Besuch der älteren Damen

Gestern haben zwei ältere Damen von den Zeugen Jehowas an meiner Tür geklingelt und sich mit mir über Gott unterhalten wollen.
Ich erklärte ihnen, dass das bei mir wohl verlorene Liebesmüh sei, denn ich sehe kein Evidenzen, die einen Schöpfer nötig machen würden. Darüber hinaus erwähnte ich kurz, dass sich die ganze Geschichte hindurch jedem einzelnen bedeutenden Fortschritt religiös motivierte Bedenken in den Weg gestellt hätten. Damit wolle ich natürlich niemandem Böswilligkeit unterstellen, das unterstrich ich ganz deutlich, sondern ich würde lediglich die Tüchtigkeit der persönlichen Erfahrung in Kombination mit Ignoranz und angeblich universellen Wahrheiten bezweifeln.
Ich gestand selbstverständlich auch ein, dass in der Bibel durchaus hübsche Passagen zu finden seien, doch dass man genauso auch sehr hässliche Stellen finde – zumindest wenn man die Sache nicht mit einem verklärten Blick betrachte. (Man bedenke nur, wie Gott 42 Kinder umbrachte, nur weil sie einen alten Mann ausgelacht haben, oder wie viele unschuldige Welpen, Kätzchen, Häschen und Einhörner bei der Sintflut jämmerlich ersoffen sind… Bei den Damen hinterlassen diese Episoden allerdings nicht den bitteren Nachgeschmack einer traurigen, aber leider notwendigen Massnahme, sondern sie waren völlig zufrieden damit, dass es dank Noah nach der Sintflut wieder neue Welpen, Kätzchen, Häschen und Einhörner gab. Quid pro quo.)
Den Vorwurf des Cherry Pickings kannten sie natürlich bereits – ich jedoch nicht ihre Erwiderung: Gott hat uns die Willensfreiheit gegeben, damit wir frei wählen können. (Damit haben sie mich wirklich überrascht.)
Und ich machte sie auch darauf aufmerksam, dass sie, was Wotan, Zeus und Horus betrifft, genauso atheistisch seien wie ich, und dass sie das nicht etwa aufgrund eines schweren Schicksalsschlags seien, sondern weil es keinen Grund gibt, diese Mythen, die ebenfalls ihre starken Momente hätten, für wahr zu halten. Das einzige was uns unterscheide, sei, dass sie aus einem von aussen nicht nachvollziehbaren Grund eine der Geschichten hartnäckig für doch wahr halten.

Ich feuerte also zwischen Tür und Angel in bester Hitchens-Manier eine Breitseite kritischen Gedanken auf sie ab.

Am Ende bedankten sie sich für das Gespräch und meinten allen ernstes, dass sie solche Gespräche sehr schätzen, weil sie sie in ihrem Glauben bestärken.

Hallo?

Ich untergrabe jeden einzelnen Punkt, den sie als ursächlichen Grund für ihren Glauben betrachten, und sowas bestärkt sie?
Ich überzeuge sie davon, dass eine Prämisse falsch ist, und sie schliessen draus, dass ihre Konklusion umso richtiger ist?
Der Beweis ist ein Indiz für das Gegenteil?

Wenn sie sich meine Argumente angeschaut und kritisch geprüft hätten, dann wäre ein solche Konklusion durchaus möglich. Aber so? Hallo?