Ist der Weltfriede wirklich zu viel verlangt?

Skeptiker fragen oft, ob ein lieber Gott nicht für den Weltfrieden sorgen müsste?
Und die Christen antworten immer, dass ihm da aufgrund der Willensfreiheit leider die Hände gebunden seien.
Und die Skeptiker fragen dann, ob da wirklich rein gar nichts sei, was ein allmächtiger Gott tun könne?
Und die Christen antworten: Nö.

Ich vermute, dass die Christen dann ziemlich vom Himmel enttäuscht sein werden, wenn sie feststellen, dass es dort entweder keinen Himmelsfrieden oder keine Willensfreiheit oder aber nur bescheidene Seelen gibt, die nichts weiter zum Glücklichsein brauchen als die Gewissheit, das viele, viele, viele Seelen gerade in der Hölle gefoltert werden.


Eigentlich ziemlich spiessig von uns Skeptikern.
Gott schenkt uns Willensfreiheit und wir beklagen uns darüber, dass wir damit auf die Schnauze fallen.

Allerdings ist auf die Schnauze fallen eine Sache.
Krieg, Hunger, Seuchen und Tod dagegen eine ganz andere…

Ein Deal, bei dem man sich die vier apokalyptischen Reitern einhandelt, ist nie ein guter Deal!

The Art of the Deal. S. 124

Wie dem auch sei. Schauen wir uns mal an, wie es um unserem Deal bestellt ist. Man kann die Willensfreiheit aus zwei Perspektiven betrachten: a) Aus jener von denen, denen sie gewährt wird (uns), und b) aus jener vom dem, der sie gewährt (Gott).

a) Über die Beschenkten

Wenn mir Freiheit geschenkt wird, dann bedeutet das, dass ich dann tun und lassen kann, was ich will, ohne dafür zur Rechenschaft gezogen werden zu können.
Fürs Tun selbst wohlgemerkt, für die negativen Konsequenzen dieses Tuns dagegen durchaus! Das sind nämlich zwei gänzlich verschiedene Sachen.

Ich will es an einem Beispiel demonstrieren: Wenn man mir einen Apfel schenkt, dann ist er meiner und ich kann mit ihm tun, was immer ich will. Es wäre natürlich möglich, dass man mir den Apfel nur unter der (gern auch unausgesprochenen) Bedingung gibt, dass ich ihn höchstselbst esse, vielleicht weil es Teil eines bestimmten Rituals ist. Dann wurde mir aber mit dem Apfel nicht die Freiheit geschenkt, ihn auf jede beliebige Art und Weise zu verwenden.
Wenn ich den Apfel aber mit der Freiheit erhalte mit ihm anzustellen, was auch immer ich will, und wenn ich den Apfel im Wissen um ihre Apfel-Dysphahie einer hübschen Prinzessin weiter schenke und die sich dran verschluckt und in ein Koma fällt, dann kann man mir zwar durchaus vorwerfen, dass ich sie vergiftet habe um selbst die schönste Prinzessin zu werden, nicht aber, dass ich den Apfel weitergegeben habe.

Kurz: An Freiheit sind keine Bedingungen geknüpft.

Wie – bitteschön – ist dann die Willensfreiheit eine Freiheit, wenn meine Entscheidung, wenn sie anders ist, als die von Gott gewünschte, mich in die Hölle bringt?

Die Advokaten Gottes sind geschickt. Sie formulieren es nicht als Strafe, sondern als Konsequenz. Sie versuchen uns weiss zu machen, dass die Entscheidung von Anfang an allein zwischen Himmel und Hölle war und ich mich eben für das eine oder andere zu entscheiden habe.
Wenn ich also (aus welchen Gründen auch immer) erregt bin, dann ist die Entscheidung nicht: „Soll ich jetzt masturbieren oder nicht?“ sondern „Will ich in den Himmel oder nicht?“.
Okay, kann man so sehen. Dann stellen sich mir aber zwei Fragen: Erstens, wieso fragt mich Gott eine so wichtige Frage, wenn ich gerade an was völlig anderes denke? Und zweitens, warum muss ich die immer gleiche Frage immer und immer und immer wieder beantworten? (Nicht dass ich sie nicht gern beantworten würde.)

b) Über den Schenker

Die Freiheit hat einen Preis für den, dem sie gewährt wird. Er muss damit leben, dass er Dinge akzeptieren muss, die ihm eigentlich nicht gefallen.
Doch auch das Gewähren von Freiheit hat einen Preis: Es macht einem das Leben schwerer.

Wenn ich ein Café habe und meinen Kunden die Wahl geben will sich zwischen Apfel- und Birnenwähen entscheiden zu können, dann muss ich – wohl oder übel – zwei Kuchen backen. Ohne Auswahl kann nämlich nicht wirklich von Freiheit die Rede sein.

Auch wenn es vielleicht so klingt, hat man hier keine Wahl-Freiheit.

