Grenzen sind was für andere

Orange wirbt auf seinen Plakaten mit fröhlichen Menschen mitten in einem topfebenen Hügelland, das wohl kaum die chilenische Atacamawüste sein wird, dieser aber verblüffend ähnlich sieht: flach, trocken und absolut ohne Vegetation.
Im Grunde spielt es aber keine allzu grosse Rolle, wo die Aufnahmen nun gemacht wurden, die unendliche Weite soll Freiheit symbolisieren und diese soll der Kunde mit Orange assoziieren. Wie es der Zufall so will, war ich gerade erst letzen Dezember in der Atacamawüste und obwohl ich da tatsächlich im Rausch der Freiheit nackt Purzelbäume schlug, hinderte mich doch etwas daran diese Weite völlig unbeschwert zu geniessen. Ich hatte keinerlei Empfang auf meinem Orange-Handy.

Milonga

Mach dich nie lustig über die einsamen Tangotänzer, die vor dem Eingang zum Cementerio de la Recoleta für ein paar Pesos in ihren abgewetzten, weissen Smokings die Touristen unterhalten, denn womöglich bist du schneller einer von ihnen, als du denkst. Aber Du wirst dir von den Almosen keinen weissen Smoking leisten können!

Bond, James Bond

U1_HomerBondEinen Mann, der noch nie vor dem Badezimmerspiegel seine imaginäre Walther PPK gezogen hätte, gibt es nicht. Es ist nämlich ein ungeschriebenes Gesetz der männlichen Natur, dass jeder Mann insgeheim der Überzeugung ist, in Tat und Wahrheit der leibhaftige James Bond zu sein.
Natürlich erfordert dies ein hohes Mass an Einbildungskraft, denn die Ähnlichkeiten in der Wirkung auf die holde Weiblichkeit sind nur sehr subtil. Doch auch die Ähnlichkeit unserer Frauen mit den Bondgirls hält sich in Grenzen, also heben sich glücklicherweise die beiden Selbsttäuschungen gegenseitig auf. Keine Schimäre ist hingegen der Umstand, dass bisher noch kaum ein Mann die Welt gerettet hat, denn das liegt nicht etwa daran, dass er es nicht könnte, sondern daran, dass ihn ihre Majestät noch nicht darum gebeten hat.
Ein Punkt liess sich bis anhin jedoch nicht wegdiskutieren: Der lästige Auftrieb bei Unterwassereinsätzen, bedingt durch das eine oder andere schwabbelnde Pfund an den Spanten. Nun konnten wir aber unlängst der Presse entnehmen, dass sich den neue James Bond Darsteller Daniel Craig während der Dreharbeiten in Prag zu viele Knödel gegönnt habe soll und nun auf Diät gesetzt worden ist.
Ein kleines Bäuchchen für James Bond, ein grosser Ranzen für die Männlichkeit.

Genitales Wettrüsten

Der erigierte Penis von Gorillas und Orang-Utans ist ungefähr 4 cm lang. Und wie es heisst, sind sie mit diesem durchaus in der Lage den Beischlaf in allen möglichen Stellungen zu vollziehen – manche davon sogar hängend an einem Ast!
Dies legt den Schluss nahe, dass die Länge beim Menschenmännchen sich weniger im Hinblick auf die Funktionalität entwickelt hat, denn nicht mal das Stehvermögen ist bei uns proportional grösser als bei unseren nahen Verwandten, sondern analog zum Pfauenschwanz einfach um Eindruck zu schinden, was immer es auch koste. Die Idee dabei ist, dass man(n) es nicht nötig hat dieses Plus an Biomasse fürs Gehirn zu investieren, weil man ja ohnehin schon wahnsinnig schlau ist. Und der Beweis dafür ist natürlich, dass man(n) noch immer lebt.
Was mir an diesem Gedanken aber am besten gefällt, ist, dass Frauen zwar durchaus so einen Penis zu schätzen wissen, dass die Begeisterung im Allgemeinen jedoch weit kleiner ist als die männliche Euphorie für Brüste und den Hintern der Frau, welche bekanntlich eine üppige Fruchtbarkeit signalisieren. Tatsächlich werden aber die Lokalitäten, wo Penisse verglichen, bewertet und in den sozialen Status umgemünzt werden – also Umkleidekabinen, Duschen und Pissoire -, von Frauen eher weniger frequentiert. Das heisst also, dass das genitale Wettrüsten beim Mann in erster Linie zur Abschreckung der Geschlechtsgenossen diente und dass die Frauen mehr oder weniger erst im Nachhinein mit den nackten Tatsachen konfrontiert wurden.

