So viel richtig zu stellen

Oro Oro

Nach einem meiner Kommentare zu einem päpstlichen Tweet hat sich ein gewisser Oro Oro schützend vor ihn geworfen. Es entwickelte sich daraus eine zunehmend verfranste Diskussion über Gott und die Welt und was man so alles wissen und nicht wissen kann.
Nachträglich würde ich sagen, dass mein Part vor allem in der Korrektur gewisser Missverständnisse und Fehlschlüsse in Oros Argumenten bestand. Zumindest aus meiner Warte aus betrachtet. Für Oro scheint es eher der eines arroganten, menschen- und gottesverachtenden Nörgelers gewesen zu sein. (Was sich ja nicht notwendigerweise ausschliesst.)
Einige Zeit später flatterte eine ganze Breitseite herein, die meines Erachtens dermassen gespickt war mit Missverständnissen, dass das mit 140 Zeichen einfach nicht mehr zu packen war. Auf die will ich hier einzugehen versuchen:

Oro Oro @Orooro3
Dem Fall zu Folge, beispielweise Psychologie oder Phylosophie sind für Dich Thesen.
(Orotographie habe ich so belassen, wie sie war, um nicht womöglich hineinzuinterpretieren, das da gar nicht steht.)

Oro nimmt damit Bezug auf eine frühere Stelle, wo ich zu erklären versuchte, dass alle Aussagen, die entweder richtig oder falsch sein können, de facto Thesen seien, deren Gültigkeit zu überprüfen gewissermassen unsere Pflicht ist.
Psychologie und Philosophie sind aber keine Aussagen sondern Themen, über die und innerhalb derer Aussagen gemacht werden.

Ich werde übrigens den Verdacht nicht los, dass wenn Oro hier von Thesen spricht, er es in der Art „es sind ja nur Thesen“ tut und dabei irgendwie nicht realisiert, dass sie durchaus richtig oder falsch sein können.

Anheufung von Gedanken und Gefühlen die nicht mal sich Beweisen lassen…

Unter Beweisen versteht Oro – wie er an anderer Stelle erklärt hat – eine mit den Sinnen beobachtbare Bestätigung. Wenn er bloss das Gefühl hat, dass es einen Gott gibt, dann gilt das allein in der Tat noch nicht als Beweis für dessen Existenz.
Wenn das für ihn reicht, soll es mir recht sein, doch wenn er auf der Autorität dieses Gottes irgendetwas bauen will, das auch für andere Menschen Relevanz haben soll, dann reicht das nicht.

Tatsächlich ist aber die einzige von ihm akzeptierte Form des Beweis, also der durch Beobachtung, aus wissenschaftlicher Sicht äusserst problematisch, denn zu viele Faktoren können das Ergebnis verfälschen. Wir sehen nämlich wesentlich mehr, was wir sehen wollen, als das, was wirklich da ist. Dazu gibt es unzählige Studien.

Der Wissenschaft geht es im übrigen eigentlich gar nicht um Beweise als die endgültige Bestätigung einer These, sondern vor allem um Widerspruchsfreiheit und Konhärenz. Wenn eine These keine Fehler enthält, zu anderen passt und genauere Voraussagen macht als eine andere These, dann reicht das schon um weiter mit ihr zu arbeiten. Dass sie tatsächlich „wahr“ ist, würde ohnehin niemand behaupten.

Faustregel: Wenn von wissenschaftlichen Beweisen die Rede ist, dann ist es höchstwahrscheinlich kein Wissenschaftler, der dir das erklärt, sondern viel eher ein Pseudowissenschaftler oder ein schlechter Journalist.

Ich finde..du bist nicht mal Wiesenschaftlich und mischst verschiedene Sachen in deiner Krieg gegen Gott.

Ich befinde mich in keinem Krieg gegen Gott – wenn schon, dann gegen ungültige Argumente.
Dass ich irrtümlicherweise Dinge mische, die nicht gemischt werden sollten, mag schon stimmen, doch dies müsste schon belegt werden können.

Einer Seit, die Kirche ist böse.

Nein, ich sage, die Kirche ist gefährlich.
Das Konzept von gut und böse halte ich nämlich für wenig tauglich.
Ich denke nicht, dass die Kirche mit Vorsatz übles anstellt. Ich denke, dass sie mit den besten Absichten Sachen anstellt, die dann übel endeten.
Und ich denke, dass sie nicht deshalb übel endeten, weil ungeschickte Menschen am Werk waren, sondern weil einige ihrer Prämissen ausgesprochen wacklig sind.

Anderseits siehst Du nur die Materie und deine Humanismus hat zu tun mit einem Seelenlose Kreatur die „zufällig existiert“.

Jein. Klar sehe ich nur die Materie, doch ich erkenne auch die Struktur, in der sie sich befindet und weiss um deren Bedeutung.
Ich versuche lediglich nichts zu akzeptieren, was nicht gut begründet und nicht unumgänglich ist.

Diese seelenlose Kreatur, die „zufällig existiert“ soll wohl der Mensch sein, wie ihn und seine Entstehung sich die Wissenschaft vorstellt? Und Oro scheint die Vorstellung, dass er ohne Absicht eines Schöpfers entstanden ist nicht sehr zu gefallen.
Doch ob mir etwas gefällt oder nicht, hat keinen Einfluss darauf, ob es so ist oder nicht.

Und mal abgesehen davon fürchte ich, dass Oro nicht wirklich versteht, was im Kontext der Evolution unter Zufall verstanden wird. Nämlich etwas gänzlich anderes als Beliebigkeit.

Doch, muss Du wiesen dass d Mensch sieht, spür, dass es Gott gibts.

Stimmt, der Mensch sieht.
Stimmt, der Mensch spürt.
Dass es Gott gibt? Wenn man ihn sehen und spüren, also mit seinen Sinnen wahrnehmen könnte, dann hätten wir die Diskussion über seine Existenz gar nicht (sondern nur darüber, ob er wirklich ein lieber Gott ist).
Das einzige was man hat, sind Dinge, die man als starke Indizien für die Existenz Gottes interpretieren kann. Bloss dass die Begründungen, dass es sich dabei tatsächlich um starke Indizien für die Existenz Gottes handelt, für Aussenstehende nicht im geringsten überzeugend sind.
Insofern ist die Behauptung, dass es Gott gibt, immer noch eine unbegründete Behauptung, die sich einzig und allein durch die Zahl der Gläubigen von jener unterscheidet, dass es den Osterhasen gibt.

Nur Gott gibts alles einem Sinn.

Nun ja, alle Götter tun das. Sowie auch alles andere, das man mit der Intention erfindet, dass es allem einen Sinn geben soll.

Die eigentliche Frage ist jedoch, ob überhaupt alles einen Sinn hat. Dürfte schwierig sein, das nachzuweisen…

Und das ist auch ein Menschenrecht. Religionsfreiheit.

Jap und das unterstütze ich auch. (Doch dazu gehört auch die Freiheit vor der Religion.)