Ob meine Kunden jedoch zu ihrer Wähe einen Latte macchiato oder einen Cappuccino nehmen, macht für mich aber keinen Unterschied, wenn ich eine Kaffeemaschine habe, wo ich lediglich den rechten oder den linken Knopf drücken muss. Die Kunden haben dann zwar die Wahl, aber zu behaupten, ich hätte ihnen eine Freiheit gewährt, ist in einem solchen Fall schon ein bisschen überrissen. Die Kunden wissen es zwar zu schätzen, doch ist diese „Freiheit“, ob sich die Kunden dessen nun bewusst sind oder nicht, eigentlich völlig belanglos. Die Wahl zwischen belanglosen Optionen sollte man daher nicht als Freiheit bezeichnen.

Deshalb müssen wir fragen: Macht es Gott das „Leben“ schwerer, wenn wir unsere Willensfreiheit wahrnehmen?

Wenn nicht, dann sind unsere Entscheidungen für Gott belanglos. Sprich, es ist ihm egal, ob wir in den Himmel oder in die Hölle kommen, was in Anbetracht des Leids, das hier auf dem Spiel steht, eine moralisch höchst verwerfliche Einstellung wäre.

Ich denke aber schon, dass es ihm das „Leben“ schwerer macht1. Irgendwie. Wenn wir uns anders entscheiden, als von ihm erhofft, dann macht ihn das – wie es heisst – traurig.

Dass er traurig darüber ist, dass wir die schlechtere Wahl getroffen haben, ist sympatisch. Es zeigt, dass er Mitgefühl hat. Wenn er aber anfängt, uns unsere Entscheidung übel zu nehmen, wird es problematisch.

Rächt (Gott) sich (für) die Enttäuschung?

Wenn ich es so anlege, dass allen, die in einer mir nicht genehmen Art handeln, etwas übles zustösst, was mit der Handlung selbst eigentlich gar nichts zu tun hat (sprich nicht deren Konsequenz ist), dann kommt es Rache schon ziemlich nahe.

Und seien wir ehrlich, dass Gott Züge hat, die man als rachsüchtig bezeichnen könnte, ist nicht wirklich neu…

Zur Illustration: Ich bin Handgranatenbauer und das Wohl meiner Kunden liegt mir am Herzen (das ihrer Feinde offensichtlich weniger). Deshalb habe ich die Handgranaten, die ich verkaufe, so konstruiert, dass sie ihre verheerende Wirkung nur exakt genau dann entfalten, wenn der Kunde sie entfesseln will. Sprich, wenn man den Sicherheitsstift der Handgranate rauszieht. Das steht so auch unmissverständlich und in Grossbuchstaben in der Gebrauchsanleitung. Und da ich ein verantwortungsvoller Waffenproduzent bin, müssen meine Käufer immer erst eine halbtägige Schulung über sich ergehen lassen, bei der ich sicherstelle, dass sich jeder der Sache mit dem Sicherheitsstift klipp und klar bewusst ist. Damit stelle ich sicher, dass mein geschätzer Kunde sich nicht selbst in die Luft sprengt2. Nur so nebenbei: Durch diese „Sicherheitsmassnahmen“ nehme ich ihm in keinster Weise die Freiheit jede beliebige Person in die Luft zu sprengen.
Wenn ich die Handgranaten jedoch so konstruieren würde, dass sie hochgehen, wenn der Besitzer masturbiert, und ich das nur kryptisch irgendwo in der Gebrauchsanleitung erwähne und ich jede Handgranaten in Playboy-Papier wickle, dann sieht die Sache etwas anders aus. Weil es nicht naheliegend ist, dass Explosion und Masturbation etwas miteinander zu tun haben könnten…
Nun ja, wenn man es sooo betrachtet…
Okay, das Beispiel ist vielleicht nicht ganz optimal…

Anders:

Warum handelt man sich beim Verzehr von Schweinefleisch Peitschenhiebe ein, bei dem von Rindfleisch aber nicht? Wo ist die Verbindung zwischen Schweinefleisch und Peitschenhieben, wo sie zwischen Rindfleisch und Peitschenhieben nicht ist?
Wenn Schweinefleisch ein höheres Risiko einer Lebensmittelvergiftung mit sich bringen würde, dann wäre die Strafe dafür doch eigentlich die Lebensmittelvergiftung (und der tadelnde Blick des Ehepartners, der die ganze Schweinerei hinter einem aufwischen musste).
Wieso dann einen gebeutelten noch nachtreten? Respektive wieso einen Menschen, der das Fleisch gut genug gekocht hat und bei dem infolge dessen nichts passiert ist, auspeitschen? Weil Nachahmer vielleicht nicht gleich gut genug kochen könnten?
Und überhaupt ist es ja nicht so, dass man zur Zeit, als dieses Gesetz erlassen wurde, als Kranker der Gesellschaft gross auf der Tasche gelegen wäre. Man war bestenfalls kurzfristig nicht für den Kriegsdienst (gegen das Volk der Schweinefleischesser) zu gebrauchen…

Oder warum bringt einen Masturbation in die Hölle und Nasepopeln nicht? Ich meine, da gibt es ja kaum einen Unterschied (zumindest, wenn man es richtig macht).

