Heutzutage ist jeder Samariter barmherzig. Die samarische Staatsbürgerschaft kriegt jeder Barmherzige sogar nachgeschmissen. Wenn wir also heute einen Samariter irgendwo jemandem helfen sehen, überrascht uns das nicht. Ganz im Gegenteil.
Vor 2000 Jahren schien das die Leute jedoch fast aus den Sandalen zu hauen. Wieso sonst hätte Jesus sie sonst in seinem berühmten Gleichnis verwendet?
Da wird ein Mann von Räubern ausgeraubt und verprügelt und im Strassengraben liegen gelassen. Die ersten beiden, die dann auftreten, sind ein Priester und ein Levit. Beide1 optimal bewandert in religiösen Angelegenheiten, beide wissen um das Gebot der Hilfeleistung2, doch ziehen beide weiter3. Als dritter betritt der Samariter die Bühne, hat Mitleid und hilft.
Damit wird nicht nur gezeigt, dass man auch entfernten Bekannten helfen soll4 (vgl. Lev 19,18), sondern dass man Barmherzigkeit manchmal auch dort findet, wo man sie eigentlich nie erwarten würde. Sogar bei Samaritern!
Das heisst, Jesus hat keine allzu hohe Meinung von Samaritern – auch wenn er durchaus ein paar nette kennt.
Wie nennt man doch gleich Leute, die solche Sachen sagen: „Ein paar meiner besten Freunde sind Dings, aber …“
Man nennt sie dingsophob.
- Die Leviten sind nicht nur ein weiterer Stamm Israels. Sie sind vielmehr alle zusammen zum Tempeldienst erwählt. (vgl Dtn 18,1–8) ↵
- Inwieweit der Samariterkurs Bestandteil der damaligen theologischen Ausbildung war, entzieht sich meinen Kenntnissen. ↵
- Vielleicht um kompetente Hilfe zu holen? ↵
- Das hätte man auch zeigen können, indem ein Priester die Reinheitsgebote hinter die Nächstenliebe stellt, indem er einem Kanaaniter geholfen hätte (wozu Jesus selbst sich in der Episode mit der kanaanäische Frau und ihrer besessene Tochter nur sehr wiederwillig hat überreden lassen). Das hätte dann auch gezeigt, dass das Studium der heiligen Schrift einen zu einem bessern Menschen macht. ↵