Eine Frage der Würde

Sehr geehrte Schauspielerinnen und Schauspieler

Macht es euch eigentlich nichts aus, was ihr mit Literaturverfilmungen gelegentlich den Originalen antut? Ihr versichert uns doch jedes Mal, dass ihr dieses spezielle Werk schon seit der frühesten Kindheit abgöttisch liebt. Wie könnt ihr es dann zulassen, dass Passagen geändert oder gestrichen werden? Ich für meinen Teil glaube nicht, dass meine Lieblingsbücher einer Korrektur bedürfen. Ich liebe sie, so wie sie sind, eben gerade weil sie so sind, wie sie sind. Und ihnen – metaphorisch gesprochen – die Möpse zu vergrössern um sie einem breiteren Publikum schmackhaft zu machen, betrachte ich nicht gerade als ein Zeichen des Respekts.
Natürlich ist ein Tiger, dem man das Fell mit Wasserstoff-Peroxid blondiert, die Krallen geschnitten und über die Schnauze einen Maulkorb gestülpt hat, noch immer derselbe Tiger, doch ist er auch noch immer interessant und aus den gleichen Gründen liebenswert?
So leid es mir tut, aber mir bleibt nichts anderes übrig, als euch der wiederholten Mittäterschaft bei plastisch-chirurgischen Eingriffen an literarischen Werken zu bezichtigen. Ja, ihr habt euch einer fahrlässigen Verletzung der Bücherwürde schuldig gemacht! Was habt ihr zu eurer Verteidigung vorzubringen?

Diese hier vorgebrachten Vorwürfe mögen lächerlich erscheinen, in Anbetracht der grausigen Zustände die andernorts herrschen, doch bin ich davon überzeugt, dass die Anerkennung der Integrität eines Anderen, sei es nun ein Mensch, ein Tier oder ein Buch, die Grundlage einer jeden friedlichen Koexistenz darstellt.
Natürlich heisst das nicht, dass wir von nun an kein Fleisch mehr essen und keine Bücher mehr verfilmen dürfen. Alles, wofür ich plädiere, ist, dass man es mit Respekt und artgerecht tut.

Hochachtungsvoll & Rumpeldipumpel
Eda

Gestreifte Architektur

Wenn Architekten ein Haus entwerfen und Skizzen zeichnen und sie sorgfältig ausmalen, dann sehen die Bauten meist recht imposant aus. Und die Kombination von Stahl, Glas und Beton vermittelt sicherlich auch eine überwältigende Präsenz. Doch wenn irgendwo eine Betonmauer eine Zeitlang steht, dann tauchen da unweigerlich diese Streifen aus Moos, Flechten und Feuchtigkeit auf und die überwältigende Präsenz weicht einer sanierungsbedürftigen Schäbigkeit. Ist das von den Herrn Architekten so geplant? Ist das Bauwerk für die Ewigkeit lediglich eine Illusion der Finanziers? Eine, an die eigentlich nicht mal sie selbst so richtig glauben?

Heute im Zug

Folgenden Dialogfetzen habe ich heute im Zug aufgeschnappt. Es unterhielten sich drei Teenies, zwei Jungs und ein Mädchen, über einen vierten.

Er1: Er ist auch kein Playboy oder so.
Sie: Ich würde nicht mal mit ihm, wenn ich einen Absturz hätte.
Er2: Er steht auf Frauen, die Opern hören.

Das brachte mich zum Grübeln. Es gibt Typen, die sind Playboys, und andere, die es nicht sind. Daran lässt sich nun mal nichts ändern. Dass Frauen jedoch ihre Absturzaffairen planen und gewisse Männer, vorzugsweise letztere, kategorisch ausschliessen, finde ich doch bestürzend. Und dass in einem solchen Umfeld einer jener Benachteiligten einen derart exquisiten Geschmack kultiviert, betrachte ich entweder als halsbrecherisch verwegen oder als durchtrieben raffiniert. Verwegen, weil er sich damit den Darwin-Award noch zu Lebzeiten sichern könnte. Und raffiniert, weil er sich hier auf ein bestimmtes Marktsegment spezialisiert, dadurch per Definitionem ein Playboy wird und sich so elegant dem kategorischen Ausschluss entzieht. Und wenn auch das nicht funktioniert, dann kriegt er wenigstens eins der nekrophoben Darwin-Award-Preisträger-Groupies ab.

Ich glaube nicht, dass sie über mich sprachen.