Oder warum bringt einen das Töten eines anderen Menschen in die Hölle, nicht aber, wenn der Tote einen anderen Gott verehrt hat?
Ich meine, dass das Töten eines Menschen übel ist und einen in massive Schwierigkeiten bringen sollte, ist mir klar. Schliesslich tut man damit dem anderen etwas an, was dieser sehr, sehr, sehr fest nicht angetan bekommen möchte. Und dass er es nicht angetan bekommen möchte, könnte ich eigentlich ahnen, weil auch ich selbst es sehr, sehr, sehr fest nicht angetan bekommen möchte. Und weil eine Verallgemeinerung von mir auf andere in diesem Fall (zumindest bis zu einer allfälligen Richtigstellung) dem anderen nicht zum Nachteil gereicht.
Ganz und gar nicht klar ist mir dabei aber, inwiefern der Umstand, dass das Opfer einen anderen Gott (oder – Gott behüte – gar keinen) anbetet, es offensichtlich machen soll, dass das Töten dann okay sein soll? Schliesslich will auch in diesem Fall das Opfer nicht getötet werden.

Nichts am „verwerflichen“ Schweinefleisch, Masturbieren und Judenmorden deutet darauf hin, dass sie anders bewertet werden sollen als „harmloses“ Rindfleisch, Nasepopeln und Heidenmorden. Um das zu wissen, braucht es eine Offenbarung.

Es liegt offensichtlich nicht in der Natur der Sache, ob die Entscheidung für oder gegen diese Sache mich in die Hölle bringt. Sondern einzig und allein am Wesen, das entscheidet, ob eine Entscheidung für oder gegen diese Sache etwas ist, wofür man in die Hölle kommt.

Und da wäre es dann natürlich auch möglich, dass die „göttliche Moral“ sich an den Entscheidungen einer bestimmten Person (oder einer Gruppe von Menschen) orientiert, die das besagte Wesen ums Verrecken nicht im Himmel haben wollte…

Dieser Gedanke ist gar nicht so abwegig, schliesslich ist der Zweck des Diesseits ja die Spreu vom Weizen zu trennen (und die Rache an den Vorfahren, indem die Kinder und Kindeskinder bis ins vierte Glied verflucht werden)3 Kann Gott da wirklich traurig sein, wenn jemand wie ich in der Hölle landet? Ich meine, ja, es tut ihm für mich leid. Man wünscht schliesslich niemandem was böses. Nichtsdestotrotz scheint es so für ihn das kleinere Übel zu sein, als mich bei sich im Himmel zu haben.4

Eine solche Willensfreiheit ist ein Test.
Wenn eine Freiheit gewährt wird um jemanden zu testen, dann ist es keine Freiheit.

Die Art von „Freiheit“, die uns Gott mit der Willensfreiheit gewährt, gewährt selbst Nord Korea seinen Bürgern, wenn es ihnen versichert, dass sie „frei“ sind ihre ehrliche Meinung über Kim Jong-un öffentlich Kund zu tun.

Unser Fazit

Wir konnten zweifelsfrei nachweisen, dass die Willensfreiheit keine Form von Freiheit ist.
Und das ist eigentlich ganz gut so!
Denn da Sicherheit immer auf Kosten der Freiheit geht und Freiheit immer auf Kosten der Sicherheit, steht die Willensfreiheit, da sie ja keine Freiheit ist, dem Weltfrieden nicht zwangsläufig im Weg.

Das heisst aber leider nicht, dass demzufolge ein von aussen gestifteter Weltfriede keine Abstriche an andere Freiheiten verlangen würde.
Aber Gott kann sein Nichtstun nicht länger mit der Willensfreiheit begründen.
Und das ist schon mal wenigstens etwas.

Unsere Forderung

Wir wollen den Weltfrieden! Punkt!
Doch was ist das? Respektive, was wollen wir, dass es ist? Respektive wie viel Leid sind wir bereit innerhalb von diesem zu tolerieren?

Ich würde sagen es gibt grob vier Kategorien von Leid.

  1. Sich den Zeh stossen.
  2. Jemand anderem unabsichtlich den Zeh stossen.
  3. Jemand anderem absichtlich den Zeh stossen.
  4. Jemanden foltern und umbringen.

Ein philosophisches Dilemma ist, dass wenn man die folgende Kategorie nicht kennt, dann erscheint einem die letzte bekannte als einfach unerträglich.
Folglich könnte man sich natürlich fragen, ob uns Gott in seiner Allgüte nicht die 5. Kategorie erspart hat. Das ist denkbar, doch wie könnte die aussehen? Jemanden ewiglich foltern ohne die Erlösung des Todes? … Kommt uns das nicht irgendwie bekannt vor?

