Italien 1 : 1 USA

Das Spiel selbst habe ich nicht gesehen. Ich habe die Zeit lieber damit verbracht, die metaphysischen Abgründe einer solchen Begegnung auszuloten.
Wie muss es wohl sein, gegen ein Land zu spielen, welches seinerzeit von einem Landsmann entdeckt wurde? Gut, Spanien hat die Reise finanziert, doch wahrscheinlich auch nur um den ewig quengelnden Genuesen endlich loszuwerden. Drei Schiffe waren da ein leicht zu verkraftendes Opfer.
Man wusste damals natürlich, dass die Erde rund ist, und dass man, wenn man nur lange genug nach Westen segelt, irgendwann mal in Asien landen musste. Doch man wusste auch, wie gross die Erde ist – ein Detail, dem Kolumbus nicht ganz so viel Aufmerksamkeit geschenkt hat, wie es vielleicht angebracht gewesen wäre. Er ging von lächerlichen 28’000 km aus, was die Entfernung von Potugal nach Japan auf leicht zu überwindende 4’500 km schrumpfen liess. Diese Zahlen hatte er von Toscanelli, der sie wiederum von den antiken Autoren Strabo und Ptolemäus abgeschrieben hatte. Hätte er sich statt dessen, wie viele seiner Kollegen, an Eratosthenes orientiert, der schon im 3. Jahrhundet vor Christus relativ nahe an die tatsächlichen 40’000 km herangekommen war, so wären es unüberwindliche 14’000 km bis nach Japan gewesen. Und wer hätte schon ahnen können, dass da noch was dazwischen sein könnte?
Hätte dieser Italiener damals nicht die falschen Bücher konsultiert und daraus die noch falscheren Schlüsse gezogen, so wäre Amerika erst entdeckt worden, wenn 14’000 km nicht mehr ganz so unüberwindlich gewesen wären. Und diese ein oder zwei Jahrhunderte – wenn wir optimistisch sind – hätten den Ureinwohnern jener Neuen Welt womöglich durchaus gereicht um einen Stand der Zivilisation zu erreichen, den es den Conquistadoren zumindest erheblich erschwert hätte, da überhaupt Fuss zu fassen. Die Inkas beispielsweise waren gerade im Begriff Schrift und Metallverarbeitung zu entwickeln, was es ihnen ermöglicht hätte effektivere Massnahmen gegen die Eindringlinge zu ergreifen. Des weiteren hätte dieser Zivilisationsschritt, der unmittelbar bevorstand, eine Bevölkerungsexplosion verursachen können, in deren Folge auch heimtückische Krankheiten sich hätten entwickeln können, gegen die die Europäer nicht immun gewesen wären.
Wie man es auch dreht und wendet. Hätten die Spanier damals den Italiener statt nach Westen zum Teufel geschickt, so hätte sich die Geschichte von Amerika grundlegend anders entwickelt und die USA wäre nicht die USA.
Das bedeutet also, dass den Italienern (und in gewissem Sinne auch den Spaniern) im Spiel gegen ein amerikanisches Land – seien es nun die USA, Argentinien oder Brasilien – immer die Option bleibt, Kolumbus zurückzunehmen und die gegenwärtige Existenz des Gegners, sowie die des Spielstandes zu einer blossen Phantasmagorie zu erklären.