Nachtrag 15.6.2013
Der Umstand, dass der Mensch im Gegensatz zu seinen nächsten Verwandten keinen Penisknochen hat, zeigt, dass die Frauen wohl doch auch noch ein Wort bei der Evolution des Lümmels Latte mit zu reden hatten. Denn ohne einen solchen Knochen ist der Ständer ein deutliches Signal für die Jugend und Gesundheit des Mannes. Mir ist gerade einfach so ganz klar, worin sich eine beknochte Latte von einer unbeknochten unterscheidet, also worauf die Frauen exakt ihr Augenmerk gerichtet haben.

Oerlikon – Gleis 9

Jeden morgen nehme ich in Altstetten den InterRegio Richtung Zürich Flughafen. Während ich in Altstetten den Zug immer auf den gleichen Gleis besteige, entsteige ich ihm in Oerlikon mal auf diesem und mal auf jenem Gleis.
Ursprünglich habe ich angenommen, dass diese Unbestimmtheit den Launen der Lokomotivführer entspringen würde, doch beschleicht mich allmählich der Verdacht, dass hinter diesem vermeintlichen Chaos womöglich doch eine Ordnung stecken könnte.
Je nachdem, ob ich nämlich vorne oder hinten in den Zug steige, verlasse ich diesen in Oerlikon auf einem anderen Perron. Doch es ist nicht so, dass sich der Lokomotivführer an mir orientieren würde, denn dann würden meine Erfahrung ja nicht von anderen Passagieren geteilt werden. Das lässt nur eine Erklärung zu: Der Bug dieses InterRegio fährt auf Gleich 4 ein, während das Heck es auf Gleis 6 tut. Spookie, nicht? Ich will nicht pietätlos erscheinen, aber ich fürchte, die SBB hat weit mehr Geisterzüge, als sie uns glauben machen will.

Das Krankenhaus am Rande der Stadt

In der Fernsehserie Dr. House gibts nun endgültig keine Geschichte drumherum, sondern nur Ausdrücke, von denen wir bereit sind anzunehmen, dass sie dem medizinischen Vokabular entstammen. So etwas wie eine Identifikation mit den Protagonisten ist – zumindest für mich – definitv nicht mehr möglich. Wir werden stattdessen erschlagen durch die geballte Kraft eines Wissens, das wir nicht besitzen – zumindest ich.
Womöglich werden dadurch die Ärzte wieder zu den Halbgöttern in Weiss, die sie mal waren. Und das braucht nicht mal so schlecht zu sein, denn „weiss“ muss ja nicht notgedrungen „gut“ bedeuten. Es reicht, wenn die Ärzte Wunder vollbringen. Irgendwelche. Und seien es nur linguistische Rittberger.