Ich denke, in einer Welt, in der Weltfrieden herrscht, wird es jede dieser vier Kategorien von Leid geben. Keine davon wird aber „legal“ sein im Sinne von „durch einen höheren Sinn erlaubt, wenn nicht gar gefordert“5.
Und wenn jeder Versuch zwei „Gruppen“ (was sich selbst als Gruppe versteht, überlasse ich jetzt mal jeder Gruppe selbst) gegeneinander aufzuhetzen erfolgreich unterbunden wird, dann haben wir den Weltfrieden erreicht.

Und wie soll das durchgesetzt werden? Hier meine Vorschläge:

A. Gott als Exekutive

Ganz einfach: Gott weiss (dank seiner Allwissenheit), wenn irgendwo jemand Leute dazu anstiftet, anderen im Interesse einer höheren Sache an den Gurgel zu gehen. Und Gott kann (dank seiner Allmacht) einschreiten, die Beweise sichern und die betreffende Person vor Gericht bringen. Er wäre die Exekutive. Insbesondere in Völkerrechtsangelegenheiten.

Legislative und Judikative müssten dagegen unbedingt bei den Menschen bleiben. Denn darin ist Gott wirklich übel.

So oder so müsste er an einer sehr kurzen Leine gehalten werden, wenn man unverhältnismässige Gewaltanwendung verhindern wollte. #nongodsmatter

Und wenn Gott nebenbei ein paar Kandidaten für sein Paradies-Projekt rekrutieren will, kann uns das egal sein.

B. Gott als globaler Feind

Auch ganz einfach: Wie die Geschichte zeigt, fällt es verfeindeten Lagern in der Regel nie sehr schwer angesichts eines gemeinsamen übermächtigen Feindes die Zwistigkeiten zeitweilig beiseite zu legen. Wieso stellt sich Gott uns also nicht als übler Schurke entgegen, gegen den zu bestehen, wir nur dann eine Chance haben, wenn wir alle zusammen arbeiten?
Nicht ganz so einfach ist dabei aber, die Notwenigkeit für das Bündnis über längere Zeit aufrechtzuerhalten, ohne dass irgendjemand deswegen wirklich leiden müsste (oder das Gefühl hätte deswegen zu leiden). Aber vielleicht ist das auch gar nicht nötig. Vielleicht reicht es, wenn der Feind nur in kritischen Situationen auftaucht und sich dann etwas später dezent wieder zurückzieht.

(Genauer betrachtet, ist der Gott der Bibel eigentlich exakt so, wie man sich einen üblen Schurken, gegen den man sich zusammen tun sollte, vorstellen würde. Seltsam…)

C. Gott als Korrektor

Vielleicht würde es aber auch schon reichen, wenn Gott jeden Blödsinn, der ihm in den Mund gelegt wird, umgehend in aller Deutlichkeit dementiert. Damit würde er zwar nicht den Weltfrieden einläuten, aber wenigstens würde kein Skeptiker fragen, ob da wirklich nichts sei, was er tun könnte.

D. Gott als Dementor

Was wenn er nicht nur den Blödsinn dementieren würde, der ihm „irrtümlich“ in den Mund gelegt wird, sondern auch die Sachen, die die er tatsächlich so meint?

D. Gott im Paradox

Sollte ein allwissender, allmächtiger und allnetter Gott diesen Artikel nicht voraussehen? Ich meine, hier wird das Problem mit der Willensfreiheit aufgedeckt un das Rezept für den Weltfrieden auf dem Tisch gelegt. Wieso um Himmels Willen hat das nicht berücksichtigt?
Allerdings… Hätte er es umgesetzt, dann würde ich hier einen anderen Artikel geschrieben haben. Und er hätte nie aus meiner Erfarhung lernen können. Und er hätte wieder mit Adam und Eva begonnen…


Damit bleibt eigentlich nur noch eine Frage unbeantwortet:
Wenn die Willensfreiheit keine Freiheit ist, was ist sie dann? Ein Fahrrad! Man kann damit schliesslich auf die Schnauze fallen.

Brexit und der Tod der Demokratie

Der Youtuber Rationality Rules meint, dass ein zweites Brexit-Referendum nicht okay sei, weil man damit nicht den Willen des Volkes respektiere. Da ist schon was dran. Er meint auch, dass wenn schon, dass man erst mal die EU verlassen müsste, und dann erst wieder abstimmen könne, ob man wieder in die EU zurückzukehren wolle. Auch da hat er schon auch irgendwie recht. Und er fürchtet, dass ein zweites Brexit-Referendum den Tod der Demokratie bedeuten würde. Und genau hier, finde ich, liegt er falsch.

Er hat schon recht, man kann einen Volksentscheid nicht einfach ignorieren, nur weil er einem zufällig nicht passt. Prinzipien müssen auch gelten, wenn es weh tut.
Aber es gibt Sachen, die wichtiger sind als ein Volksentscheid. Die vom Völkerrecht garantierten Menschenrechte zum Beispiel.
Auch wenn das Volk Ja zur Todesstrafe für Homosexuelle sagen würde, dürfte eine solche Vorlage nicht umgesetzt werden. Punkt.

