Religion des Friedens

Obelix und seine LiebenswürdigkeitOb man eine Religion als friedliebend bezeichnen kann, hängt meines Erachtens nicht von ihrem Ziel ab eine friedliche Gesellschaft zu erschaffen, denn dieses Ziel teilen ALLE Religionen, sondern vom Weg, den die Religion vorgibt, um dieses Ziel zu erreichen.

Religionen formulieren Werte und stellen Regeln auf, die ein harmonisches Zusammenleben ermöglichen sollen1. Die Grundidee dabei ist, dass wenn ALLE exakt die von der Religion gestifteten Werte übernehmen und ihr Leben entsprechend den von der Religion vorgegebenen Regeln führen, dass dann einem idyllischen Leben nichts mehr im Wege steht2. Das Problem ist aber, dass wenn nicht wirklich ALLE die Werte übernehmen und ihr Leben nach jenen Regeln führen, dass dann für die Harmonie keine Garantie übernommen werden kann. Nicht mal für die, die es tun. Wie also bringt man auch den hintersten und letzten dazu, sich zu seinem eigenen Wohl die Lehren der Religion zu Herzen zu nehmen? Und genau an der Antwort auf diese Frage muss man die Liebenswürdigkeit einer Religion messen!

Von einer Religion des Friedens würde ich erwarten, dass sie das ohne Gewalt hinkriegt. Auch ohne Androhung derselben. Weder im Diesseits noch im Jenseits.
Ich sage nicht, dass Gewalt grundsätzlich etwas schlechtes ist. Manchmal ist sie der einzige Weg um etwas wünschenswertes zu erreichen und dann soll man diese ruhig zu Hilfe nehmen. Man kann es dann einfach nicht mehr eine „friedfertige Lösung“ nennen.

Wir benamsen eine Erziehungsmethode – und nichts anderes ist eine Religion – schliesslich auch nicht nach dem erhofften Ergebnis, sonst würden alle Erziehungsmethoden „Tolle Erziehungsmethode“ heissen, sondern eher nach den Mitteln, die zur Erziehung verwendet werden.
Selbst wenn die Heranwachsenden am Ende friedfertig, höflich und hilfsbereit sind, wenn man es ihnen mit Schlägen und Drohungen eingetrichtert hat, dann war es keine „friedfertige Erziehung“. Ich will damit nicht sagen, dass man Kinder nicht schlagen soll3, ich sage nur, dass, wenn man es tut, es nicht eine „friedliche“, „friedliebende“ oder „friedfertige“ Erziehung genannt werden kann.
(btw. Was die Beurteilung einer solchen Methode betrifft, so sollten wir uns auch da weniger vom erhofften Ergebnis blenden lassen, sondern erst mal die realen abwarten4. Und wenn die endgültigen Ergebnisse aus kategorischen Gründen nicht vorgelegt werden können, dann müssen wir uns halt mit den provisorischen begnügen.5 Doch hier geht es nicht um die Beurteilung, sondern lediglich um die Zuschreibung von Attributen.)

Die frohe Botschaft ist aber, dass dem Christentum (wie wohl jeder anderen Religion genauso) nicht viel fehlt um eine in diesem Sinne „friedliche Religion“ zu werden.  Sie bräuchte lediglich die Bestrafung für die Abkehr von Gott zu streichen6. Und sie sollte auch aufhören die Menschen daran zu hindern, das zu tun, was sie wollen – insbesondere dann, wenn sie damit niemandem schaden.
Gott darf gern seine Wünsche formulieren und er darf auch gern diejenigen belohnen, die ihm diese erfüllen, doch er sollte niemanden dafür bestrafen, wenn er ihnen nicht nachkommt. Wenn er uns erklärt, dass er an seinem Tisch niemanden haben will, der sich vom gleichen Geschlecht angezogen fühlt, dann können wir damit leben. Wir entscheiden uns, ob uns die Sodomie wichtig genug ist, um damit auf ein gewissen Bonus zu verzichten. An anderen Tischen aber weniger oder vielleicht sogar gar nichts zu servieren, steht ausser Debatte, denn das ist ein Akt von Gewalt7.
Hier zu sagen, die Leute hätten die Wahl gehabt, sie hätten sich aus freien Stücken für den Hunger entschieden und müssten nun eben die Konsequenzen tragen, hat auch seine Tücken. Weil jemanden  zu einer Entscheidung zu zwingen, noch bevor er über genügend Informationen verfügt um eine nach eigener Einschätzung fundierte Entscheidung treffen zu können, ist auch eine Form der Gewalt, denn auch hier nutzt man seine Macht um jemanden etwas tun zu lassen, was er nicht will. Zur Illustration vielleicht das folgende Szenario: Es werden einem zwei Pillen gegeben. Eine blaue und eine rote. Die blaue lässt das das Kopfweh verschwinden. Die rote lässt den Kopf explodieren. Man hat die freie Wahl. Bloss dass diese ganze Übung in einem Raum ohne Licht stattfindet. Ist dann wirklich keine Gewalt im Spiel? Auch dann nicht, wenn es ausserdem noch heisst, dass wenn man sich nicht innert einer unbekannten Frist nicht entscheidet, man so oder so die rote Pille bekommt? 8

Aber natürlich hindert niemand Gott daran, Leute zu Entscheidungen zu zwingen und sie für die falsche zu bestrafen. Es steht ihm frei zu tun und zu lassen, was immer ihm beliebt. Und er darf gern auch überzeugt davon sein, dass er damit seine Liebe gegenüber den Menschen zum Ausdruck bringt. Doch wenn man hierbei von einer friedfertigen Erziehungsmethode spricht, dann hat man irgendwie den Sinn für die Realität verloren.