Missionieren ist Völkermord an den Toten

Die Wikipedia sagt uns über den Völkermord: Gekennzeichnet ist er durch die spezielle Absicht, auf direkte oder indirekte Weise „eine nationale, ethnische, rassische oder religiöse Gruppe als solche ganz oder teilweise zu zerstören“.

In der Regel erreicht man das, indem man die Mitglieder der Gruppe tötet, doch es geht auch anders – zumindest was die nationalen und religiösen Komponenten betrifft.

Man erkennt den Genozid an einer Menge Massengräber und einem deutlichen Bruch in der Kulturgeschichte. Wenn man die Massengräber aber mal ausser Acht lässt, dann wird es schwierig zu unterscheiden, ob in einem bestimmten Gebiet ein Völkermord oder eine Missionierung gewütet hat. Die Kultur ist danach nicht mehr die gleiche wie davor.

(Eine ganze Gruppe zu sterilisieren, sie aber noch bis ans Ende ihrer Tage ihre Kultur weiter leben zu lassen, wäre ebenfalls ein Genozid – jedoch einer ohne Massengräber.)

Das heisst, je nach dem, ob ich den Bruch vor oder nach der letzten Generation der alten Kultur lege, ist es ein Völkermord oder eine Missionierung. Im einen Fall hat man die Lebenden getötet und im anderen Fall gewissermassen die Toten.

Wenn man nämlich davon ausgeht, dass ein Volk eine Gemeinschaft von Menschen ist, die sich darüber einig sind aufgrund ihrer Kultur ein Volk zu sein, dann würden die Leute der vergangenen Kultur sich trotz gemeinsamer Ethnie und Sprache nicht mehr dem gleichen Volk zugehörig fühlen wie die Leute der neuen Kultur, denn alles, an was sie glaubten, hat dort keine Gültigkeit mehr.

Jede Veränderung der Kultur ist der Tod eines Volkes und die Geburt eines neuen. Das klingt natürlich wesentlich drastischer als es wirklich ist, denn das braucht keine Leben zu kosten. Vielmehr ist es einfach der natürliche Lauf der Dinge.
Doch wenn man hingeht und die Kultur vorsätzlich verändert, dann ist es Mord.