Vorsprung des Westens

Ich habe schon öfter Jared Diamonds Buch „Arm und Reich – Die Schicksale menschlicher Gesellschaften“ erwähnt. Er versucht darin die globale Verteilung der Armen und Reichen nicht an rassenbedingten Intelligenzmerkmalen aufzuhängen, sondern auf eher zufälligen geographischen Umständen der entsprechenden Regionen. Seiner These zufolge ist es beispielsweise nicht weiter verwunderlich, dass im Fruchtbaren Halbmond eine Wiege der Zivilisation entstand. Doch der geographische Determinismus geht noch weiter und liefert uns sogar eine Erklärung, weshalb sie sich nach Westen verschob und im Nahen Osten – um es provokativ auszudrücken – wieder verschwand. Das hat nichts mit der Religion zu tun, sondern einzig uns allein mit dem Ökosystem. Der Fruchtbare Halbmond war früher fruchtbar. Heute ist er es nicht mehr. Die Zivilisation hat ihren Tribut gefordert. Die Wälder wurden abgeholzt und konnten sich nicht mehr regenieren. In Europa waren wir keinen Deut besser, bloss, dass hier die Regeneration durch die klimatischen Umstände schneller funktioniert und mit unserer Wut gerade noch mitzuhalten vermochte. Natürlich entwickelte sich der Nahe Osten nicht zurück und liess die Zivilisation hinter sich, wie es in isolierten Weltgegenden durchaus bisweilen geschah. Der Westen hatte in der letzten Zeit einfach die besseren oder grüneren Karten, wenn man so will. Ein minimer Unterschied vielleicht, aber einer der entscheidende Folgen haben kann.
Andererseits ist die Zeitskala auf der wir uns mit dieser naturwissenschaftlich orientierten Geschichtswissenschaft bewegen eine von Jahrhunderten, wenn nicht gar Jahrtausenden, wo Persönlichkeiten und sogar Religionen in erfrischender Bedeutungslosigkeit verblassen. Und daher ist dieser Kulturkampf zwischen dem Islam und dem Westen nichts weiter als ein lächerlicher Pickel auf dem Hintern der Geschichte.

Hühnerhusten

Ich glaube, das Ausmass der heranrollenden Vogelgrippe wurde mir erst so richtig bewusst, als ich heute Morgen den folgenden Pfister-Werbeslogan las: „Sogar unsere Matratzen lassen jetzt Federn.

Ich hoffe inständig, dass es sich hierbei nur um ein zufälliges Zusammentreffen von unglückliches Umständen handelt, andernfalls könnte diese Werbung von Hühnern und anderem Flattervieh leicht als Karikatur interpretiert werden. Und nur Hitchcock allein weiss, wozu diese letzten lebenden Nachfahren der Dinosaurier fähig sind.
Und wo wir schon von Koinzidenzen sprechen; ich musste feststellen, dass das, was an Illustrationen in Jared Diamonds Buch Guns, Germs, and Steel: The Fates of Human Societies fehlt, durch das aktuelle Anschauungsmaterial in den Massenmedien mehr als Wett gemacht wird. Eine der Hauptthesen seines geographischen Determinismus postuliert einen direkten Zusammenhang zwischen dem Erfolg einer Kultur und der Fähigkeit auf der Grundlage sehr intensiver Viehzucht neue Krankheiten hervorzubringen, die für die „Erzeugerkultur“ wegen einer längeren Angewöhnungsphase eine Spur weniger tödlich sind als für deren Nachbarn. Wobei diese Fähigkeit sich insbesondere der grösseren Bevölkerungsdichte und dem engeren Zusammenleben von Mensch und Tier verdankt.

Wie dem auch sei, die ganze Geschichte hat schon beinahe etwas apokalyptisches an sich. Schliesslich zählen Vögel zur Schweren Artillerie der Symbolik: Die Schwäne beispielsweise, deren Kadaver ganz Europa in Panik versetzen, stehen für Reinheit, Mut und edle Herkunft. Oder die Hähne und Hennen, Lichtkünder und Beispiele des morgendlichen Fleisses, respektive Sinnbilder mütterlicher Fürsorge. Oder die Spatzen, Symbole für Bedeutungslosigkeit und Wollust. Oder die Eulen, die für Weisheit stehen. Oder die Tauben, welche uns als Boten des Friedens dienen. Oder die Störche, die uns die Kinder bringen. Oder die Pfauen, die Symbole für Eitelkeit. Oder die Adler, die seit dem Altertum für Könige und Götter standen. (Von Raben und Elstern, die Unglück, respektive Diebstahl bringen, gar nicht zu sprechen.)
Lauter Attribute unserer Gesellschaft also, auf die wir mehr oder weniger stolz sind. Und nun bringen uns diese engelsgleichen Symbole womöglich gar noch den Tod…
Es scheint fast, als hätte sich der Himmel gegen uns verschworen…
Das ist der Zwirn aus dem Legenden gewoben werden – oder Science Fiction Geschichten.

Aber wir hätten es wissen müssen!
Schon in dem Augenblick als Zeus in der Gestalt eines Schwans Leda verführte und mit ihr die schöne Helena zeugte, die später Troja das Verderben brachte.
Genau da hätten wir es schon wissen müssen! Denn auch da stoben Federn von der Matratze.