Geomantie oder das Lob der Ignoranz

Jetzt mal ungeachtet dessen, ob sie doch funktioniert, so frage ich mich, wieso sich jemand auf sowas wie Geomantie einlässt, wenn die Fachwelt dies in aller Deutlichkeit als Humbug abtut?

Ich meine, wenn mir ein Mykologe erklärt, dass die zyklischen Oligopeptide vom Amanita phalloides dessen Verzehr zu einem tödlichen Unterfangen machen, dann würde mir doch nicht im Traum einfallen, mir zum Abendessen ein grünes Knollenblätterpilzragout zu kochen.
Ich würde selbst dann lieber die Finger von diesen Pilzen lassen, wenn mir die alte Pilz-Oma mit der Warze auf der Nase und dem schwarzen Kater auf dem Buckel1, die mir die Pilze zum Verkaufen anbietet2, versichert, dass diese ganze Giftpilzparanoia bloss Propaganda der Champignon-Lobby sei. Und ich würde auch dann nicht meine Meinung ändern, wenn die Hexe zum Nachweis der Harmlosigkeit an einem der Pilze knabbern würde – weil mir besagter Mykologe auch gesagt hat, dass für eine tödliche Dosis des Giftes etwa ein ganzer Pilz nötig sei und dass die ersten Symptome einer Vergiftung erst 8 bin 12 Stunden nach dem Verzehr auftreten.

Wieso also vertrauen so viele der Geomantie und dem anderen esoterischen Humbug?
Nur weil es nicht ganz so tödlich ist?3
Der Konsum vom Amanita muscaria verursacht ½ bis 3 Stunden nach dem Verzehr Verwirrung, Sprachstörungen, Ataxie, starke motorische Unruhe, Mydriasis, Mattigkeit und dann einen 10 stündigen Tiefschlaf. Er ist also nicht ganz so tödlich. Nichtsdestotrotz lässt man4 die Finger vom Fliegenpilz-Risotto.
Und wenn der Pilzkontrolleur uns erklärt, dass der Pilz zwar nicht giftig, aber ungeniessbar sei, belegen wir dann unsere Pizza mit Unverschämten Ritterlichen? Das bezweifle ich.

Wieso vertrauen wir den Pilzwissenschaften selbst in harmlosen Fällen, den Erdwissenschaften, die eigentlich prädestiniert dazu wären gewisse Behauptungen der Geomantiker auf ihren Wahrheitsgehalt zu überprüfen, aber nicht mal in den krassen?

Weil man gute Erfahrungen damit gemacht hat?
Das mag schon sein, doch die Frage war nicht, wieso man an etwas festhält, das Fachleute für Scharlatanerie halten, sondern wieso man sich überhaupt erst darauf eingelassen hat.

Weil es eine schöne Idee ist?
Das mag durchaus stimmen, doch nur weil etwas schön ist, muss es noch lange nicht wahr sein. Natürlich ist es eine schöne Idee, Einhörner im Garten zu halten, doch werde ich mir deswegen nicht gleich einen Jahresvorrat Einhornfutter von der Hexe andrehen lassen. Wenn schon, dann sollte ich mir zunächst eine Einhornfalle kaufen. (Nein, ein Jahresvorrat Einhornfutter lockt keine Einhörner an!)