Literarische Schützenhilfe

Egal worüber man auch brüten mag, ein Griff ins Bücherregal und man hat was, das wie auf einen zugeschnitten scheint. Sei es nun ein Liebesroman, ein Kochbuch oder Platons Phaidon, man findet tatsächlich in jedem einzelnen Buch Rat und Inspiration.
Drei Erklärungen sind denkbar für dieses Phänomen: Erstens, die Welt hat sich gegen dich verschworen und schiebt dir jeweils das richtige unter. Zweitens, du änderst unbewusst deine Grübelthemen so, dass das gelesene auf sie passt – hier hat sich offenbar dein Unbewusstes gegen dich verschworen. Oder drittens, du interprtierst alles metaphorisch und wendest die gewonnen Metaphern automatisch auf dein Problem an und entdeckst dass es doch irgendwie funktioniert – man könnte auch von selektiver Wahrnehmung sprechen.
Es wird wohl niemanden überraschen, wenn ich mich hier vehement für die dritte Variante stark mache. Ich glaube nämlich, dass unser gesamtes Denken metaphorisch strukturiert ist und wir daher gar nicht fähig sind „Etwas“ nicht „als Etwas“ wahrzunehmen. Das heisst, dass wovon wir auch sprechen, wir tun es immer in einer „als ob“-Form…
Das klingt jetzt ein bisschen wirr, das muss selbst ich zugeben. Schauen wir mal, ob ein Griff ins Bücherregal uns nicht Erleichterung verschaffen kann? Ich nehme das Buch „Excel 5.0 – Das Kompedium“ und schlage es auf einer zufälligen Seite auf. Seite 549, da steht: Das gleiche gilt für „Zeilen als Legendentext“. Das passt perfekt! Ich bin jedoch nicht sicher, ob auch für Euch…

Vorsprung des Westens

Ich habe schon öfter Jared Diamonds Buch „Arm und Reich – Die Schicksale menschlicher Gesellschaften“ erwähnt. Er versucht darin die globale Verteilung der Armen und Reichen nicht an rassenbedingten Intelligenzmerkmalen aufzuhängen, sondern auf eher zufälligen geographischen Umständen der entsprechenden Regionen. Seiner These zufolge ist es beispielsweise nicht weiter verwunderlich, dass im Fruchtbaren Halbmond eine Wiege der Zivilisation entstand. Doch der geographische Determinismus geht noch weiter und liefert uns sogar eine Erklärung, weshalb sie sich nach Westen verschob und im Nahen Osten – um es provokativ auszudrücken – wieder verschwand. Das hat nichts mit der Religion zu tun, sondern einzig uns allein mit dem Ökosystem. Der Fruchtbare Halbmond war früher fruchtbar. Heute ist er es nicht mehr. Die Zivilisation hat ihren Tribut gefordert. Die Wälder wurden abgeholzt und konnten sich nicht mehr regenieren. In Europa waren wir keinen Deut besser, bloss, dass hier die Regeneration durch die klimatischen Umstände schneller funktioniert und mit unserer Wut gerade noch mitzuhalten vermochte. Natürlich entwickelte sich der Nahe Osten nicht zurück und liess die Zivilisation hinter sich, wie es in isolierten Weltgegenden durchaus bisweilen geschah. Der Westen hatte in der letzten Zeit einfach die besseren oder grüneren Karten, wenn man so will. Ein minimer Unterschied vielleicht, aber einer der entscheidende Folgen haben kann.
Andererseits ist die Zeitskala auf der wir uns mit dieser naturwissenschaftlich orientierten Geschichtswissenschaft bewegen eine von Jahrhunderten, wenn nicht gar Jahrtausenden, wo Persönlichkeiten und sogar Religionen in erfrischender Bedeutungslosigkeit verblassen. Und daher ist dieser Kulturkampf zwischen dem Islam und dem Westen nichts weiter als ein lächerlicher Pickel auf dem Hintern der Geschichte.

