Futurologie

Unsere Wirtschaft leidet bedauerlicherweise an einer akuten Kurzsichtigkeit. Sie wechselt die Produktion von viereckigen auf runde Teebeutel und findet das unglaublich innovativ. Von der Kreativität in Sachen Damenbinden und Tampons will ich hier gar nicht reden.
Um langfristig erfolgreich zu sein, müsste sie aber wieder lernen über den Horizont hinaus zu blicken und Ideen weniger aufgrund ihrer sichtbaren, finanziellen Möglichkeiten zu verwirklichen, sondern einfach weil sie verwegen und romantisch sind.
Warum als Bank zum Beispiel nicht mal ein Raumschiff-Leasing anbieten? Warum als Metzger keine Schweine im Weltall? Warum keine Mars-Mondkolonie?
Viele im Nachhinein als revolutionäre betrachtete Projekte waren die reinsten wirtschaftlichen Himmelfahrtkommandos, die im Grunde keinem anderen Zweck dienten, als beispielsweise dem Ruhm des Empires zu dienen. Dann aber – meist fast ein bisschen überraschend für alle beteiligten – floss mächtig Kohle und zwar aus einer ganz anderen Richtung als erwartet.
Wozu also soll ein Raumschiff-Leasing-Angebot gut sein? Die meisten Menschen werden wohl zur Zeit weniger Gebrauch von einem solchen Angebot machen können. Aber für viele interstellar Reisende wäre es sicherlich interessant. Nicht in die Raumfahrt, respektive in die Galaxisierung zu investieren bedeutet also mögliche Absatzmärkte leichtfertig zu ignorieren. Und diese Absatzmärkte sind fast schon unendlich.
Die Mathematik lernte mit der Unendlichkeit umzugehen, die Kosmologie ebenfalls, ja sogar die Regierung der Vereinigten Staaten machte beachtliche Vorstösse im Teilgebiet der Unendlichkeit der menschlichen Dummheit. Wieviel Zeit wird dann wohl noch vergehen, bis endlich auch die Wirtschaft auf den Zug aufspringt?

Namen

„Nicht wie du dich vorstellst, ist ausschlaggebend dafür, wie man dich nennt, sondern wie man von dir spricht.“

(Ian Hazelwood)

in memoriam

U1_lemAm Montag, 27. März 2006, hat Stanislaw Lem im Alter vom 84 Jahren seine letzte Reise angetreten. Möge diese so spannend und unterhaltsam sein wie jene Expeditionen, auf die er seinerzeit Ijon Tichy in den Sterntagebüchern geschickt hat.

Obwohl seine Science Fiction radikal anders war, als alles was man für gewöhnlich aus dem angelsächsichen Raum kennt, so muss man doch ehrlich zugeben, dass er auf seinen Lebensabend hin eine gewisse Ähnlichkeit mit Meister Joda entwickelt hat.

Die Tücken der Zeitumstellung

U1_dali-uhrMan kann eine Uhr vorstellen, man kann sie nachstellen und man kann sie schräg aufhängen. Letzteres empfiehlt sich natürlich nur bei analogen Wanduhren. Die gehen dann zwar je nachdem fünf Minuten vor respektive nach, doch ist das ein kleiner Preis für die ersparte mühselige Fiselarbeit.
Ich glaube ohnehin, dass man die Bedeutung des Minutenzeigers masslos überschätzt. Wenn man zum Beispiel auf meine Freundin wartet, dann kann man ihn eh vergessen.
Die Umstellung von Sommerzeit auf Winterzeit ist ohnehin so eine Sache. Die einen finden sie gut, die Kühe weniger. Die ganzen Argumente für und wider, so wie sie zur Zeit und alle Jahre wieder durch die Medien schwirren, finde ich jedoch allesamt irrelevant. Das einzige was zählt ist folgendes: Die Umstellung im Herbst ist cool, die im Frühling lästig. Warum lösen wir das Problem also nicht einfach auf die demokratische Art und lassen die eine bestehen und schaffen die andere ab?
Damit würde sich unser Tageszyklus innerhalb von 24 Jahren einmal um sich selbst drehen und den Leuten (und Kühen) wertvolle Einblicke in die Zeitzonen der verschiedenen Kulturschaffenden gewähren. Es ist nur gerecht, wenn auch die Berufsgruppen, die nur Nachts operieren können, ihr Tagwerk auch mal bei Tageslicht erledigen.