Brexit gehört allerdings nicht in diese Kategorie. Aus der EU auszutreten, verletzt keine höheren Prinzipien. Die Entscheidung, ob man in der EU bleiben will, sollte im Gegenteil tatsächlich vom Volk getragen werden1.

Dann gibt es da noch die interessante Frage nach dem Unterschied zwischen dem, was die Initianten wollen und dem, was der Gesetzestext tatsächlich besagt. Manchmal kann das deutlich auseinander gehen. Bei der Stripendiums-Vorlage ging es darum, dass man staatliche Universitätsstipendien für StrapsenträgerInnen einführen solle, irgendwie konnte der juristische Text, wie sich erst viel später herausstellte, aber auch dahingehend interpretiert werden, dass Montags schweizweit der Linksverkehr gelten müsse. Dies war von den Initianten nie beabsichtigt gewesen. Wenn die Vorlage nun angenommen worden wäre, hätte man diesen Aspekt bei der Umsetzung problemlos ignorieren können ohne damit der Demokratie in irgendeiner Weise zu schaden, weil ihn die Initianten weder beabsichtigt hatten noch im Wahlkampf je thematisierten.
Daran ändert auch nichts, wenn ein paar Leuten diese Interpretation aufgefallen wäre, sie nichts gesagt hätten und genau aus diesem Grund für das Stripendium gestimmt hätten.

Dass man diesen Punkt bei Brexit geltend machen kann, halte ich für fragwürdig. In der ganzen Diskussion über ein zweites Referendum war meines Wissens nie von unbeabsichtigten formaljuristischen Patzern die Rede sondern immer nur von sehr beabsichtigter Irreführung. Während bei der No-Billag Abstimmung vielleicht noch ein paar Leute denken konnten, es gehe dort allein darum, der Billag das Mandat zu entziehen, und nicht etwa um die komplette Abschaffung der „Zwangsgebühren“, gegen welche sie grundsätzlich gar nichts einzuwenden gehabt hätten, lässt der Name Brexit nur wenig Spielraum für andere Interpretationen als den britischen Exit.

Ja, man hätte irgendwie auf die Idee kommen können, dass man mit dem Geld, das wöchentlich in die EU fliesst, selbstverständlich das Gesundheitswesen sanieren könnte. Das liess aber niemanden vergessen, dass man dafür zuerst mal die EU verlassen musste um das Geld anders einsetzen zu können.
Ehrlich gesagt, bezweifle ich aber, dass irgendjemand dem Bus tatsächlich glauben schenkte. Was dann wiederum das Argument, dass sich viele von illusorischen Versprechungen blenden liessen, etwas arrogant erscheinen lässt.

Alle Politiker lügen oder biegen sich die Fakten ein bisschen zurecht. Man könnte es die po(l)etische (±) Freiheit nennen. In der Politik geht es nicht um die WAHRHEIT, sondern um Geschichten, die die Welt in eine bessere (oder zumindest weniger schlechte) Zukunft bringen sollen. Und das schaffen Fiktionen manchmal besser als Fakten – solange sie von den Fakten nicht allzu weit entfernt sind. Und das ist okay, sofern alle darum wissen. Und das tun sie.
Damit legitimiere ich aber in keinster Weise die Lügen. Ich vertraue darauf, dass sich Lügen auf lange Sicht nicht auszahlen und deshalb tunlichst vermieden werden – vor allem auch, weil es viel elegantere Mittel als die Lüge gibt um seinen Willen durchzusetzen2. Ich verurteile lediglich die Empörung, denn die ist immer etwas heuchlerisch.
Wenn die Lügen aber ein gewisses Mass an Dreistigkeit übersteigen, dann… ja dann sollte es vielleicht schon angemessene Konsequenzen haben. Ich denke da an einen hypothetischen Fall, wo ein Präsidentschaftskandidat nur durch höchst illegale Machenschaften seine Wahl gewinnt? In einem solchen Fall würde es eigentlich nicht reichen, den Präsidenten abzusetzen und ins Gefängnis zu werfen und an seiner statt den Vice, der vielleicht tatsächlich von alledem nichts wusste, regieren lassen, weil sich sowas viel zu einfach missbrauchen liesse.

Anyway3… was meines Erachtens Rationality Rules nicht genügend bedenkt, sind die Protestwähler. Wenn Abstimmung-Prognosen4 darauf hindeuten, dass das Ergebnis deutlicher rauskommt als die „Parteien“ es verdienen, dann kann man geneigt sein etwas anderes in die Urne zu werfen als wenn die Prognosen anders aussähen. So könnte ich beispielsweise eigentlich fürs Bleiben in der EU sein, doch auch überzeugt davon sein, dass da etwas fundamental falsch läuft. Wie lasse ich das die Politik wissen? Mit einem knappen Entscheid!
Die Politik müsste eigentlich anders laufen, wenn das Ergebnis sehr knapp war, als wenn es sehr deutlich war. Allein schon aus reinem politischen Selbsterhaltungstrieb.

