Das Boot ist voll

Man kriegt es manchmal schon fast mit der Angst zu tun, wenn man auf den Internetseiten solider Zeitungen die Kommentare unter den Online-Artikeln liest. Ziemlich krass finde ich die Diskussion, wie man mit der erwarteten Flüchtlingswelle aus Nordafrika umgehen soll. Was mich erschreckt ist nicht die durchaus verständliche Furcht vor den Problemen, die sich daraus ergeben könnten, sondern die kaltschnäuzige Erbarmungslosigkeit und das völlig Unverständnis darüber,  dass es eine verzwickten Lage ist.

Polit – Bingo

Wenn sich am Horizont eine neue Abstimmung abzeichnet, heisst es Prognosen zu stellen über die Position der Parteien und deren Argumente. Die Position ist in der Regel schnell prophezeit, interessanter ist indessen die Bresche, in die sie mit ihren Kampagnen schlagen werden.

Die Pauschalbesteuerung von Ausländern könnte für die SVP eine Herausforderung werden. Wie kann man sich für die ureigensten Werte der Schweiz stark machen, wenn man die fremden Vögte statt zu erschiessen auf Rosen bettet?

Auch in Sachen Transparenz erwarte ich von der SVP eine populistische Meisterleistung. Insbesondere wenn auch die Partei- und Werbefinanzierung mit in den Blickwinkel der Abstimmung gerät.

 

Eine andere, etwas weniger schweizerische Form des Polit-Bingos ist folgende:

einfach ausdrucken und spielen

Das Geheimnis der Heilung

Auf 3sat lief kürzlich die Doku „Das Geheimnis der Heilung„, die anders als der Untertitel „Wie altes Wissen die Medizin verändert“ womöglich hätte erwarten lassen können, eigentlich gar nicht so schlecht war. Statt irgendwelche esoterischen Erklärungsmodelle zu propagieren wurde einfach von mentalen Bildern gesprochen, die den Patienten bei der Genesung halfen. Welche Methode zur Erzeugung dieser Bilder verwendet wurde, war dabei eher sekundär. Völlig zurecht will ich meinen.
Etwas sorgen machte mir hingegen, dass diese Bilder und deren positive Wirkung als den Naturwissenschaften völlig widersprechend erklärt wurden. Das ist etwas zu dick aufgetragen. Diese positiven Effekte werden von den Wissenschaften durchaus wahrgenommen, anerkannt und auch untersucht. Und obgleich hier ohne Zweifel noch vieles unklar ist, heisst das nicht, dass sich diese Phänomene nie werden erklären lassen. Tatsächlich wurden im Film selbst ein paar durchaus vielversprechende Ansätze präsentiert, jedoch leider ohne die entsprechenden Schlussfolgerungen draus zu ziehen.
In die gleiche Richtung geht das Versäumnis zu erklären, dass Heilungschancen immer nur eine gewisse Prozentangabe ist. 100% und 0% gibt es nicht. Es gehört nun mal dazu, dass ab und zu einer etwas tödliches überlebt und dass ein Krebs spontan verschwindet. Auf diesen Fällen rumzureiten und dabei angewendeten Behandlungen dann als die Heilsbringenden zu interpretieren, ist streng betrachtet problematisch.
Am heikelste fand ich aber, dass die vorsichtige Distanz zu esoterischen Erklärungen nicht thematisiert wurde. Für einen „ungeübten“ Zuschauer wird die Differenz zwischen der Verwendung von Schamanismus in der Therapie und der Richtigkeit der schamanischen Metaphysik, wenn man es so ausdrücken will, nicht deutlich. In krasse esoterische Praktiken wurde gar nicht eingetaucht, doch merkt das der Zuschauer nicht und daher bleiben sie für ihn plausible Alternativen zu den hier vorgestellten Methoden. Es ist der Effekt der Methode, der beim Patienten heilend wirkt, und nicht die Methode selbst.
Unter dem Strich also nichts Neues. Dass Empathie die Heilung fördert, wurde ja nie bezweifelt.
Es wurden noch zwei weitere Aspekte zu erwähnen vergessen: 1) Was hier als Rückkehr zu uralten heilenden Methoden gepriesen wird, die durchaus Erfolge zu verbuchen haben, hat damals in 98% der Fälle den Patienten nicht vor dem Tod bewahrt, weil dies auch heute noch nur Aspirin zu leisten vermag. Der Trick von Hannemann und seiner Homöopathie bestand darin, lieber nichts zu tun als die Leute ins Krankenhaus zu schicken, welches mit seinen hygienischen Standards damals einem verbrieften Todesurteil gleichkam. Und 2) wieviel diese uralten empathischen Heilmethoden kosten, denn schliesslich muss sich ja jemand die kostbare Zeit nehmen.