Wenn in einem Land gewisse Religionen Privilegien geniessen, dann sind das Diskriminierungen für die anderen und das stellt eine Missachtung der Religionsfreiheit dar.

Aber dem nimmst Du in deinem Denkenweise weg, weil Du mich als Mensch „aufklârs“ und vorschriebs  dass es keinem Gott gibts, und dass es Gefährlich ist zu Glauben (aber nicht wegen Gott, sondern wegen die Menschen)

Ich verweigere jemandem sein Recht auf Religionsfreiheit indem ich ihn aufkläre? Indem ich ihn lerne selbst zu denken?
Von einer Vorschrift kann indessen keine Rede sein, höchstens von der Forderung nach einem Entzug gewisser Privilegien.
Wenn man gebildet und ohne propagandistische Dauerberieselung nicht glauben kann, dann ist das kein Problem der mangelnden Religionsfreiheit sondern das eines nicht sehr überzeugenden Glaubens.

Aber in dem Punkt, dass der Glaube gefährlich ist allein wegen der Mensch, stimme ich völlig zu. Denn es sind Menschen, die ihre Heiligen Bücher so auslegen, dass man damit schreckliches anstellen kann. Genauso wie es die Menschen sind, die den Abzug eines Revolvers drücken.
Und doch spricht nichts dagegen, dass man mit strengeren Waffengesetzen die Mordrate besser runter drücken kann als mit einem Appell an die Waffenträger.
Die heiligen Bücher sind Werkzeuge, die den Gläubigen das in die Hand geben, was sie gerade brauchen. Und wenn es eine Begründung dafür ist, jemandem den Kopf einschlagen zu können, dann tut man es ohne schlechtes Gewissen.

Also, dem zu Folge beachtest Du die Menschenrechte nicht.

Es gibt auch die Meinungsfreiheit, die es mir erlaubt, deine Überzeugungen für absurd zu halten. Wenn dich das davon abhält weiter an den Blödsinn zu glauben, ist das allein dein Problem.
Ich verlange nicht, dass die Menschen nicht mehr glauben. Ich verlange lediglich, dass man nicht irgendwelchen Glaubensinhalten eine besondere Behandlung gewährt.

By the way, wenn Oro die 10 Gebote für die moralische Basis hält, sollte er sich mal überlegen, welche Freiheit das erste von ihnen einschränkt?
Geht wirklich von den Atheisten eine Gefahr für die Religionsfreiheit aus?
Oder nicht vielleicht eher von jenen, wegen denen und gegen deren Willen man die Religionsfreiheit überhaupt erst aufgestellt hat? Den Religionen?

Und wenn Dir Beispielweise stört dass die Kirche die Homo Ehe nicht toleriert, hat dass mit dem Kirche zu tun, aber Du mischst das auch mit dem Thema Gott.

Wenn die Kirche sich zur Stammzellenforschung äussert, dann hat das tatsächlich wenig mit Gott direkt zu tun, denn wir haben meines Wissens keine Zeugnisse davon, was Gott wirklich über dieses Thema denkt. Wir können lediglich von den Ansichten, die wir kennen, auf die zu diesem Thema extrapolieren.

Was jedoch die Tolerierung der Homosexualität betrifft, so spricht sich da Gott dazu sehr deutlich in der Bibel aus.

Ob es Existiert usw

Die Verachtung von Homosexualität (nicht der Homosexuellen, wohlgemerkt) durch die Gläubigen hat nichts mit der Existenz Gottes zu tun, dessen Aussagen in der Bibel die Gläubigen diese Verachtung überhaupt erst empfinden lassen? hm

Und übrigens, für ein Humanist tönst Du simlich intolerant mit andersmeinige Argumentationen.

Kann man intolerant gegenüber Argumenten sein?
Entweder ist ein Argument gültig oder es ist fehlerhaft. Verlangt Oro jetzt wirklich, dass ich fehlerhafte Argumente durchwinke?

Und mal abgesehen davon. Toleranz spielt beim Humanismus keine allzu grosse Rolle, weil wir uns sehr klar darüber sind, dass unhaltbare Sachen unter keinen Umständen toleriert werden dürfen. Selbst dann nicht, wenn sie althergebrachte Traditionen sind.

Liebe Grüsse

dito

Was wäre ethisch richtig, wenn Hitler den Krieg gewonnen hätte?

Wenn die Ethik entsprechend dem humanistischen Ideal stets eine ausgehandelte ist, dann ist sie beliebig.
Dann wäre auch, wenn die Nazis den 2. Weltkrieg gewonnen hätten, der Genozid an den Juden ethisch gerechtfertigt.

Nicht notwendigerweise, denn man kann auch die Taten des Siegers für ethisch falsch halten, selbst wenn sie ein notwendige Voraussetzung für den Sieg gewesen sein mögen.
So erkenne ich auch durchaus den Benefit von gewissen unethischen Studien, dennoch lehne ich es dennoch ab, solche durchzuführen, selbst wenn dies mit den Kosten verbunden ist, dass man den Benefit später oder gar nicht erhält und entsprechend viele Menschen darunter leiden werden.

Aber vielleicht ist die Propagandamaschinerie tatsächlich stark genug und die Überzeugung, dass der Genozid richtig und wünschenswert war, hätte sich wirklich durchgesetzt.
Auch hier mangelt es nicht an Beispielen. So werden die gottbefohlenen Säuberungsaktionen an Hetitern, Girgaschitern, Amoritern, Kanaanitern, Perisitern, Hiwitern und Jebusitern im alten Testament von den christlichen Apologeten als moralisch richtig verteidigt.
Dem Humanismus bleibt hier aber zumindest die Chance, später noch seine Meinung zu ändern. Diese Möglichkeit wird den dogmatischen Wertesystemen aber wohl für immer verwehrt bleiben.

Das Euthyphron-Dilemma

Allgemein ausgedrückt geht es um die Frage, ob etwas deswegen ethisch richtig ist, weil es dem Willen einer Gottheit entspricht, oder ob es an und für sich ethisch richtig ist und aus diesem Grund von der Gottheit gewollt wird. Wenn das ethisch Richtige als das Gottgefällige definiert wird, haben Begriffe wie „gut“ und „richtig“ keinen eigenen Inhalt, sondern besagen nur, dass etwas von einer Gottheit gewollt wird. Dann sind alle ethischen Aussagen auf Aussagen über den göttlichen Willen reduzierbar und die Ethik hat keine eigenen Kriterien, nach denen sie etwas beurteilen könnte. In diesem Fall gibt es keine Ethik als eigenständige philosophische Disziplin. Wenn hingegen das ethisch Richtige eigene Merkmale aufweist, aus denen sich seine Definition ergibt, dann ist die Gottgefälligkeit kein Teil der Definition und somit kein Kriterium für ethische Urteile. In diesem Fall existiert eine ethische Norm, an die auch die Gottheit gebunden ist, sofern die Aussage „Gott ist gut“ bzw. „Die Götter sind gut“ zutreffen soll. Dadurch erscheint diese Norm als höchste Instanz, die sogar dem göttlichen Willen übergeordnet ist.
Wikipedia : Das Euthyphron-Dilemma

Pontifex-Dialoge: Gottes Liebe

Seit mir der Papst für ein Twitter-Follow einen Ablass vom Fegefeuer offeriert hat, führe ich von Zeit zu Zeit kleinere Dialoge mit dem Pontifex. Dies ist ein weiterer davon:

22. Februar 2014

Papst Franziskus @Pontifex_de
Verlieren wir nie die Hoffnung! Gott liebt uns immer, auch mit unseren Fehlern und Sünden.