Natürlich sind Protestwähler, welche den tatsächlichen Willen des Volkes in einer bestimmten Frage mehr oder weniger massiv verfälschen, kein Grund das Ergebnis einer Abstimmung für ungültig zu erklären5, doch ist damit die „seltsame“ Eigenschaft verknüpft, dass man seine Meinung ändern kann…
Und genau das ist mein eigentlicher Einwand gegen den unvermeidlichen Tod der Demokratie: Neue Informationen lassen uns manchmal eine Situation anders einschätzen als zuvor. Und wenn die Umsetzung einer Entscheidung lange dauert, wächst die Wahrscheinlichkeit, dass man es am Tag der Umsetzung eigentlich lieber ganz anders haben möchte6.
Wieso wird das in der Demokratie nicht berücksichtigt? Weil es schwer umzusetzen ist? Und wenn schon! Es wäre nicht der Tod der Demokratie, sondern deren nächste Generation.

Es geht hier nicht darum, die gleiche Frage nochmals vors Volk zu bringen, sondern die Diskussion weiter zu führen und wenn nötig die daraus resultierenden Konsequenzen zu ziehen.
Wenn die Briten es sich also anders überlegt haben, dann sollte das berücksichtigt werden. (Wenn allerdings Europa es sich in der Zwischenzeit ebenfalls anders überlegt hat und dieses jetzt getrennte Wege vorziehen würde, dann müsste natürlich aus das bedacht werden.)

Das zweite Referendum, resp. das Referendum der zweiten Generation müsste daher lauten: „Angesichts der Schwierigkeiten bei den Verhandlungen über Brexit und des ungewissen Ausgangs, wollen wir da die Sache nicht erst mal auf die Seite legen und so lange noch in der EU bleiben?“

So schreibt man also heute

Albert Pfisters „Abendstimmung mit Pilatus“ – dieses Bild hing im Seminarraum

Ist es nicht seltsam, wenn man im Kurs So schreibt man heute den Rat bekommt, auf Passivsätze, Substantivketten, Adjektive, tote Verben und Kursiva zu verzichten, weil sie heutzutage eine wahre Plage seien?

Ich will ja nicht bestreiten, dass diese Undinge den Lesefluss behindern und jeder Text von ihrer Abwesenheit nur profitieren kann, das ändert aber nichts daran, dass die meisten Leute heute genau diese Undinge verwenden, ergo man heute so schreibt. Insofern hätte der Titel der Veranstaltung eigentlich eher lauten sollen: So schreibt man hoffentlich morgen oder So sollte man heute lieber nicht mehr schreiben oder – idealerweise – So schreibt man lesefreundlich.

Als Schreiber von Mails und anderem ist mir allerdings noch wichtiger als die Lesefreundlichkeit, dass möglichst viel vom Geschriebenen hängen bleibt. Also dass der Angeschriebene zum korrekten Zeitpunkt am korrekten Ort mit den korrekten Dokumenten erscheint.
Ich will ja nicht bestreiten, dass unverstehbare Texte das nicht hinkriegen, doch wenn ich die Wahrscheinlichkeit, dass etwas hängen bleibt, durch den einen oder andern Holperer steigern kann, dann werde ich den Text holpern lassen.

Ob man einen Text lesefreundlich gestalten soll, ist eine ästhetische Frage.
Ob er nachhaltig ist dagegen eine empirische.

Wäre es da nicht eine gute Idee, mal zu untersuchen wie holperflüssig ein Text sein muss, damit ein Text so verstanden wird, wie der Autor es beabsichtigt?
Insbesondere bevor man Leute lehrt, wie man schreiben soll?

 

In Ermangelung solider empirischer Daten will mal ein bisschen spekulieren:

Der confirmation bias lässt uns Texten spontan mehr Glauben schenken, wenn sie verständlich und gut leserlich geschrieben sind, während bei unverständlichen und schwer zu entziffernden Texten sofort der Skeptiker übernimmt.
Das heisst, Widersprüche zu bereits gefassten Meinungen werden im Fall eines ansprechend abgefassten Textes mit grösserer Wahrscheinlichkeit einfach überlesen. Und das bedeutet, dass Lesefreundlichkeit durchaus auf Kosten der Nachhaltigkeit gehen kann.

Das heisst umgekehrt, wer eine möglichst kritische Auseinandersetzung mit seinen Texten will – also beispielsweise Wissenschaftler -, sollte sie schwer lesbar gestalten. Und intuitiv erscheint mir eine kritische Auseinandersetzung mit einem Text eine mehrversprechende1 Strategie als ein nettes Happy-Reading.
Von daher ist auch Fachchinesisch nicht etwa Snobismus, sondern eine Qualitätssicherungsmassnahme. Wobei hier noch zwei wichtige Einschränkungen zu beachten sind:
– Schwer lesbar ist das eine, Mehrdeutigkeit und Missverständlichheit etwas ganz anderes. Letzteres darf ein Text nie und nimmer sein!2
– Und schwer lesbar sollte es vor allem für das interessierte Publikum sein, nicht jedoch ausschliesslich für unbeteiligte Laien – weil dann ist es sehr wohl Snobismus.