Weil alle jetzt akzeptierten Überzeugungen anfangs für nachweislich falsch gehalten wurden?
Das stimmt, doch die allerallerallermeisten Überzeugungen, die anfangs für nachweislich falsch gehalten wurden, werden auch heute noch für nachweislich falsch gehalten.
Hinzu kommt: Wer wird wohl am besten beurteilen können, ob eine bestimmte Idee vielleicht doch stimmt? Jemand, der mit der ganzen Problematik vertraut ist und sich mit den üblichen Fehlerquellen auskennt? Oder jemand, der keine Ahnung von der Materie hat? Wohlgemerkt, ich frage nicht, wer eher auf eine neue revolutionäre Idee kommt, denn das kann durchaus der Laie sein, der nicht in den althergebrachten Denkmustern klebt, ich frage, wer die Tauglichkeit der Idee einzuschätzen versteht! Das schmälert die Erfolgschancen einer neuen Überzeugung, welche auch nach längerer Zeit keine Unterstützung in der Fachwelt findet, nochmals massiv.
Ein weiterer Punkt ist, dass alle einst akzeptierten Theorien, die sich später als falsch erwiesen, durch neue Theorien ersetzt wurden. Und nicht durch alte, längst widerlegte. Da verringern sich die Chancen der Überzeugungen, welche sich auf uraltes Wissen berufen, nochmals markant.
Aber schlechte Chancen schliessen einen Erfolgt ja nicht aus. (Und gute nicht den Misserfolg.)5
Doch selbst wenn die Chancen für eine beliebige Theorie sich als irgendwann als doch richtig zu erweisen ausgesprochen gut wären (was sie, wie wir eben gesehen haben, nachweislich nicht sind), dann birgt diese neue Theorie nichtsdestotrotz Risiken. Risiken, die man eigentlich lieber nicht einzugehen bereit sein sollte. Die Theorie mag nämlich durchaus richtig sein, das heisst aber nicht, dass die Technologie sie bereits in einem Masse umzusetzen vermag, welche die Ergebnisse der noch anerkannten in den Schatten stellen würden. Von daher wäre es doch eigentlich vernünftiger zu warten, bis die neue Theorie die alte tatsächlich ersetzt hat.

Weil es von der Nachbarin empfohlen wurde?
Das muss man als validen Grund gelten lassen. Wir wissen zwar, dass es viele Möglichkeiten gibt, dass etwas aussieht als habe es funktioniert, ohne dass es wirklich funktioniert hätte, zumindest wird hier aber das Risiko minimiert. Ich meine, wenn die Nachbarin die Pilze gegessen, überlebt und gelobt hat, kann man ihnen ja mal ne Chance geben. Allerdings sollte man sich auch das vielleicht noch ein zweites Mal durch den Kopf gehen lassen, wenn die Fachwelt darauf hinweist, dass 10% der Bevölkerung unerklärlicherweise immun gegen das tödliche Gift sind6. In diesem Fall würde es sich lohnen erst mal mit einer kleinen Portion zu beginnen.
Hier ist also zwar das Risiko gebannt, nicht jedoch die Irrationalität, dass man der Nachbarin mehr vertraut als dem Experten.

Was hier vielleicht wie ein Plädoyer gegen die Neugier aussieht, möchte ich nicht als solches verstanden sehen. Denn Neugier ist gut, nein, sie ist grandios!
Ich verlange nicht, seiner Neugier nicht nachzugehen, sondern sich ihrer auf eine vernünftige Art und Weise zu bedienen7. Und dazu gehört, dass man sich nicht von den üblichen Fehlschlüssen in die Irre führen lässt. Sich aber auf etwas einzulassen, was die Fachwelt als Humbug abtut, und noch viel mehr sich durch die Gründe überzeugen zu lassen, die die Fachwelt schon im Vorfeld als Fehlschlüsse bezeichnet, hat daher nichts mit Neugier zu tun. Das ist was ganz anderes.

Man lässt sich auf die Geomantie nicht aus Neugier ein, sondern weil man keine Ahnung hat, wie absurd sie ist. Man weiss nur, dass man nichts weiss. Und das ist okay, denn – so ist man überzeugt – erst die Naivität ermöglicht es einem einen unverfälschten Blick hinter die Fassade zu werfen. Ganz in der Tradition des Simplicissimus. Die Ahnungslosigkeit wird nicht als die Gefahr betrachtet, die sie ist, nämlich indem sie einen anfällig für jede Form von Verführung macht, sondern geradezu als Tugend, die einem hoch angerechnet wird. Es ist das Lob der Ignoranz.