Fällt das Geschäft mit der Hoffnung nicht in den Zuständigkeitsbereich des Teufels? Ist es nicht genau seine Masche aus den Hoffnungen des Menschen Kapital zu schlagen?

Ich hoffe, dass ich meine Schlüssel nicht zuhause liegen lasse. Ich hoffe, dass meiner Familie die Grippe erspart bleibt. Ich hoffe, dass Bhutan mal Fussballweltmeister wird. Ich hoffe auf einen Sechser im Lotto und natürlich auf den Weltfrieden.
Damit stelle ich mir gewissermassen eine aus meiner Sicht schönere Welt vor um – wenn möglich – die dafür notwendigen Schritte in die Wege zu leiten, selbst mir bewusst ist, dass dies mehr in den Händen des Zufalls liegt als in meinen eigenen.

Der Teufel verspricht – gegen ein gewisses Entgelt – der Sache etwas nachzuhelfen. Wobei es für gewöhnlich nie ganz so raus kommt, wie man es sich ursprünglich vorgestellt hat.
Interessanterweise tut Gott genau das gleiche – ebenfalls gegen ein Entgelt. Wobei auch bei ihm die Sache nie wie geplant raus kommt.
Das Entgelt ist das gleiche bei beiden, seine Seele, bloss dass man sich bei Gott einredet, dass das ganze Schlammassel irgendwie positiv für einen war.

Ein Beispiel zur Illustration: Ich bete um den Weltrekord in 100 Meter und ich schaffe ihn. Bloss dass ich auf dem Weg zur Siegerehrung stolpere und man mir das rechte Bein amputiert. Wenn ich den Teufel drum gebeten habe, dann zeigt das seine Verschlagenheit. Wenn ich Gott darum gebeten habe, dann ermöglich er mir damit ein besserer Mensch zu werden.

Andererseits würden erfüllte Hoffnungen in Kombination mit Gebeten statistische Auffälligkeiten darstellen, die sich bekanntlich nicht nachweisen lassen. Deshalb scheinen Gott und Teufel immer nur exakt auf solche „Geschäfte“ einzugehen, dass der Konsumentenschutz sie nicht von zufälligen Ereignissen unterscheiden kann.

Aber der Papst spricht ja nicht nur von der Hoffnung, sondern auch von der Liebe Gottes. In Kombination wirt das eine ziemlich brisante Frage auf:

Eda Gregr @meskinaw @Pontifex_de Was nützt mir Gottes Liebe, wenn ich doch in der Hölle lande, nur weil ich nicht an ihn glaube? Was wäre, wenn er mich hasste?

Gott greift also nicht offensichtlich ein – zumindest nicht offensichtlich für Dritte – , denn sonst gäbe es an seiner Existenz ja nichts zu zweifeln. Doch das geht scheinbar Gott gegen den Strich, denn er will dem Menschen die Chance geben an seine Existenz ausschliesslich zu glauben. Wohl in der irrigen Annahme, dass man sich im Angesicht seiner tatsächlichen Existenz nicht von ihm abwenden könnte und damit der Willensfreiheit beraubt sei. Das ist zwar nett gemeint, doch zeugt es von einem tiefen Unverständnis dem menschlichen Wesen gegenüber, welches sich ohne Probleme von Fakten abzuwenden fähig ist. Man denke nur an Adam und Eva, die Gott ja persönlich kannten, oder an die vielen Junge Erde Kreationisten.

Gottes Liebe oder Hass hat nach dieser Firmenpolitik also keinen nachweisbaren Einfluss auf mein diesseitiges Leben. Und da die Konsequenz eines Lebens, das Gott nicht gefällt, die Hölle ist, und das unabhängig davon ob Gott nun lieb ist oder böse, sehe ich für mich einfach keinen Unterschied.

Oder wäre die Hölle in einer Welt, die von einem Gott erschaffen wurde, der mich nicht liebt, irgendwie schlimmer als die von einem, der mich liebt?
Auf einen liebenden Gott sollten daher nur die Gottgefälligen hoffen, denn wenn er ein hassender ist, macht wohl auch der Himmel keinen Spass.
(Mal abgesehen davon, dass ich mir nicht vorstellen kann einen Himmel zu geniessen, wenn ich weiss, dass andere in der Hölle unendliche Qualen durchleiden. Nicht mal dann, wenn ich weiss, dass sie schuldig sind. Denn – nun ja – weil ich denke, dass es kein Verbrechen gibt, das so schlimm ist, dass eine ewige Folter gerechtfertigt wäre. Aber vielleicht bin auch bloss zu barmherzig.)

Pascals zweite Wette:

Wenn du kein gottgefälliges Leben führst und hoffst, dass Gott ein liebender Gott ist, hilft dir das nichts.
Wenn du ein gottgefälliges Leben führst und hoffst, dass Gott ein liebender Gott ist, ändert das nichts.

Pontifex-Dialoge: Shitstorm oder „Er hört mich doch!“

Seit mir der Papst für ein Twitter-Follow einen Ablass vom Fegefeuer offeriert hat, führe ich von Zeit zu Zeit kleinere Dialoge mit dem Pontifex. Dies ist ein weiterer davon:

29. Januar 2014

Der Vatikan wollte den päpstlichen Twitter-Account @Pontifex wegen des Schwalls von Beleidigungen zeitweise wieder schließen. (kath.net)

Wie es scheint, werden die Reaktionen auf die päpstlichen Tweets doch gelesen. Dann sind meine Pontifex-Dialoge also doch ein Dialog!
Ich frage mich, ob Celli die erwähnte Vulgarität und Grobheit auch in meinen Antworten gefunden zu haben glaubt? Christen sind in diesen Dingen ja ziemlich dünnhäutig, allein schon die Erwähnung, dass man nicht glaubt, dass es einen Gott gibt, bereitet manch einem schon fast physische Schmerzen.

Wenn sich die Kirche gegen die Homosexualität und andere abnorme Praktiken stellt, dann tut sie das nicht, weil sie etwas gegen Homosexuelle hätte, sondern um die Kinder, die Ehe und den Fortbestand der Zivilisation zu schützen.
Persönlich halte ich diese Argumentation für nicht haltbar, aber okay. Was mir aber nicht einleuchtet, ist, dass man, diese mediale Ansteckung akzeptierend, sich nichtsdestotrotz entscheidet den Twitter-Account offen zu behalten. Wenn allein schon das Bild zweier sich sich küssender Männer die sensiblen Sprösslinge schwul machen kann, dann sollte man doch annehmen, dass Kritik und Vulgarität auch schwere Schäden anrichten können?

