Brief an die wahren Christen

Ihr kennt Gott ja persönlich. Und ihr wisst also, wenn er es ist, der das Wort an euch richtet. Und ihr würdet dies sicher nie und nimmer mit dem Wort eines anderen verwechseln.
Und nun stellt euch mal vor, Gott würde euch befehlen, jemanden umzubringen.
Ihr müsst jetzt nicht zu erklären versuchen, dass Gott sowas nie tun würde, denn er hat es zuhauf getan. Das alte Testament ist voll davon. Und wenn er es doch nicht wollte und er Abraham nur testete, dann wusste er schon rechtzeitig einzuschreiten, also kein Grund zu zögern eurerseits.
Und wenn man spitzfindig sein will – und ihr könnt drauf wetten, dass ich keine Gelegenheit auslassen werde, es zu sein -, so verlangte er auch im neuen Testament im Gegensatz zum Alten, wo er einen bestimmten Auftragskiller auf eine eher unbestimmte Person (Kanaaniter, Götzenanbeter, Homosexuelle, Rasierte, etc.) ansetzte, von einer unbestimmten Person seinen Sohn zu töten. Angeblich um die Erlösung umzusetzen. Man stelle sich nur mal vor, wie Jesus für unsere Sünden gestorben wäre, wenn sich keiner gefunden hätte um ihn hinrichten zu lassen. Also gibt es sowohl in Alten wie im neuen Testament eine Hit-Liste.
Und ob eine solche auch nach dem Tod von Jesus gegeben hat, wissen wir nicht, denn es steht nicht in der Bibel, der eurer Ansicht nach einzig verlässlichen Quelle für die Taten und Worte Gottes. Aber ich wüsste nicht, wieso dies prinzipiell auszuschliessen sein sollte. Berufen haben sich schliesslich eine ganze Menge darauf und vielleicht hatte der eine oder andere ja wirklich den Auftrag. Wie wahrscheinlich ist es, dass ein notorischer Auftraggeber es von einem Augenblick auf den anderen vollkommen lassen kann? Insbesondere bei einem, für den es das Konzept Zeit gar nicht gibt…
Und darüber hinaus, wer seid ihr, dass ihr beurteilen könntet, wozu Gott fähig ist und zu was nicht? Vergesst nicht, die Wege der Herren sind unergründlich und seine Schöpfung ist gepflastert mit Leichen…
Doch beruhigt euch, ich frage nicht, ob ihr es tun würdet. Denn ihr würdet es selbstverständlich tun, genauso wie jeder andere auch, denn ich glaube nicht, dass es möglich ist, einer Stimme, die die Welt erschaffen hat, ernsthaft nicht folge leisten zu wollen.
Meine Frage ist, wie gesagt, nicht, ob ihr es tun würdet, sondern ob ihr danach ein schlechtes Gewissen hättet?

Ihr zögert ja auch nicht, beispielsweise die Lebensweise der Schwulen als verdammungswürdig zu brandmarken, und es regt sich kein schlechtes Gewissen, wenn ihr ihnen gewisse Grundrechte wegnehmt, wenn dies – wie ihr beteuert – dem Seelenheil der Jugend dient.

Die meskinawsche Wette

Einer erzählt dir eine durchaus plausibel klingende Theorie. Dann stell dir die folgenden zwei Fragen:

1. Erfreut sich die Theorie breiter Zustimmung in der Wissenschaft?
2. Publiziert die Person in peerreviewten Journalen?

Wenn auf beide Fragen die Antwort Nein lautet, dann kannst du eine ganze Stange Geld drauf wetten, dass es ausgemachter Blödsinn ist.

Anleitung zu einer erfolgreichen, weil seriösen Evolutionskritik

Sollte an der Evolutionstheorie wirklich etwas faul sein, dann kann man was dagegen tun.
Dazu sind aber die folgenden Regeln minutiös und exakt in der vorgegebenen Reihenfolge einzuhalten:

1. Hat die Theorie eine Schwachstelle? Dann zeig sie auf.

Das wars schon.

Eine alternative Theorie ist nicht nötig. Im Gegenteil, wenn diese Lücken hat, lenkt das nur von den Fehlern der eigentlich kritisierten Theorie ab.
Es empfiehlt sich im Vorfeld abzuklären, ob die vermeintliche Schwäche nicht bereits formuliert und von der Fachwelt zurückgewiesen wurde. Das erspart allen Seiten Arbeit. Es ist in der Wissenschaft nämlich leider nicht so, wie beispielsweise in der Religion, dass durch Wiederholung die Gültigkeit steigen würde. Von daher, sollte man eine Schwachstelle gefunden haben, die bereits zurückgewiesen wurde, dann sollte man die Begründung so formulieren, dass alle Fehlschlüsse und falschen Annahmen des Vorgängers elegant umschifft werden. Denn in der Tat bedeutet ein ungültiger Schluss nicht notwendigerweise, dass das Ergebnis auch falsch sein muss.
Noch ein Tipp am Rande: Bevor man damit an die Öffentlichkeit geht, lieber erst mal von einer Drittperson checken lassen. Mit Drittperson ist nicht ein Drittklässler gemeint, sondern eine neutrale bis skeptische Fachperson. Das kann Peinlichkeiten ersparen. Und wie will man die Fachwelt überzeugen, wenn es einem noch nicht mal bei einem einzelnen gelingt?

Ach ja und noch eins: Für den Fall, dass der Einwand stimmig ist, lieber schon mal den Frack in die Reinigung geben, denn ein Nobelpreis ist da auf sicher.