Glücksquanten

Gluecksquant
Ein Glücksquant

Eine Person hat einen Fehler gemacht, den zu korrigieren sie furchtbar viel Mühe und Frustration kosten würde.
Wenn ich diesen Fehler absichtlich übersehe, mache ich die Person sehr glücklich, weil ich ihr damit furchtbar viel Mühe und Frustration erspare.
Doch da ich es ihr nicht sage, weiss sie nichts davon, dass sie eigentlich glücklich ist.

) Ist das nicht irgendwie traurig? :(

Oder fühlt sie es vielleicht doch irgendwie?
Verspürt sie vielleicht sowas wie ne Freude unbestimmten Ursprungs in sich?
Ist diese Freude dann kleiner, gleich oder gar grösser?

Und würde sie diese Freude unbestimmten Ursprungs auch spüren, wenn mir der Fehler gar nicht erst aufgefallen wäre?
Denn auch dann wäre ihr furchtbar viel Mühe und Frustration erspart geblieben, was ja nachweislich ein Grund zur Freude ist.
Ist diese Freude dann kleiner, gleich oder gar grösser?

Und was, wenn die Person in diesem nicht wahrgenommenen Glückszustand einen Fehler bei einer anderen Person entdeckt und absichtlich übersieht und ihr damit furchtbar viel Mühe und Frustration erspart, was diese, wenn die davon wüsste, sehr glücklich machen würde, und was sie, wenn sie nicht davon weiss, vielleicht sowas sie ne Freude unbestimmten Ursprungs verspüren lässt?
Ist diese Freude dann kleiner, gleich oder gar grösser?

 

Hier meine Idee: Diese drei Fragen nach der kleineren, gleichen oder grösseren Freude bilden gewissermassen die drei Achsen eines Koordinatensystem, in dem sich jede esoterische Lehre verorten lässt.

 

Ich habe einen grossen Teil der mir bekannten esoterischen Lehren in diesen „Judihui-Raum“ übertragen und dabei festgestellt, dass diese eine „Wolke“ bilden, welche eine überaus interessante Form aufweist. Um all denen, die sich selbst mal an diesem Plot versuchen wollen, die Überraschung nicht zu verderben, werde ich hier nicht verraten, um welche Form es sich dabei handelt.
Ich werde es aber auch deshalb nicht verraten, weil das „Gebilde“ auf einen ganz besonderen Punkt hindeutet, der – wie ich vermute – der Eldorado der Esoterik ist. Dort lässt sich dann nicht nur mächtig viel Geld verdienen, sondern auch der empirische Nachweis von Glücksquanten erbringen.

Impfen : Folge der Spur des Geldes…

Verdienen Impfgegner mit Ihrem Dagegensein Geld? Verdienen die impfbefürwortenden Firmen (Pharma usw.) damit Geld? Wer kann wesentlich mehr Geld für seine Propaganda einsetzen?
irgendwo aus den seichten Tiefen den Internet

Wer Geld an etwas verdient, hat selbstverständlich ein besonderes Interesse an der Sache. Das heisst aber nicht, dass wer weniger Geld an etwas verdient, weniger Interesse daran hätte. Es gibt nämlich noch ganz andere Gründe an etwas Interesse zu haben. Und die können, was die motivierende Wirkung betrifft, die monetären sogar weit hinter sich lassen.

Die Frage ist daher weniger, wie gross das Interesse ist, sondern was es braucht, um es zu verlieren.
Bei finanziellen Interessen verschwinden diese bekanntlich mit schwindendem Profit schnell mal wieder. Bei nicht so einfach quantifizierbaren Interessen neigt man dagegen dazu, sich die Widersprüche recht lang zurecht zu biegen.