Ich nehme an, dass auch Gott angesichts der gelegentlichen Shitstorms, die über die Jahrhunderte hinweg sicherlich immer mal wieder über die Gebets-Hotline zu ihm hochgeschwappt sind, darüber nachdachte die Leitung zu kappen. Und ich frage mich, ob ihm nicht irgendwann einmal der Kragen geplatzt ist, so wie seinerzeit als er sich entschloss die ganze Welt zu ersäufen und es tatsächlich auch tat.
Würden wir überhaupt etwas merken? Ohne diese Aussage von Celli, hätten wir auch keinen Grund anzunehmen, dass der Dialog wirklich in beide Richtungen fliesst.
Die Ironie an der Sache ist, dass die Gläubigen in einem späteren päpstlichen Tweet durchaus eine Antwort auf ihre Gedanken zum ursprünglichen Tweet erkennen können, was ihnen den Eindruck eines realen Zwiegesprächs vermittelt.

Die Analogie zwischen Gebet und Tweets an den Papst ist wirklich frappierend. Ein Va­ter­un­ser ist hier ein­fach ein Ret­weet und das Amen ein Fa­vo­rit. Und der Empfänger ärgert sich über die Vulgarität und Kleingeistigkeit und stellt sich taub.

Ich sag dir, wer du bist!

Wie viel kann ich aus der Hand eines Menschen über seine Persönlichkeit und seine Geschichte herauslesen? Wie viel lässt sich aus dem Geburtsdatum ableiten? Wie viel aus der Schädelform oder der Handschrift?

Wie viel aus dem Roman über den Autor?

Ohne Zweifel lassen sich gewisse Schlüsse ziehen. Doch das hat seine Grenzen.
Anders sieht es  jedoch aus, wenn man weiss, wonach man sucht. Dann wird man in der Regel schnell fündig, was aber nicht heisst, dass die Indizien auch wirklich relevant wären.
Und wenn man es geschickt anstellt, dann kann man sogar die zu untersuchenden Person glauben machen, dass man sie anhand ihres Werkes, Geburtsdatums oder Schädels wirklich durchschaut hat. Doch auch das hat nichts zu heissen, denn jeder fühlte sich von der genau gleichen Charakterisierung durchschaut. Die Aussagen basieren in solchen Fällen nämlich nicht auf solider Interpretation, sondern auf einem raffinierten Trick, der sich des Barnum-Effekts bedient.

Wenn es schon so schwierig ist, einen Menschen zu durchschauen – und die entsprechenden Wissenschaften eine nach der anderen der Lächerlichkeit preisgegeben wurden – , wie erfolgversprechend sind dann die Charakterisierungen von Kobolden, Engeln oder gar Gott?

Da fragt man sich doch glatt, wodurch sich die Religion von Pseudowissenschaften wie Chirologie, Astrologie, Phrenologie oder Graphologie unterscheidet?
Wo die anderen eine Hand, ein Datum, einen Schädel oder eine Schrift ihres Klienten haben, hat dir Religion ein Buch, das angeblich von einem übernatürlichen Wesen geschrieben oder auch nur von diesem inspiriert wurde, und versuchen daraus Rückschlüsse auf sein Wesen, seine Motivation, sein Wertesystem und seine Biographie zu ziehen.

In einem Punkt hinkt sie den anderen aber noch hinterher: Die Religionen können die tatsächliche Existenz ihres Forschungsobjektes genauso wenig glaubwürdig belegen wie die Fans von Dungeons and Dragons die von Orks. Wobei letztere dies noch nicht einmal versuchen. Zumindest noch nicht.

Oder sind die Religionen damit den anderen Pseudowissenschaften einen Schritt voraus? Haben sich von realen Existenz emanzipiert und laufen nun kein Risiko mehr widerlegt zu werden? Damit kann man sich die ganze Arbeit der Immunisierung sparen und mehr Energie auf das Schneidern schicker Roben verwenden – wie die Fans von Dungeons and Dragons.

Der Garten Eden

Im Garten Eden gab es keinen Tod. Und wenn man davon ausgeht, dass mit dem Sündenfall die Sexualität kam, dann auch keine Fortpflanzung.

„Und Gott segnete sie, und Gott sprach zu ihnen:
Seid fruchtbar und mehret euch und füllet die Erde.“
(Gen 1:28)

Doch wie soll das gehen?
Wie sollen sich Adam und Eva mehren und die Erde füllen ohne miteinander zu poppen?

Okay, dann hat es die Fortpflanzung eben doch gegeben im Garten Eden. Warum sonst hätte Gott sonst von allen Tieren zwei verschiedenen Geschlechts erschaffen? Wenn die Fortpflanzung nicht vorgesehen war, dann wären auch die geschlechtliche Differenz nicht nötig gewesen und der Gefährte Adams hätte nicht notwenigerweise eine Frau zu sein brauchen – Männer verstehen sich ja auch untereinander zu unterhalten … wenn nicht sogar viel besser.
Und mal abgesehen davon gab es da ja überall Früchte, von denen sich alle Menschen und Tiere ernährten. Früchte, die Teil der Reproduktionszyklus sind.

Aber den Tod gab es nicht, soviel steht mal fest, oder? Jap, bloss mal abgesehen von dem, was die Pflanzen ereilte, die im Früchtestadium verzehrt wurden. Pfff, aber was ist schon der Tod einer Pflanze? Die leidet ja nicht, oder?

Wie dem auch sei, Fakt ist, dass zumindest Menschen und Tiere nicht starben. Es kann ja nicht für alle ein Paradies gewesen sein. Doch wenn sich die Tiere und Menschen getreu Gottes Anweisung munter gemehrt hätten ohne je den Nachfahren durch das eigene Ableben Platz zu machen, dann wäre selbst bei der moderatesten Reproduktionsrate früher oder später der Garten Eden aus allen Nähten geplatzt. Davon, dass es bald mal nichts mehr zu futtern gab, ganz zu schweigen.
Was passiert mit Tieren und Menschen im Paradies, die nichts zu essen kriegen? Verhungern können sie ja nicht. Ob das aber auf die Stimmung schlägt? Und wenn man bis in alle Ewigkeit eingepfercht wie in einer Sardinenbüchse dahinvegetieren muss, hat auch das keinen Einfluss aufs Gemüt? Wird man erst stinkig, wenn man von der Frucht der Erkenntnis gegessen hat?
In dem Fall verstehe ich, wieso Gott es Adam und Eva vorsorglich verbot, von dieser zu kosten.

Die Streifen vom Tiger dienen der Tarnung. Wozu war das gut im Garten Eden? Wäre das nicht ein ungerechter Vorteil beim Versteckspielen? Aber vielleicht veränderten sich die Tiere ja beim Auszug aus dem Paradies. Und die Streifen, Krallen und die scharfen Zähne entwickelten erst an der Pforte… Genauso wie die Hörner, das Wehrsekret von Stinktieren und die etwas eklige Eigenschaft gewisser Tiere den Tod anderer Arten für die eigene Fortpflanzung zu nutzen.