Ein hübsches Lächeln ist die beste Werbung

Als ich heute in den Zug einstieg, lächelte mir ein hübsches Mädchen zu.
Sie war irgendwo zwischen 16 und 19, schätze ich, also sollte ich wohl eher „eine hübsche junge Frau“ sagen, nicht? Für eine „Dame“ war sie zu jung und darüber hinaus trug sie keine Perlen, was sonst ein untrügerisches Zeichen für Damenhaftigkeit gewesen wäre. Aber „Frau“ klingt hier irgendwie zu reif und auch zu biologisch, so als ob ich anhand ihrer primären Geschlechtsmerkmale ihr Geschlecht bestimmt hätte, dabei hatten diese absolut keinen Einfluss auf meine Zuweisung des verwendeten ästhetischen Attributs. Ich könnte natürlich auch sagen, dass es „ein hübsches Ding“ gewesen ist. Das ist zwar ein niedlicher Ausdruck, doch kaum brauchbar auf einer etwas formelleren Ebene. Und „Tussi“, obgleich in diesem Fall vielleicht sogar zutreffend, lenkt die Gedanken in eine unbeabsichtigte Richtung. Ideal wäre an sich „Fräulein“, das klingt zwar hässlich, doch trifft es exakt die gesuchte Altersgruppe, nur leider ist das mittlerweile regelrecht verboten. Und „Mademoiselle“, „Signorina“, „Señorita“ oder „Slecna“ zu verwenden, wäre zwar an sich erlaubt – ja, es würde sogar irgendwie ziemlich hübsch klingen -, aber es ist leider viel zu gewöhnungsbedürftig.
Und überhaupt, „Frau“ ist eigentlich ein äusserst problematischer Begriff. Er bezeichnet nämlich vier völlig verschiedene Kategorien: die des biologischen Geschlechts („Frauen haben Eierstöcke.“), die der ehelichen Besitzanzeige („Meine Frau kocht.“), die der Art und Weise wie man über eine Frau spricht („Frau Hablützl singt.“) und in der Art und Weise, wie man eine Frau anspricht („Guten Tag, Frau Hablützl!“). Interessanterweise bestreitet der Mann diese vier Kategorien mit zwei verschiedenen Begriffen: „Mann“ und „Herr“.
Und wenn ich mich in der Phrase „eine hübsche, junge Frau“ auf die erste Kategorie beziehe, dann schimmern nichtsdestotrotz die anderen auch noch ein bisschen durch.
Und während ich so darüber das alles nachdenke, höre ich auf einmal wie sie über ihr Handy ihrem Chef zu erklären versucht, dass sie eben gerade jetzt bemerkt habe, dass sie ihr Werkzeug zuhause vergessen hat. Und dass sie überlege, nochmals schnell umzukehren und es zu holen. Doch leider ging das nicht, denn schon um neun würde sie Waschen und Legen müssen. Zum Glück etwas, wozu man kein Werkzeug brauche.
Wie es das Schicksal dann weiter mit ihr gemeint hat, weiss ich nicht, aber offenbar galt ihr entzückendes Lächeln weniger mir, als vielmehr meiner Frisur. Respektive deren Abwesenheit in Kombination mit dem Angebot ihrer kunsthandwerklichen Dienste.

Erwachet !!

Und wieder mal wurde mir an einem grauen Tag die Maiausgabe vom „Erwachet“ abgeboten. Doch diesmal war die Zeugin weder jung noch der deutschen Sprache mächtig – es klang irgendwie nach Salvatore im „Der Name der Rose“. Aber wozu lernt man Fremdsprachen, wenn nicht um auch mit welschen Missionaren über Gott und den Teufel plaudern zu können? Also erklärte ich ihr in meinem eben in Südamerika erworbenen Pidgin, dass die Welt zweifellos bellissimo sei, es aber meiner Meinung keinen dios brauche um sie zu construiere. Fisika y evolution seien im Grunde suffisante forte dafür. Sie aber erwiderte, dass es offensichtlich no evolution gäbe, habe sich doch der Homo seit seiner creation im paradiso nicht mutare. Und überhaupt, sonst würde es ja in der Biblo stehen. Creo ergo logico.

Glanz und Glämmer

Laut 20min wurde Elle „The Body“ McPherson (42) vom Modemagazin „Elle“ zur Stilikone des Jahres 2006 gewählt. Sie setzte sich damit gegen ein ganzes Heer von jüngeren Kandidaten durch, denen jedoch durchs Band der richtige Vorname fehlte. Wer indessen in der Kategorie Silikone des Jahres das Rennen gemacht hat, konnte bis zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht ermittelt werden.

Hühnerhusten

Ich glaube, das Ausmass der heranrollenden Vogelgrippe wurde mir erst so richtig bewusst, als ich heute Morgen den folgenden Pfister-Werbeslogan las: „Sogar unsere Matratzen lassen jetzt Federn.