 

Wie gesagt, es ist ein schönes Gefühl einen gut geschriebenen Text zu lesen. Das erspart einem aber nicht notwendigerweise, dass man später alles falsch macht. Dann wird man frustriert sein, aber die Schuld dafür in der Regel nicht dem Text geben.
Wenn der Text jedoch holprig geschrieben ist, ist man wütend während des Lesens. Und der Umstand, dass man alles richtig gemacht hat, hellt die düstere Stimmung bezüglich des Textes später nicht wirklich auf, weil man sich nicht bewusst ist, dass man es eben gerade nur deshalb richtig gemacht hat, weil man wütend war.
Zweifellos eine Zwickmühle mit lauter falschen Schuldzuweisungen. Da gilt es geschickt abzuwägen…

Von Hexen und der Hexerei

smbc-comics.com

Wenn sie mal gross ist, verkündete Ava kürzlich, will sie Hexe werden.
Als aufgeklärter Vater versicherte ich ihr, dass ich sie dabei natürlich vollkommen unterstützen würde, dass sie bei dieser Berufswahl aber bedenken müsse, dass sie dann lieber einen grossen Bogen um gewisse Länder machen müsse – und überlegte mir, ob das wohl der Grund sei, wieso es keine „Hexen ohne Grenzen“ gibt?
Ich erklärte ihr auch, dass wenn es ihr darum ginge, die Welt nach ihrem Willen zu gestalten, dass sie dann bei der Wissenschaft und Technik (und dazu zähle ich natürlich auch die Medizin) vielleicht besser aufgehoben wäre. Tatsächlich habe sich alles, was man früher (und auch heute noch) Hexen zuschrieb, in gewissem Sinne durch Wissenschaft und Technik erfüllt – und zwar für alle zugänglich. Hexen flogen auf Besen, wir tun es in Flugzeugen. Hexen beobachteten in ihren Kristallkugeln, was in weit entfernten Ländern passiert, wir tun es mit dem Fernseher. Hexen heilten von Warzen, wir inzwischen auch von vielen Arten von Krebs. Hexen tanzten nackt in Vollmondnächten, wir wissen wo wir Frauen auch während des übrigen Monats nackt tanzen sehen können1. Hexen kannten alle Kräuter und Pilze, mit dem iPhone können wir sie inzwischen auch identifizieren und erfahren, welche Wirkstoffe sie enthalten. Und all das können wir, ohne riskieren zu müssen auf dem Scheiterhaufen zu landen. Ja, Wissenschaft und Technik sind vielleicht die besseren Gehilfen, wenn man sich seine Wünsche erfüllen will…
Wieso sie den Hexe werden möchte, fragte ich sie.
Dann würde sie machen, dass sie morgen Geburtstag hat.
*schluck*

Welche Wunder man auch immer Gott und den Hexen zuschrieb, irgendwie schafften Wissenschaft und Technik (und Kunst, wenn es darum geht fantastische Geschichten zu erzählen) diese über kurz oder lang irgendwie auch ohne Magie zu replizieren. Ob Gott und Hexen sie tatsächlich vollbrachten, ist dagegen umstritten, denn dabei zusehen liessen sie sich nie – zumindest nicht von jemandem, der mit den nötigen Skepsis dabei gewesen wäre.

Viel mehr fand man raus, dass es sich oft gar nie so zugetragen hat – und der Schöpfer es sich nur ausgedacht hat.
Oder man fand raus, dass viele Dinge von ganz allein geschehen – und der Designer sich hier mit fremden Lorbeeren schmückt.
Oder man fand raus, dass es mit natürlichen Mittelnd geht – und der Magier das Woohoo nur anstellte um mehr Geld daran zu verdienen.

Die Wunder wurden des Wundersamen beraubt, die Wirkung aber blieb erhalten.
Nein, die Wirkung wurde sogar massiv besser, weil sie vom Wundersamen nicht länger behindert wurde.

Gell-Mann Amnesie Effekt

Briefly stated, the Gell-Mann Amnesia effect is as follows. You open the newspaper to an article on some subject you know well. In Murray’s case, physics. In mine, show business. You read the article and see the journalist has absolutely no understanding of either the facts or the issues. Often, the article is so wrong it actually presents the story backward—reversing cause and effect. I call these the „wet streets cause rain“ stories. Paper’s full of them.
In any case, you read with exasperation or amusement the multiple errors in a story, and then turn the page to national or international affairs, and read as if the rest of the newspaper was somehow more accurate about Palestine than the baloney you just read. You turn the page, and forget what you know.
Michael Crichton

Evolutionsbiologen wollen herausgefunden haben, warum Menschen klüger sind als Affen. „Was sie von den Affen unterscheidet ist, dass sie imitieren und dadurch viel schneller lernen können“, sagte Esther Herrmann vom Max-Planck-Institut für Evolutionäre Anthropologie in Leipzig.
Dass sie imitieren und dadurch auch viel schneller lernen, stimmt schon, doch dass sie deshalb auch klüger wären, darf bezweifelt werden.
Affen imitieren nicht so viel wie Menschen, jedoch nicht weil sie die dafür erforderliche kognitive Kapazität nicht hätten, sondern weil sie aus den Fehlern der anderen lernen und sich hüten, von unzuverlässigen Primaten irgendwelche Kenntnisse und Gewohnheiten zu übernehmen.