Wie sahen dann aber Adam und Eva im Paradies aus? Wenn die Geburt erst nach der Vertreibung schmerzhaft wurde, was ja eine Folge des Missverhältnisses zwischen Kopfgrösse und Geburtskanal ist, dann muss das Verhältnis vorher ein anderes gewesen sein. Entweder ein kleinerer Kopf (bei Adam und Eva) oder ein breiteres Becken (zumindest bei Eva).

Vitruvianische Eva
Vielleicht wurden wir ja für die Erbsünde nicht nur bestraft?

 

 

If You Were God…

(via The Atheist Pig)

Eine Welt zu erschaffen, der man auch ansieht, dass sie von einem lieben Gott erschaffen wurde, ist keine triviale Herausforderung, es aber besser als Jehova hin zu kriegen ist nicht weiter schwer. Alles was man braucht, ist, dass Gott immer mal wieder ein bisschen aktiv wird. Jemanden zu lieben bedeutet ja, ihm zu helfen, wo es geht, nicht einfach abzuwarten und zu hoffen, dass alles gut läuft.
Andernfalls bedürfte es eines gänzlich anderen physikalischen, biologischen, psychologischen und reproduktiven Setups um nicht über kurz oder lang in Naturkatastrophen, Epidemien, Kriegen und Hungersnöten zu enden.

Witzigerweise hat aber Gott noch „eine“ weitere Welt mit einem völlig anderen Setup erschaffen, der man auch tatsächlich ansieht, dass sie von einem lieben Gott erschaffen wurde: das Paradies (sowohl der Garten Eden als auch der Himmel).
Dort gibt es keine Meteoriten und Erdbeben, keine Viren und Bakterien, nur nachweislich liebe Menschen und keine Fortpflanzung.

Dann gibt es noch eine dritte Welt, die Hölle. Und die sieht ziemlich genau so aus, als sei sie von einem sehr, sehr bösen Gott erschaffen worden. Was natürlich nicht stimmt. Ihre Erschaffung wurde lediglich von einem lieben Gott nicht verhindert.

Sollte es uns nicht stutzig machen, dass Jehova eine Welt nur dann wie eine Welt, die ein lieber Gott erschaffen hat, aussehen lassen kann, wenn sie nur von Speichelleckern bevölkert wird?
Und wenn man sich anschaut, was der Teufel auf die Beine gestellt hat, bedarf es offensichtlich gar keiner Allmacht um eine Welt erschaffen zu können.

Pontifex-Dialoge: Sprachunterricht

Seit mir der Papst für ein Twitter-Follow einen Ablass vom Fegefeuer offeriert hat, führe ich von Zeit zu Zeit kleinere Dialoge mit dem Pontifex. Dies ist ein weiterer davon:

25. November

Papst Franziskus @Pontifex_de
Lernen wir, auf das Wort Gottes zu hören, bereit zu sein für die Überraschungen des Herrn, der mit uns spricht.

Eda Gregr @meskinaw
@Pontifex_de Und wie lernt man sowas? Und lerne ich so auch auf den Osterhasen zu hören? Wäre da die Überraschung gleich gross?

Genau hier liegt der Hund begraben. Wie lernt man selbst, resp. bringt man jemanden bei eine übernatürliche Stimme zu hören?
Lassen wir das Wie erst mal beiseite und schauen einfach mal Ob das überhaupt schon mal klappte:
Also, woran erkenne ich, dass ich eine Sache gelernt habe?

Dass ich eine Sprache gelernt habe, erkenne ich daran, dass ich das bestellte Bier auch tatsächlich bekomme.
Dass ich zu mikroskopieren gelernt habe, erkenne ich daran, dass ich das gleiche sehe wie mein Lehrer.
Dass ich fahrradfahren gelernt habe, erkenne ich daran, dass ich fahrradfahren kann und dass es mir jemand auch bestätigt (bloss um mögliche Missverständnisse auszuräumen – ich hätte ja auch fahrradfahren und Bananen schälen verwechselt haben können).

Ist erkennbar, in welcher Richtung der Hase läuft?
Wenn ich etwas gelernt habe, dann kann das jemand bestätigen.
Wenn ich etwas gelernt habe, das keiner bestätigen kann, dann kann nicht ausgeschlossen werden, dass ich da nicht was durcheinander gebracht habe. Und dass Menschen dazu neigen Sachen durcheinander zu bringen, ist leider eine Konstante unserer Welt.

Wenn ich als erster Mensch eine Million Nachkommastellen von π gelernt habe, dann kann das auch von jemandem bestätigt werden, der es auf nur 5 Kommastellen gebracht hat. Er braucht die Ziffern einfach mit der bekannten Zahl zu vergleichen.
Wenn ich lerne die Lottozahlen voraus zu sagen, dann kann das auch bestätigt werden, wenn man nicht die geringste Ahnung hat, wie das geht.
Zu behaupten etwas gelernt zu haben, was keiner überprüfen kann, ist dagegen … na ja … könnte man es „Scharlatanerie“ nennen?

Nun zurück zum Tweet vom Pontifex. Gesetzt den Fall, dass es mir wirklich gelungen ist, die Worte Gottes zu hören, wer kann das bestätigen? Wie lässt sich ausschliessen, dass es sich nicht um eine Halluzination handelt?
Eine Möglichkeit wäre, wenn verschiedene Personen, die glauben gelernt zu haben, die Worte Gottes zu hören, das gleiche gehört haben (es sollte aber schon etwas überraschenderes sein als das offensichtliche „Habt euch alle lieb.“).
Eine solche Übereinstimmung könnte eine unparteiische Drittperson ohne weiteres bestätigen.
Wurde sowas schon gemacht? Hörten verschiedene Personen unter kontrollierten Bedingungen die gleichen Worte?

Nein? Die Überraschung darüber hält sich bei mir ziemlich in Grenzen…

Andererseits, ich habe keine Worte gehört, was meines Wissens exakt dem entspricht, was viele andere auch gehört haben. Bestätigt das nun, dass unerwarteterweise wir es sind, die gelernt haben die Worte Gottes zu hören?
Ich dachte eigentlich immer, dass sich die katholische Kirche von persönlich übermittelten Nachrichten von Gott distanziert und sich lieber auf die Bibel verlassen hat. Denn woher soll sie wissen, welche Sprachrohre Gottes echt und welches nur halluzinierende Tröten sind? Zu leicht kann sowas aus dem Ruder laufen, wie die unzähligen Sekten weltweit eindrücklich beweisen, wo immer eine persönliche Kontaktaufnahme von Gott am Anfang stand. Man denke nur mal an Uriella…

Pontifex-Dialoge: Von der Nächstenliebe

Seit mir der Papst für ein Twitter-Follow einen Ablass vom Fegefeuer offeriert hat, führe ich von Zeit zu Zeit kleinere Dialoge mit dem Pontifex. Dies ist ein weiterer davon:

25. November

Papst Franziskus @Pontifex_de
Den Nächsten lieben heißt, nicht die eigenen Interessen suchen, sondern die Lasten der Schwächeren und Ärmeren tragen.

