Moral ohne Gott

Gott sei die Basis der Moral.
Das lass ich mal so stehen und ignoriere das Euthyphron-Dilemma.
Das heisst, Gott offenbart/bestimmt, was gut und was böse ist.

Kriegt man das aber auch ohne einen Gott hin? Zu wissen, was richtig und falsch ist?
Jap. Und zwar indem wir die Konsequenzen unseres Handeln überdenken und abzuschätzen versuchen, ob damit jemandem geschadet wird. Und wenn dies geschieht, dann ist die Handlung ethisch falsch. Es kann manchmal in einem Masse gerechtfertigt sein, dass man es schon wieder als ethisch richtig bezeichnen kann. Jemanden gegen seinen Willen in ein dunklen Raum zu sperren, schadet ihm, doch wenn es die Strafe für eine Verfehlung ist und sowohl er, als auch andere daraus etwas lernen und Verfehlungen dieser Art in Zukunft unterlassen, dann ist es trotzdem ethisch richtig. Die Verfehlung mit Peitschenhieben zu ahnden, was dem Übertäter ebenfalls schadet, kann aufgrund der übertriebenen Schwere die Bestrafung wieder ethisch falsch machen.

Die Frage ist, wie wägt man den Schaden der einen gegen den Vorteil der anderen ab?
Und die Antwort ist verblüffend einfach: Wenn man den gleichen Vorteil auch mit etwas weniger Schaden hätte erzielen können, dann ist jedes mehr an Schaden als das absolute Minimum ethisch falsch.

Von Gott keine Spur. Und von Anarchie auch nicht.

Dass die Mehrheit der Bevölkerung aus welchen Gründen auch immer trotzdem für das Auspeitschen ist, macht es nicht moralisch richtig. Eine moralische Umpolung findet nur dann statt, wenn man feststellt, dass die positiven Konsequenzen die negativen doch überwiegen (oder umgekehrt).

Was ist also nach dieser Ansicht die Basis der Moral? Unsere Vernunft!

Klar, es kann vernünftig sein in einer gewissen Situation unmoralisch zu handeln, dadurch wird die Handlung aber nicht moralisch. Und das wissen wir.

Im Grund ist das schlicht und ergreifend die Goldene Regel:

„Behandle andere so, wie du von ihnen behandelt werden willst.“

Jeder Christ wird darin natürlich sofort Jesus Gebot der Nächstenliebe erkennen. Ganz zurecht sogar.
Doch das gilt auch für das Mitglied so gut wie jeder anderen Gesellschaft, denn die Goldene Regel ist weit verbreitet. Und das schon lange bevor Jesus sie auf dem Berg predigte.

Nun könnte man einwenden, dass der liebe Gott die Goldene Regel weit gestreut hätte und daher von ihr auch die Heiden profitieren konnten.

Kriegt man das aber auch ohne Gott hin? Dass die Goldene Regel sich einfach so entwickelt und verbreitet?
Jap. Und zwar durch die Evolution, die ein Verhalten entsprechend der Goldenen Regel begünstigt. Sich egoistisch zu verhalten lohnt sich vielleicht auf kurze Sicht, doch wenn ein solches Verhalten bekannt wird, kriegt man den Zorn der Gruppe zu spüren. Dieser Umstand bildet einen deutlichen Selektionsdruck.
Und so kommt es, dass sich der Mensch so entwickelt hat, dass die Empathie völlig automatisch Hilfsreaktionen triggert.

 

Was in der Moral mit Gott geht, geht also auch ohne ihn.
Und da irgendwie die Evidenzen für seine Existenz verschollen sind, denke ich, ist es nicht völlig abwegig, sich mit dem ohne ihn zufrieden zu geben.

 

Und auf die Weise fährt man wahrscheinlich sogar noch viel besser:

Eine bibelkriminalistische Wette

Ich wette, zu jeder Art von Verbrechen lässt sich eine Stelle in der Bibel finden, wo Gott jemandem befielt genau die Handlung zu vollziehen, welche ohne den direkten Befehl Gottes eben jenes Verbrechen darstellen würde.

