Lieber Pfarrer
Stell dir vor, es gäbe heute eine Theologin vom Kaliber eines Thomas von Aquin. Fachkundig, brillant und allgemein als Koryphäe geschätzt.
Und stell dir vor, dass es zwischen ihr und dem Papst zu einer fundamentalen Meinungsverschiedenheit kommt, die der besagten Theologin nichts anderes übrig lässt, als die katholische Kirche zu verlassen.
Die Frage, die kein Pfarrer beantworten kann, ist folgende:
Was müsste der Papst tun, damit maximal viele Kleriker ebenfalls der Kirche den Rücken kehren?
Hier ein paar Vorschläge:
- Der Papst verurteilt den Kindesmissbrauch in der katholischen Kirche, sorgt für die restlose Aufklärung, entschädigt tatsächlich alle Opfer so gut es geht und übergibt die Täter ohne Umschweife den Behörden.
- Der Papst erlaubt die Ehe für Priester, die Frauenpriesterschaft, die gleichgeschlechtliche Ehe und den Schwangerschaftsabbruch.
- Der Papst erklärt, dass die Trinität ausgeweitet wird und Mohammed neu ein Teil von ihr ist: Vater, Sohn, Prophet und heiliger Geist.
- Der Papst verurteilt den Kindesmissbrauch in der katholischen Kirche, behindert aber die Aufklärung und spart bei der Entschädigung der Opfer, wo es nur geht, und bestraft die Täter mit einer strengen Rüge.
- Der Papst spricht sich für die Legalisierung von Todesstrafe, Sklavenhaltung und Genozid aus.
Wie viele Priester würden wohl von der Kirche abfallen bei jedem dieser fünf Szenarien?
Und wie gross ist wohl die Chance, dass bei einem davon ein Drittel aller Kleriker die Kirche verlässt?
Ich glaube nicht, dass es im ersten Fall besonders viele wäre. Manche Priester würden wohl etwas angepisst sein, dass sich die Kirche dem weltlichen Recht unterwirft und es zulässt, dass ein unnötig schlechtes Bild auf ihre heilige Institution geworfen wird, indem man Fälle publik macht, die andernfalls wohl nie ans Licht gekommen wären. Aber im Grossen und Ganzen, würde man die Stossrichtung des Papstes eher begrüssen. Hoffe ich.
Im zweiten Fall würden viele Priester richtig wütend sein, weil das fundamental ihrem Verständnis von dem zuwiderläuft, was sich Gott von uns wünscht. Andererseits besteht ja ein grosser unterschied zwischen dem, was erwünscht, und dem, was nicht verboten ist. Man könnte sich also auch damit arrangieren.
Beim dritten Fall wird es langsam wirklich starker Tobak. Da es aber eigentlich nur eine theologische Spitzfindigkeit ist und keinen Einfluss auf die liturgische und vor allem die seelsorgerische Tätigkeit hat, werden wohl auch hier die meisten darüber hinweg sehen können.
Beim vierten Fall sollten die Priester aber tatsächlich langsam das Weite zu suchen beginnen. Aber wie die Erfahrung zeigt, flüchten hier eher die Schafe als die Schäfer.
Persönlich denke ich daher, dass nur der fünfte Fall das Potential zu einem Massenexodus haben würde. Das hoffe ich zumindest – aber wirklich sicher bin ich mir da auch nicht.
Erkennt man unter welcher Konstellation ich die grösste Migrationsströme vermute?
Irgendwo in einer Richtung, wo unsere grundlegendsten Ethikvorstellungen mit Füssen getreten werden. Was die vatikanische Presse allerdings nicht davon abhalten würde, die Niederträchtigkeit der Häretiker zu unterstreichen.
Und erahnt man, wieso ich nach etwas Suche, das ausgerechnet einen Drittel aller Priester betrifft?
Worauf ich hier nämlich eigentlich hinaus will, ist: Warum hat sich gut ein Drittel aller Engel gegen Gott gewendet?