Und wenn man es tatsächlich von dieser Seite betrachtet, dann passt diese Serie auf eine ganz eigene Art und Weise ins Zentrum dieses Verschwörungs-Theorie-Hypes. Auch da geht es ja um Wissen, das nicht allen zugänglich ist oder gemacht wird. Nicht jede Verschwörung muss ja notgedrungen „böse“ sein…

Fussballspieler, -funktionäre und -hooligans

Ist es nicht so, dass ein Fussballclub, der seine Finanzen nicht im Griff hat kurzerhand absteigt? Warum sollte dann ein Fussballclub, dessen Fans sich nicht im Griff haben, nicht auch abgestiegen werden?
Was die Spieler dafür können, dass sich ein paar Hooligans nicht benehmen können? Genau soviel wie sie etwas dafür können, dass ihre Finanzheinis nicht mit ihrem Geld umgehen können.
Und selbst der Einwand, dass sich in diesem Fall die Rowdies als Fans anderer Clubs ausgeben würden und so die Meisterschaft psychologisch unterminieren würden, kann nicht geltend gemacht werden, weil man diese Leute ja kennt.
Wir müssen einfach lernen, den Fussballclub als Einheit von Spielern, Funktionären und Fans zu sehen, die sich auch gemeinsam die Verantwortung teilen müssen.

Es sei mir bitte noch eine weitere kurze Bemerkung erlaubt. Mit Unentschieden Meister zu werden ist doof. Dieses Punktezählen ist in etwa so bekloppt wie Synchronschwimmen oder Dressurreiten. Vielleicht sollte man etwas weniger Cups – oder wie das heisst – veranstalten und stattdessen die Clubs so lange gegeneinander spielen lassen, bis nur noch ein einziger steht. (Auch hierbei ist die selbstlose Hilfe der Hooligans unerwünscht!)

Und wenn man schon eine Serie von 59 gewonnenen Heimspielen beenden muss, dann doch aber bitte spektakulär!

Und überhaupt… Ich weiss gar nicht was die haben? Der Pokal bleibt ja in der Schweiz!

Demokratie und freie Meinungsäusserung

  • Wir lachen gern die Amis aus, weil von ihnen mehr als die Hälfte offenbar die biblische Schöpfungsgeschichte für plausibler hält als die Evolutionstheorie. Doch wenn man die Leute hier fragt, ob man im Lichte der Toleranz den verschiedenen Schöpfungstheorien in den Schulen nicht den gleichen Platz einräumen müsste, so stimmen dem auch hier die meisten zu.
    Die Freiheit sich eine Meinung bilden zu können, wird nämlich grösser geschrieben als die Frage, ob man dazu innert nützlicher Frist überhaupt in der Lage ist.
  • Jack Cohen fragte am Cheltenham Festival of Science während der Veranstaltung „Is There Life Out There?“ die drei referierenden Astronomen, was sie wohl davon halten würden, wenn drei Biologen die Eigenschaften des Schwarzen Lochs im Zentrum unserer Galaxie diskutieren würden. Es dauerte einige Zeit, bis sie den Wink kappierten.

Diese beiden Gedanken hatte ich zu einem verblüffend elegenten Argument verknüpft, doch ich kann es beim besten Willen nicht mehr rekonstruieren. Mist!

Speck & Süssigkeiten

In einer Ära, wo der Bonus von Gröspel & Konsorten zu einer Kunstform erhoben wurde, darf man von einem engagierten Mitarbeiter durchaus eine eigene Note darin erwarten, wie er seinen Bonus ausbezahlt bekommen möchte. Und da es sich um den Bonus für eine geleistete Arbeit handelt, darf sich auch durchaus ein Bezug zu eben jener Arbeit erkennen lassen. Dass sich Grübel und Ospel mit Geld eindecken, passt daher durchaus. Aber Vasella? Der sollte statt des Mamons lieber Ritalin nehmen.
Die Idee eines objektorientierten Bonussystems ist indessen nicht neu. Sissa ibn Dahir (ca. 300 n.Chr.) gilt der Legende nach als der Erfinder des Schach-Spiels. Weil der indische Herrscher Shihram von dem Spiel so begeistert war, gewährte er diesem einen Bonus der folgenden Form: Für das erste Feld des Schachbrettes schenkte er ihm ein Reiskorn, für das zweite Feld zwei, für das dritte Feld vier, usw. bis zum 64. Feld immer die doppelte Anzahl des vorhergehenden Feldes. Das waren dann immerhin 18´446´744´073´709´551´615 Reiskörner, also ungefähr viel mehr als in der ganzen Geschichte der Menschheit insgesamt geerntet wurde. Doch Sessa, wie er von Freunden auch genannt wurde, war nichtsdestotrotz bescheiden. Ich an seiner Stelle hätte mir die Elementanzahl der Potenzmenge der Schachbrettfelder in Reiskörnern auszahlen lassen. Damit hätte ich immerhin ein Reiskorn mehr bekommen als er.
Ich arbeite aber nicht mit Schachbrettern, obwohl eine gewisse Ähnlichkeit nicht von der Hand zu weisen ist, sondern hauptsächlich mit Excel. In diesem gibt es auf einem Sheet exakt 16’777’216 Zellen. Die könnte ich mir doch als Bonus mit Smarties füllen lassen. Oder – wenn das zu ordinär ist – wie wäre es hiermit: ein Excel-Sheet hat 2^8 Spalten, 2^16 Zeilen, warum dann nicht der mathematischen Folge folgend 2^32 Smarties? (Warum ausgerechnet Smarties? Es soll doch auch etwas mit mir zu tun haben, oder. Smart – Smarties!)