Da geht einem doch glatt das Herz auf, wenn man solche Worte von einem Pontifex liest. Wer stört sich dann da noch an logischen, ethischen und historischen Mängeln?

Eda Gregr @meskinaw
@Pontifex_de Niemand würde je sagen, dass Nächstenliebe heisst, die eigenen Intressen zu suchen. Dafür gibt es andere Worte. #Tautologie

1. WOW, was für eine Einsicht in die Natur der Dinge…
Mal sehen, ob ich das auch hinkriege…
Velo fahren heisst, nicht in einem Flugzeug sitzen, sondern die Pedalen eines Drahtesels treten.
Fussball spielen heisst, nicht einen Baum fällen, sondern in deinen Ball treten.“
Kochen heisst, nicht das Essen essen, sondern das Essen machen.“
WOW…

2. Okay, vielleicht meinte er, dass den Nächsten zu lieben heisst, NIE die eigenen Interessen zu suchen, sondern IMMER die Lasten der Schwächeren und Ärmeren zu tragen. Also sein gesamtes Leben auf das Helfen auszurichten. Doch das steht nicht da – obschon noch Zeichen genug zur Verfügung gestanden hätten.
Hinzu kommt, dass sich die Hilfe und die Interessen gar nicht notwenigerweise auszuschliessen brauchen. Eigene Interessen brauchen keineswegs egoistisch oder gar zerstörisch zu sein. Allein schon beim Papst scheint die Nächstenliebe einem sehr grossen eigenen Interesse zu entsprechen. Ich würde sogar so weit gehen und behaupten, dass Nächstenliebe sich genau durch das eigene Interesse definiert, nämlich jenes anderen zu helfen.

3. Eine weitere Interpretationsmöglichkeit könnte sein, dass man bei der Nächstenliebe die Hilfe nicht daran ausrichten sollte, was einem am besten passt, sondern was dem anderen am meisten nützt. Das wäre ein sehr schöner Gedanke, doch für einen so weisen Mann mit einem solchen Heer an weisen Beratern, hat er das ziemlich lausig formuliert.

Andererseits leben die Kirchen ja gerade davon, dass sie etwas immer anders sagen, so dass man es auch verschieden verstehen kann. Gemeint ist also nicht, was da steht, sondern was gerade gebraucht wird – wodurch es perfekt zur dritten Interpretationsmöglichkeit passt.

Eda Gregr @meskinaw
@Pontifex_de Wie nah ist der Nächste? Ist ja nicht so, dass Gott im alten Testament die Nächstenliebe an Andersgläubigen praktizieren liess.

1. Jesus wurde mal gefragt, wer denn genau der Nächste sei und er antwortete mit dem Gleichnis vom barmherzigen Samariter (Lukas 10,29-37). Die Quintessenz ist, dass jener dem Hilfsbedürftigen am nächsten war, der diesem geholfen hat.
Das ist allerdings eine etwas schräge Antwort auf die Frage, woran man den Nächsten erkennt, den man gemäss „Liebe deinen Nächsten wie dich selbst“ lieben soll, denn obgleich der Samariter sich hier sehr zuvorkommend gegenüber dem Hilfsbedürftigen verhalten hat, muss er keineswegs eine allzu grosse Zuneigung gegenüber diesem empfunden haben. Chirurgen helfen schliesslich auch Tausenden von Leuten ohne sie deswegen Lieben zu müssen. Und der Hilfsbedürftige empfindet sicherlich eine überschwängliche Dankbarkeit gegenüber seinem Wohltäter, was hier und da gern mit Liebe verwechselt wird, dann jedoch in der Regel nur Transferenz ist.
Wir kennen die tatsächlichen Motive des Samariters nicht. Es wird Altruismus gewesen sein, wie wir ihm immer wieder mal begegnen. Diesen mit Liebe gleichsetzen zu wollen, wäre allerdings eine bedenklich inflationäre Verwendung des Begriffs Liebe – und ich glaube kaum, dass sich Gott mit dieser Art von Liebe zufrieden gibt, die einen dazu veranlasst einer alten Dame über die Strasse zu helfen.

Wenn man den Nächsten also tatsächlich analog zu diesem Gleichnis zu definieren versucht, dann ist mir jener der nächste, der sich – aus welchem Grund auch immer – dazu entschlossen hat, mir zu helfen? Und den soll ich lieben wie mich selbst?
Und wenn der Nächste nur anhand der an mir geleisteten Hilfe offenbar wird, dann kann der Auftrag: „So gehe hin und tue desgleichen!“ als Antwort auf meine Frage, woran ich meinen Nächsten erkennen kann, nur bedeuten, ich soll mich von Räubern überfallen lassen.

1.5 Dass der Samariter für das Raubopfer während der Reanimation der nächste ist okay, doch wäre dieser Logik folgend dem Opfer während des Raubes nicht sein Peiniger der Nächste? Auch hier geschieht es bisweilen, dass das Opfer seinem Peiniger gegenüber ein positives emotionales Verhältnis aufbaut (vgl. Stockholm Syndrom).

2. Wenn man aber einen Christen fragt, wer denn genau mein Nächster ist, dann sind das für diesen ganz klar alle Menschen der Welt. Da fragt man sich aber, wieso heisst es: „Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst. (Lev, 19:18)“ und nicht „Du sollst alle lieben wie dich selbst„?

Wohl weil der erste Teil des besagten Verses „An den Kindern deines Volkes sollst du dich nicht rächen und ihnen nichts nachtragen“ lautet und damit sehr deutlich klar gestellt wird, dass die Nächstenliebe sich nur auf eine sehr beschränkte Gruppe von Menschen bezieht.
Das unterstreichen auch die im alten Testament von Gott höchstselbst ausgesprochenen Kriegserklärungen gegen alle Andersgläubigen und der Missionsbefehl im neuen Testament sowie die Tweets vom Papstes (hier, hier und hier).

Was aber eigentlich alles auf das gleiche hinausläuft: Am Ende gibt es nur noch das eigene Volk. Früher indem man alle anderen umbrachte, heute indem man sie zum eigenen Volk konvertieren lässt. Wodurch dann tatsächlich alle zu den Nächsten gehören, sei es weil sie bereits zum eigenen Volk gehören oder es bald tun werden.

Andere Völker auszumerzen kann dann auch leicht als ein Akt der Nächstenliebe verstanden werden: Der Nächstenliebe den Kindern und Kindeskindern jener Völker gegenüber, denen dadurch eine Geburt und die ewige Verdammnis aufgrund eines falschen Glaubens erspart bleibt. Ein bedauerliches Opfer, aber was ist schon eine Generation Mord und Totschlag im Vergleich zu den vielen, vielen, vielen Generationen in glückseeliger Ewigkeit?

