50 Jahre Mäusestimmrecht

Liebe konservative Demokraten, Patrioten und Pfarrer

Genau heute vor 50 Jahren am 7. Februar 1971 wurde vom Schweizer Souverän der Bundesbeschluss über die Einführung des Frauenstimm- und Wahlrechts in eidgenössischen Angelegenheiten mit 621’109 zu 323’882 Männerstimmen angenommen und exakt einen Monat später, am 7. März 1971, flimmerte zum ersten Mal die Sendung mit der Maus über den Äther.

Ich nehme an, dass ihr – als eingefleischte Demokraten und stramme Patrioten – das inzwischen für eine ganz patente Sache haltet (ich meine das Frauenstimmrecht) und ohne zögern bereit wärt dafür euer Leben dafür zu geben.

Habt ihr euch aber schon mal die Frage gestellt, ob ihr von 50 Jahren überhaupt Ja gestimmt hättet?
Euer soziales Umfeld hätte es nicht getan, weil es – genauso wie ihr – die gute alte Zeit zu schätzen wusste und jeglicher neumodische Scheiss ihm auch damals höchst zuwider gewesen wäre. Und natürlich wärt auch ihr dagegen gewesen.
Aber das ist okay. Das will ich euch nicht übel nehmen, denn Grösse ist nicht, keine Fehler zu machen, sondern aus ihnen zu lernen. Und ihr habt aus ihnen gelernt. Ihr habt inzwischen eingesehen, dass das Frauenstimmrecht nicht nur funktioniert, sondern auch das einzig richtige ist.

Aber eine nichtrhetorische Frage hätte ich schon auch noch: Als eingefleischte Demokraten und stramme Patrioten seid ihr ja stolz auf die Schweiz und auf das, was sie selbst in schwierigen Zeiten zustande zu bringt fähig ist. Seid ihr dann auch stolz darauf, dass sich die Schweiz erst als eines der letzten Länder der Welt dem Frauenstimmrecht gebeugt hat?

Die Geschichte lehrt uns, dass konservative Positionen- insbesondere, wenn es darum ging einer Gruppe von Menschen irgendwelche Rechte vorzuenthalten – auf lange Sicht immer die falschen waren.
Das heisst nicht, dass es nicht Situationen gegeben hätte, in denen die zu frühe Einführung einer zu progressiven Idee die eine oder andere Gesellschaft jämmerlich ins Messer laufen gelassen hätte, doch das machte die Idee zum gegebenen Zeitpunkt nur verhängnisvoll, aber deshalb noch lange nicht falsch.

Das sollte man doch inzwischen aus der Geschichte gelernt haben. Entsprechend müssten Argumente gegen (zu) progressive Ideen – insbesondere wenn es um das Vorenthalten von irgendwelchen Rechten geht – eigentlich stets nach folgendem Muster formuliert werden: die Abschaffung der Sklaverei / das Frauenstimmrecht / die Anerkennung der gleichgeschlechtlichen Ehe / das bedingungslose Grundeinkommen / etc1 ist ja ein tolle Idee und sie wird sich sicherlich früher oder später durchsetzen und darauf freue ich mich auch aufrichtig, aber zum jetzigen Zeitpunkt erlaubt es die wirtschaftliche, ökologische, militärpolitische oder was-auch-immer Lage leider einfach noch nicht. Und zwar aus folgenden Gründen…

Wäre das nicht ein viel besserer politischer Diskurs als die gegenseitige Beschuldigung die Schweiz mit voller Absicht gegen den Maurer fahren zu lassen?

Rumpeldipumpel
Eda