Als Antwort hört man meist „Streben nach Gottgleichheit“, „Stolz“, „Weigerung den Menschen Respekt zu bezeugen“, „Willensfreiheit“ und „Lust“.
Das sind natürlich alles valide Gründe um sich gegen die Obrigkeit aufzulehnen, aber sie haben – wie wir oben gesehen haben – wahrscheinlich nicht das Zeug dazu den ultimativen Schritt zu wagen. Und der ultimative Schritt ist hier tatsächlich ultimativ ultimativ. Und dessen ist sich niemand besser bewusst als die Engel, die Gott, seinen Charakter und seine Macht bereits seit Ewigkeiten kennen.
Den Engeln muss also von Anfang an klipp und klar gewesen sein, dass sie absolut keine Chance haben und dass die Konsequenzen gnadenlos sein würden. Wie verzweifelt mussten sie dann wohl gewesen sein, dass sie sich dennoch erhoben? Auf keinen Fall ist das die Entscheidung eines charakterschwachen Wesens…
Oder aber, sie hatten eine Chance. Oder dachten zumindest, dass sie eine haben könnten. Das würde dann aber die Allmacht Gottes äusserst fragwürdig machen.
Der Aufstand ereignete sich ungefähr im unendlichsten Jahr von Gottes Herrschaft. Da stellt sich natürlich sofort die Frage, warum ausgerechnet dann? Warum nicht Ewigkeiten früher oder Äonen später? Wieso fiel es exakt auf den Moment, wo Gott den Menschen erschuf?
Was an der Erschaffung von ein paar sterblichen, nackten Affen, denen das Rasieren, Crevetten-Essen und Masturbieren verboten ist, könnte Engel so in Rage bringen, dass sie die Harfe in die Ecke schmeissen?
Und hätte eine allwissender Gott nicht wissen müssen, dass er mit der Erschaffung der Menschen die Engel gegen sich aufbringen und radikalisieren würde? Und dass dadurch die naive Menschheit zwischen die Fronten in einem unerbittlichen Krieg gerät?
Das werden wir wohl nie erfahren.
Wir wissen nur zwei Dinge:
Erstens, dass die gefallenen Engel weder hingerichtet noch ins Gefängnis gesteckt wurden, sondern zur Zeit ein eigenes Reich von unbekannter Grösse bewohnen.
Zweitens, dass der Typ, der den Sieg für sich beansprucht, zusammen mit den ihm verbliebenen Engeln zur Zeit ein Reich unbekannter Grösse bewohnt.
Versteht mich nicht falsch, aber klingt das nach dem Sieg eines Typen, der sonst keine Gelegenheit auslässt um die Welt zu ersäufen, nicht auserwählte Völker massakrieren zu lassen und Befehlsverweigerer in Salzsäulen zu verwandeln.
Das klingt nach dem Sieg eines nicht nachtragenden Charakters oder einer Pattsituation und einem Nichtangriffspakt.
Aber die Bibel sagt etwas anderes. Und die sagt schliesslich auch, dass sie die WAHRHEIT sagt. Also muss stimmen, was sie sagt. Logisch.
Nehmen wir mal hypothetisch an, dass Gott doch fähig ist zu lügen. Ich weisss, verrückt. Was würden wir dann wohl in der Bibel zu finden erwarten?
Zuerst einmal die Beteuerung, dass er vom Wesen her nicht fähig sei zu lügen. Und dann eine wenig verlässliche Beschreibung aller möglichen Ereignisse, der Charaktere und derer Motive. Vielleicht würde sogar die eine oder andere Niederlage als Sieg verkauft?
Das Geschichtsbuch des ehrlichen Siegers unterscheidet sich nicht gross vom jenem des lügenden Verlierers. Einer der wenigen Unterschiede würde wohl sein, dass die Gegner beim Lügner hässlicher dargestellt werden als beim Ehrlichen.
Jetzt seien wir mal ehrlich zu uns selbst:
Sieht so ein Verlierer aus?
Rumpeldipumpel
Eda