Ganz zu schweigen von der leicht utopischen Überzeugung, dass wenn erst mal alle Schäfchen in der Herde sind, dass dann Milch und Honig fliesst. Oder geht es beim Missionieren gar nicht um den Weltfrieden?

Eda Gregr @meskinaw
@Pontifex_de Sollte Nächstenliebe nicht unabhängig von Religion, Rasse, Geschlecht, sozialem Status, sexueller Vorliebe und Vermögen sein?

Die Schwachen und Armen bedürfen selbstverständlich unserer Hilfe. Doch nicht aus Liebe, sondern weil es unsere ethische Pflicht ist. Wenn ich aus Liebe helfe, werde ich denen, die ich mehr liebe, mehr helfen. Und den Arschlöchern entsprechend etwas weniger. Den Leuten einreden zu wollen, dass sie allen Leuten die gleichen Emotionen entgegen bringen sollen, ist absurd. Genau deshalb überlässt man die soziale Sicherheit lieber nicht der Nächstenliebe, sondern der Bürokratie, die zwar bisweisweilen ziemlich bescheuert sein kann, doch es immerhin allen gegenüber im gleichen Masse ist.
Des weiteren lässt die Liebe uns nicht helfen, weil es unserer Hilfe bedarf, sondern weil wir helfen wollen. Und deshalb ist es eigentlich völlig egal, ob die betreffende Person unsere Hilfe überhaupt braucht. Insofern müsste uns die Nächstenliebe auch gebieten den Starken und Reichen zu helfen.

Die Liebe ist bei der Hilfeleistung noch in einem anderen Punkt eher hinderlich. Wenn ich eine Person liebe, dann liebe ich sie, wie sie ist. Und da werde ich ihr kaum zu einer Nasenkorrektur raten. Dies kann ich nur tun, wenn ich eine gewisse emotionale Distanz aufzubauen fähig bin und die Zusammenhänge etwas grossräumiger zu überblicken vermag. Die Liebe dagegen macht blind.

Eda Gregr @meskinaw
@Pontifex_de Ist es wirklich Liebe, wenn man die Lasten der Schwächeren nur trägt, wenn sie dafür Jesus annehmen? Ist das nicht Geschäft?

Wenn man die Hilfe an Bedingungen knüpf – und seien diese noch so subtil formuliert – dann ist es keine Liebe, sondern ein Geschäft.
Jemandem nur Essen zu geben, wenn er sich vorher eine Predigt angehört hat, ist genauso ein Akt der Liebe, wie es die Ausstrahung eines mit Werbung gespickten Films im Fernsehn ist.
Wenn das Ziel ist am Ende mehr Geld in der Kasse, mehr Schäfchen in der Herde oder weniger weniger Schäfchen in der Herde zu haben, dann war Eigennutz im Spiel. Selbst dann, wenn es nachgewiesenermassen zum Wohle aller ist.

Wie glaubwürdig ist es eigentlich zu sagen, dass ich einen Befehl aus Liebe befolge, wenn mir andernfalls eine schreckliche Strafe droht? Was ist das für eine Liebe? Vor allem wenn man annimmt, dass der Befehl auch aus Liebe formuliert wurde…

Es braucht noch nicht mal die Bedingung, allein schon das durch die Hilfsbedürftigkeit bedingte Machtgefälle lässt Werte übernehmen und die Herde anwachsen. Man nutzt die Situation aus und das ist ethisch verwerflich. Deshalb sollten Helfer jeglicher Art sich genauso weltanschaulich neutral Verhalten wie wir es von Lehrern und Beamten verlangen.

Frucht der Erkenntnis

Von welcher Frucht haben Adam und Eva denn nun genau gekostet?

Manche glauben in der Frucht der Erkenntnis eine Feige zu erkennen. Nicht zuletzt auch deshalb, weil doch die erste vernunftbegabte Handlung von Adam und Eva darin bestand, sich aus Feigenblättern einen Lendenschurz zu basteln (Gen 3,7). Doch hätte auch einfach ein Feigenbaum in der Nähe stehen können.

Andere glauben, es sei ein Apfel gewesen, weil doch im Lateinischen die Begriffe Apfel (malum) und Böse (malum) so ähnlich seien. Wenn man sie fragt, wie das möglich sein soll, wo doch zu jener Zeit (also ca. 4000 v. Chr.) der Apfelbaum im Nahen Osten noch gänzlich unbekannt war, so erklären sie, dass genau das der Grund war, weshalb die Sorte nicht explizit benannt wurde, denn man kannte die Frucht damals ja noch gar nicht.

Und wiederum andere glauben, dass es die Frucht einer im Paradies endemischen Baumart war, die schlicht und ergreifend „Baum der Erkenntnis“ heisst. Der Drache im Drachenbaum, die Trauer in der Trauerweide und das Vergessen im Vergissmeinnicht sind ja auch nur hübsche Namen und nicht Beschreibungen. Und die Scham und das was Adam und Eva für Erkenntnis hielten, war in Tat und Wahrheit lediglich ein Placeboeffekt, der durch den Namen inspiriert wurde.

Die letzte These klingt zwar sehr unwahrscheinlich, doch ist sie die einzige, die den seltsamen Effekt erklärt, der infolge des Verzehrs beobachtet wurde. Dass die Erkenntnisfähigkeit eine neuronale Reaktion auf eine toxische Frucht ist, kann ich mir noch knapp vorstellen, doch wie soll der „Schaden“ dann an weitere Generationen vererbbar sein?

Eine Hoffnung haben wir noch, dem Geheimnis der Frucht der Erkenntnis auf die Spur zu kommen: Vielleicht wurden ja im Magendarmtrakt von Adam und Eva ja ein paar Samen aus dem Garten Eden hinaus geschmuggelt? Wenn wir die ersten Latrinen von Adam und Eva diesseits der Cherubim finden, entdecken wir vielleicht auch die Nachfahren vom Baum der Erkenntnis.


Ich persönlich denke allerdings, dass Eva an eine vergorene Frucht geraten ist und die beiden dann völlig besoffen Gott gegenüber traten. Es ist  ja hinlänglich bekannt, wie Alkohol sich auf das Selbstbewusstsein und das Denken von Menschen auswirkt. Kein Wunder also, beschrieben Adam und Eva diese Erfahrung als „Erkenntnis“.

Und Gott hat sie schneller aus dem Club geschmissen, als ihr Rausch wieder verklungen war.

Why was God a stay-at-home?


Betrachtet man die Unüberwindlichkeit der Distanzen zur Zeit von Jesus, so könnten die Bewohner Südamerikas ohne weiteres auch auf einem ganz anderen Planeten gewohnt haben.

Sich einmal kreuzigen zu lassen, reicht ohne Zweifel um alle Sünden der Welt auf sich zu nehmen, doch um es sie wissen zu lassen, reicht es bei weitem nicht. Und das ist doch, wenn man den Missionsbefehl bedenkt, ein nicht unwesentlicher Aspekt dieser Geschichte, oder?
Wäre es da wirklich zu viel verlangt, wenn sich Jesus zumindest auf jedem Kontinent einmal hätte kreuzigen lassen?  Es könnten gern auch ein paar andere Söhne Gottes gewesen sein, denn wenn eine Dreieinigkeit geht, dann sollte auch eine Siebeneinigekeit kein Problem sein.