Ich meine, wenn einer ne Kokusnuss mit seinem Schädel zu öffnen versucht, soll ich dann wirklich seinem Versuch mit einem Stöckchen Ameisen aus einer Höhle zu pullen allzu viel Aufmerksamkeit schenken? Okay, in diesem Fall wäre es das vielleicht keine schlechte Idee gewesen, doch wie gross mag wohl die Chance sein, dass ein und der selbe Primat nach der ersten die zweite Strategien entwickelt?
Ich persönlich versuche nur von denen zu lernen, die eine tadellose Reputation haben. Und von denen auch nur das, worin sie eine tadellose Reputation haben. Doch damit scheine ich – wie der Gell-Mann Amnesie Effekt nahelegt – aktiv gegen meine menschliche Natur anzukämpfen. Leider viel zu oft erfolglos, wie ich zu meinem Bedauern eingestehen muss.

Man meckert, wo man was davon versteht, lehrt aber nichts draus und glaubt alles andere. Wenn jeder nach dieser Strategie vorgeht, dann entwickelt das eine ungeheure Eigendynamik und stellt – neben der Pornografie – wahrscheinlich die treibende Kraft des Internets (und wahrscheinlich der ganzen Zivilisation) dar.

Wir haben die Digitaluhr erfunden, die Schimpansen nicht. Welche der beiden Varianten aber das Ergebnis der anspruchsvolleren kognitive Leistung ist, würde ich nicht vorschnell beantworten.
Es ist schliesslich nicht ausgeschlossen, dass der Weg, den der dümmere einschlägt, am Ende der ist, der weiter führt.

Die meskinawsche Wette

Einer erzählt dir eine durchaus plausibel klingende Theorie. Dann stell dir die folgenden zwei Fragen:

1. Erfreut sich die Theorie breiter Zustimmung in der Wissenschaft?
2. Publiziert die Person in peerreviewten Journalen?

Wenn auf beide Fragen die Antwort Nein lautet, dann kannst du eine ganze Stange Geld drauf wetten, dass es ausgemachter Blödsinn ist.

Anleitung zu einer erfolgreichen, weil seriösen Evolutionskritik

Sollte an der Evolutionstheorie wirklich etwas faul sein, dann kann man was dagegen tun.
Dazu sind aber die folgenden Regeln minutiös und exakt in der vorgegebenen Reihenfolge einzuhalten:

1. Hat die Theorie eine Schwachstelle? Dann zeig sie auf.

Das wars schon.

Eine alternative Theorie ist nicht nötig. Im Gegenteil, wenn diese Lücken hat, lenkt das nur von den Fehlern der eigentlich kritisierten Theorie ab.
Es empfiehlt sich im Vorfeld abzuklären, ob die vermeintliche Schwäche nicht bereits formuliert und von der Fachwelt zurückgewiesen wurde. Das erspart allen Seiten Arbeit. Es ist in der Wissenschaft nämlich leider nicht so, wie beispielsweise in der Religion, dass durch Wiederholung die Gültigkeit steigen würde. Von daher, sollte man eine Schwachstelle gefunden haben, die bereits zurückgewiesen wurde, dann sollte man die Begründung so formulieren, dass alle Fehlschlüsse und falschen Annahmen des Vorgängers elegant umschifft werden. Denn in der Tat bedeutet ein ungültiger Schluss nicht notwendigerweise, dass das Ergebnis auch falsch sein muss.
Noch ein Tipp am Rande: Bevor man damit an die Öffentlichkeit geht, lieber erst mal von einer Drittperson checken lassen. Mit Drittperson ist nicht ein Drittklässler gemeint, sondern eine neutrale bis skeptische Fachperson. Das kann Peinlichkeiten ersparen. Und wie will man die Fachwelt überzeugen, wenn es einem noch nicht mal bei einem einzelnen gelingt?

Ach ja und noch eins: Für den Fall, dass der Einwand stimmig ist, lieber schon mal den Frack in die Reinigung geben, denn ein Nobelpreis ist da auf sicher.

Baloney Detection Kit

Michael Shermer listet in diesem RDF-Video eine Reihe von Fragen auf, welche ohne grossen Aufwand einen Hinweis darauf geben können, wie es um eine „Theorie“ bestellt ist.

1. How reliable is the source of the claim?
2. Does the source make similar claims?
3. Have the claims been verified by somebody else?
4. Does this fit with the way the world works?
5. Has anyone tried to disprove the claim?
6. Where does the preponderance of evidence point?
7. Is the claimant playing by the rules of science?
8. Is the claimant providing positive evidence?
9. Does the new theory account for as many phenomena as the old theory?
10. Are personal beliefs driving the claim?