Sollten also Impfungen tatsächlich massive Impfschäden verursachen und sollten die Produzenten – wie die Impfleugner beteuern – tatsächlich davon wissen, dann werden diese wohl knallhart kalkulieren, wie sehr teure Vertuschungsaktionen, Wiedergutmachungen aber auch Imageschäden den Gewinn beeinträchtigen können. Und ab einem bestimmten Punkt werden sie die Notbremse ziehen.
Sollten Impfungen jedoch wirklich funktionieren, dann ist es zwar ärgerlich, dass skrupellose Firmen Geld damit verdienen, doch ändern tut es am Verdienst der Impfungen nichts. Dann jedoch stimmen eine ganze Reihe von Überzeugungen der Impfkritiker nicht und ihr Weltbild gerät arg ins Wanken.
Sich eine neue Geldquelle suchen zu müssen, ist doof, doch wesentlich doofer ist es, sich eine neue Weltanschauung zusammenschustern zu müssen.

Wir wollten uns aber nur aufs Geld konzentrieren:

Verdienen die impfbefürwortenden Firmen damit Geld? – Ja.
Verdienen die Impfgegner damit Geld? – Auf den ersten Blick vielleicht nicht. Doch sie propagieren, wie gesagt, mit ihrem Widerstand erfolgreich eine Weltbild, innerhalb dessen, die Produkte, die sie verkaufen, überhaupt erst Sinn machen.

Folgt man dem Geld, gelangt man daher nicht nur zur Pharma1, sondern bald auch mal zur Esoterik2– und die Alternativmedizin3-Szene, aus deren argumentativen Fundus sich die Impfkritik grosszügig bedient und dann ihre eigenen Heilmittel an den Mann bringt. Es ist also nicht so, dass hinter den Impfgegner nicht auch Organisationen mit finanziellen Interessen stehen würden.

Aber vielleicht sind die impfkritischen Interessengruppen ja wirklich ganz im Gegensatz zu den geldgeilen Grosskonzernen allesamt lieb und gegen den bösen Einfluss des Mammon gänzlich immun…

Und apropos Grosskonzerne… wie kommt es eigentlich, dass die böse Pharma4 offenbar genug Geld zusammenkratzen kann um alle Wissenschaftler im Bezug aufs Impfen zu schmieren, die böse Ölindustrie5 aber, welche eigentlich als der einflussreichste Wirtschaftszweig gilt, nicht nicht in der Lage ist die Wissenschaftler im Bezug auf die Klimaerwärmung zum Schweigen zu bringen?

Ockhams Rasiermesser auf Weltanschauungen angesetzt

Es ist jene Weltanschauung die plausibelste, die mit den wenigsten Idioten und Lügnern und Bösewichten auskommt.

Kreationisten: Alle anderen sehen die offensichtlichen Widersprüche der Evolutionstheorie nicht, resp. sind mit dem Teufel im Bunde.
Verschwörungstheoretiker: Alle anderen durchschauen die offensichtlichen Lügen der Verschwörer nicht, resp. sind mit den Verschwörern verschworen.
Esoteriker: Alle anderen wollen nicht erkennen, dass es mehr Dinge zwischen Himmel und Erde gibt, als die Schulweisheit sich träumen lässt, und dass man daher Evidenzen und Logik getrost ignorieren kann.
Wissenschaft: Die anderen Sichten machen durchaus Sinn, wenn man diese oder jene Evidenz nicht kennt. Man muss kein Idiot sein um Kreationist, Verschwörungstheoretiker und Esoteriker zu sein, doch es hilft dabei die Evidenzen weiter zu ignorieren.

Man kann zwar mit unvollständigen Daten ganz legitim zu falschen Ergebnissen kommen, doch mit vollständigen Daten sollte man eigentlich nur zum richtigen Ergebnis gelangen. Bedauerlicherweise kann man sich aber leider nie ganz sicher sein, ob die Daten bereits vollständig sind oder nicht. Doch braucht man deshalb die Flinte noch lange nicht ins Korn werfen, denn die falschen Ergebnisse aus den unvollständigen Daten machen innerhalb der Ergebnisse, die auf mehr Daten basieren, immer noch Sinn. Das heisst, diejenige Sicht ist die plausiblere, die auch die andere Sicht erklären kann, und zwar ohne dabei auf Idioten und Lügner zurückgreifen zu müssen.