Jesus and Mo und das Böse

Jesus and Mo

Der liebe Gott ist ein lieber Gott, weil in der Bibel steht, dass er lieb ist. Un da die Bibel Gottes Wort ist und ein lieber Gott nie lügen würde, muss auch stimmen, was in der Bibel steht.
Ein böser Gott wäre dagegen selbst dann ein böser Gott, wenn in der Bibel steht, dass er lieb ist. Denn die Bibel ist Gottes Wort und ein böser Gott verbreitet Lügen und Halbwahrheiten, was das Zeug hält, und genau deshalb würden in der Bibel auch Lügen stehen.

Für die Gläubigen ist das Böse in der Welt kein Grund an der Liebe Gottes zu zweifeln.
Doch das Liebe in der Welt wäre für sie ein Grund an der Bosheit Gottes zu zweifeln.
Das würde allerdings nur dann Sinn machen, wenn Bosheit nicht zur Verschlagenheit fähig wäre, doch selbst die Bibel lehrt uns, dass genau das die grosse Stärke des Bösen ist.

Böses lässt der liebe Gott schweren Herzens zu, weil es der Preis für den freien Willen ist, den Gott den Menschen aus Liebe geschenkt hat.
Gutes lässt ein böser Gott zu, weil es das Böse umso furchterregender wirken lässt. Und den freien Willen schenkt der böse Gott, weil die Menschen damit so schön auf die Schnauze fallen und weil sie ihm auf diese Weise bei seinen bösen Machenschaften sogar noch zur Hand gehen. Klar birgt der freie Willen das Risiko, dass sich die Menschen gegen ihn stellen, doch ist Risikoscheue kein besonders ausgeprägtes Merkmal des Bösen, oder?

Da gibt einige Stellen in der Bibel, an denen Gott nicht ganz so sympatisch ist. Dies macht die Geschichte für die Gläubigen glaubwürdiger, weil damit mehr Leben, mehr Profil, einfach mehr Fleisch am Knochen ist. Doch auch ein allwissender Lügner weiss um diese Wirkung auf die Menschen und wird entsprechend genau das hineinpacken.

Gott ist der Anfang. Das Böse kann aber nicht der Anfang sein, denn das Böse ist die Abkehr von der Liebe. Und man kann sich nicht abkehren von etwas, dass es zuvor noch gar nicht gab. Deshalb ist Liebe und Harmonie der Urzustand.
Oder war vielleicht doch das Chaos am Anfang, in dem sich dann irgendwann mal eine Insel der Ruhe bildete?
In einem chaotisches System kann spontan in der Unordnung Ordnung entstehen (auch ohne gegen den zweiten Hauptsatz der Thermodynamik zu verstossen!). Ohne einen Impuls von aussen kann in einem ordentlichen System aber keine Unordnung entstehen, denn genau das macht die Ordnung ja aus. Es braucht sowas wie die Schlange, die die Dinge auf andere Gedanken bringt…
Und selbst wenn in einem chaotischen System niemals auch nur ein Pfizelchen Ordnung entstehen könnte, so kann man Gutes auch aus sehr, sehr bösen Motiven tun.

Wodurch also würde sich denn nun eine Welt, die von einem lieben Gott geschaffen wurde, von einer, die von einem bösen geschaffen wurde, unterscheiden?
Respektive wie müsste die Bibel geschrieben sein damit sich noch mehr Unheil mit ihr anstellen liesse?


Nachtrag: Worauf ich hinaus will, ist, dass es keine Möglichkeit gibt, zwischen einem lieben und einem bösen Gott anhand von deren Worten und Taten zu unterscheiden.

Gottes-Dialoge: Gottes Wille

Seit ich mit dem Papst korrespondiere, habe ich auch ein offenes Ohr für seinen Boss:

30. September

God @TheTweetOfGod
I hope everyone is happy about My decisions regarding which athletic teams won and lost today.

Von der Idee her eigentlich super. Ich bete für mein Team. Wenn es gewinnt, dann bin ich glücklich. Wenn es verliert, dann bin ich ebenfalls glücklich, weil ich weiss, dass es Gott aus gutem Grund so wollte und so werden liess.
Und das gleiche gilt für jedes andere Ereignis in meinem Leben, für dessen Ausgang ich beten kann. Ich bete, dass eine Abstimmung gemäss meinen Vorstellungen rauskommt. Wenn nicht, dann weiss ich das ich falsch gelegen bin und übernehme entsprechend die andere, gottesgenehme Position. Ich bete, dass die Migros noch Kürbisse hat. Wenn nicht, dann weiss ich, dass Gott für mich ein anderes Abendessen vorgesehen hat. Ich bete, dass ich mal nen 6er im Lotto habe. Wenn nicht, dann bin ich erleichtert, dass mir diese Bürde erspart blieb.

Jedes Ereignis im Leben ist daher weniger ein Gottesbeweis als viel mehr ein Gottesurteil.
Wieso also wehren sich dann aber tiefgläubige Christen gegen die Resultate, die ihnen nicht gefallen? Sie wollen doch nicht etwa Gottes Entscheidung in Frage stellen, oder?

Ihren Ungehorsam erklären sie für gewöhnlich aus einem der folgenden drei Gründe:

1) Der Mensch hat einen freien Willen. Von daher sind Entscheidungen, die aus diesem hervorgehen, nicht notwendigerweise im Interesse Gottes. Wahlen zum Beispiel. Jeder einzelne Bürger musste sich entscheiden und manch einer entschied sich gegen Gott. Insofern ist es nicht nur legitim, sondern geradezu eine christliche Pflicht, weiter für die Wahren Interessen Gottes zu streiten, resp. für das, was man für die Interessen Gotten hält. In sportlichen Wettkämpfe spielt der freie Wille dagegen eine eher untergeordnete Rolle. In diesem Fall kommt Punkt 2) zum Zug.
2) Zum jetzigen Zeitpunkt ist die Entscheidung im Sinne Gottes. Doch in einem Jahr will er vielleicht etwas anderes. Gewisse moralische Prinzipien mögen ja ewiglich gültig sein, doch Fussballweltmeister dürfen sich hie und da ändern.
3) Der Teufel kann reinfunken. Und wenn der die Finger im Spiel haben kann, dann können wir nie die Garantie haben, dass das Ergebnis wirklich im Sinne Gottes ist. Doch sobald man diese Truhe öffnet, dann kann man sich nichts mehr sicher sein.

+ + +

Wenn ich darum bete den Zug noch zu erwischen und es doch nicht schaffe, dann bin ich glücklich, dass ich Gottes Willen erfüllt habe. Und wenn mein Chef ein ebenso frommer Christ ist wie ich, wird auch er glücklich darüber sein, dass ich zu spät komme. Halleluja!