Ich hoffe inständig, dass es sich hierbei nur um ein zufälliges Zusammentreffen von unglückliches Umständen handelt, andernfalls könnte diese Werbung von Hühnern und anderem Flattervieh leicht als Karikatur interpretiert werden. Und nur Hitchcock allein weiss, wozu diese letzten lebenden Nachfahren der Dinosaurier fähig sind.
Und wo wir schon von Koinzidenzen sprechen; ich musste feststellen, dass das, was an Illustrationen in Jared Diamonds Buch Guns, Germs, and Steel: The Fates of Human Societies fehlt, durch das aktuelle Anschauungsmaterial in den Massenmedien mehr als Wett gemacht wird. Eine der Hauptthesen seines geographischen Determinismus postuliert einen direkten Zusammenhang zwischen dem Erfolg einer Kultur und der Fähigkeit auf der Grundlage sehr intensiver Viehzucht neue Krankheiten hervorzubringen, die für die „Erzeugerkultur“ wegen einer längeren Angewöhnungsphase eine Spur weniger tödlich sind als für deren Nachbarn. Wobei diese Fähigkeit sich insbesondere der grösseren Bevölkerungsdichte und dem engeren Zusammenleben von Mensch und Tier verdankt.

Wie dem auch sei, die ganze Geschichte hat schon beinahe etwas apokalyptisches an sich. Schliesslich zählen Vögel zur Schweren Artillerie der Symbolik: Die Schwäne beispielsweise, deren Kadaver ganz Europa in Panik versetzen, stehen für Reinheit, Mut und edle Herkunft. Oder die Hähne und Hennen, Lichtkünder und Beispiele des morgendlichen Fleisses, respektive Sinnbilder mütterlicher Fürsorge. Oder die Spatzen, Symbole für Bedeutungslosigkeit und Wollust. Oder die Eulen, die für Weisheit stehen. Oder die Tauben, welche uns als Boten des Friedens dienen. Oder die Störche, die uns die Kinder bringen. Oder die Pfauen, die Symbole für Eitelkeit. Oder die Adler, die seit dem Altertum für Könige und Götter standen. (Von Raben und Elstern, die Unglück, respektive Diebstahl bringen, gar nicht zu sprechen.)
Lauter Attribute unserer Gesellschaft also, auf die wir mehr oder weniger stolz sind. Und nun bringen uns diese engelsgleichen Symbole womöglich gar noch den Tod…
Es scheint fast, als hätte sich der Himmel gegen uns verschworen…
Das ist der Zwirn aus dem Legenden gewoben werden – oder Science Fiction Geschichten.

Aber wir hätten es wissen müssen!
Schon in dem Augenblick als Zeus in der Gestalt eines Schwans Leda verführte und mit ihr die schöne Helena zeugte, die später Troja das Verderben brachte.
Genau da hätten wir es schon wissen müssen! Denn auch da stoben Federn von der Matratze.

Geometrie des gesellschaftlichen Wandels

Ein weiteres soziologisches Werkzeug, das sicherlich mehr Beachtung verdient, ist die Choreographie der Covergirls auf Mode- und Schmuddelmagazinen.
Schaut man sich nämlich die Posen der leicht bekleideten, auf dem Cover abgebildeten Mädchen an, so stellt man fest, dass diese Bilder, wenn man sie als Einzelbilder einer Filmsequenz interpretiert, einen Bewegungsablauf skizzieren, der als eine tänzerische Auseinandersetzung mit dem Zeitgeist verstanden werden kann.
Damit müsste man eigentlich Helen Gurley Brown, Alexander Liberman, Diana Vreeland, Hugh Hefner und Larry Flynt in die Reihe der illustren Choreographen wie Frederick Ashton, George Balanchine, Pina Bausch, Pierre Beauchamp, Matthew Bourne, Fabritio Caroso, Jackie Chan, Chandralekha, Jean Cocteau, John Cranko, Merce Cunningham, Jean Dauberval, Sergej Djagilew, Anthony Dowell, Guglielmo Ebreo, Michel Fokine, Martha Graham, Sammo Hung, Kurt Jooss, Johann Kresnik, Sarah Levy-Tanai, Susanne Linke, Cesare Negri, John Neumeier, Jean Georges Noverre, Wazlaw Fomitsch Nischinski, Rudolf Nurejew, Gret Palucca, Roland Petit, Domenico da Piacenza, Jerome Robbins, Uwe Scholz, Konstantin Michailowitsch Sergejew, Nikolai Grigorjewitsch Sergejew, John Taras, Twyla Tharp, Youri Vamos oder Sasha Waltz aufnehmen.