Davon ausgeschlossen sind Verbrechen, welche zu jener Zeit aus technischen Gründen nicht hätten begangen werden können. Wie Geschwindigkeitsübertretung auf der Autobahn, Skimming, Mondlandung vortäuschen oder Ausserirdische in der Area 51 quälen.

Wobei man mit dem Talent der Apologeten, auch die haarsträubendsten Dinge ins Gute umzudeuten, das sicher auch für die Verbrechen, die von der Wette ausgenommen sind, hinkriegen würde.

To be intelligent means,… one has to ask intelligent questions!!!

Das Alternative News Network WorldTruth.TV hat auf seiner Facebook Seite  unter dem Titel If The Theory of Evolution Were True das folgende Bild auf Facebook gepostet:

Der Leitgedanke zum Beitrag war der folgende:

 To be intelligent means,… one has to ask intelligent questions!!!

Ich ringe nun schon seit mehren Tagen mit der Frage, ob WorldTruth.TV und damit auch dieser Beitrag Satire ist – auf der Webseite stehe ein paar dermassen absurde Verschwörungstheorien, dass man kaum glauben mag, dass das wirklich jemand ernst nehmen kann. Doch zumindest die Kommentarschreiber scheinen dies tatsächlich zu tun.

Für mich ist der Leitgedanke mit der im Bild aufgeworfenen Frage ein eindeutiges Ironie-Signal, denn obgleich es angeblich keine dummen Fragen gibt, kommt diese doch sehr, sehr nahe dran.
Es leben derzeit zwar durchaus Millionen von Menschen auf der Welt, doch von den affenähnlichen Wesen ganz links nicht einer – genauso wenig wie (richtig erkannt) von den vier Herren dazwischen.
Das Wesen ganz links, das wie ein Schimpanse aussieht und vor 5-7 Millionen Jahren lebte, ist laut der dem Bild zugrunde liegenden Theorie – der Evolution – , vom Schimpansen genetisch ungefähr gleich weit entfernt wie vom Menschen. Dass die äusserliche Ähnlichkeit zwischen Schimpanse und dem gemeinsamen Vorfahren grösser ist als zwischen dem Menschen und dem gemeinsamen Vorfahren, verdankt sich allein der gleichen Lebensweise und sollte uns dabei nicht täuschen.

Wenn also jemand behauptet, dass es vom Gesellen links heute noch Millionen gibt, dann weiss er nicht wovon er spricht. Und das ist ist in der Regel keine sehr gute Voraussetzung für intelligente Fragen.

Aber eben, vielleicht ist das auch nur Satire.
Hoffentlich.
Allerdings wirft das die Frage auf, was Satire alles darf?
Natürlich alles.
Gehört zu allem auch das argumentative Arsenal der Gegner zu füllen?

Der barmherzige Waisenhausdirektor

Es war einmal ein Waisenhausdirektor, der bot den Neuankömmlingen jeweils liebevoll Decken an. Da es aber im Waisenhaus sehr warm war und die Decken ziemlich schwer waren, lehnten die meisten dankend ab.
Dann kam der Abend und der Direktor drehte die Heizung runter.
Wenn die Kinder nun zum Direktor kamen und um die Decke baten, erklärte er ihnen, dass es jetzt leider zu spät sei.

Ist so ein Direktor wirklich barmherzig?
Oder ist er einfach ein Arsch?
Da sind Kinder, die frieren, und der Kerl verweigert ihnen die Hilfe, weil  ausserhalb der Schalteröffnungszeiten.

Klar sind die Kinder selber schuld. Und pädagogisch betrachtet, wird ihnen eine Lektion sicher auch ganz gut tun.
Übertrieben lang nach den Decken zu suchen und sie noch ein bisschen zittern lassen, wäre okay, aber die Lektion so zu gestalten, dass die Kinder die volle Härte der Konsequenzen zu spüren bekommen, ist vielleicht etwas übertrieben.
Ich meine, wenn man ein Kind lehren will, vorsichtig mit dem Messer umzugehen und sich in Zukunft nicht den Finger damit abzuschneiden, schneidet man ihm nicht zur Demonstration den Finger ab, oder? Klar, auf diese Weise lernt es garantiert seine Lektion, doch hätte man das gleiche Ziel nicht auch auf andere Weise erreichen können?