Der Po des Anstosses

Vor etwa zehn Jahren wurde ich mal ziemlich rüde aus einer philosophischen Contemplatio gerissen. Ich dachte gerade über diese seltsame, aufgenähte Wellenmuster auf den Jeans-Gesässtaschen nach und versuchte mir Klarheit darüber zu verschaffen, ob das bei allen Jeans so sei und wenn ja, was es wohl zu bedeuten habe. Was konnte ich denn dafür, dass die Hose, welche mich zu diesen Überlegungen inspirierte, ausgerechnet einen ausgesprochen sexy Hintern bedeckte? Ich sollte an dieser Stelle vielleicht noch anmerken, dass die empörte Wissenschaftskritik nicht etwa von der Trägerin der Jeans kam, denn diese schien sich in der Rolle der Melete, der Muse der Meditation, ausgesprochen zu gefallen, sondern von einer Frau, die darauf bestand meine Muse Erato zu sein.
Um nicht länger als wissenschaftlich nötig als Spanner zu gelten, musste ich Antworten liefern.
Dankenswerterweise stand mir dabei Marianne Claes von Lee & Wrangler mit der folgenden Erklärung bei: „Please note, Lee (die Jeansmarke) has added this stitching on the back pocket, called the Lazy S as a recognition sign for their jeans, it actually represents the horns of a cow.“

Und heute, als ich im Zug nach Oerlikon sass, bin ich schon wieder in diese ontologische Falle gelaufen. Respektive sie ist an mir vorbeigelaufen – in Augenhöhe. Totally sexy. Es war eine Tally Weijl Jeans, deren Lazy S nun definitiv keiner Kuhpartie mehr ähnlich sah.
Auch diesmal war der Hintern theoretisch durchaus sehenswert, doch wurde ich leider den Verdacht nicht los, dass dessen Sexyness zu einem beträchtlichen Anteil von dem Namen und dessen Plakatkampagnen ausging, in welchen sich die Models in überdurchschnittlich aufreizenden Posen räkelten. Besonders eindrücklich fand ich an dieser Kampagne übrigens die Rückentwicklung des Mannes in einen Affen im Angesicht dieses Weibes. Wenn das mal kein Beweis für die Wirkung des Outfits ist?

Lenken solche Kampagnen eigentlich unser Gefühl dafür, was sexy ist? Was die Accessoires betrifft, zweifellos, doch was die Grundformen betrifft, sind im Laufe der Zeit nicht wirklich grosse Variationen zu beobachten.
Doch man kann schon sagen, dass Sexappeal ein Mem ist und entsprechend entwickelt er sich während seinem Fluss durch die sozialen Netzwerke unserer Gesellschaft. Und der Fummel und dessen Wirkung ist sicherlich eins der tragenden Elemente.