Autorenkooperation

Wenn man ein Team zusammenstellen müsste, das sich die Bibel ausdenken soll, was für Leute würde man dafür am besten nehmen? Rassisten? Sexisten? Homophobe? Von Gewalt besessene? Und Flat-Earther?

Ich sag dir, wer du bist!

Wie viel kann ich aus der Hand eines Menschen über seine Persönlichkeit und seine Geschichte herauslesen? Wie viel lässt sich aus dem Geburtsdatum ableiten? Wie viel aus der Schädelform oder der Handschrift?

Wie viel aus dem Roman über den Autor?

Ohne Zweifel lassen sich gewisse Schlüsse ziehen. Doch das hat seine Grenzen.
Anders sieht es  jedoch aus, wenn man weiss, wonach man sucht. Dann wird man in der Regel schnell fündig, was aber nicht heisst, dass die Indizien auch wirklich relevant wären.
Und wenn man es geschickt anstellt, dann kann man sogar die zu untersuchenden Person glauben machen, dass man sie anhand ihres Werkes, Geburtsdatums oder Schädels wirklich durchschaut hat. Doch auch das hat nichts zu heissen, denn jeder fühlte sich von der genau gleichen Charakterisierung durchschaut. Die Aussagen basieren in solchen Fällen nämlich nicht auf solider Interpretation, sondern auf einem raffinierten Trick, der sich des Barnum-Effekts bedient.

Wenn es schon so schwierig ist, einen Menschen zu durchschauen – und die entsprechenden Wissenschaften eine nach der anderen der Lächerlichkeit preisgegeben wurden – , wie erfolgversprechend sind dann die Charakterisierungen von Kobolden, Engeln oder gar Gott?

Da fragt man sich doch glatt, wodurch sich die Religion von Pseudowissenschaften wie Chirologie, Astrologie, Phrenologie oder Graphologie unterscheidet?
Wo die anderen eine Hand, ein Datum, einen Schädel oder eine Schrift ihres Klienten haben, hat dir Religion ein Buch, das angeblich von einem übernatürlichen Wesen geschrieben oder auch nur von diesem inspiriert wurde, und versuchen daraus Rückschlüsse auf sein Wesen, seine Motivation, sein Wertesystem und seine Biographie zu ziehen.

In einem Punkt hinkt sie den anderen aber noch hinterher: Die Religionen können die tatsächliche Existenz ihres Forschungsobjektes genauso wenig glaubwürdig belegen wie die Fans von Dungeons and Dragons die von Orks. Wobei letztere dies noch nicht einmal versuchen. Zumindest noch nicht.

Oder sind die Religionen damit den anderen Pseudowissenschaften einen Schritt voraus? Haben sich von realen Existenz emanzipiert und laufen nun kein Risiko mehr widerlegt zu werden? Damit kann man sich die ganze Arbeit der Immunisierung sparen und mehr Energie auf das Schneidern schicker Roben verwenden – wie die Fans von Dungeons and Dragons.

Carl Sagan über Astrologie

Damit hat er schon recht, wenn inzwischen auch viele Zeitungen eine Wissens-Seite haben.

Eine Wissen-Seite, die jedoch die Themen weiterhin journalistisch behandelt, sprich reisserisch und ausgewogen, was in diesem Zusammenhang leider kein Widerspruch ist. Reisserisch indem sie aus unspektakulären Studien sensationelle Erkenntnisse herausholt, die da gar nicht drin sind. Und ausgewogen indem sie der Gegenposition, ungeachtet deren tatsächlicher wissenschaftlicher Relevanz, genau gleich viel Platz einräumt.

Die Ironie aber ist, dass die Zeitungs-Horoskope von „seriösen“ Astrologen genauso belächelt werden, wie die wissenschaftliche Berichterstattung von den „seriösen“ Forschern. Beide werfen den Zeitungen vor, ihrer Sache nicht die nötige Sorgfalt zu schenken.

Leider schadet das der Wissenschaft genau so viel, wie es der Astrologie und allen anderen Pseudowissenschaften nutzt.
Die Wissenschaft kann dadurch Versprechen nicht halten, die sie gar nicht gegeben hat, während die Pseudowissenschaft sich der Überprüfbarkeit entzieht und die Wahrheit dem interessierten Suchenden in einem mysteriösen Anderswo verspricht.

Erinnerung von Wasser

Werden Spaghetti schneller al dente, wenn das Wasser, bevor die Spaghetti reingetan werden, 10 Minuten einfach so vor sich hin gekocht hat, als wenn sie ins Wasser reingetan werden, gleich nachdem es zu sieden anfing?
Hier müsste doch eigentlich die Erinnerung des Wassers daran, wie es so ist, kochend sein, zum Tragen kommen, wenn es darum geht diesen Zustand nach einer temporären Abkühlung durch das Beifügen der Teigwaren wieder zu erlangen.