Genderwisching

Eine Bekannte von mir wollte es mal auf die Männer-Art versuchen, klemmte sich also eine Zeitung unter den Arm und marschierte in Richtung Klo. Drei Minuten später war sie wieder zurück. Fertig, aber nicht mit der Zeitung.
Kein Wunder brauchen Frauen so viel Toiletten-Papier. Wir Männer nehmen uns nämlich die Zeit und überlassen das Putzen der Erosion.

CSI Oerlikon

In unserer Pausenzone liegt immer ein Exemplar 20min auf. Oder sollte zumindest, damit die Mitarbeiter wissen, wann 20 Minuten vorüber sind und wann sie gefälligst wieder malochen gehen sollten.
Doch in letzter Zeit verschwindet die Postille jeweils spurlos. Also habe ich ein hochsensibles Tracking-Tool entwickelt, mit dessen Hilfe die Modalitäten des Verschwindens vom Tatort rekonstruierbar werden sollte. Es besteht aus einer langen Kette aus Spickgummies, die an einem Loch in der Zeitung befestigt ist. (Die Entscheidung für diese spezielle Lösung basiert auf der Erfahrung, dass je komplexer ein System ist, desto bekloppter die Art und Weise sein wird, wie man es aushebeln kann. Ich positionierte mich also mit dieser Lösung auf der komplett gegenüberliegenden Seite der satelitengesteuerten, antimateriebetriebenen, plasmakalibrierten und heisenbergresistenten Überwachungstechnologie.)
Also legte ich den Köder aus und mich auf die Lauer.
Als ich etwas später einen unverdächtigen Kontrollgang machte, war da nur noch die angekettete Hülle der 20min. Die Seiten 3 bis 50 waren weg! Und genauso alle Modalitäten.
Natürlich startete ich sofort eine Hausdurchsuchung, doch die Zeitung blieb unauffindbar.

Die einzige Chance, die mir noch bleibt, ist den CSI Oerlikon einzuschalten. Aber gibt es den überhaupt? Oder zumindest was ähnliches? Eine Kommission, die von einem Kerl mit dunkler Sonnenbrille und antikem Namen geleitet wird, der alles weiss? Wenn nicht, wie erwischt die Polizei denn überhaupt wen? Vielleicht weil Verbrecher trotz allem auch Idioten sind?
Soll das heissen, es gibt den Gentleman-Dieb mit perfektem Plan und Ganovenehre gar nicht? Gott behüte!

Kernkompetenzen

Was ist die Kernkompetenz einer Bank? Ohne mich allzu weit auf die Äste hinauswagen zu wollen, würde ich sagen, sie bewegt sich irgendwo im Dunstkreis von „Vermögen verwalten“, „Geld vermehren“ und „Zinsen jonglieren“. Zumindest, wenn die Kernkompetenz das ist, was der Kunde will, dass ich für ihn tue.
In gewissem Sinne müssten natürlich auch „Herausforderung für Bankräuber darstellen“ und „Wirtschaft infernalistisch manipulieren“ dazu gehören. Doch wäre im ersten Fall der kernkompetenz-definierende Kunde ein mittelloser Autor von Detektivromanen respektive im zweiten ein mittelloser Öko-Apostell. Also nicht gerade das Wunschklientel einer Bank.
Was aber jedem Kunden im Grunde genommen egal sein kann, zumindest so lange der Rubel rollt, ist, wer den Laden schmeisst. Also ist das „Managen“, obwohl es zweifellos ein notwendiger Bestandteil eines jeden Unternehmens ist, keine Kernkompetenz. Genausowenig wie Toiletten putzen, Kaffee kochen, Software coden und gegebenenfalls interne Korrespondenz übersetzen.
Also könnte, nein, müsste eine Bank eigentlich getreu dem Reimchen „Do what you can do best – outsource the rest“, wobei, wie gesagt, das What logischerweise von den Kunden bestimmt wird, neben den Putzkollonen, den Kaffeemaschinen, den Programmieren und gegebenenfalls den Übersetztern auch die Manager outsourcen. Da ist auf jeden Fall sehr viel Einsparpotential vorhanden, denn in Indien oder China wird sich sicherlich jemand finden lassen, der es mindestens genauso gut macht für wesentlich weniger Geld.

Wirkliche Inbrunst

Vor vielen, vielen Jahren fragte mich mal ein Kerl an der Uni, ob ich nicht Lust hätte, ihn mal zu einem Gottesdienst der Gemeinde Christi zu begleiten. Ich weiss nicht mehr, ob es Abenteuerlust oder Verzweiflung war, auf jeden Fall sagte ich zu.
Bekehrt haben sie mich nicht. Doch trotz aller kritischen Anmerkungen, die sich zu diesem Verein anbringen liessen, eins muss man ihnen lassen: Sie singen laut und inbrünstig. Und ich meine wirklich laut und wirklich inbrünstig!