Den Kindern keine Decke zu geben, ist nur eine Lektion und kein Pfitzelchen Hilfe. Barmherzig wäre ein Mix, der den Schwerpunkt auf die Hilfe legt.
Und wenn es keine Möglichkeit gibt, das Gelernte jemals umzusetzen, weil die Betroffenen beispielsweise nie wieder vor eine solche Entscheidung gestellt werden, dann kann man auf die Lektion auch gänzlich verzichten.
Ich meine, die Todesstrafe hat beispielsweise einen relativ geringen erzieherischen Nutzen für den Verurteilten – selbst wenn die erstaunlich niedrige Rückfallquote der Hingerichteten vielleicht einen anderen Schluss nahe legt.

 

Man ahnt wahrscheinlich, dass es sich hierbei lediglich um eine Allegorie handelt. Der Waisenhausdirektor ist natürlich Gott und die Waisenkinder die Menschen, welche sich bisweilen aus Bequemlichkeit weigern das Ewige Leben in der Form von warmen Decken anzunehmen.

Man könnte vielleicht einwenden, dass die betroffenen Menschen keine Kinder mehr sind. Oder dass es die Zeitschaltuhr war, die die Heizung abstellte, und nicht etwa der Direktor selbst. Oder dass die Kinder sehr wohl wussten, dass es kalt werden würde, denn der Direktor hatte es ihnen in seiner Willkommensrede sehr deutlich gesagt.
Doch macht das wirklich einen Unterschied?
Da sind Menschen, die leiden, und der Direktor hilft ihnen nicht, obwohl er es könnte.
Ja, als es ihnen noch gut ging, wollten sie die Hilfe nicht, jetzt aber schon.
Ob jemandem geholfen werden soll, entscheidet nicht, ob er es in der Vergangenheit mal nicht wollte, sondern ob er es jetzt will.

Dass der Direktor gerecht ist, will ich gar nicht bestreiten. Jeder kriegt, was er sich eingebrockt hat.
Er ist aber nicht barmherzig, denn Barmherzigkeit bedeutet zu helfen ungeachtet dessen, was der andere verdient.

Auch dass der Direktor in gewissen Fällen tatsächlich barmherzig ist, will ich nicht bestreiten. Er wird nämlich auch dem bösen Jungen namens Adolf die Decke geben, dem die Lektion besser täte als jedem anderen.
Doch das ist wiederum nicht gerecht denen gegenüber, die von Adolf davon abgehalten wurden die Decken rechtzeitig zu holen.

 

Der rote Faden

godIrgendwie taugt Gott als nicht besonders als Role Model. Welche Eigenschaft Gottes man sich auch anschaut, wenn der Mensch sie imitiert, kommt es übel raus.