Auch fremde Federn

Ob Adaptogen-Therapie, Akupressur, Akupunktur, Amulette, Anthroposophie, Aromatherapie, Astrologie, Atemtherapie, Ayurveda, B17-Therapie, Bach-Blütentherapie, Balneotherapie, Baunscheidttherapie, Bioenergetik, Bioresonanztherapie, Bowtech, Cantharidenpflaster, Clark-Therapie, Colon-Hydro-Therapie, Cranio-Sacral-Therapie, Dorn-Therapie, Edelsteintherapie, Eigenharnbehandlung, Esalen-Massage, Esogetische Medizin, Farbmeridiantherapie, Feldenkraismethode, Frischzellentherapie, Fuß-Reflexzonenmassage, Geistheilen, Hildegard-Medizin, Homöopathie, Humoralpathologie, Hydrotherapie, Ionentherapie, Iridologie, Ito-Thermie, Kabbalismus, Kartomantie, Kinesiologie, Klangtherapie, Kneipp-Kur, Konstitutionstherapie, Kunsttherapie, Magnetfeldtherapie, Manualtherapie, Medialität, Mesotherapie, Misteltherapie, Moxa, Mykotherapie, Neo-Feng-Shui, Neopaganismus, Neuraltherapie, Ohrkerze, Orgontherapie, Orthomolekulare Medizin, Osteopathie, Ozontherapie, Phytotherapie, Polarity, Prana-Heilung, Psychosomatische Energetik, Radionik, Rebalancing, Reflexzonentherapie, Reiki, Reinkarnationstherapie, Rolfing, Schamanismus, Schröpfen, Schüßler-Salze, Shiatsu, Sophrologie, Spagyrik, Speläotherapie, Spiritismus, Sufismus, Synergetik-Therapie, Tantra, Theosophie, Tibetische Medizin, Traditionelle Chinesische Medizin, Waerland-Kost, Watsu oder die Zilgrei-Methode – um hier nur einige zu nennen – tatsächlich wirken, sei mal dahingestellt. Was mich ärgert, ist, dass sie Begriffe, die in den Naturwissenschaften sehr streng definiert sind, völlig willkürlich verwenden und sich dennoch in eine Aura der Wissenschaftlichkeit einzuhüllen versuchen und so dem Konsumenten suggerieren, dass ihre prophezeiten Effekte wissenschaftlich objektiv seien.
Obwohl sie sich in der Regel radikal vom naturalistischen Weltbild und der klassischen Naturwissenschaft abzugrenzen versuchen (wenngleich sie stets auch ein bisschen mit der Aufnahme in deren Heilige Hallen liebäugeln), „integrieren“ sie unglaublich schnell alle gerade hippen wissenschaftlichen Konzepte.

Wenn sich diese alternativen Modelle von der Wissenschaft so radikal unterscheiden, weshalb benutzen sie dann nicht auch eine radikal verschiedene Sprache?
Wieso bemühen sie sich nicht um eine deutlich sichtbare Trennung?
Man will ja nicht in den gleichen Topf geworfen werden, oder?

 

By the way, wenn eine alternative Heilkunst wissenschaftlich nachweisbar funktioniert, dann ist es keine alternative Heilkunst mehr. So einfach ist das.

Demokratie und freie Meinungsäusserung

  • Wir lachen gern die Amis aus, weil von ihnen mehr als die Hälfte offenbar die biblische Schöpfungsgeschichte für plausibler hält als die Evolutionstheorie. Doch wenn man die Leute hier fragt, ob man im Lichte der Toleranz den verschiedenen Schöpfungstheorien in den Schulen nicht den gleichen Platz einräumen müsste, so stimmen dem auch hier die meisten zu.
    Die Freiheit sich eine Meinung bilden zu können, wird nämlich grösser geschrieben als die Frage, ob man dazu innert nützlicher Frist überhaupt in der Lage ist.
  • Jack Cohen fragte am Cheltenham Festival of Science während der Veranstaltung „Is There Life Out There?“ die drei referierenden Astronomen, was sie wohl davon halten würden, wenn drei Biologen die Eigenschaften des Schwarzen Lochs im Zentrum unserer Galaxie diskutieren würden. Es dauerte einige Zeit, bis sie den Wink kappierten.

Diese beiden Gedanken hatte ich zu einem verblüffend elegenten Argument verknüpft, doch ich kann es beim besten Willen nicht mehr rekonstruieren. Mist!