Ich schätze, es ist kein Zufall, dass dort wo die Inbrunst haust, der Dogmatismus nicht weit weg wohnt.

Offener Brief an die Nachfahren vom Escher

Sehr geehrte Damen und Herren

Als enthusiastischer Mitarbeiter der Credit Suisse ist es mir eine Freude Ihnen mitzuteilen, dass mein ganzes bänkisches Handeln von der Frage „Was hätte der alter Escher wohl davon gehalten?“ bestimmt und inspiriert wird.
Ich weiss zwar nicht genau, was der alte Haudegen Alfred von Schiffen und Wasser hielt, schliesslich bleibt er uns ja vor allem mit der Eisenbahn und dem Gotthard in Erinnerung, doch ist seit Anfang dieses Jahres seine Bahnhofplatzstatue als Galionsfigur an den Bug des metaphorischen CS-Klippers getuckert.

Hochachtungsvoll & Rumpeldipumpel
Eda

Die Zeitung im Koffer des Diplomaten

In Afghanistan steht ein Mann vor Gericht, weil er vom Islam zum Christentum konvertiert ist. Dafür könnte er laut afghanisches Recht im Extremfall zum Tode verurteilt werden. Natürlich sind westliche Regierungen, welche dort humanitäre Hilfseinsätze leisten, empört. Und genau so selbstverständlich ist an einem Versuch einer beschwichtigenden Einflussnahme an sich auch nichts auszusetzen. Doch sollte diese lieber nicht über die Massenmedien gehen.
Meines Wissens wurde nämlich noch keine Regierung (vom eigenen Volk) abgesetzt, nur weil eine andere Regierung deren Wünschen nicht nachgekommen ist. Umgekehrt sieht die Sache hingegen anders aus. Wie steht denn eine Regierung vor ihrem Volk da, wenn sie sich dem (heidnischen) Druck von aussen beugt? Mit ziemlich heruntergelassener Hose, würde ich sagen.
Auf der anderen Seite jedoch steigert es das Image einer Regierung ungemein, wenn sie sich lautstark für die Freilassung des Angeklagten einsetzt. Damit zeigt sie moralische Integrität und ungestümen Tatendrang und zwar freihaus und ohne Risiko: Setzt sie sich durch, ist sie der einflussreiche Lebensretter, wenn nicht, sind die anderen blutrünstige Bestien.
So leid es mir tut, aber der Motor dahinter sind die Medien. Denn sie sind es, die Leute als Helden oder Hampelmännern erscheinen lassen – und nichts dazwischen! Dass die Presse die vierte Macht im Staat ist, liegt nämlich weniger darin, dass sie die Leser mittels der Wahrheit zu mündigen und verantwortungsvollen Bürgern machen würde, sondern viel mehr, dass sie sich von allen Seiten gleichermassen instrumentalisieren lässt und damit ein mehr oder weniger stabiles politisches Gleichgewicht schaffen kann. Auf internationalem Parkett stossen dagegen, wie wir sahen, mit der politischen Existenzangst auf der einen und der effekthascherischen Eitelkeit auf der anderen Seite zwei völlig unvereinbare Interessen zusammen.
Im Interesse des Angeklagten, sollte man es daher möglichst vermeiden, die afghanische Regierung vor die Wahl zwischen Begnadigung & Hampelmann oder Galgen & Unabhängig zu stellen (das erste bezieht sich jeweils auf das Schicksal des Angeklagten, das zweite auf das Image der Regierung). Man darf also durchaus mit dem Abzug der Hilfstruppen oder irgendwelcher Investition drohen, doch nur unter Ausschluss der Öffentlichkeit!

Xundheit!

