft
    Hier gestehen die Gegner ein, dass es tatsächlich ein massives Finanzproblem im Kanton Luzern gibt, welches die aktuelle Steuerpolitik verursachte, verschärfte oder zumindest nicht zu beseitigen fähig war. Dass der Effekt der Steuerinitiative aber einen gegenteiliger zum erhofften sein könnte, ist durchaus ein valider Einwand, der aber wesentlich ausführlicher begründet werden müsste als mit dem Satz: „Eine Abkehr von der eingeschlagenen Steuerstrategie würde jene wenigen Unternehmen aus unserem Kanton vertreiben, die für den Grossteil der Unternehmenssteuern im Kanton Luzern aufkommen und die ihren Steuersitz jederzeit problemlos verlegen können.“ Wenn sie nämlich so problemlos wieder abziehen können, dann werden sie es tun, sobald sich die Gelegenheit bietet – und andere Kantone sind ja drauf und dran Gelegenheiten zu bieten. Interessant wäre es, zu erfahren, wie viel diese wenigen Unternehmen,  im Kanton Luzern in Infrastruktur und Arbeitsplätze investiert haben? Denn je freizügiger sie es taten, desto weniger problemlos wird ein Abzug sein. Und wir wollen ja nur die nicht bestrafen, die Arbeitsplätze schaffen.

  • Dass man Volksentscheidungen Zeit geben sollte um sich zu entfalten, sehe ich als experimentalpolitisch orientierter Stimmbürger natürlich ein. Allerdings weiss ich auch, dass man Kriterien haben muss, welche einem bestimmen lassen, ob ein Experiment gescheitert ist. Die Gegner sagen nicht, dass es bald besser wird. Sie sagen nur, dass es sich anders zu überlegen schlecht ist. Auf Fehler nicht zu reagieren ist aber auch ein Risiko für die so hoch geschätzte Planungssicherheit.

  • Das ist ein witziger Einwand. Die SP nennt ihre Initiative „Für faire Unternehmenssteuern“ und die Gegner erwidern, dass die Umsetzung der Initiative unfair wäre. Können wir uns darauf einigen, dass beide Seiten unter Fairness etwas anderes verstehen?
  • weil sich tiefe Firmensteuern auszahlen
    Es stimmt schon, dass „Wer Gewinne erzielt, zahlt Steuern“. Die Frage ist nur, ob sich mit den Steuern, die man erhält, alles nötige finanzieren lässt? Und das allgemeine Eingeständnis, dass es Finanzprobleme gibt, bedeutet, dass es sich noch nicht wirklich ausgezahlt hat, auch wenn der eine oder andere Posten sich vergrössert haben mag.

Unter dem Strich heisst das: Es gibt ein wachsendes Finanzproblem, welches die aktuelle Steuerpolitik offenbar nicht zu entschärfen fähig war. Die Befürworter hoffen mit ihrer Initiative das Steuer herum zu reissen, die Gegner befürchten, dass man sich damit nur noch tiefer in den Schlamassel rein manövrieren würde. Als Lösung schlagen diese statt dessen vor, vorerst einfach mal weiter zu machen und zu hoffen, dass es gut kommt.

Persönlich neige ich zur Befürwortung der Initiative, ziehe aber den Hut vor den Bürgerlichen für ihren Einsatz zugunsten der Experimentalpolitik.