Seit mir der Papst für ein Twitter-Follow einen Ablass vom Fegefeuer offeriert hat, führe ich von Zeit zu Zeit kleinere Dialoge mit dem Pontifex. Dies ist ein weiterer davon:
29. Januar 2014
Der Vatikan wollte den päpstlichen Twitter-Account @Pontifex wegen des Schwalls von Beleidigungen zeitweise wieder schließen. (kath.net)
Wie es scheint, werden die Reaktionen auf die päpstlichen Tweets doch gelesen. Dann sind meine Pontifex-Dialoge also doch ein Dialog!
Ich frage mich, ob Celli die erwähnte Vulgarität und Grobheit auch in meinen Antworten gefunden zu haben glaubt? Christen sind in diesen Dingen ja ziemlich dünnhäutig, allein schon die Erwähnung, dass man nicht glaubt, dass es einen Gott gibt, bereitet manch einem schon fast physische Schmerzen.
Wenn sich die Kirche gegen die Homosexualität und andere abnorme Praktiken stellt, dann tut sie das nicht, weil sie etwas gegen Homosexuelle hätte, sondern um die Kinder, die Ehe und den Fortbestand der Zivilisation zu schützen.
Persönlich halte ich diese Argumentation für nicht haltbar, aber okay. Was mir aber nicht einleuchtet, ist, dass man, diese mediale Ansteckung akzeptierend, sich nichtsdestotrotz entscheidet den Twitter-Account offen zu behalten. Wenn allein schon das Bild zweier sich sich küssender Männer die sensiblen Sprösslinge schwul machen kann, dann sollte man doch annehmen, dass Kritik und Vulgarität auch schwere Schäden anrichten können?
Ich nehme an, dass auch Gott angesichts der gelegentlichen Shitstorms, die über die Jahrhunderte hinweg sicherlich immer mal wieder über die Gebets-Hotline zu ihm hochgeschwappt sind, darüber nachdachte die Leitung zu kappen. Und ich frage mich, ob ihm nicht irgendwann einmal der Kragen geplatzt ist, so wie seinerzeit als er sich entschloss die ganze Welt zu ersäufen und es tatsächlich auch tat.
Würden wir überhaupt etwas merken? Ohne diese Aussage von Celli, hätten wir auch keinen Grund anzunehmen, dass der Dialog wirklich in beide Richtungen fliesst.
Die Ironie an der Sache ist, dass die Gläubigen in einem späteren päpstlichen Tweet durchaus eine Antwort auf ihre Gedanken zum ursprünglichen Tweet erkennen können, was ihnen den Eindruck eines realen Zwiegesprächs vermittelt.
Die Analogie zwischen Gebet und Tweets an den Papst ist wirklich frappierend. Ein Vaterunser ist hier einfach ein Retweet und das Amen ein Favorit. Und der Empfänger ärgert sich über die Vulgarität und Kleingeistigkeit und stellt sich taub.
Davon, wie ausfällig manche Christen werden, wenn ihnen was gegen den Strich läuft, gar nicht zu reden.
Dass das Zeigen einer Schwulenhochzeit an den Grammys als ein Akt der Intoleranz, Scheinheiligkeit und des Hasses verstanden wird, ist schon denkwürdig. (Mehr solcher Liebesbekundungen bei JaclynGlenn)
Und wieder schafft es die Kirche sich als Märtyrer darzustellen, dem Wellen von Vulgarität und Grobheiten entgegenschlagen. Dass sie eigentlich Mittel in der Hand hält, mit denen sie sich wohl wesentlich effektiver dagegen wehren könnte als jede andere Person oder Institution, wird aber lieber gar nicht erst erwähnt: Wie Gott sich mit der Donnerkeule unliebsamer Stimmen entledigen kann, könnte der Papst die Blasphemiekeule schwingen.