Pontifex-Dialoge: Barnum-Effekt

Seit mir der Papst für ein Twitter-Follow einen Ablass vom Fegefeuer offeriert hat, führe ich von Zeit zu Zeit kleinere Dialoge mit dem Pontifex. Dies ist ein weiterer davon:

9. September

Papst Franziskus @Pontifex_de
Wir brauchen nie die Hoffnung aufgeben. Gott überflutet uns mit seiner Güte, wenn wir nur beständig um sie bitten.

Eda Gregr @meskinaw
@Pontifex_de Hoffe, dass ich den Zug noch erwische. Verpasse ihn, kriege aber Gottes Güte. Nicht sehr hilfreich um rechtzeitig anzukommen.
@Pontifex_de Woran erkenne ich, dass meine Beständigkeit beständig genug war? Und gibt es saubere Belege für schon gelieferte Überflutungen?

Wenn Mike Shiva mir erklärt, dass ich in naher Zukunft einer Person begegnen werde, die mich beeindrucken wird, dann bedient er sich des Barnum-Effekts. Wenn ich mir Mühe gebe und für die nächsten drei Jahre in den Keller verschwinde, dann habe ich ihn Lügen gestraft.
Was der Papst hier macht, ist jedoch noch eine Stufe perfider. Er bietet mir eine unbestimmte Alternative an und er knüpft das ganze noch an eine Bedingung, von welcher man nicht überprüfen kann, ob man sie tatsächlich erfüllt hat. Das ist die perfekte Immunisierung.
Ich bin spät dran und renne auf den Zug. Ich bitte inständig drum, dass ich ihn noch erwische.
Wenn ich ihn erwische, dann zeigt das die Güte Gottes.
Wenn ich ihn nicht erwische, dann habe ich nicht beständig genug drum gebeten. Wenn ich aber im nächsten Zug meiner Traumfrau begegne, dann ist das die Güte, die mir Gott schenkt. Wenn sie schon vergeben ist, dann habe ich nicht beständig genug drum gebeten…

Könnte man die Zeit zurückdrehen und das ganze nochmals durchleben, wobei man das Bitten je nach dem verstärkt oder abschwächt, und sich dann die Unterschiede anschauen, dann würde man sehen, ob wirklich was dahinter steckt.
So aber ist es einfach ein Warten auf das nächste positive Ereignis und das nachträgliche Zuschreiben zum Akt des beständigen Bittens.

Eine Möglichkeit besteht allerdings schon auch ohne die Zeitmaschine gewisse Anhaltspunkte über die Wirksamkeit der Güte Gottes zu sammeln. So müsste sich doch diese häufiger in Gemeinden zeigen, wo beständiger gebetet wird als in anderen. Von sowas ist aber keine Spur zu finden.

Superman rettet nicht die Welt

Superman

Clark Kent hadert mal wieder mit dem Schicksal und fragt sich, was er mit seinem Leben und seinen Superkräften anfangen soll.
Sein (irdischer) Vater Jonathan (Kevin Costner) empfiehlt ihm Bauer zu werden. Das seien die Kents schon seit fünf Generationen.
Das hält der Mann aus Stahl – mit allem nötigen Respekt – für eine doofe Idee. Fakt ist aber, dass er als Superbauer mehr Menschen retten könnte als wenn er hie und da ein Kätzchen vom Baum rettet. Daher stellt sich die berechtigte Frage, ob sich Clark Kent nicht womöglich für die nette Seite der dunklen Seite der Macht entschieden hat…

Klar, Superman wurde mit seinen Fähigkeiten erfunden, damit er spektakulär dem Bösen entgegentritt. Doch jetzt mal ehrlich: Braucht es, um einem Schurken wie Lex Luther das Handwerk zu legen, wirklich Stärke und Flugtüchtigkeit? Reicht nicht auch solide Polizeiarbeit und die Steuerfahndung?
Im Prinzip würde es das, so Supermans Verteidiger, doch leider funktioniert das nicht in einem Land voller korrupter Polizisten und Politiker…
Sollte dann Superman sich nicht eher der Korruption annehmen als der Verbrecherjagd? Als Reporter beim Daily Planet wäre Clark Kent da sogar an der richtigen Adresse. Und wenn der Zeitung von zwielichtigen Interessengruppen Steine in den Weg gelegt würde, wer wäre da besser geeignet als Superman, diese wieder aus dem Weg zu räumen? Ja, er könnte im Notfall sogar die Zeitung selbst verteilen…

Reale Bedrohung

Gehen wir die Sache pragmatisch an. Welches sind die grössten Bedrohungen der Menschheit? Das Millenium Project listet die folgenden 15 Punkte auf:

  1. Nachhaltige Entwicklung der Welt und Klimawandel
  2. Versorgung mit sauberem Wasser
  3. Bevölkerungswachstum und Ressourcen
  4. Autoritäre Regime und Demokratie
  5. Langfristige Ziele in der Politik einführen
  6. Informationsgesellschaft für alle
  7. Ethisches Wirtschaften, das die Kluft zwischen Arm und Reich verkleinert
  8. Bedrohung durch Krankheitserreger
  9. Behörden und Institutionen handlungsfähiger machen
  10. Ethnische Konflikte, Terrorismus, Massenvernichtungswaffen
  11. Rechte der Frau
  12. Organisierte Kriminalität
  13. Steigender Energiebedarf der Menschheit
  14. Wissenschaftliche und technologische Innovationen zur Verbesserung des Lebens
  15. Ethische Standards als Grundlage globaler Entscheidungen

Reale Lösungen

Manches davon sollte sich doch eigentlich relativ leicht mit Hilfe von Supergeschwindigkeit entschärfen lassen: Lieferung von Kondomen, Pizzas und Informationen, resp. Abtransport von Waffen, Viren und Demagogen (zugegeben, ein Abtransport ist ethisch nicht völlig unbedenklich, doch eine harmlose Verschiebung um jeweils 2 Meter sollte es eigentlich auch tun.)
Zur Lösung der Energieprobleme könnte man Superman in einen leistungsfähigen Laufrad-Strom-Generator stecken.
Auch artgerechte und risikofreie Landwirtschaft sollte dank Superman kein Problem mehr darstellen. Massentierhaltung und Monokulturen sind nicht mehr nötig. Geerntet wird individuell und aus dem höchst eigenen heimeligen Habitat.
Bergbau betreibt Superman im Asteroidengürtel, geliefert wird über den Weltraumlift, den Superman zu installieren geholfen haben wird.
Superman übernimmt die Müllabfuhr. Global. Und entsorgt auch den ganzen Müll, der die Umwelt belastet.
Und irgendwie wird sich sicher auch die eine oder andere seiner Fähigkeiten zum Rezyklieren eignen. Und ich bin sicher, Superman könnte auch mal für die Bienen einspringen und ihnen ihren wohlverdienten Urlaub ermöglichen.
Auch als Wahlbeobachter oder als Blauhelmstrumpf könnte er tätig werden und allein durch seine Präsenz so manche politische Situation entschärfen. Wenn er einfach vor Ort ist, wenn irgendwo Unrecht passiert, sollte das schon seine Wirkung zeigen. Vor allem, wenn er gleich eine Delegantion des UN-Tribunals mit sich führt.
Selbst als Versicherungsvertreter hätte er grosses Potential, denn ihm entgeht kein Betrug und alle bekommen, was ihnen wirklich zusteht – selbst wenn sie es selbst nicht wissen.
Und wenn er keine Skrupel hat Menschen auch gegen ihren Willen zu helfen, dann könnte er alle Menschen impfen.
Oder er könnte auch an Weihnachten den Santa Claus spielen.

So gut wie alle Probleme auf der Bedrohungs-Liste sind verursacht in der einen oder anderen Form durch einen Mangel an Effizienz. Sei es ein Herstellungsprozess, ein Filter oder eine Kontrollinstanz. Mit Superman ist das alles aber überhaupt kein Problem mehr, denn Effizenz = Ertrag / Aufwand & AufwandSuperman = 0.

Einschränkung

Das einzige Problem ist, dass sich so zwar durchaus eine schöne neue Welt aufbauen lässt, doch ist das Ganze nicht wirklich nachhaltig. Denn alles ist allein auf Superman aufbaut und selbst seine Ressourcen sind voraussichtlich nicht unerschöpflich. Es bleibt aber zu hoffen, dass seine Werke lediglich eine Starthilfe sind und die Sachen dann selbst laufen.

Supermans Verteidiger wird wohl nach dem Verbleib der Superschurken fragen. Die Frage ist berechtigt, doch ich denke, dass diese sich nicht weiter von einem Supermüllman bedroht fühlen würden und ihn daher nicht weiter bei der Arbeit behindern würden. Und ich bin auch überzeugt, dass der Schaden, den sie anrichten, trotz allem kleiner sein würde, als der Schaden, den Superman in der gleichen Zeit beheben kann.

Konklusion

Selbstverständlich sind die hier erwähnten Lösungen wohl selbst für einen Superman zu viel, geschweige denn von all den anderen Möglichkeiten, an die ich bisher noch gar nicht gedacht habe, doch allein schon das Umsetzen einer davon ist ohne Zweifel besser als nur eine einzige Stadt von der Kriminalität zu säubern.
Das heisst, der Moment, in dem sich Clark Kent dagegen entscheidet ein Bauer zu werden, ist der Moment, in dem der Welt ein Schritt in eine bessere Zukunft entgangen ist.