  • Gott hilft Menschen nicht, die zu spät zur Einsicht kommen. Wenn ich einem Menschen Hilfe verwehre, weil er sich in die Situation selbst reinmanövriert hat, hinterlässt das einen bitteren Nachgeschmack.
  • Gott erschafft eine wunderschöne Welt und faszinierendes Leben erschaffen. Selbst Leben erschaffen oder verändern, darf ich aber nicht.
  • Gott interessiert sich sehr für das, was in den Schlafzimmern der Menschen geschieht. Wenn ich es tue, bin ich ein Spanner.
  • Gott gibt den Menschen einen Freien Willen, obwohl er weiss, dass das einen Grossteil der Menschheit das ewige Leben kosten wird. Wenn ich ein Produkt auf den Markt bringe, von dem ich weiss, dass es viele Menschen töten wird, sollte ich ihnen nicht vorwerfen es benutzt zu haben und sie auf Rufschädigung verklagen. Selbst dann nicht, wenn eine entsprechende Warnung auf der Verpackung steht.
  • Gottes Plan ist, dass die Strafe für die Sünde die ewige Folter ist. Nach Gottes Ansicht sündigt jeder Mensch. Der einzige Weg nach Gottes Auffassung, um nicht alle Menschen in die Hölle schicken zu müssen, ist, dass ein Mensch, der ohne Sünde ist, dafür bezahlt und die Menschen sich dann auf ihn berufen können. Wenn jemand mir Unrecht antut, dann bezahlt er eine Busse oder kommt ins Gefängnis. Ich kann aber nicht verlangen, dass er gefoltert wird. (Ausser das Ganze spielt sich im Schlafzimmer ab ;) Und wenn alle mir Unrecht angetan haben, dann kommen auch alle zu Kasse. Und die Vorstellung, dass einer gezwungen wird die Strafe zu übernehmen, der gar nichts damit zu tun hatte, und so alle anderen ungeschoren davon kommen, ist absurd. Selbst, wenn er es freiwillig macht, ist es absurd. Die Verantwortung an einer Schuld kann man nicht weiter geben.
  • Gott stellt uns vor die Wahl. Wenn ich jemanden vor die Wahl stelle, wobei die eine Option einen Tritt in die Weichteile in Aussicht stellt, dann ist das Erpressung.
  • Gott gebietet den Menschen ihn zu lieben und quält die, die es nicht tun. Kann ich jemanden zwingen mich zu lieben und trotzdem ein respektables Mitglied unserer Gesellschaft bleiben?
  • Gott erschafft den Menschen als Krone der Schöpfung. Wenn ich ein Portrait male und um dieses herum noch 10 Trilliarden Sterne male, dann werden es eher keine bewundernden Blicke sein, die ich damit einheimse.
  • Gott sagt, was ein Gräuel ist und was nicht. Das kann ich auch tun, doch wenn ich es ohne eine Begründung mache, dann nimmt man mich nicht ernst. Und wenn man mich ernst nimmt, dann bin ich Sektenhäuptling, was noch viel schlimmer ist.
  • Gott war mit seinen Kindern nicht zufrieden und schickte die Sintflut. Bin ich mit meinen Kindern nicht zufrieden …

Gott taugt nicht als Vorbild.
Vielleicht ahnte er das und schickte deshalb Jesus zu den Menschen.

Doch auch das ging, was den Vorbildcharakter betrifft, wenn wir ehrlich sind, in die Hose. Jesus war ein Junggeselle, der mit seinen Freunden durchs Land zog. Er führte ein Leben ganz nach Gottes Geschmack, doch es war kein Leben, das eins zu eins als Modell für die gesamte Menschheit dienen könnte. Jesus hat weder gearbeitet noch hatte er eine Familie. Zwei Aspekte, die das Leben ziemlich kompliziert machen können.

Wenn ich ein Vorbild brauche, dann eins, das mir zeigt, wie ich mich in den schwierigen Situationen zu verhalten habe. Wie man sorglos und ohne jegliche Verantwortung einem anderen gegenüber durch die Landschaft wandert, kriege ich auch selbst hin. Wenn ich da mal nichts zu essen kriege, habe ich hunger. Wenn ich da mal zu lange nichts zu essen kriege, verhungere ich. Ich ziehe aber niemanden mit ins Verderben.
Wenn ich jedoch eine Familie habe, dann trage ich eine Verantwortung. Und wenn die Zeiten mal schlecht sind, kann ich es mir nicht aussuchen ein unmoralisches Angebot abzulehnen.
Jesus hat gezeigt, dass man sich selbst zum Wohl der anderen opfern kann und soll.
Damit habe ich kein Problem.
Tricky wird es erst, wenn man zum Wohl der anderen jemand anders opfern muss. Vielleicht sogar jemand, den man liebt.

Als Landstreicher stellen sich diese Probleme nicht so.
Als Elternteil oder als Führungsperson hingegen schon.

Eine etwas bessere Karriere-Planung für den Sohn Gottes hätte der Menschheit eine Menge Übel erspart.

 

Fazit

Wieso sieht alles, was Gott macht, wenn ins diesseits transferiert, so jämmerlich aus?
Wieso kann das Grosse nicht auch im kleinen gross sein?