Manche Leute niesen, andere etwas häufiger. Und spätestens nach dem 5. Haptschi wird das „Xundheit!“-Wünschen natürlich lästig. Also ist man geneigt einen „Xundheits!“-Wunsch gleich für den ganzen Tag gelten zu lassen. Das ist an sich okay, hat aber seine Grenzen. Einen solchen Wunsch gleich auf einen ganzen Monat auszuweiten, birgt nämlich gewisse Probleme. Womöglich geht einem der andere nämlich mit der Zeit dermassen auf den Keks, dass man ihm statt der „Xundheit!“ lieber die Pest auf den Hals wünscht.
Während also nix zu sagen im schlimmsten Fall als unhöflich interpretiert werden kann, besteht beim kumulativen Vorauswunsch die akute Gefahr des dreisten Lügens. Und zumindest aus moralischer Hinsicht ist ersteres dem zweiten absolut und notwendigerweise vorzuziehen.
Andererseits hat der Nieser mit dem Dank zum „Xundheit“-Wunsch eine Art Vertrag abgeschlossen, dass er nun aber endlich gesund und ruhig sein würde. Und ein erneutes Niesen kommt daher einem Vertragsbruch gleich, der im Extremfall gar vor dem Bundesgericht landen kann.
Es empfiehlt sich daher sowohl aus moralischer als auch aus rechtlicher Sicht, keine „Xundheits!“-Wünsche für mehr als 42 Stunden zu akzeptieren.

Zombies in der Waschküche

Es ist eine mächtig schlechte Idee, vor einem Zombie-Film noch schnell eine Ladung Wäsche in die Maschine zu schmeissen, denn spätestens wenn der Film irgendwann einmal zu Ende ist, muss man da runter in die Dungeons der Waschküche. Wenn die Zombies da einfach rumstehen und gemütlich vor sich hinsabbern würden, dann wäre es relativ einfach. Du holst deine Kettensäge oder Kalaschnikow und machst einfach mal kurzen Prozess. Aber wenn die Zombies nirgens zu sehen sind, die Wäsche nass ist und die Neonröhren ausgerechnet jetzt ihrem Ende zu zu surren scheinen, dann hilft dir auch kein Bügeleisen. Das ist Suspense vom Feinsten!

Und ich geh da nie wieder runter!

Bruchsicheres Fensterglas

Persönlich bin ich schon ein bisschen ein Anhänger der Theorie des zerbrochenen Fensters. Sie ist ein klirrendes Beispiel für die Wirkungsweise von sozialen Netzen. Andererseits anerkenne ich durchaus auch den Zusammenhang zwischen dem Absinken der Kriminalitätsrate in den Vereinigten Staaten und der Legalisierung der Abtreibung. In zerrütteten familiären Umständen aufzuwachsen ist nämlich durchaus förderlich für eine kriminelle, wenn auch nicht notgedrungen erfolgreiche Berufslaufbahn. Das Fehlen unerwünschter Kinder dagegen ermöglicht eine Entspannung der familiären Situation und demzufolge auch ein längerfristiges Absinken der Kriminalitätsrate.
Dieser Ansatz setzt einfach an einem anderen Punkt an. Während die zerbrochenen Fenster die Hemmschwelle der Leute gegenüber dem Vandalismus und in der Folge auch gegenüber der Kriminalität regulieren, senkt die Legalisierung der Abtreibung und die daraus resultierende geförderte Selbstbestimmung der Frauen auf psychologisch wundersame Weise das Frustrationsempfinden der heranwachsenden Generation.
Doch obgleich Statistiken dagegen sprechen mögen, ziehe ich eingeschlagene Scheiben jederzeit psychologisch wundersamen Weisen vor. Denn es gibt keinen Grund eine coole Theorie nur deshalb zu verwerfen, weil sie zufällig in der Statistik schlechter abschneidet. Damit setze ich mich auch nicht der Gefahr aus, eine lediglich plausibel klingende Begründung zu konstruieren, die vom Umstand profitiert, dass ich das Ergebnis schon kenne.

Spanische Brezeln

Habe heute in Oerlikon gerade noch den Zug Richtung Hardbrücke erwischt. Dort sollte ich dann eigentlich ohne Problem den Anschluss Richtung Killwangen-Spreitenbach kriegen. Doch der Zug kam nicht.
Irgendwann kann dann die S9 nach Zug.
Und später nochmals die S9 nach Zug.
Und dann wieder eine halbe Stunde später nochmals die S9 nach Zug. Die nahm ich dann, weil in Altstetten ein Brezelstand steht und ich auch da auf meinen Zug warten kann – mit einer Brezel.
In Altstetten angekommen, trudelte dann aber auch schon mein eigener Zug ein. Er kam über Oerlikon, wie schon all die vorhergehenden, die mich an der Hardbrücke wortwörtlich links liegen gelassen haben.
Wie es aussieht, erwischte ich ausgerechnet an dem Tag, an dem ich nicht umsteigen hätte müssen einen verspäteten Zug, der mich an einen Ort bringt, wo man niemandem nix darüber sagt, dass da keine Züge mehr fahren. Ich glaube, das sind in ihrer Brezellosigkeit geradewegs spanische Zustände.