Liebe in der Zeit des SMS

Es gibt einen fundamentalen Unterschied zwischen der Art und Weise, wie ich ein Natel benutzen würde, wenn ich eins hätte, und wie es ein Teenie benutzt, der es effektiv hat. Dieser Unterschied zwischen Konjunktiv und Indikativ ist exakt die Quintessenz vom berühmten Marshall McLuhanschen Schlagwort „the Medium is the Message“.
Ich würde mehr oder weniger die gleichen Anrufe tätigen wie bisher auch schon, vielleicht zu etwas anderen Zeiten. Meine Telefonrechnung dürfte sich eigentlich nicht sehr verändern und im Notfall würde ich schneller wieder aus der Lawine herausgeholt werden. Beim Teenie hingegen klingelt nun nicht nur das Natel dauernd, sondern auch alle anderen Telefone und Telegraphen in der näheren Umgebung. Die Telefonrechnung steigt exponentiell und im Notfall ist der Akku leer.
Das Natel wird nämlich, obgleich man es eigentlich kaum merkt, für etwas ganz anderes eingesetzt als das Festnetz-Telefon. Man darf sich aber vom „für etwas ganz anderes“ nicht irreführen lassen. Man spricht immer noch auf der einen Seite rein und hört es auf der anderen Seite wieder rauskommen. Was jedoch anders ist, ist das, was man da rein spricht, denn das Umfeld, in dem man es tut, ist völlig verschieden. Mit dem Natel tut man es im Bus, im Zug, nicht im Flugzeug, während man wartet, während man zu spät kommt, wenn einem eine Idee gekommen ist und wenn sie doch nicht so gut war. Demgegenüber kommt der Festnetzler im Zug gar nicht zum Sprechen, weil ihn das Abrollen des Telefonkabels komplett in Anspruch nimmt.
In der Evolutionstheorie gilt das Prinzip, dass verschiedene Nischen verschiedene Arten hervorbringen. Demzufolge müsste eine Art, die in der einen Umwelt telefoniert, sich allmählich mehr und mehr von einer anderen Art unterscheiden, die dies in einer anderen Umwelt tut. Damit behaupte ich nicht, dass wir in gleicher Weise der Evolution unterworfen sind, wie zum Beispiel Kaninchen, alles was ich sage, ist, dass ein anderes Medium eine andere Umwelt ist und dass diese einen Einfluss auf unser Denken und den gesellschaftlichen Diskurs hat. Was ich damit aber auch sage, ist, dass ich zwar ganz sicher weiss, dass die Teenies etwas anderes tun, ich aber nicht einmal ein Ahnung haben kann, was das ist.

postmoderne Büroausstattung

TOS hat das Teleportieren erfunden und hielt mit dem Beamer Einzug in die Sitzungszimmer der Mächtigen.
TNG schrottet den Beamer lässt Betazoide die Präsentationen direkt in die Köpfe der Verwaltungsräte telepathieren.
Klar gibt man so den Betazoiden zu viel Macht in die Hand, doch ist der Beamer wirklich vertrauenswürdiger?

Woran denkt da wohl der Che?

Ich frage mich, ob sich heute noch irgendjemand an Che Guevara erinnern würde, gäbe es nicht dieses eine Foto von ihm? Natürlich hat er seine Spuren hinterlassen in der Geschichte und von mir aus auch in der Theorie der Methodik, Strategie und Taktik des modernen Guerillakampfes, doch erklären diese seine von vielen bewunderten und von manchen verurteilen Leistungen nicht die Präsenz seines Conterfeis auf so vielen T-Shirs, Taschen, Socken, Unterhosen und Käppis.
Sein Bild ist ein Symbol fürs Revoluzertum, fürs Aufbegehren gegen das Establishment, doch im Zusammenhang mit der Mode ohne den Inhalt. Er ist sexy und die Alten mögen ihn nicht, was braucht es mehr?
All die Leute, die heute mit ihm und der mit ihm assozierten Rotzigkeit riesige Umsätze erziehlen, wären damals von ihm gleich als erstes umgenietet worden und zwar eigenhändig. Sicherlich, er wollte den Armen helfen, doch nahm er ohne Skrupel in Kauf, dass seine Entwicklungshilfe ein sehr blutrünstiges Geschäft ist.

Man hört bisweilen, dass so manch einer über die ausdrucksstarken Augen auf diesem hippen Portrait dazu angestiftet wurde, sich mit ihm selbst auseinander zu setzen, und dass daher in gewisser Weise die Modebrache als unbeabsichtigter Überträger des kommunistischen Virus an ihrem eigenen Grab schaufelt. Das ist wahrscheinlich Nonsens, aber das Argument ist trotzdem cool.